AG Langenfeld, Urteil vom 30.01.2012 - 54 C 156/11
Fundstelle
openJur 2012, 129971
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H.v.110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 00.00.0000 gegen 15:50 Uhr in A auf der Xstraße/Ecke Ystraße ereignete. Der Kläger ist Halter und Eigentümer des Pkw Ford Focus mit dem amtlichen Kennzeichen B, welchen er zum Unfallzeitpunkt selbst fuhr. Die Beklagte zu 1) ist Fahrerin und Halterin desweiteren am Unfall beteiligten Pkw Opel Astra mit dem amtlichen Kennzeichen C, welches am Unfalltag bei der Beklagten zu 2) krafthaftpflichtversichert war.

Der Kläger befuhr am vorgenannten Tage mit seinem Fahrzeug die Ystraße in Richtung Zstraße. Er hielt an der Kreuzung Xstraße/Ecke Yfstraße an, weil er beabsichtigte, rechts in die Ystraße abzubiegen. Bei der Ystraße handelt es sich um die vorfahrtsberechtigte Straße. Die Beklagte zu 1) befuhr mit ihrem Fahrzeug die Ystraße in Richtung Wstraße, aus Sicht des Klägers von rechts kommend. Sie überholte einen vor ihr fahrenden deutlich langsameren Rollerfahrer und befand sich mit der Hälfte ihres Fahrzeuges auf der Gegenfahrbahn der vorfahrtsberechtigten Ystraße. Als der Kläger mit seinem Fahrzeug aus der untergeordneten Xstraße in die Ystraße einfuhr, kam es zur Kollision der Fahrzeuge. Zur besseren Veranschaulichung wird auf die amtliche Verkehrsunfallskizze (Bl. 10 der Akte) Bezug genommen. Der Fahrzeugschaden an dem klägerischen Fahrzeug beläuft sich auf 1.356,96 € netto. Die Sachverständigenkosten beliefen sich auf 429,46 €. Einschließlich der allgemeinen Kostenpauschale i.H.v. 25,00 Euro macht der Kläger 50 % des ihm entstandenen Schadens geltend.

Er behauptet, er habe sich zunächst davon überzeugt, dass auf der vorfahrtsberechtigten Straße kein Fahrzeug zu erkennen gewesen sei. Sodann habe er den Abbiegevorgang nach rechts begonnen, indem er zunächst den ersten Gang eingelegt und im Schritttempo angefahren sei. Er habe sich ein Stück weit in die Kreuzung hinein getastet als die Beklagte zu 1) plötzlich und unvermittelt mit erhöhtem Tempo herangenaht sei. Die Beklagte zu 1) habe den Pkw des Klägers zu spät bemerkt, so dass es zur Kollision der Fahrzeuge gekommen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 918,21 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2011 sowie vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 229,55 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie wenden ein, der Kläger habe durch eine Vorfahrtsverletzung die entscheidende Unfallursache gesetzt. Da sich das Vorfahrtsrecht auf die gesamte Straßenbreite beziehe, dürfe der Vorfahrtsberechtigte darauf vertrauen, dass sein Vorfahrtsrecht beachtet werde. Die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeugs des vorfahrtberechtigten Verkehrsteilnehmers trete in vollem Umfang hinter das Verschulden des wartepflichtigen Verkehrsteilnehmers zurück. Das Rechtsfahrgebot des § 2 des StVG diene allein dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die sich in Längsrichtung auf derselben Straße bewegen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachund Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat den Kläger gemäß § 141 ZPO informatorisch zum Unfall Hergang angehört. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.12.2011 (Bl. 73 ff. der Akte) Bezug genommen.

  

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagten keine Schadensersatzansprüche aus dem streitigen Verkehrsunfallereignis zu. Eine Haftung der Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2 StVG, 115 VVG scheidet aus. Hierbei kann dahinstehen, ob der Unfall für die Beklagte zu 1) unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war, weil die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges vollständig hinter das Verschulden des Klägers zurücktritt.

Der gegen den Kläger sprechende Anscheinsbeweis ist weder durch das Parteivorbringen noch durch die Parteianhörung erschüttert. Hierbei kann es im Ergebnis ebenfalls dahinstehen, ob die Beklagte zu 1) das Rechtsfahrgebot verletzt hat. Die Pflichten des auf die vorfahrtsberechtigte Straße einfahrenden Fahrzeugführers werden nicht dadurch gemindert, dass der Vorfahrtsberechtigte unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot die linke Straßenseite benutzt. Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber einem auf eine Straße Einfahrenden gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn. Selbst das Befahren der linken Fahrbahn beseitigt nicht die Verpflichtung des Einfahrenden  dem bevorrechtigten Verkehr den Vorrang zu belassen (vergleiche BGH Urteil vom 20.09. 2011 - VI ZR 282/10 - ).

Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass nach dem klägerischen Vortrag die Beklagte zu 1) mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sein soll. Abgesehen davon, dass der Kläger keinerlei Angaben zu der gefahrenen Geschwindigkeit der Beklagten zu 1) machen kann, weil er nach seinem eigenen Vorbringen das Fahrzeug erst unmittelbar vor der Kollision wahrgenommen hat, ist das diesbezügliche Vorbringen auch völlig unsubstantiiert und bestritten. Den Anscheinsbeweis erschüttern können jedoch nur Tatsachen, die unstreitig oder bewiesen sind.

Mangels Anspruch in der Hauptsache stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht zu, so dass es entscheidungserheblich nicht darauf ankommt, dass die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten nach einem falschen Streitwert berechnet sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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