Bayerischer VGH, Urteil vom 27.09.2012 - 20 BV 11.2690
Fundstelle
openJur 2012, 129630
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte und die Beigeladenen vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Fleischvermarktungsunternehmen mit Hauptsitz in Österreich, betreibt als Zweigniederlassung in ... einen Schlachthof, den sie seit 1. Januar 2008 von der Schlachthof ... ... gepachtet hat.

Die dort als Schlachtabfälle anfallenden sogenannten tierischen Nebenprodukte entsorgt die Tierkörperverarbeitungsanstalt – TVA – ... ... in ..., die seit 1. Januar 2008 von der Beigeladenen zu 1 betrieben wird. Die dafür anfallenden Kosten stellt die Beigeladene zu 1 der Klägerin in Rechnung.

Der Beigeladene zu 2 mit Sitz in ... ... ... hat als Zweckverband die Aufgabe, eine Tierkörperbeseitigungsanstalt zu betreiben und zu erhalten sowie die den Verbandsmitgliedern nach dem Tierische Nebenprodukte–Beseitigungsgesetz vom 25. Januar 2004 in der jeweils gültigen Fassung obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen (vgl. § 1 sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung zur Neufassung der Verbandssatzung des Zweckverbandes ... für Tierkörperbeseitigung vom 28. Juli 2008 – nunmehr Verbandssatzung vom 28. Juli 2011). Verbandsmitglieder sind die Landkreise ..., ... ..., ... ... ... und ...; der räumliche Wirkungsbereich umfasst das gesamte Gebiet der Landkreise ..., ... ..., ... ... ... und ... (§ 2 und 3 der Verbandssatzung). Die Tierkörperbeseitigungsanstalt ist im Landkreis ... ... ... in der Stadt ..., Gemeindeteil ... ..., errichtet worden und steht im Eigentum der Beigeladenen zu 1 (vgl. nunmehr § 4 Abs. 3 und § 10 Verbandssatzung vom 28. Juli 2011).

Mit Rechtsverordnung vom 6. Dezember 2006, in Kraft getreten zum 1. Januar 2007, ordnete der Beigeladene zu 2 für die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen die Gebiete seiner Mitglieder der TVA ... ... GmbH zu.

Der Beklagte ist Träger der Behörden, die u. a. für den Vollzug des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes, der auf seiner Grundlage ergangenen Rechtsverordnungen und der in § 1 TierNebG aufgeführten unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft zuständig sind.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2007 übertrug das Landratsamt Mühldorf a. Inn die Beseitigungspflicht auf die Beigeladene zu 1 mit Wirkung ab 1. Januar 2008, was in § 4 Abs. 1 Satz 2 der Verbandssatzung des Beigeladenen zu 2 umgesetzt wurde.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Traunstein die Genehmigung zur Verbringung der im Schlachthof ... anfallenden tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 bis 3 an den zugelassenen Europäischen Verarbeitungsbetrieb ... ... ..., Teilbetrieb Tierkörperverwertung in ..., ... Beigelegt war die Genehmigung des Österreichischen Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend vom 28. November 2008 zur Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorie 1 aus Deutschland nach Österreich zur Verarbeitung.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2009 bat die Klägerin um schnelle Entscheidung über ihren Antrag. Die derzeitige Verbringung bedeute für sie monatliche Mehrkosten von 10.000 Euro.

Die Beigeladene zu 1 führte im Schreiben vom 25. März 2009 u. a. zur Entsorgung des Schlachthofes ... aus, nach Übernahme der TVA habe man mit den beiden Großschlachtstätten ... und ... Verhandlungen geführt und Mischpreise vereinbaren können. Bei der Kalkulation sei auf die Gleichbehandlung geachtet worden. Der Schlachthof ... werde günstiger entsorgt als der Schlachthof ... Die Entsorgung beider Schlachthöfe sei existenziell wichtig. Falle ... weg, müssten die übrigen Kunden, der Beigeladene zu 2 und die Tierseuchenkasse die fehlenden Kosten decken, was 10,00 Euro Mehrkosten pro Tonne bedeute.

Ein Gespräch zwischen Klägerin und den beiden Beigeladenen am 31. März 2009 blieb ohne Ergebnisse.

Mit Bescheid vom 17. April 2009 lehnte der Beigeladene zu 2 den Antrag der Klägerin vom 12. Dezember 2008 ab.

Hiergegen erhob die Klägerin beim Verwaltungsgericht am 13. Mai 2009 gegen den Beigeladenen zu 2 (dort im Verfahren Beklagter zu 1) Klage mit dem Antrag, diesen unter Aufhebung seines Bescheides zur Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung zu verpflichten.

Mit Urteil vom 20. Juli 2009 verurteilte das Landgericht Traunstein (Az. 3 O 4382/08) die Klägerin zur Zahlung teilweise unbeglichener Rechnungen für die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten an die Beigeladene zu 1.

Mit Schriftsatz vom 13. August 2009 an das Verwaltungsgericht änderte die Klägerin ihre Anträge und begehrte,

I. festzustellen, dass es für die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von ... nach ... genüge, wenn die Voraussetzungen des Art. 8 VO (EG) 1774/2002 sowie die im Anhang II zu dieser Verordnung aufgestellten Voraussetzungen vorliegen,

II. den Bescheid des Beigeladenen zu 2 vom 17. April 2009 aufzuheben sowie

III. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Genehmigung zur Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 an den zugelassenen europäischen Verarbeitungsbetrieb ... zu erteilen.

Die Regierung von Oberbayern beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren.

Nachdem das Verwaltungsgericht die Klägerin mit Schreiben vom 2. August 2010 auf die Sachdienlichkeit einer Klageänderung und die Umstellung auf den Freistaat Bayern als Beklagten hingewiesen hatte, änderte die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2010 ihre Klage dergestalt, dass der bisherige Antrag Nummer I sowie der Hilfsantrag Nummer III nunmehr gegen den Freistaat Bayern als Beklagten gerichtet würden. Der Antrag Nummer II richte sich weiterhin gegen den bisherigen Beklagten, den Zweckverband ... (jetzt Beigeladener zu 2).

Ein an das Landratsamt Traunstein gesandtes Schreiben der Klägerin zur Frage der Zulässigkeit eines Verbringens ohne Genehmigung bzw. einer möglichen Erteilung einer für erforderlich gehaltenen Genehmigung wurde mit einem dem Gericht vorgelegten Schreiben vom 14. September 2010 dahin beantwortet, dass die erforderliche Ausnahmegenehmigung wegen fehlender Befugnisnorm in bundes- und landesgesetzlichen Regelungen nicht erteilt werden könne.

Mit Beschluss vom 24. März 2011 lud das Verwaltungsgericht die Beigeladene zu 1 bei.

Die Regierung von Oberbayern bestellte sich als Vertreter für den beklagten Freistaat Bayern (erstinstanzlich Beklagter zu 2).

In der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2011 vor dem Verwaltungsgericht, in der der Beigeladene zu 2 als Beklagter zu 1 auftrat, hob dieser seinen Bescheid vom 17. April 2009 auf. Daraufhin erklärte die Klägerin das Verfahren hinsichtlich Nummer II ihres Klageantrages vom 13. August 2009 für erledigt.

Die Klägerin stellte die Anträge zu Nummern I und III aus dem Schriftsatz vom 13. August 2009 in der Fassung des Schriftsatzes vom 12. Oktober 2010 (Klageänderung) mit der Maßgabe, dass beim Antrag Nummer I Art. 48 der VO (EG) 1069/2009 zugrunde zu legen sei.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragten jeweils Klageabweisung.

Mit Beschluss vom 25. Mai 2011 trennte das Verwaltungsgericht das Verfahren, soweit es sich gegen den Beigeladenen zu 2 (vormals der Beklagte zu 1) richtete, ab, stellte es unter dem Az. M 18 K 11.2494 mit Beschluss vom 6. Juli 2011 ein und überbürdete dem Beigeladenen zu 2 die Verfahrenskosten. Die Beigeladene zu 1 hatte ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Mit Urteil vom 25. Mai 2011 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, über den Antrag der Klägerin auf Genehmigung zur Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden und wies die Klage im Übrigen ab. Die Berufung wurde zugelassen.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, die Klägerin bedürfe zum Verbringen tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von ... nach ... einer Ausnahmegenehmigung der zuständigen Behörde, nämlich des Landratsamtes Traunstein. Die Erteilung einer solchen Genehmigung sei eine Ermessensentscheidung, deren Inhalt von der zuständigen Behörde festzulegen sei. Die hilfsweise beantragte Verpflichtung zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung durch das Gericht komme nicht in Betracht, da keine Ermessensentscheidung auf Null vorliege.

Im Hauptantrag (Nr. I) auf Feststellung, dass es für die Zulässigkeit der Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von der Anfallstelle in ... zu dem zugelassenen Verarbeitungsbetrieb in ... genüge, dass die Voraussetzungen des Art. 48 VO (EG) 1069/2009 vorlägen bzw. dass die darin aufgestellten Vorgaben erfüllt seien, sei die Klage zulässig, aber nicht begründet. Die Änderung des Hauptantrages von einem Verpflichtungsantrag in einen Feststellungsantrag sei eine zulässige Klageänderung. Mit der nunmehr vertretenen Meinung der Klägerin, dass sie der zunächst beantragten Genehmigung überhaupt nicht bedürfe, habe sie den Stoff des anhängigen Verfahrens erweitert. Sowohl der ursprünglich beklagte Zweckverband wie auch der Vertreter des öffentlichen Interesses und jetzige Beklagtenvertreter hätten in diese Klageänderung, die darüber hinaus auch sachdienlich sei, eingewilligt. Dies gelte auch für die subjektive Klageänderung, die in der Auswechslung des Beklagten vom Zweckverband zum Freistaat Bayern liege. Dass die Klage im Hilfsantrag erst nach Ablauf der Klagefrist gegen den Freistaat Bayern gerichtet worden sei, mache sie nicht unzulässig, da der begehrte Verwaltungsakt mit Klageerhebung eindeutig bezeichnet worden sei. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Feststellungsklage lägen vor. Diese sei jedoch nicht begründet. Richtiger Beklagter sei der Freistaat Bayern, worüber sich auch die Beteiligten einig seien. Für die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von der Anfallstelle in ... nach ... genüge es aber nicht, dass die Voraussetzungen des Art. 48 der VO (EG) 1069/2009 vorlägen. Die Vorschrift sei keine Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren, sondern regele nur die Modalitäten für ein Versenden, wie dies nach den Bestimmungen des Ursprungsmitgliedstaates möglich sei. Die Verordnung lasse nationale Regelungen zur ordnungsgemäßen Durchführung zu. In diesem Rahmen bestehe auch ein Spielraum für die Mitgliedsstaaten, wie sie ein effektives Beseitigungssystem ausgestalteten. Die danach möglichen und zulässigen bundesgesetzlichen Regelungen, die zunächst einen Benutzungszwang im Bereich der Beseitigung tierischer Nebenprodukte vorsähen, stünden im Einklang mit europäischem Recht. Die Bundesrepublik Deutschland habe sich bezüglich der Behandlung und Entsorgung von Materialien der Kategorien 1 und 2 für eine Einzugsbereichsregelung mit ortsgebundenem Benutzungszwang entschieden, die sich unter der Geltung des Tierkörperbeseitigungsrechtes jahrelang bewährt habe. Nur in Ausnahmefällen könne gemäß § 6 Abs. 2 TierNebG auch eine Behandlung, Verarbeitung oder Beseitigung der tierischen Nebenprodukte nach Bestimmung durch die Länder auch außerhalb der Einzugsbereiche erfolgen. Diese nationalen Regelungen verstießen nicht gegen die europäischen Grundfreiheiten des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs. Die Beseitigung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 sei in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 3 Abs. 1 TierNebG als hoheitliche Aufgabe organisiert, so dass der Schutzbereich der Art. 56 ff AEUV nicht eröffnet sei.

Die nationale Regelung verstoße auch nicht gegen Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland, weder gegen Art. 14 noch gegen Art. 12 GG.

Zu Unrecht sei jedoch der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung mit der Begründung abgelehnt worden, dass eine solche nicht möglich sei, weil das Landesrecht im Bereich der tierischen Nebenprodukte eine solche grundsätzlich nicht vorsehe. Jedoch setze Art. 4 Abs. 4 AGTierNebG die Möglichkeit einer Entsorgung außerhalb des Einzugsbereiches und damit eine Befreiung oder Ausnahmegenehmigung vom Anschlusszwang voraus. Dies ergebe sich bei verfassungskonformer Auslegung in Verbindung mit § 6 Abs. 2 TierNebG. Zuständig für die Entscheidung sei das Landratsamt Traunstein. Insoweit sei der in dem Verpflichtungsantrag enthaltenen Klage auf Neuverbescheidung stattzugeben. Da allerdings ein weites Ermessen der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über den Antrag bestehe, die alle öffentlichen Belange und die privaten Belange der Klägerin abzuwägen habe und dann entscheiden müsse, ob überhaupt und gegebenenfalls für welchen Zeitraum oder unter welchen Auflagen eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen sei, habe das Gericht keine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung aussprechen können. Eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass angesichts der konkreten Umstände des Falles allein die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für die Klägerin in Betracht komme, habe nicht angenommen werden können. Insoweit sei die Klage, soweit sie über die Neuverbescheidung hinausgegangen sei, auch im Hilfsantrag abzuweisen.

Gegen das Urteil legte die Klägerin Berufung ein und führte zur Begründung des Rechtsmittels u. a. aus, dem Europäischen Gerichtshof seien folgende vier Fragen zur Vorab-Entscheidung vorzulegen:

1. Ist Art. 48 VO (EG) 1069/2009 dahingehend auszulegen, dass bei Einhaltung seiner Vorgaben keine weiteren Voraussetzungen an das Verbringen tierischer Nebenprodukte in einen anderen Mitgliedsstaat gestellt werden dürfen?

2. Ist Art. 48 VO (EG) 1069/2009 dahin auszulegen, dass er dem einzelnen Unternehmer einen Anspruch auf Versenden seiner tierischen Nebenprodukte gewährt, wenn er die Vorgaben der Verordnung und darauf beruhende nationale Präzisierungen einhält?

3. Kann der nationale Gesetzgeber über Art. 48 VO (EG) 1069/2009 hinausgehend eine gesetzliche Genehmigungspflicht des Verbringens tierischer Nebenprodukte von der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Mitgliedsstaat festlegen?

4. Besteht bei Annahme einer Genehmigungspflicht des Verbringens eine Pflicht nationaler Behörden auf Erteilung dieser Genehmigung, wenn die Voraussetzungen der VO (EG) 1069/2009 eingehalten sind?

Im Berufungsverfahren tauschen sich die Beteiligten unter anderem darüber aus, ob der Verwaltungsgerichthof wegen der Rechtsmittelmöglichkeiten zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof verpflichtet sei, ob die Klägerin allein nach Art. 48 der VO (EG) 1069/2009 ihre tierischen Nebenprodukte in einen anderen Mitgliedstaat versenden könne, anderenfalls, ob solche Beschränkungen durch nationale Vorschriften zur Tierkörperbeseitigung Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit und in das Grundrecht der Berufsfreiheit darstellten, und ob zum hilfsweisen Begehren der Klägerin eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen sei.

Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage erheben die Beteiligten keine Einwände. Der Beklagte sieht sich als richtigen Klagegegner an und akzeptiert das erstinstanzliche Urteil auch insoweit, als grundsätzlich ein Verbringen tierischer Nebenprodukte in einen anderen Mitgliedstaat als zulässig angesehen werde.

Die Beigeladene zu 1 verweist noch darauf, dass der Entsorgungsbetrieb in ... verkauft und deswegen nicht klar sei, ob und zu welchen Bedingungen und Kosten dort eine Entsorgung möglich sei. Unklar sei auch, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen und Auflagen eine Genehmigung der österreichischen Behörden für eine potentielle Einfuhr erteilt werde.

In der mündlichen Verhandlung führte die Beigeladene zu 1) aus, sie hole das Material im Betrieb der Klägerin ab. Sie organisiere das gesamte Entsorgungssystem zu ihrer Anlage. Nach Gesprächen mit der Geschäftsführung des Betriebs in ... (bei ...) könne dieser Material der Kategorien 1 und 2 nicht mehr verarbeiten. Das Material sei ab März 2012 in das ... zu verbringen, weil der Betrieb insoweit nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne.

Hierzu erklärt die Klägerin, die Tierkörperbeseitigungsanstalt ... habe einen Wechsel im Gesellschaftsanteil erfahren, wobei der Betrieb faktisch so weiter bestehe wie vorher. Die Genehmigung vom 28. November 2008 sei nach wie vor gültig. Eine Entscheidung zur Verbringung des Materials ins ... sei ihrer Kenntnis nach noch nicht gefallen. Hier handele es sich um unternehmerische Perspektiven, die durchaus wechseln könnten. Falls die Klägerin nach ... liefern könne, werde auch vom dortigen Unternehmen das Material abgeholt.

Die Klägerin beantragt,

I. festzustellen, dass es für die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von ... nach ... genügt, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 VO (EG) 1069/2009 erfüllt sind;

II. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Genehmigung zur Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 an den zugelassenen europäischen Verarbeitungsbetrieb ... zu erteilen.

Der Beklagte und die Beigeladenen beantragen jeweils,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Feststellungsantrag, dass es für die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von ... nach ... genügt, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 Verordnung (EG) 1069/2009 erfüllt sind, ist zulässig, aber nicht begründet. Die hilfsweise beantragte uneingeschränkte Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Genehmigung zur Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 an den zugelassenen europäischen Verarbeitungsbetrieb in ... bleibt mangels Ermessensreduzierung auf Null ebenfalls ohne Erfolg.

Das Rechtsmittel der Klägerin, über das ohne Vorlage an den Europäischen Gerichtshof entschieden werden konnte, führt daher zu einer Bestätigung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

Einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) – AEUV – bedurfte es nicht, weil das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG vom 10.10.1997 NVwZ-RR 1998, 752/754; vom 14.12.1992 NVwZ 1993, 770; vom 15.1.1992 BVerwG 3 B 2/92; vom 20.3.1986 BVerwG 3 B 3/86; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU–Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV RdNr. 41). Durch die Entscheidung des Senats, von einer solchen Vorlage abzusehen, wird Verfahrensrecht nicht verletzt (BVerwG vom 10.10.1997 a.a.O.).

Die Feststellungsklage ist zulässig.

Sie scheitert schon nicht an der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO), weil sie für die Klägerin einen weitergehenden Rechtsschutz bietet als die zunächst erhobene Verpflichtungsklage (vgl. BVerwG vom 23.9.2010 DVBl 2010, 1508; vom 21.2.2008 NVwZ 2008, 697; vom 24.6.2004 BVerwGE 121, 152/156; BayVGH vom 27.8.2009 Az. 20 BV 08.951). Die Klägerin kann mit der Feststellungsklage klären lassen, ob sie nach den geltenden Rechtsvorschriften überhaupt eine Ausnahmegenehmigung für die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 zum Verarbeitungsbetrieb in ... in ... benötigt. Damit gewährleistet die hier erhobene Feststellungsklage einen weiterreichenden Rechtsschutz, als er mit der Gestaltungsklage erlangt werden kann (BayVGH vom 27.8.2009 a.a.O.).

Ein – künftiges – öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem im Sinn des § 43 Abs. 1 VwGO zeichnet sich aufgrund eines konkreten Sachverhaltes ab (vgl. BVerwG vom 23.8.2007, BVerwGE 129, 199). Es bestehen unterschiedliche Auffassungen zu den subjektiven Rechten und Pflichten, die sich aus der Beseitigung und/oder Verarbeitung des im Schlachthof der Klägerin anfallenden Materials der Kategorien 1 und 2 ergeben. Die Klägerin möchte festgestellt haben, dass ihr künftiges Vorhaben, nämlich die in ihrem Schlachthof in ... anfallenden tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 zum verarbeitenden Betrieb in ..., ..., zu verbringen keiner Genehmigung bedarf, wenn und soweit (nur) die Voraussetzungen des Art. 48 Verordnung (EG) 1069/2009 erfüllt sind, und beruft sich hierzu auf die Genehmigung des Österreichischen Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend vom 28. November 2008 zur Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorie 1 aus Deutschland nach Österreich zur Verarbeitung, welche nach wie vor gültig sein soll, wohingegen der Beklagte die Möglichkeit eines genehmigungsfreien Verbringens für ausgeschlossen und nunmehr im Berufungsverfahren die Erteilung einer Genehmigung aufgrund Ermessensreduzierung auf Null für nicht möglich hält.

Ihr berechtigtes Interesse wirtschaftlicher Art hat die Klägerin hinreichend dargelegt, wenn sie vorträgt, dass das Verbringen ihrer Schlachtabfälle nach ... (anstatt in die Verarbeitungsanstalt der Beigeladenen zu 1 in ...) eine monatliche Ersparnis von 10.000,00 Euro bedeute. Insoweit ist eine gerichtliche Entscheidung geeignet, die Rechtsposition der Klägerin zu verbessern.

Zudem macht die Klägerin die Verletzung subjektiver Rechte geltend (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO), nämlich Eingriffe in die europarechtlich garantierte Warenverkehrsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit, in ihre Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und schließlich in ihre Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht deswegen entfallen, weil nur die Möglichkeit besteht, dass der Verarbeitungsbetrieb in ... ab März 2013 keine Materialien der Kategorien 1 und 2 mehr verarbeitet.

Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet.

Der Beklagte ist der richtige Klagegegner. Bei Feststellungsklagen wie hier, denen ein Streit um die Anwendbarkeit einer nach Ansicht der Klägerin keines Vollzugaktes bedürfenden Norm, nämlich Art. 48 VO (EG) 1069/2009 zugrunde liegt, kommt nur der Rechtsträger derjenigen Verwaltungsbehörden in Betracht, die über die Einhaltung der Norm zu wachen haben (vgl. BVerwG vom 23.8.2007 a.a.O.; siehe auch Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 43 RdNr. 44). Der Beklagte ist Träger der staatlichen Behörden, die u. a. für den Vollzug des Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes, der auf seiner Grundlage ergangenen Rechtsverordnungen und der in § 1 TierNebG aufgeführten unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft zuständig sind (vgl. Art. 83, 84 Abs. 1 Satz 1 GG, § 2 TierNebG, Art. 2 AGTierNebG, §§ 2 bis 4 ZustVTierNebG nunmehr in der Fassung der Verordnung vom 15.11.2011).

Die Umstellung des Hauptantrages von einem Verpflichtungsbegehren in ein Feststellungsbegehren und die Auswechslung des Beklagten vom Beigeladenen zu 2 zum Freistaat Bayern in erster Instanz ist eine sachdienliche Klageänderung (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 1 VwGO), in die auch die übrigen Beteiligten eingewilligt haben (vgl. Rennert in Eyermann a.a.O., § 91 RdNr. 8 ff, 15 ff, 20, 22, 25 ff).

Ansonsten haben die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Beseitigungspflichtige, vgl. § 3 Abs. 1 TierNebG), in Bayern die Landkreise und kreisfreien Gemeinden (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 AGTierNebG), hier der Beigeladene zu 2 als Zweckverband (vgl. Art. 17 ff, 23 KommZG) das Recht und die Pflicht, für die ordnungsgemäße Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung der tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2, die in ihrem Hoheitsgebiet anfallen, zu sorgen, und erfüllen diese Aufgabe im eigenen Wirkungskreis (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 AGTierNebG). Sie bestimmen durch Rechtsverordnungen die Einzugsbereiche und für ihr eigenes Gebiet, bei welchem Betrieb sie ihrer Beseitigungspflicht nachkommen (§ 6 Abs. 1 TierNebG, Art. 4a Sätze 1 und 2, Art. 1 Abs. 2 AGTierNebG). Darüber hinausgehende Aufgaben und Pflichten zum Vollzug der einschlägigen Gesetze und Verordnungen obliegen den staatlichen, in Art. 2 AGTierNebG aufgeführten Behörden, welche auch darüber wachen, dass die Besitzer tierischer Nebenprodukte ihren Überlassungs-, Ablieferungs- und Aufbewahrungspflichten (vgl. § 8 bis 10 TierNebG) nachkommen (§ 12 TierNebG). Die Beigeladenen scheiden somit als Klagegegner aus.

Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt, dass es für die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von der Anfallstelle in ... in einen anderen Mitgliedsstaat, hier nach ... in ..., nicht genügt, wenn (allein) die Voraussetzungen des Art. 48 der VO (EG) 1069/2009 vorliegen. Zwar handelt es sich bei dieser Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der VO (EG) 1774/2002 um einen Rechtsakt, der in allen Teilen verbindlich ist und in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gilt (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Aber Art. 48 der VO (EG) 1069/2009 allein schafft keine Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Verbringen ohne Genehmigung des Mitgliedstaates, in dem die tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 anfallen. Art. 48 enthält nur Regelungen über die Art und Weise des Versendens, wenn dies nach den Bestimmungen des Ursprungsmitgliedstaates möglich ist.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt:

„Hauptziele der VO (EG) 1069/2009 sind die Begrenzung von Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier und der Schutz der Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette (vgl. Erwägungsgrund 11). Das von tierischen Nebenprodukten ausgehende Risiko soll dadurch verringert werden, dass diese Produkte sicher beseitigt oder, sofern zulässig, für andere Zwecke verwendet werden (Erwägungsgrund 2) und der Weg dieser Produkte besser zurückverfolgt werden kann. Auch werden eine gleichmäßige Behandlung und Entsorgung der tierischen Nebenprodukte innerhalb der Gemeinschaft sowie eine Harmonisierung der Kontrollen angestrebt. Zur Erreichung dieser Ziele trifft die VO (EG) 1069/2009 keine abschließende Regelung, die eine Sperrwirkung gegenüber nationalen Regelungen entfalten würde, vielmehr sieht Art. 41 der VO gerade nationale Regelungen, die unmittelbar die ordnungsgemäße Durchführung der Verordnung betreffen, vor. Hätte der europäische Gesetzgeber eine abschließende Regelung mit der Verordnung treffen wollen, wäre ihm dies ohne Weiteres möglich gewesen.

Dass Art. 48 VO (EG) 1069/2009 die grundsätzliche Möglichkeit der Versendung von einem Mitgliedsstaat in einen anderen anspricht und zulässt, bedeutet nicht, dass das Versenden gleichsam als Regelfall beansprucht werden kann, wie auch die umfangreichen Vorschriften für ein ordnungsgemäßes Versenden zeigen.

Wie die Vorgängerverordnung verpflichtet auch die VO(EG) 1069/2009 die einzelnen Mitgliedsstaaten im Interesse der Öffentlichkeit daran, dass Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier vermieden werden (Erwägungsgrund 20), zu gewährleisten, dass auf ihrem Hoheitsgebiet ein angemessenes System besteht, mit dessen Hilfe sichergestellt wird, dass tierische Nebenprodukte unverzüglich eingesammelt, gekennzeichnet und transportiert sowie gemäß der Verordnung behandelt, verwendet und beseitigt werden (Art. 4 Abs. 4). Wie in Erwägungsgrund 20 weiter aufgeführt wird, soll sich der Umfang dieses Systems nach der tatsächlichen Menge tierischer Nebenprodukte richten, die in dem betreffenden Mitgliedsstaat anfällt, darüber hinaus auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips auch dem Erfordernis größerer Beseitigungskapazitäten Rechnung tragen.

Gemäß Art. 4 Abs. 5 können die Mitgliedsstaaten ihren Verpflichtungen im Rahmen des Abs. 4 in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedsstaaten oder Drittländern nachkommen; diese Formulierung zeigt, dass zunächst jedem Mitgliedsstaat selbst die Gewährleistung eines funktionsfähigen Sammlungs- und Beseitigungssystems für tierische Nebenprodukte obliegt. Dem Mitgliedsstaat steht es zunächst auch frei, wie er ein angemessenes System gewährleistet und seiner Verpflichtung nachkommt, andernfalls hätten auch insoweit konkrete Vorgaben des europäischen Gesetzgebers zur Vereinheitlichung der Systeme erfolgen können.

Schließlich spricht, worauf der Beklagtenvertreter zu Recht hinweist, auch die Stellung des Art. 48 VO (EG) 1069/2009 im System der Verordnung gegen eine materielle Regelung und einen subjektiven Rechtsanspruch zugunsten der Klägerin. Während die jedem Unternehmer im Rahmen der Verordnung zukommenden Pflichten und Verantwortlichkeiten in Titel I, Kapitel 1, Abschnitt 2 geregelt sind, findet sich Art. 48 in Titel III, Kapitel 1 , mit der Überschrift „amtliche Kontrollen“, der sich überwiegend an die Behörden wendet und Verfahrensvorschriften und Kontrollmechanismen beinhaltet. Nach Auffassung des Gerichts regelt Art. 48 damit lediglich die Modalitäten des Versendens, wenn dies nach den Bestimmungen des Mitgliedsstaats, in dem die tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 anfallen, überhaupt möglich ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Gericht der Auffassung ist, dass die VO (EG) 1069/2009 Vorgaben bezüglich des Umgangs mit nicht für den Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten macht, nationale Regelungen zur ordnungsgemäßen Durchführung aber zulässt und in diesem Rahmen auch ein Spielraum für die Mitgliedsstaaten besteht, wie sie ein effektives Beseitigungssystem ausgestalten.

Ein Anspruch auf ein genehmigungsfreies Versenden tierischer Nebenprodukte lässt sich somit aus der Verordnung nicht begründen. Bei den nach wie vor innerhalb der Gemeinschaft bestehenden Unterschieden könnte ein Verbringen, das nur von der Zustimmung des Bestimmungsmitgliedsstaates abhängt, schließlich auch zu Transporten quer durch die Gemeinschaft führen, wenn bestimmte Länder die Beseitigung kostengünstig durchführen oder freie Entsorgungskapazitäten auslasten wollen. Ein solcher „Tourismus“ mit gesundheitsgefährdenden tierischen Nebenprodukten kann vom Verordnungsgeber keinesfalls gewollt sein.“

Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (§ 130b Satz 2 VwGO). Neue Gesichtspunkte, welche diese Erwägungen durchgreifend in Frage stellen könnten, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht vorgetragen und solche sind auch nicht ersichtlich. Zu betonen ist, dass nicht nur die Erwägungsgründe (Nrn. 1 ff , 20, 55), sondern auch Art. 4 Abs. 4 der VO (EG) 1069/2009 unmissverständlich davon ausgehen, dass die Mitgliedsstaaten gewährleisten müssen, dass ein angemessenes System auf ihrem Hoheitsgebiet besteht, mit dessen Hilfe sichergestellt wird, dass tierische Nebenprodukte einerseits unverzüglich eingesammelt, gekennzeichnet und transportiert sowie andererseits gemäß dieser Verordnung behandelt, verwendet oder beseitigt werden. Dazu ist auch die Möglichkeit vorgesehen, diesen Verpflichtungen in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedsstaaten oder Drittländern nachzukommen (Art. 4 Abs. 5 VO (EG) 1069/2009). Diese nationalen Regelungen sind mit Erlass des Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (TierNebG), der Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsverordnung (TierNebV) und dem Gesetz zur Ausführung des Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (AGTierNebG, durch Bayern) geschaffen und damit ist den Vorgaben der Verordnung genügt worden.

Der Verpflichtungsantrag der Klägerin hat mit seinem Vornahmebegehren (§ 113 Abs. 5 Satz 1, § 114 Satz 1 VwGO) ebenfalls keinen Erfolg. Ein Anspruch auf Erlass einer einzigen ermessensfehlerfreien Entschließung, nämlich die Genehmigung zur Verbringung der tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von ... in den zugelassenen Verarbeitungsbetrieb ... (...) auszusprechen, besteht nicht. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die nach der Verordnung (EG) 1069/2009 möglichen und zulässigen bundesgesetzlichen Regelungen, die einen Benutzungszwang im Bereich tierischer Nebenprodukte vorsehen, in Einklang mit europäischen Rechten stehen, und dass aufgrund der landesgesetzlichen Regelungen nur ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung zur beantragten Genehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts besteht (§ 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 Satz 1 VwGO).

Nach § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 TierNebG ist zur Behandlung und Entsorgung der Materialien der Kategorien 1 und 2 eine Einzugsbereichsregelung mit ortsgebundenem Benutzungszwang vorgeschrieben. Die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Beseitigungspflichtige) haben, soweit nach der Verordnung der EG (nunmehr 1069/2009) tierische Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 (ausgenommen Milch, Kolostrum, Gülle, sowie Magen- und Darminhalt) abzuholen, zu sammeln, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten oder zu beseitigen sind, die Voraussetzungen für die Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung zu schaffen. Sie sind verpflichtet, diese in ihrem Gebiet anfallenden Materialien abzuholen, zu sammeln, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten und zu beseitigen (§ 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 TierNebG). Die Bundesländer bestimmen die Einzugsbereiche, innerhalb derer die Beseitigungspflichtigen das in § 3 Abs. 1 Satz 1 bezeichnete Material abzuholen, zu sammeln, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten oder zu beseitigen haben (§ 6 Abs. 1 TierNebG). Die zuständige Behörde kann nach Anhörung der Beseitigungspflichtigen einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts (wie hier der Beigeladenen zu 1), die einen Verarbeitungsbetrieb, eine Verbrennungsanlage oder eine Mitverbrennungsanlage betreibt, für das in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG bezeichnete Material die Pflicht zur Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung oder Beseitigung von tierischen Nebenprodukten übertragen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 TierNebG).

Davon ausgehend behindern diese nationalen Regelungen weder europäische Grundfreiheiten des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs noch die unternehmerische Freiheit nach Art. 12 Grundgesetz unzulässig.

Dahinstehen kann hier, ob tierische Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 (und nicht Produkte erfolgter Verarbeitungen wie Industriefett und Tiermehl) unter den Warenbegriff der Art. 28 f AEUV fallen. Waren im Sinn des Art. 28 AEUV sind körperliche Gegenstände, die über eine Grenze verbracht werden und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können (vgl. Lux in Lenz/Borchardt a.a.O., Art. 28 AEUV RdNr. 15 m.w.N.). Fraglich ist aber, ob Gegenstände mit einem sogenannten negativen Wert wie hier dem Warenbegriff der Art. 28 ff AEUV unterfallen können, zumal hier nicht der Empfänger, sondern der Abgebende ein Entgelt dafür erbringt, dass ihm diese Gegenstände abgenommen werden (bejahend vgl. Lux a.a.O. RdNr. 17 m.w.N.). Diese Frage braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn es sich bei tierischen Nebenprodukten der Kategorien 1 und 2 um Waren im Sinn des Art. 28 ff AEUV handelte, und ein Verbringungsverbot eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinn von Art. 35 AEUV darstellte, griffe hier die Ausnahmeregelung des Art. 36 AEUV. Danach stehen die Bestimmungen der Art. 34 und 35 AEUV Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Das ist etwa dann der Fall, wenn tatsächlich eine Gesundheitsgefahr besteht und die mitgliedsstaatliche Regelung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Bei der Bewertung des gesundheitlichen Risikos kann sich der nationale Gesetzgeber auf das Vorsorgeprinzip stützen (vgl. EuGH vom 28.1.2010, C – 333/08 RdNr. 91 – juris – sowie vom 19.5.2009 NJW 2009, 2112/2113; BVerwG vom 28.9.2011 BVerwG 3 C 26/10 RdNr. 22 – juris –). Er muss nicht etwa abwarten, bis sich das (abstrakte) gesundheitliche Risiko verwirklicht, etwa durch Ausbruch von Tierseuchen, um danach erst zu handeln. Ein konkret vorhandenes, besonderes Gefahrenpotential für eine der in Art. 36 AEUV genannten Interessen muss nicht vorliegen, um Beschränkungen des freien Warenverkehrs zu ermöglichen. Die Mitgliedsstaaten haben insbesondere beim Gesundheitsschutz einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Schutzniveaus, das sie erzielen wollen. Der nationale Gesetzgeber konnte mithin generellen gesetzlichen Benutzungszwang im Bereich der Beseitigung tierischer Nebenprodukte, verbunden mit einer Einzugsbereichsregelung, vorsehen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt, weil die Möglichkeit besteht, davon Ausnahmen zuzulassen (vgl. § 6 Abs. 2 TierNebG, Art. 4 Abs. 4 AGTierNebG; dazu weiter unten).

Ein Verstoß gegen den freien Dienstleistungsverkehr durch die bundesgesetzlichen Normen liegt ebenso wenig vor. Fraglich ist ohnehin, ob die Klägerin in ihrer Dienstleistungsfreiheit betroffen sein kann, wenn es ihr selbst nicht erlaubt ist, die in ihrem Schlachthof anfallenden tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 zur Verarbeitung in den Betrieb in ... zu liefern. Denn unter Dienstleistungen im Sinn der Verträge sind Leistungen zu verstehen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden (Art. 57 Abs. 1 AEUV). Dabei gelten insbesondere als Dienstleistungen gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten (Art. 57 Abs. 2 AEUV). Dienstleistungen setzen aber immer voraus, dass der Leistende seine Leistungen gegenüber einem Dienstleistungsempfänger erbringt (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe auch Seyr in Lenz/Borchardt a.a.O. Art. 56, 57 AEUV RdNr. 13). Bei der Erbringung der Dienstleistung muss es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit handeln, also eine Tätigkeit, die auf einen Erwerbszweck gerichtet ist (Seyr in Lenz/Borchardt a.a.O. Art. 56, 57 AEUV RdNr. 9 m.w.N.). Transportiert aber die Klägerin ihre eigenen Schlachtabfälle nach Österreich, erbringt sie damit sich selbst gegenüber keine Dienstleistung. Vielmehr stellt die Entsorgung oder Verarbeitung des Materials der Kategorien 1 und 2 durch den Empfängerbetrieb in ... eine Dienstleistung dar, zumal hier nicht der Empfänger, sondern der Abgebende das Entgelt erbringt (vgl. Lux in Lenz/Borchardt a.a.O. Art. 28 AEUV RdNr. 17).

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) schützt den Dienstleistungsverkehr nur insoweit, als ein grenzüberschreitendes Element vorhanden ist, was sich aus dem Wortlaut der Artikel 56 Abs. 1 und 57 Abs. 2 AEUV ergibt. Nur soweit sich die Klägerin mit dem bei ihr angefallenen Material der Kategorien 1 und 2 zum verarbeitenden Betrieb in .../... begäbe, um dort eine Dienstleistung, nämlich die Abnahme ihrer Materialien zur Verarbeitung und/oder Beseitigung in Anspruch zu nehmen, käme eine sogenannte „passive“ Dienstleistungsfreiheit in Betracht (vgl. Seyr in Lenz/Borchardt a.a.O. Art. 56, 57 AEUV RdNr. 14). Insoweit ist aber der Schutzbereich der Art. 56 ff AEUV nicht eröffnet, weil hier die Bereichsausnahme des Art. 51 AEUV über Art. 62 AEUV zum Zuge kommt. Denn Art. 51 AEUV legt fest, dass diejenigen Tätigkeiten vom sachlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit oder Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind, welche in einem Mitgliedsstaat zeitweise oder dauernd mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Das bedeutet, dass Dienstleistungsanbieter anderer Mitgliedsstaaten – hier etwa der verarbeitende Betrieb in .../..., der gegebenenfalls auch die tierischen Nebenprodukte der Klägerin in ihrem inländischen Betrieb in ... abholen soll –, von den Bereichen ausgeschlossen werden können, die traditionell der öffentlichen Gewalt vorbehalten sind. Der Benutzungszwang, dem die Klägerin aufgrund der öffentlichen Aufgabe der Beseitigung tierischer Nebenprodukte (vgl. § 3 Abs. 1 TierNebG) unterworfen ist, stellt die Ausübung öffentlicher Gewalt wie von Art. 51 AEUV vorausgesetzt dar. Nachdem die Klägerin auch das bei ihr anfallende Material der abholungsverpflichteten Beseitigungspflichtigen, hier der beliehenen Beigeladenen zu 1, überlassen muss (vgl. § 8 sowie § 9 TierNebG) und ihr Kraft nationalen Rechts die Möglichkeit eines Transports zum Beseitigungs- und Verarbeitungsbetrieb nicht eröffnet ist (s.a. §§ 7 u. 9 TierNebV), handelt es sich beim Transport dieser tierischen Nebenprodukte um einen Teil der Entsorgung der Klägerin, für den auch insoweit der Schutzbereich des freien Dienstleistungsverkehrs nicht eröffnet ist.

Dafür, dass die Einzugsbereichsregelungen des Beigeladenen zu 2 und die Übertragung der Entsorgungspflichten auf die Beigeladene zu 1 nicht wirksam wären, hatte die Klägerin konkrete Anhaltspunkte weder vorgetragen noch waren solche ersichtlich gewesen.

Die Regelungen in §§ 3, 6 und 8 TierNebG verletzen auch keine Grundrechte der Klägerin. Der Eingriff in die unternehmerische Freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder etwa in die allgemeine Handlungsfreiheit ist durch hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls gerechtfertigt und beschwert die Klägerin nicht unverhältnismäßig. Ergänzend wird auf die Ausführungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils zum Schutzbereich des Art. 12 GG verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erlass einer uneingeschränkten Genehmigung zur Verbringung der in ihrem Schlachthof in ... anfallenden tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 zum Betrieb in .../... im Wege der Ermessensreduzierung auf Null, sondern nur, dass über ihren Antrag auf Verbringung dieser bei ihr anfallenden Materialien unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden wird.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgehalten:

„Zu Unrecht jedoch ist der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung mit der Begründung abgelehnt worden, dass eine solche nicht möglich sei, weil das Landesrecht im Bereich der tierischen Nebenprodukte eine solche grundsätzlich nicht vorsehe.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ein Anschluss- und Benutzungszwang aus übergeordneten Gründen des öffentlichen Wohls zulässig und verfassungskonform, allerdings darf einem Anschusspflichtigen kein Nachteil zugefügt werden, der außer Verhältnis zu dem erstrebten Gemeinwohlzweck steht (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.11.1977, II A 811/71). Bei verfassungsgemäßer Auslegung des Anschluss- und Benutzungszwangs muss stets auch die Möglichkeit einer Befreiung bzw. einer Ausnahmegenehmigung gegeben sein, um atypischen Fällen und individuellen Härtefällen gerecht werden zu können (BayVGH, Urt. v. 26.4.2007, 4 BV 05.1037 m.w.N. zur Benutzungspflicht einer gemeindlichen Wasserversorgung).

Der Freistaat Bayern hat von der Möglichkeit des § 6 Abs. 2 TierNebG, wonach die Länder bestimmen können, dass Material der Kategorien 1 und 2 auch außerhalb des Einzugsbereiches entsorgt werden kann, im Gegensatz zu anderen Bundesländern keinen ausdrücklichen Gebrauch gemacht. Allerdings enthält Art. 4 Abs. 4 AGTierNebG die Regelung, dass für tierische Nebenprodukte, die aufgrund einer Bestimmung nach § 6 Abs. 2 TierNebG auch in Betrieben außerhalb des Einzugsbereiches behandelt, verarbeitet oder beseitigt werden dürfen, Vereinbarungen über Kosten und Entgelte getroffen werden können. Art. 4 Abs. 4 AGTierNebG setzt somit die Möglichkeit einer Entsorgung außerhalb des Einzugsbereichs und damit einer Befreiung bzw. Ausnahmegenehmigung vom Anschlusszwang voraus.

Bei verfassungskonformer Auslegung von Art. 4 Abs. 4 AGTierNebG ergibt sich i.V.m. § 6 Abs. 2 TierNebG, auf den ausdrücklichen Bezug genommen wird und unter Berücksichtigung von Art. 48 VO (EG) 1069/2009, die grundsätzliche Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung von der Entsorgungspflicht im Einzugsbereich auch im Freistaat Bayern.

Zuständig für die Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung ist das örtlich zuständige Landratsamt Traunstein, in dessen Bereich die Klägerin ihren Sitz hat. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 AGTierNebG i.V.m. § 2 ZustVTierNebG. Zuständige Behörden zum Vollzug des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes, der auf seiner Grundlage ergangenen Rechtsverordnungen und der in § 1 TierNebG aufgeführten unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft sind die staatlichen Behörden (Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Regierungen, Kreisverwaltungsbehörden). Da die ZustVTierNebG vorliegend keine spezielle Vollzugszuständigkeit zuweist, ist von der allgemeinen Zuständigkeit des Landratsamtes gem. § 2 ZustVTierNebG auszugehen.

Die Klägerin hat somit einen Anspruch darauf, dass über ihren Antrag auf Verbringung ihrer Schlachtabfälle der Kategorien 1 und 2 nach ... unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung entschieden wird.

Insoweit war der in dem Verpflichtungsantrag enthaltenen Klage auf Neuverbescheidung stattzugeben. Da allerdings ein weites Ermessen der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über den Antrag besteht, die alle öffentlichen Belange und die privaten Belange der Klägerin abzuwägen hat und dann entscheiden muss, ob überhaupt und ggf. für welchen Zeitraum oder unter welchen Auflagen eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen ist, konnte das Gericht keine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung aussprechen. Eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass angesichts der konkreten Umstände des Falles allein die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für die Klägerin in Betracht kam, konnte aufgrund der oben gemachten Ausführungen nicht angenommen werden. Insoweit war die Klage, soweit sie über die Neuverbescheidung hinausging, auch im Hilfsantrag abzuweisen.“

Der Senat nimmt auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts gemäß § 130b Satz 2 VwGO Bezug. Die Ausnahmemöglichkeiten in § 6 Abs. 2 TierNebG und eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 4 Abs. 4 AGTierNebG unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu BVerfG v. 22.5.1990 BVerfGE 81, 310/338, v. 18.4.1989 BVerfGE 79, 311/341; s.a. Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 20 RdNr. 80 ff) gebieten die grundsätzliche Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung von einem aufgrund einfachgesetzlicher Regelung angeordneten Benutzungs- und Einzugsbereichszwang, über die nach pflichtgemäßem Ermessen die zuständige Behörde zu entscheiden und dabei alle öffentlichen und die privaten Belange der Klägerin abzuwägen hat. Das akzeptiert auch der Beklagte. Neue Gesichtspunkte, die eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat die Klägerin im Rechtsmittelverfahren nicht aufgezeigt. Rein wirtschaftliche Erwägungen können eine Ausnahmegenehmigung nicht rechtfertigen.

Daher ist die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil die Beigeladenen nicht nur Sachanträge gestellt, sondern auch das Verfahren gefördert haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 120.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG).