Bayerischer VGH, Urteil vom 12.06.2012 - 10 B 10.2959
Fundstelle
openJur 2012, 128261
  • Rkr:
Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2008 wird die an Herrn G. Slisko gerichtete Untersagungsverfügung der Beklagten vom 13. März 2008 mit Wirkung für die Zukunft insoweit aufgehoben, als sie die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten für die Klägerin betrifft.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die gegenüber einem für sie tätigen Vermittler ergangene Untersagungsverfügung bezüglich der Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten.

Mit Bescheid vom 13. März 2008 untersagte die Beklagte dem für die Klägerin als Vermittler tätigen kroatischen Staatsangehörigen S. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten, auch im Internet, für jede Betriebsstätte im Stadtgebiet und verfügte die Einstellung dieser Tätigkeiten mit Ablauf des 14. März 2008. Für den Fall der nicht fristgemäßen Betriebseinstellung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,- Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, S. habe in der Betriebsstätte P.-Straße in M. ohne Erlaubnis die Möglichkeit zum Abschluss von Sportwetten geboten. Dabei handle es sich um Glücksspiel nach § 284 Abs. 1 StGB und somit um eine strafbare Handlung im Sinne dieser Bestimmung. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 3 Nr. 3 GlüStV könne die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Unter Abwägung des Interesses des Betroffenen an der Fortführung der illegalen Tätigkeit und des öffentlichen Interesses an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes sei nach pflichtgemäßem Ermessen keine andere Entscheidung ersichtlich. Der bayerische Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, eine das Glücksspiel betreffende Erlaubnisvorschrift für Private zu erlassen. Daher sei auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kein milderes Mittel erkennbar, um u.a. den Schutz der Allgemeinheit vor Ausnutzung der Spielsucht durch private Dritte zu erreichen.

Der Bescheid vom 13. März 2008 ist dem Adressaten, dem Vermittler S., gegenüber durch die rechtskräftige Abweisung seiner Anfechtungsklage mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2008 (Az. M 16 K 08.1176) bestandskräftig geworden.

Die durch die Klägerin am 10. April 2008 erhobene Klage mit dem Antrag, die durch die Beklagte erlassene Untersagungsverfügung vom 13. März 2008 aufzuheben, hat das Verwaltungsgericht München (ebenfalls) mit Urteil vom 2. Dezember 2008 abgewiesen. Die Klage sei wegen fehlender Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig. Die angefochtene Untersagungsverfügung sei nicht gegenüber der Klägerin ergangen. Diese sei durch sie lediglich reflexartig betroffen. Eine rechtliche Bindungswirkung der Anordnung auch gegenüber der Klägerin sei nicht zu erkennen.

Mit ihrer durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2010 zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Der Berufung stehe auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2008 im Klageverfahren des S. (Az. M 16 K 08.1176) entgegen. Die Klägerin sei klagebefugt, da die Möglichkeit bestehe, dass die an S. gerichtete Untersagungsverfügung (auch) die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 49 EGV (jetzt Art. 56 AEUV) verletze. Zwischen der Klägerin und S. sei ein Franchise-Vermittlungsvertrag abgeschlossen worden. Die Klägerin sei der Auffassung, aufgrund der ihr zustehenden Dienstleistungsfreiheit sei sie zur Entgegennahme von Wettaufträgen aus bayerischen Annahmestellen berechtigt. Diese Berechtigung existiere auch unabhängig davon, ob der Vermittler vor Ort Unionsbürger oder Drittstaatsangehöriger sei. Entscheidend sei vielmehr, dass die Klägerin grenzüberschreitend Dienstleistungen gegenüber dem Wettkunden erbringe, indem sie ihm gegen Zahlung des Entgelts eine Gewinnchance einräume. Die Klägerin sei an einer weiteren Zusammenarbeit mit S. interessiert, unbeschadet des Umstandes, dass die streitgegenständliche Untersagungsverfügung nach dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2008 diesem gegenüber rechtmäßig ergangen sei. Das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen an den Wettanbieter zu erleichtern, stelle nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine Beschränkung des Rechts des Buchmachers auf freien Dienstleistungsverkehr dar. Eine solche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit stelle immer eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO dar. Das Gemeinschaftsrecht verlange im Übrigen auch, dass die nationalen Rechtsvorschriften das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht beeinträchtigten. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ergebe sich daraus, dass für den Fall der beantragten Aufhebung der Untersagungsverfügung S. faktisch wieder für die Klägerin als Vermittler tätig werden könnte. Damit wäre ihr Rechtsschutzziel erreicht. Die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts im Parallelverfahren des S. stehe dem Aufhebungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Denn dieses Urteil besage nichts darüber, dass die Klägerin die an S. gerichtete Verfügung hinzunehmen hätte.

Die angefochtene Anordnung verletze auch Rechte der Klägerin. Bei der streitbefangenen Untersagungsverfügung handle es sich um eine zeitlich auf unbefristete Dauer angelegte Verfügung, die eindeutig der Durchsetzung des europarechtswidrigen staatlichen Sportwettenmonopols diene. Eine massive Politik der Angebotsausweitung sei sowohl innerhalb des Sportwettensektors als auch außerhalb dieses Sektors festzustellen. Diese Glücksspielpolitik sei damit nicht im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kohärent und systematisch auf die Suchtbekämpfung angelegt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2008 die an Herrn S. gerichtete Untersagungsverfügung der Beklagten vom 13. März 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Anfechtungsklage der Klägerin sei sowohl mangels Klagebefugnis als auch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Adressat des streitgegenständlichen Bescheids sei nicht die Klägerin, sondern Herr S., der an die Klägerin Sportwetten vermittelt habe. Somit sei die Klägerin allenfalls reflexartig betroffen, weil der Vermittler seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könne. Eine rechtliche Bindungswirkung für die Klägerin bestehe insoweit nicht. Demgemäß liege auch kein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin durch die Untersagungsverfügung vor. Es könne auch nicht im Sinne der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG sein, einem lediglich faktisch oder mittelbar von einer Verfügung Betroffenen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Klägerin fehle aber auch das Rechtsschutzbedürfnis, da sie mit der Klage ihr Rechtsschutzziel nicht erreichen könne. Ein stattgebendes Urteil im vorliegenden Berufungsverfahren könnte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2008 im Verfahren des S. (Az. M 16 K 08.1176) nicht überwinden. S. sei im Übrigen unabhängig davon schon gesetzlich untersagt, an die Klägerin Sportwetten zu vermitteln, weil er nicht über die dafür erforderliche Erlaubnis verfüge.

Die Klage der Klägerin sei überdies unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Nachdem S. nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten verfüge, erweise sich die Untersagungsverfügung bereits aufgrund vorliegender formeller Illegalität als rechtmäßig. Die Klägerin müsse sich das Fehlen dieser Erlaubnis entgegenhalten lassen. Eine entsprechende Erlaubnis wäre im Übrigen zu versagen, wenn das Veranstalten und Vermitteln des Glücksspiels den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine Überprüfung, ob die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung unabhängig vom staatlichen Glücksspielmonopol im konkreten Fall vorliegen würden, sei ohne den fehlenden Erlaubnisantrag des S. nur schwer möglich. Es sei aber davon auszugehen, dass die Vermittlertätigkeit des S. nicht erlaubnisfähig und damit auch materiell illegal sei.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt und ergänzend ausgeführt, die Bestimmungen in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV über das staatliche Sportwettenmonopol seien nicht aufgrund eines Verstoßes gegen das Kohärenzgebot unanwendbar. Die gegenteilige Auffassung des Senats in Parallelentscheidungen verkenne die Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Entscheidungen vom 1. Juni 2011 und 11. Juli 2011. Weiter verkenne der Senat die Reichweite des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs, wenn er eine mit Verweis auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV ausgesprochene Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten für ermessensfehlerhaft halte.

Der Senat hat die Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung am 11. Juni 2012 mit den Beteiligten erörtert. Beweisanträge des Vertreters des öffentlichen Interesses zu den (unterschiedlichen) Spielerpersönlichkeiten in den Glücksspielsektoren der Geldspielautomaten und der Sportwetten und den Folgen einer festgestellten Angebotsausweitung und Liberalisierung im Geldspielautomatenbereich sowie zur Liberalisierung im Automatenspielsektor und deren tatsächlichen Auswirkungen hat der Senat in der mündlichen Verhandlung ebenso abgelehnt wie einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Die auf Aufhebung der gegenüber dem Vermittler S. ergangenen Untersagungsverfügung gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin ist nur zum Teil zulässig (nachfolgend 1.) und begründet (nachfolgend 2.).

Die vom Vertreter des öffentlichen Interesses in der mündlichen Verhandlung beantragte Beiladung des Vermittlers S. als Adressat der streitbefangenen Untersagungsverfügung der Beklagten war weder nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig noch nach § 65 Abs. 1 VwGO (aus Zweckmäßigkeitserwägungen) geboten.

Der für die Klägerin als Vermittler ihres Sportwettenangebots an inländische Wettkunden tätige S. als Adressat und unmittelbar Verpflichteter der Untersagungsverfügung ist im Anfechtungsprozess der Klägerin gegen diese Anordnung nicht notwendig beizuladen, da er an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt ist, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 65 Abs. 2 VwGO). Auch wenn die Klägerin – wie unter Nr. 1.3. ausgeführt wird – als Nicht-Adressatin durch die glücksspielrechtliche Verfügung in ihren Grundfreiheiten betroffen ist, wird sie von der Rechtskraft des gegen den Vermittler S. ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts und der Bestandskraft der zugrundeliegenden Untersagungsverfügung nicht erfasst. Über die Rechte der Klägerin wurde bei der Entscheidung über die Klage des Vermittlers nicht zugleich mitentschieden. Sie war daher auch nicht gehindert, ihre eigenen Rechte mit ihrer Anfechtungsklage trotz des negativen Ausgangs des Prozesses des Vermittlers S. weiter zu verfolgen (vgl. BVerwG vom 27.8.1996 Az. 1 C 8.94 <juris> zur vergleichbaren Problematik einer Klage des Ehegatten gegen die bestandskräftige Ausweisung bzw. Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eines Ausländers; vgl. auch Bier in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 65 RdNrn. 20 f.). Eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO kommt auch immer nur dort in Frage, wo der klägerische Antrag (und eine dementsprechende Gerichtsentscheidung) den Dritten in negativer Weise betrifft, d.h. dessen rechtlich geschützten Interessen abträglich wäre, nicht jedoch in Fällen wie dem vorliegenden, wo eine Parallelität der Interessen des Klägers und des Dritten besteht (vgl. dazu Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 65 RdNr. 16; Konrad, BayVBl 1982, 481/484 m.w.N.; BayVGH vom 19.9.2008 Az. 10 CS 08.1831 <juris> RdNr. 6).

Der Senat sieht auch keine Veranlassung für die beantragte Beiladung des Vermittlers S. nach § 65 Abs. 1 VwGO, da diese weder zur Wahrung der rechtlichen Interessen des S. noch zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung geboten ist und auch prozessökonomische Gründe wie die mögliche Rechtskrafterstreckung der Entscheidung im konkreten Fall nicht greifen.

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO ist nur insoweit zulässig, als mit ihr die Aufhebung der Untersagungsverfügung der Beklagten vom 13. März 2008 mit Wirkung für die Zukunft begehrt wird. Unzulässig ist der Anfechtungsantrag der Klägerin dagegen, soweit er die Betriebsuntersagung für die Vergangenheit betrifft, weil sich die streitbefangene Untersagungsverfügung (mit der damit verbundenen Einstellungsverfügung, der insoweit aber kein weitergehender oder eigenständiger Regelungsgehalt zukommt) als Unterlassungsgebot durch Zeitablauf für die jeweils zurückliegenden Zeiträume erledigt hat (s. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

1.1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der als Dauerverwaltungsakt zu qualifizierenden Untersagungsverfügung ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (st. Rspr. des Senats; vgl. z.B. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 26 m.w.N.). Die Untersagungsverfügung weist als Unterlassungsgebot einen fortwährenden Regelungsgehalt dergestalt auf, dass sie so wirkt, wie wenn sie immer zu jedem Zeitpunkt neu erlassen werden würde und somit laufend das Verwaltungsrechtsverhältnis konkretisiert (vgl. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 27; Wolff in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, § 113 RdNr. 116). Dies hat zur Folge, dass sich der in der Untersagungsverfügung liegende Dauerverwaltungsakt fortlaufend für den jeweils vergangenen Zeitraum durch Zeitablauf erledigt, soweit von ihm für die jeweils vergangenen Zeiträume für den Kläger keine nachteiligen Wirkungen mehr ausgehen (vgl. BVerwG vom 5.1.2012 Az. 8 B 62.11 <juris> RdNr. 14; BayVGH zuletzt vom 15.5.2012 Az. 10 BV 10.2258 <juris> RdNr. 20). Eine fortdauernde Beschwer der Klägerin für in der Vergangenheit liegende Zeiträume ergibt sich insbesondere nicht aufgrund des von ihr in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Umstands, dass die Beklagte auf der Grundlage der streitbefangenen Untersagungsverfügung ein Zwangsgeld gegenüber dem Vermittler S. für fällig erklärt hat. Denn dadurch wird nicht etwa die Klägerin (noch) beschwert; insbesondere gehen von der Untersagungsverfügung als Grundverwaltungsakt für die gegenüber dem Adressaten S. erfolgte Vollstreckung (durch die Anwendung des angedrohten Zwangsmittels) keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr für die Klägerin aus.

Dahinstehen kann hier jedoch die Frage, ob die Anfechtungsklage der Klägerin, soweit sie auf die Aufhebung des (erledigten) Dauerverwaltungsaktes für vergangene Zeiträume gerichtet ist, danach schon wegen fehlender Statthaftigkeit der Anfechtungsklage, fehlendem Rechtsschutzbedürfnis oder vielmehr deshalb unzulässig ist, weil die Klägerin insoweit nicht mehr geltend machen kann, durch die Untersagungsverfügung in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO; vgl. dazu Happ in Eyermann, a.a.O., § 42 RdNr. 14; BVerwG vom 21.8.1995 Az. 8 B 43.95 <juris> RdNrn. 21 f.).

Einen grundsätzlich in Betracht kommenden Feststellungsantrag (nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), dass der Dauerverwaltungsakt in Ansehung der Vergangenheit rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG vom 5.1.2012 Az. 8 B 62.11 <juris> RdNr. 14; BayVGH vom 24.1.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNrn. 28 und 53), hat die Klägerin nicht gestellt.

1.2. Gegen die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage der Klägerin im Übrigen, d.h. soweit sie die Aufhebung der Untersagungsverfügung der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft begehrt, bestehen dagegen keine Bedenken. Ob die gegenüber dem Vermittler S. wirksam ergangene Untersagungsverfügung (unmittelbare) belastende Rechtswirkungen auch gegenüber der Klägerin hat, ist eine Frage der Klagebefugnis und nicht bereits der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O., § 42 RdNr. 9).

1.3. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses kann die Klägerin auch im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, durch die angegriffene Untersagungsverfügung in ihrer unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) verletzt zu sein. Die vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21. September 2006 (Az. 24 CS 06.2231 <juris>) vertretene Auffassung, eine ausländische Wettanbieterin sei bezüglich einer gegen ihren inländischen Sportwettenvermittler ergangenen Untersagungsverfügung nicht antrags- bzw. klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, weil die durch die Anordnung bewirkte Beschränkung ihrer wirtschaftlichen Betätigung (als Sportwettanbieter) lediglich mittelbare Folge des an einen Dritten adressierten Verwaltungsaktes ohne unmittelbare und gegenwärtige rechtliche Bindungswirkung für sie selbst sei, wird nicht weiter aufrechterhalten. Denn diese Auffassung trägt dem Schutz der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV, dem Gebot der effektiven Erfüllung der unionsvertraglichen Verpflichtungen gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV und der Sicherung eines wirksamen Rechtsschutzes in dem von dieser Grundfreiheit erfassten Bereich (s. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 2 EUV) nicht hinreichend Rechnung.

Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit der Klage eines drittstaatsangehörigen Sportwettenvermittlers gegen eine an ihn gerichtete Untersagungsverfügung entschieden (Urt. vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 <juris> RdNr. 57), dass maßgeblicher Bezugspunkt der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV in glücksspielrechtlichen Streitverfahren das Dienstleistungsverhältnis zwischen dem ausländischen Wettanbieter und dem inländischen Wettkunden ist. Unter diesen Dienstleistungsbegriff fallen im Bereich der Sportwetten auch Tätigkeiten, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet – und damit ohne Ortswechsel – in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungsempfängern anbietet (BayVGH vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 a.a.O. unter Verweis auf EuGH vom 6.11.2003 Rs. C-243/01 - Gambelli u.a. - <juris> RdNr. 54). In diesem Verhältnis des Wettanbieters zum Leistungsempfänger kommt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der Tätigkeit des Vermittlers bezogen auf die Erbringung der Wettdienstleistung bei Sportereignissen keine selbständige Bedeutung zu. Daher stellt beispielsweise auch ein strafbewehrtes Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem diese Vermittler ihre Tätigkeit ausüben, zu erleichtern, eine Beschränkung des Rechts des Buchmachers auf freien Dienstleistungsverkehr dar, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (vgl. BayVGH vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 a.a.O.; EuGH vom 6.11.2003 - Gambelli u.a. - a.a.O. RdNr. 58). Die Vermittlung von Glücksspielen stellt demgemäß (ebenso wie die Werbung für Glücksspiele) nur eine konkrete Einzelheit der Veranstaltung und des Ablaufs der Spiele dar, auf die sie sich bezieht (vgl. EuGH vom 8.9.2010 Rs. C-316/07 - Markus Stoß - <juris> RdNr. 56). Eine tatsächliche und vor allem rechtliche Aufspaltung dieses einheitlichen in den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV fallenden Dienstleistungsvorgangs – des Wettangebots – in zwei getrennte Dienstleistungsverhältnisse Wettanbieter – Vermittler einerseits und Vermittler – Sportwettenkunde andererseits unter Verselbständigung eines Teils bzw. einer konkreten Einzelheit der Gesamtdienstleistung – der grenzüberschreitenden Sportwettenveranstaltung – nimmt der Gerichtshof der Europäischen Union gerade nicht vor (vgl. BayVGH vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 <juris> RdNr. 58). Im damit maßgeblichen Dienstleistungsverhältnis Wettanbieter – Kunde ist sowohl der sachliche als auch der persönliche Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) eröffnet. Die Klägerin steht als maltesische Gesellschaft, die ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb der Union hat, bei der Anwendung der Grundfreiheiten des AEUV den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind (Art. 62 i.V.m. Art. 54 Abs. 1 AEUV) und erbringt mit ihrem Wettangebot eine grenzüberschreitende Dienstleistung (sog. Korrespondenzdienstleistung, vgl. Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 56/57 AEUV RdNr. 54). Die effektive Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit des Wettanbieters, die durch das Einschreiten gegen den Vermittler objektiv betrachtet eingeschränkt wird, gebietet es, dass nicht nur der Vermittler, dessen sich der Wettanbieter zur erleichterten Erbringung seiner Dienstleistung bedient, im Rahmen seiner Klage gegen die Untersagung der Vermittlungstätigkeit eine Verletzung dieser Grundfreiheit wie ein eigenes Recht geltend machen kann (vgl. BayVGH vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 a.a.O. RdNr. 60 m.w. Rspr.-Nachweisen). Das unionsrechtliche Effektivitätsgebot (Art. 4 Abs. 3 EUV), das sowohl dem subjektiven Rechtsschutz des Einzelnen als auch der objektiven Wahrung des Gemeinschaftsrechts dient, bedingt u.a. auch, dass durch nationale Verfahrens- bzw. Prozessvorschriften die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (vgl. BayVGH vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 a.a.O. RdNr. 61 m.w. Rspr.-Nachweisen). Demgemäß ist es zur effektiven Wahrung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit in diesem vom Recht des Buchmachers auf freien Dienstleistungsverkehr erfassten Bereich auch nicht ausreichend, die ausländische Dienstleistungsanbieterin nur auf den Rechtsschutz über ihren Vermittler und dessen Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung zu verweisen. Erforderlich ist vielmehr, dass neben dem die unselbständige Teilhandlung (Vermittlung des Sportwettangebots des ausländischen Wettanbieters) erbringenden Vermittler auch der Wettanbieter selbst der ihm durch Unionsrecht gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zur Geltung verhelfen kann (so bereits BayVGH vom 18.4.2012 Az. 10 BV 10.2273 a.a.O. RdNr. 62).

Der Einwand der Beklagten, die angefochtene Untersagungsverfügung entfalte lediglich reflexartige wirtschaftliche Auswirkungen gegenüber der Klägerin, greift nach alldem ebenso wenig wie die Rüge, bei Annahme einer Klagebefugnis im vorliegenden Fall ergäben sich kaum lösbare Abgrenzungsfragen und Probleme bei vergleichbaren gewerberechtlichen und gaststättenrechtlichen Verfügungen, wo die an den Adressaten gerichteten Bescheide möglicherweise auch vertragliche Verhältnisse des Adressaten mit Dritten beträfen. Denn dabei wird - wie oben dargelegt - der besondere sachliche und persönliche Anwendungs- und Schutzbereich der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht ausreichend berücksichtigt. Es geht hier nicht um bloße vertragliche Verhältnisse der Klägerin mit dem Bescheidsadressaten (ihrem Sportwettenvermittler S.), sondern gerade um die durch Art. 56 AEUV gewährleistete Freiheit, mit ihrem Wettangebot mittels eines Vermittlers als Marktzugangsagent eine grenzüberschreitende Dienstleistung den im Inland ansässigen Wettkunden (effektiv, d.h. insbesondere ohne unionsrechtswidrige Beschränkungen) anzubieten. Auch wenn die Klägerin als Wettanbieterin in dem an ihren Vermittler S. gerichteten Untersagungsbescheid selbst nicht ausdrücklich erwähnt ist, so war der Beklagten bei Erlass ihrer Anordnung aufgrund des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens und des bei Kontrollen in der Betriebsstätte des S. aufgefundenen (und zur Behördenakte genommenen) Wettmaterials klar, dass durch S. Sportwetten an die Klägerin (als Wettanbieterin) vermittelt wurden. Eine hinreichende Konkretisierung dieses grenzüberschreitenden Dienstleistungsverhältnisses und damit eine rechtliche Betroffenheit gerade auch der Klägerin als Leistungserbringerin des grenzüberschreitenden Wettangebots liegt damit auf der Hand.

1.4. Dem Klagebegehren der Klägerin steht ferner nicht entgegen, dass die von ihr angefochtene, ihrem Sportwettenvermittler S. gegenüber ergangene Untersagungsverfügung nach dem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2008 (Az. M 16 K 08.1176) bestandskräftig geworden ist. Zwar kann der Zulässigkeit einer Klage auch entgegenstehen, dass bezüglich des geltend gemachten Klagebegehrens bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Auch wenn die Klägerin - wie unter 1.3. dargelegt - geltend machen kann, durch die Untersagungsverfügung in ihren Rechten betroffen zu sein, wird sie von der Rechtskraft des gegen ihren Vermittler ergangenen Urteils und der Bestandskraft der zugrundeliegenden glücksspielrechtlichen Anordnung nicht erfasst. Denn über die Rechte der Klägerin wurde bei dieser (gerichtlichen) Entscheidung nicht zugleich mitentschieden. Daher ist die Klägerin auch nicht gehindert, ihre eigenen, unionsrechtlich gewährleisteten Rechte mit der Anfechtungsklage trotz des negativen Ausgangs des verwaltungsgerichtlichen Prozesses ihres Vermittlers weiter zu verfolgen (zur entsprechenden ausländerrechtlichen Problematik vgl. BVerwG vom 27.8.1996 Az. 1 C 8.94 <juris> RdNr. 24).

1.5. Schließlich fehlt der Klägerin nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihre Anfechtungsklage. Dass der Vermittler S. im Fall eines Erfolges dieser Klage daran interessiert ist, wieder als Vermittler für das Wettangebot der Klägerin in München tätig zu sein, wurde im Verfahren glaubhaft dargelegt. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin kann auch nicht deshalb verneint werden, weil sowohl das Wettangebot der Klägerin als auch eine Vermittlungstätigkeit durch S. mangels der jeweils erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis (s. § 4 Abs. 1 GlüStV) ohnehin unzulässig wären. Denn die Frage der rechtlichen Konsequenzen einer fehlenden Erlaubnis oder der fehlenden Erlaubnisfähigkeit dieser Tätigkeiten ist keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern vielmehr der materiellen Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Untersagungsverfügung. Eine bestandskräftige Versagung einer Erlaubnis für die Veranstaltung der Sportwetten liegt gegenüber der Klägerin im Übrigen nicht vor.

2. Die somit teilweise zulässige Klage der Klägerin ist in diesem Umfang auch begründet. Denn die von ihr angefochtene Untersagungsverfügung erweist sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats als rechtswidrig und verletzt die Klägerin, soweit sie deren Sportwettenangebot an inländische Wettkunden betrifft, in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1. § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV kann zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zwar (noch) als Rechtsgrundlage für glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen herangezogen werden. Der Glücksspielstaatsvertrag ist zwar gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit Ablauf des vierten Jahres nach seinem Inkrafttreten und damit zum 31. Dezember 2011 außer Kraft getreten. Mit Ausnahme der §§ 26, 28 und 29 GlüStV bleiben seine Regelungen aber gemäß Art. 10 Abs. 2 AGGlüStV bis zum Inkrafttreten eines neuen Staatsvertrages als Landesgesetz in Kraft. Die Folgeregelung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV) vom 30. Juni 2012 (GVBl S. 318) tritt erst am 1. Juli 2012 (s. Art. 2 Abs. 1 Erster GlüÄndStV) in Kraft.

Die von der Klägerin angebotenen Sportwetten, die durch S. vermittelt wurden, sind unstreitig als Glücksspiele einzuordnen (s. § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV) und als solche gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Über eine Erlaubnis zur Vermittlung des Sportwettenangebots der Klägerin verfügte S. nicht, so dass es sich bei den von ihm vermittelten Sportwetten der Klägerin nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV um unerlaubtes Glücksspiel handelte. Eine Erlaubnis, die der Klägerin, deren Wetten durch S. vermittelt wurden, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilt worden ist, ändert daran nichts. Denn sie kann die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der bayerischen Behörden nicht ersetzen (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH vom 15.5.2012 Az. 10 BV 10.2258 <juris> RdNr. 36 m.w. Rspr.-Nachweisen).

Es entspricht weiter ständiger Rechtsprechung des Senats, dass § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage für glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen grundsätzlich weiter herangezogen werden können und der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV geregelte Erlaubnisvorbehalt nicht vom unionsrechtlichen Anwendungsvorrang der das staatliche Sportwettenmonopol normierenden Bestimmungen (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) mit erfasst wird (vgl. zuletzt BayVGH z.B. vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNrn. 53 ff.; vom 15.5.2012 Az. 10 BV 10.2258 <juris> RdNrn. 36 ff.). Denn der Erlaubnisvorbehalt dient nicht allein dazu, das unionsrechtswidrige staatliche Sportwettenmonopol durchzusetzen, sondern er soll auch gewährleisten, dass die ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspielen beachtet werden (vgl. dazu eingehend die bereits zitierten Entscheidungen des BayVGH zuletzt vom 18.4.2012 und 15.5.2012 jeweils a.a.O.).

2.2. Auch wenn durch die Vermittlung von Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis die Tatbestandsvoraussetzungen von § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV erfüllt sind, ist die vollständige Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten, auch im Internet, für jede Betriebsstätte des betroffenen Vermittlers S. in München rechtswidrig. Denn sie ist ermessensfehlerhaft.

2.2.1. Die Beklagte hat ihre nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu treffende Ermessensentscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Vermittlung von Sportwetten durch den Vermittler S. an die Klägerin mit Sitz im EU-Ausland als strafbare Beihilfe zur öffentlichen Veranstaltung von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis anzusehen und unter Abwägung des Interesses des Betroffenen an der Fortführung der illegalen Tätigkeit und des öffentlichen Interesses an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes bei pflichtgemäßer Ermessensausübung keine andere Entscheidung ersichtlich sei. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ergebe sich zur Zweckerreichung kein milderes Mittel als die verfügte (vollständige) Unterbindung. Denn damit werde erreicht, dass die mit dem öffentlichen Glücksspiel verbundenen Gefahren nicht durch Private ausgenützt und gefördert werden könnten; (nur) die staatliche Lotterieverwaltung gewährleiste eine manipulationssichere und zuverlässige Durchführung der Glücksspiele ohne eigenes Gewinnstreben.

Damit stützt die Beklagte ihre Untersagungsverfügung aber maßgeblich auf das in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV verankerte Sportwettenmonopol und legt ihrer Ermessensentscheidung eine unzutreffende Rechtslage zugrunde. Denn das staatliche Sportwettenmonopol war und ist wegen des Vorrangs des Unionsrechts unanwendbar (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt die Urteile vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNr. 60 sowie vom 15.5.2012 Az. 10 BV 10.2258 <juris> RdNr. 45). Die das Monopol begründenden Regelungen in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV verstoßen gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, weil sie die Ziele, denen das Monopol dient, insbesondere die Verhinderung und Bekämpfung von Spiel- und Wettsucht (§ 1 GlüStV), nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgen und sich deshalb als unverhältnismäßig erweisen. Wie der Senat bereits in mehreren Berufungsurteilen ausführlich dargelegt hat, können die mit dem in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV normierten staatlichen Sportwettenmonopol verbundenen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV im Hinblick auf die Regelungen des Glücksspiels im Bereich der gewerblichen Geldspielautomaten und deren konkrete Anwendungsmodalitäten nicht mehr als gerechtfertigt angesehen werden. Art. 56 AEUV ist auf die Vermittlung von Sportwettangeboten einer maltesischen Gesellschaft (hier: der Klägerin), die ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb der Union hat, anwendbar (vgl. BayVGH zuletzt vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNr. 61 sowie vom 15.5.2012 Az. 10 BV 10.2258 <juris> RdNr. 46 jeweils m.w. Rspr.-Nachweisen).

2.2.2. Gesichtspunkte, die zu einer abweichenden Beurteilung führen müssten, sind weder dem Vorbringen der Beteiligten im vorliegenden Verfahren zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Dies gilt insbesondere auch, soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses meinen, die Ansicht des Senats beruhe auf Feststellungen, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht genügten.

Diese Einwände zielen darauf ab, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Liberalisierung eines Glücksspielbereichs nicht schon für sich genommen zu der Annahme zwingt, das mit der Monopolregelung verfolgte Ziel lasse sich nicht mehr erreichen, so dass nicht allein wegen dieser Liberalisierung von einer Inkohärenz der Monopolregelung und damit einer Verletzung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit ausgegangen werden kann. Erst wenn eine solche Liberalisierung trotz vergleichbaren oder höheren Suchtpotenzials als im Monopolbereich nicht durch ausreichende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz ausgeglichen wird, kann dies danach zur Folge haben, dass das Ziel des Monopols konterkariert wird. Zu prüfen ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts daher, ob das Suchtpotenzial des Automatenspiels mindestens gleich groß wie das der Sportwetten ist und ob die zum Spieler- und Jugendschutz getroffenen Maßnahmen ausreichen, wobei die Auswirkungen der Liberalisierung und deren mögliche Folgewirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich, mithin auch die Sportwetten, berücksichtigt werden müssen und zu klären ist, inwieweit dadurch die Geeignetheit der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 2.11 <juris> RdNr. 51; BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 4.10 <juris> RdNr. 51; BVerwG vom 11.7.2011 Az. 8 C 11.10 <juris> RdNr. 49; BVerwG vom 11.07.2011 Az. 8 C 12/10 <juris> RdNr. 48).

Die in der mündlichen Verhandlung im Hinblick darauf vom Vertreter des öffentlichen Interesses gestellten Beweisanträge zu den sich in den Glücksspielsektoren der Geldspielautomaten und der Sportwetten grundlegend unterscheidenden Spielerpersönlichkeiten und den somit fehlenden Auswirkungen einer festgestellten Angebotsausweitung und Liberalisierung im Geldspielautomatenbereich auf die Geeignetheit des Sportwettenmonopols (Beweisantrag Nr. 1) sowie zu den fehlenden tatsächlichen Auswirkungen und Folgewirkungen der Liberalisierung im Automatenspielsektor allgemein (Beweisantrag Nr. 2) waren auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats als nicht entscheidungserheblich abzulehnen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses entspricht die vom Verwaltungsgerichtshof in den angeführten Berufungsverfahren vorgenommene Prüfung der Vereinbarkeit der Monopolregelungen mit der Dienstleistungsfreiheit den dargelegten Anforderungen. Insbesondere ist der Verwaltungsgerichtshof nicht bereits allein wegen der Liberalisierung im Bereich der Automatenspiele von einer Inkohärenz ausgegangen. Die Rechtfertigung der Monopolregelung als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV im Bereich der Sportwetten wird im Übrigen nicht erst dann in Frage gestellt, wenn das Monopol zur Begrenzung der Wetttätigkeiten im Bereich der Sportwetten nichts mehr beitragen kann. Denn bei einem derart widersprüchlichen Regelungs- und Schutzkonzept, bei dem wie im Fall der Sportwetten einerseits und der Automatenspiele andererseits in einem kleinen Teilsegment mit einem eher geringen Suchtpotential ein staatliches Monopol und damit eine objektive Berufszulassungsschranke gesetzt wird, während in einem wirtschaftlich sehr viel bedeutenderen Glücksspielsektor mit hohem Suchtpotential die Erteilung gewerberechtlicher Erlaubnisse an private Anbieter vorgesehen ist, ist nicht nur isoliert die Eignung einer Beschränkung in einem Teilsegment, sondern die Verhältnismäßigkeit und damit die Rechtfertigung der Beschränkung insgesamt in den Blick zu nehmen. In Anbetracht dessen ist die Monopolregelung als größtmögliche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, auch wenn sie trotz der Ausweitung der Automatenspiele zur Begrenzung der Sportwetten beitragen kann, im Hinblick auf das mit dem Monopol verfolgte Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, unverhältnismäßig (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNrn. 65 ff. sowie vom 15.5.2012 Az. 10 BV 10.2258 <juris> RdNrn. 50 ff. jeweils m.w. Rspr.-Nachweisen).

Aufgrund der Erkenntnisse aus den glücksspielrechtlichen Berufungsverfahren 10 BV 10.2271, 10 BV 10.2505 sowie 10 BV 10.2665 (jeweils <juris>)und den dort zitierten Quellen hat der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus die notwendige Sachkunde für die Beurteilung und Würdigung der dort festgestellten Tatsachen und Ergebnisse (vgl. zuletzt BayVGH vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNr. 68).

2.2.3. Ermessensfehlerhaft ist die streitbefangene Untersagungsverfügung der Beklagten aber auch, soweit sie unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols mit der im Berufungsverfahren nachgeschobenen Begründung aufrechterhalten wird, bereits das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die daraus resultierende formelle Rechtswidrigkeit der Vermittlungstätigkeit des S. sei als zur Rechtfertigung der Untersagungsverfügung ausreichender Grund anzusehen. Denn eine umfassende glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung kann bei Unanwendbarkeit der Bestimmungen des staatlichen Sportwettenmonopols im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dessen Beachtung als gesetzliche Grenze des Ermessens nach § 114 Satz 1 VwGO der gerichtlichen Überprüfung auch bei Ermessensentscheidungen unterliegt, nicht auf das rein formale Fehlen der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen Erlaubnis zur Veranstaltung privater Sportwetten sowie zur Vermittlung von Sportwetten an einen privaten Veranstalter gestützt werden (vgl. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 58 und 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 66; vom 23.1.2012 Az. 10 CS 11.923 <juris> RdNr. 33 m.w. Rspr.-nachweisen). Der fortbestehende glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt rechtfertigt eine vollständige Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten vielmehr nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit. Angesichts der in den §§ 4, 9 Abs. 4, 21 GlüStV und Art. 2 AGGlüStV normierten komplexen Erlaubnisvoraussetzungen und des der Behörde eingeräumten Ermessens ist es Sache der zuständigen Behörde (gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 AGGlüStV die Regierung der Oberpfalz), die Erlaubnisfähigkeit zu prüfen, im Rahmen des Art. 25 BayVwVfG auf eine ordnungsgemäße und erfolgversprechende Antragstellung hinzuwirken und bei Zweifeln oder Unklarheiten über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit die Sicherstellung der materiellen Erlaubnisanforderungen durch (vollstreckbare) Nebenbestimmungen zu gewährleisten (vgl. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 58; vom 24.1.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 41; BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 2.10 <juris> RdNr. 55 sowie vom 11.7.2011 Az. 8 C 11.10 <juris> RdNr. 53). Soweit daher die Beklagte das (gegenüber dem Vermittler S.) verfügte umfassende Unterlassungsgebot gemäß ihren im Schriftsatz vom 23. Mai 2011 angestellten Erwägungen (vgl. Bl. 168 ff. der VGH-Akte) auf das Fehlen der erforderlichen Vermittlungserlaubnis stützen will, genügt dies den dargelegten Anforderungen nicht.

2.2.4. Die durch die Beklagte im Berufungsverfahren weiter angeführte Begründung, aufgrund fehlender anderweitiger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass es auch an der (materiellen) Erlaubnisfähigkeit der Vermittlungstätigkeit des S. fehle, trägt ebenso wenig wie der Hinweis, die Klägerin verfüge nicht über die für die Tätigkeit als Wettanbieter erforderliche Erlaubnis und könne eine solche wegen festzustellender Verstöße gegen § 21 Abs. 2 GlüStV, das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV sowie aufgrund erheblicher Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit ohnehin nicht erhalten.

Denn zum einen kommen bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit statt einer vollständigen Untersagung zunächst Nebenbestimmungen in Betracht (vgl. zuletzt BayVGH vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNr. 75 m.w. Rspr.-Nachweisen).

Zu anderen ist ein Nachschieben solcher (materieller) Erwägungen im gerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO ausgeschlossen. Denn gemäß dieser prozessualen Nachbesserungsgrenze können auch in Bezug auf glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren nur ergänzt, aber nicht völlig ausgewechselt werden (vgl. BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 2.10 <juris> RdNr. 55; vom 11.7.2011 Az. 8 C 11.10 <juris> RdNr. 53; BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNrn. 60 ff. und 10 BV 10.2505 <juris> RdNrn. 68 ff. sowie vom 24.1.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNrn. 44 ff.). Ein nachträgliches Abstellen der Beklagten auf das (ohnehin nur behauptete) Fehlen der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen würde die streitbefangene Untersagungsverfügung in ihrem Wesen verändern und ihre Identität in Frage stellen (vgl. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 66 und 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 74). Es handelt sich dabei folglich auch nicht um eine nach § 114 Satz 2 VwGO mögliche Ergänzung, sondern um ein unzulässiges Auswechseln der Ermessenserwägungen.

Aus diesen Gründen war auch dem in der mündlichen Verhandlung durch den Vertreter des öffentlichen Interesses gestellten Antrag, das Verfahren bis zu einer abschließenden Entscheidung in dem noch beim Verwaltungsgericht Regensburg anhängigen Erlaubnisverfahren der Klägerin (Feststellungs- bzw. Verpflichtungsbegehren in Form einer Untätigkeitsklage, vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift) auszusetzen, nicht zu entsprechen.

2.2.5. An einem Ermessensfehler fehlt es schließlich auch nicht deshalb, weil das Ermessen auf Null reduziert und daher nur die hier angefochtene Untersagungsverfügung ermessensgerecht und damit rechtmäßig gewesen wäre. Insbesondere ist ein Verstoß gegen das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV oder ein anderes Verbot, das zu einer vollständigen Untersagung des Veranstaltens, Durchführens oder Vermittelns von Sportwetten durch den Vermittler S. zwingen würde, nicht ersichtlich. Die Beklagte hat auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Untersagung auch hinsichtlich der Veranstaltung und des Vermittelns von Sportwetten im Internet sei im Hinblick auf die gängige Praxis anderer Vermittler, die ein Wettangebot über sog. Wettterminals und Internet-PCs angeboten hätten, zur Klarstellung auch beim Vermittler S. (vorsorglich) in den Bescheid aufgenommen worden (vgl. S. 6 der Sitzungsniederschrift). Danach bestand im Fall des Vermittlers S. schon keine konkrete Veranlassung für ein derartiges Verbot. Unabhängig davon hat der Senat bereits entschieden, dass es nicht gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstößt, sich des Internets lediglich durch die Nutzung einer Standleitung zu bedienen, um die in seinem Wettbüro vor Ort entgegengenommenen Wetten an den Wettveranstalter zu übermitteln. Ein solches Vorgehen unterfällt dem Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV, das nur den Gefahren begegnen soll, die mit dem unmittelbaren Vertrieb von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, aber auch nach dem Regelungszweck nicht (vgl. BayVGH vom 24.4.2012 Az. 10 BV 11.2770 <juris> RdNr. 74).

Der ohnehin unsubstantiiert gebliebene Einwand der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses in der mündlichen Verhandlung, die Klägerin habe sich u.a. durch ihre Fernsehwerbung für ihr Glücksspielangebot im Rahmen der Übertragung des Champions-League-Finales in München sowie durch Online-Casinospiele als unzuverlässig erwiesen, weshalb das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert sei, greift aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht.

2.3. Die nach alledem rechtswidrige, weil ermessensfehlerhafte Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten, auch im Internet, für jede Betriebsstätte des betroffenen Vermittlers S. in München verletzt die Klägerin allerdings nur insoweit in ihrer Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV, als sie ihr Sportwettenangebot an Wettkunden im Inland betrifft. Nur in diesem Umfang war deshalb auch dem Aufhebungsbegehren der Klägerin zu entsprechen und im Übrigen – d.i. soweit die Untersagungsverfügung (auch) das Angebot anderer privater Wettveranstalter betrifft – die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Es bedarf einer grundsätzlichen Klärung der Rechtsfrage, ob bzw. inwieweit eine Wettanbieterin wie die Klägerin, die ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb der Union hat, bezüglich einer gegen ihren inländischen Sportwettenvermittler ergangenen (diesem gegenüber bestandskräftig gewordenen) Untersagungsverfügung als Nicht-Adressatin mit einer Klage eine Verletzung ihrer unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit geltend machen kann.

Beschluss

Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2008 wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Instanzen auf jeweils 20.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 3 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG).