OLG München, Urteil vom 23.01.2012 - 17 U 2395/11
Fundstelle
openJur 2012, 120605
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Teilendurteil des Landgerichts München I vom 3.5.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1) Schadenersatz im Zusammenhang mit der Zeichnung eines Fonds.

Der Kläger zeichnete am 29.06.2004 (Bestätigungsschreiben der MTM vom 08.07.02004, Anlage K1) auf Grund von Gesprächen mit einem Mitarbeiter der Beklagten zu 1) eine Beteiligung an der Film- und Entertainment V. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (nachfolgend V. 4 genannt) in Höhe von 25.000 EUR zuzüglich 5 % Agio. Die Beteiligung wurde in Höhe von 45,5 % des Kommanditkapitals obligatorisch durch ein Darlehen der H.bank finanziert. Der Beteiligung und den Gesprächen lag der Prospekt der V. 4 (Anlage BB1) zugrunde.

Der Kläger zahlte die Zeichnungssumme und das Agio an die Fondsgesellschaft.

Für ihre Tätigkeit erhielt die Beklagte zu 1) eine Vergütung in Höhe von über 8 % bezogen auf die Zeichnungssumme von dritter Seite. Der Kläger wurde hierüber nicht aufgeklärt.

Der Senat nimmt auf die genannten Anlagen und gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 03.05.2011.

Das Landgericht München I hat der Klage überwiegend stattgegeben.

Es hat dabei insbesondere ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei, den die Beklagte zu 1) verletzt habe. Die Beklagte zu 1) habe es nämlich schuldhaft versäumt, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie Innenprovisionen erhalten habe.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte zu 1) ihr ursprüngliches Ziel fort, insgesamt eine Abweisung der Klage zu erreichen.

Die Beklagte zu 1) hat beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 03.05.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.

Der Senat nimmt bezüglich des Sachvortrags im Berufungszug ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug.

II.

Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist nicht begründet,

1.

Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) den zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag schuldhaft verletzt hat. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

a)

Ein Beratungsvertrag kommt danach bereits dann zustande, wenn ein Anlageinteressent an die andere Partei herantritt, um sich über die Anlage seines Vermögens beraten zu lassen. Das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags kommt stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs zustande (BGHZ 100, 117, 122; NJW 2004, 1868, 1869). Dabei ist es für den Abschluss des Beratungsvertrags ohne Bedeutung, ob der Kunde von sich aus die Dienste und die Erfahrung des anderen in Anspruch nehmen wollte oder ob die Initiative von der Bank ausging. Auch die Vereinbarung eines Entgelts ist nicht erforderlich (BGHZ 123, 126, 128).

Das Landgericht hat hierzu festgestellt, dass der Zeichnung eine Beratung des Klägers durch den Mitarbeiter der Beklagten zu 1) in deren Filiale in D., den vom Landgericht vernommenen Zeugen B., vorausgegangen war. Das Landgericht hat sich ein eigenes Bild vom Hergang des Beratungsgesprächs gemacht.

Zur Überzeugung des Senats ist daher davon auszugehen, dass es die Beklagte zu 1) als langjährige Hausbank in Kenntnis der finanziellen Situation des Klägers übernommen hatte, für diesen eine passende Anlagemöglichkeit auszusuchen und ihn dabei zu beraten. Der Kläger ließ sich in den Gesprächen hierauf ein. Der Kunde einer Bank, der mit dieser eine Geschäftsbeziehung unterhält, kann ferner davon ausgehen, dass ihm ein Fonds nicht nur vermittelt wird, sondern er unter Berücksichtigung seiner finanziellen Situation eine fundierte Beratung erhält.

Die Beklagte zu 1) hat daher nicht nur eine Anlage vermittelt, sondern den Kläger individuell und unter Berücksichtigung seiner besonderen persönlichen Verhältnisse beraten. Hierdurch kam ein Anlageberatungsvertrag zustande.

b)

Diesen Anlageberatungsvertrag hat die Beklagte zu 1) in zweifacher Hinsicht verletzt.

aa)

Die Beklagte zu 1) hat die ihr zustehenden Rückvergütungen und deren Höhe nicht offenbart.

(1)

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - entschieden, dass eine Bank bei dem Vertrieb von Medienfonds verpflichtet ist, Rückvergütungen offen zu legen. Hierbei geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für die Kunden geschaffen wird, da in Folge der versteckten Zahlungen ein Interessenkonflikt besteht. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen und deren Höhe aufzuklären. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Bank Aktien- oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Kunde muss in die Lage versetzt werden, entscheiden zu können, ob ihm die Anlage gerade auch deshalb empfohlen wird, weil die beratende Bank eine bestimmte Rückvergütung erhält. Dieser Pflicht ist die Beklagte zu 1) nicht nachgekommen.

Soweit die Beklagte zu 1) sich nunmehr auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07 - und u.a. auf die Ausführungen von Nobbe beruft, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Aus dem Prospekt der V. 4 ergibt sich nicht, in welcher Größenordnung die Bank eine Rückvergütung erhält. Sie hat unstreitig einen Betrag von über 8 % erhalten, der über das Agio (5%) hinaus geht. Ein Anleger kann daher nicht erkennen, ob die Bank ihn objektiv berät oder ihre eigenen Interessen an einer möglichst hohen Rückvergütung in den Vordergrund stellt.

Der Bundesgerichtshof hat mir Urteil vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - über folgenden Sachverhalt entschieden (BGH aaO. Rz 2, 3):

„Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C.) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien.“

Der Bundesgerichthof führte zu der rechtlichen Beurteilung wörtlich folgendes aus (BGH aaO. Rz 13):

„Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.“

Nach dem Bestätigungsschreiben der MTM hinsichtlich der klägerischen Zeichnung der V. 4 (Anlage K1) war die Beteiligungssumme „zuzüglich Agio“ auf das Konto der „Fondsgesellschaft“ zu überweisen.

Demnach erhielt die Beklagte zu 1) jeweils über 8 % der Beteiligungssumme von der Fondsgesellschaft direkt oder über Dritte, also nicht nur einen Betrag in Höhe des Agios, ohne dass der Kunde hiervon Kenntnis hatte. Auch in der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde das Agio an die Fondsgesellschaft bezahlt und die beklagte Bank erhielt u.a. hieraus ihre Provision.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Bundesgerichthof diese Rechtsprechung durch das Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 338/08 aufgegeben oder geändert hätte. Er hat vielmehr durch die Bezugnahme auf seine früheren Entscheidungen diese noch einmal bekräftigt.

Die Ausführungen in dem Prospekt V. 4 stellen insoweit keine ordnungsgemäße Aufklärung dar.

Der Prospekt V. 4 weist auf Seite 63 unter der Nummer 03 für die Eigenkapitalbeschaffung 4,9 % aus. Auf Seite 64 wird diese Ziffer wie folgt erläutert:

„Zu 03:

Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. Beratung für Banken AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9 % des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. Beratung für Banken AG das Agio ...“

Das Agio wird bereits auf Seite 63 des Prospekts der V. 4 wie folgt erklärt: „Ein Agio von 5 % auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche...fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, V. Beratung für Banken AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen.“

Die Beklagte zu 1) war und ist aber zu keinem Zeitpunkt mit der V. Beratung für Banken AG identisch, die im Prospekt als Begünstigte aufgeführt ist. Der Anleger konnte dem Prospekt daher nicht entnehmen, dass die Bank von Dritten Zahlungen von über 8 % bezogen auf die Beteiligungssumme erhält. Diese Beträge sind daher hinter dem Rücken des Kunden an die Bank geflossen. Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall ein Kunde Kenntnis davon hatte, dass die Bank das Agio erhalten sollte. Die Bank hat über 8 % der Beteiligungssumme an Rückvergütungen erhalten, also deutlich mehr als das Agio.

Soweit in dem Eigenkapitalvermittlungsvertrag (Prospekt V. 4 Seite 91) die V. Beratung für Banken AG berechtigt war, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen, kann der Kunde nicht erkennen, dass und in welcher Höhe an die Bank, die für ihn als Beraterin tätig wurde, Zahlungen fließen sollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 338/08 Rz 31) müssen - so wörtlich der Bundesgerichtshof -

„... die an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) gezahlten Beträge für die Eigenkapitalbeschaffung... im Fondsprospekt dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen werden.“.

Die genannte „Beklagte zu 1)“ war in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall eine Bank, mit der der Kunde einen Beratungsvertrag geschlossen hatte.

In dem Prospekt V. 4 ist aber nicht erkennbar, dass an die Beklagte zu 1) Zahlungen erbracht werden. Deren „Höhe“ ist daher auch nicht angegeben.

Der Kunde kann aber einen Interessenkonflikt nur dann tatsächlich beurteilen, wenn die Bank ihn im konkreten Einzelfall darüber informiert, dass sie tatsächlich eine Rückvergütung in einer bestimmten Höhe erhält. Nur dann wird der Anleger in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die Bank ihm den Fonds empfiehlt, weil sie tatsächlich seine Interessen wahrt, oder die Höhe der ihr gewährten Rückvergütung die Empfehlung beeinflusst.

Soweit die Beklagte zu 1) sich nunmehr darauf beruft, dem Anleger sei bekannt gewesen, dass dem Grunde nach eine Provision bezahlt worden sei, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung.

Der Bundesgerichtshof führte in seinem Urteil vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05 unter Rz 22 wörtlich folgendes aus:

„b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.“

Des Weiteren führt der Bundesgerichtshof unter Rz 24 wörtlich aus:

„bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.“

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war davon auszugehen, dass auf Grund der Gutschriften der Anleger Kenntnis von der Tatsache der Rückvergütungen hatte. Dennoch musste die Bank ihn über die Höhe aufklären.

Eine Bank ist daher im Rahmen eines Beratungsvertrages selbst dann zur Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet, wenn der Kunde zwar damit rechnet, dass Zahlungen erfolgen, aber ihm die Höhe nicht bekannt ist. Es ist - so wörtlich der Bundesgerichthof (BGH aaO.) - „die Größenordnung der Rückvergütung“ aufklärungspflichtig (so auch BGH Beschluss vom 09.03.2011 - XI ZR 191/10; so auch Beschluss vom 19.07.2011 - XI ZR 191/10).

(2)

Die Beklagte zu 1) hat auch schuldhaft gehandelt.

(a)

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - über einen Fall entschieden, der ebenfalls bereits in der Vergangenheit lag (Beratung im Mai 2001). Auch zu diesem Zeitpunkt war die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht bekannt. Eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht durch den Bundesgerichtshof wäre daher aus Rechtsgründen unterblieben, wenn die Frage der Kenntnis von der neuen Rechtsprechung eine Auswirkung auf die Entscheidung gehabt hätte. Demnach ergibt sich bereits aus diesem Beschluss, dass der Bundesgerichtshof von einem Verschulden der beratenden Bank auch dann ausgeht, wenn diese Rechtsprechung vor dem 20.01.2009 noch nicht bekannt war.

Zur Überzeugung des Senats ergibt sich ein Verschulden der Beklagten zu 1) auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Beschlüssen vom 19.02.2009 - III ZR 154/08, III ZR 167/08 und III ZR 168/08. In diesen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof nochmals klargestellt, dass die Geschäftstätigkeit und der Gegenstand eines Unternehmens schon für sich genommen die Verpflichtung beinhalten, im Rechtsverkehr die erforderliche Sorgfalt anzuwenden.

Die in Amtshaftungssachen entwickelte Kollegialgerichtsrichtlinie, nach der ein Verschulden des Beamten in der Regel zu verneinen ist, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat, kann auf Unternehmen nicht übertragen werden (vgl. BGH, B. v. 19.02.2009 - III ZR 154/08).

Während der hoheitlich handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen, auch wenn sie ihm unklar erscheinen, oder sich eine Anwendungspraxis noch nicht herausgebildet hat, auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, geht es hier um eine freie unternehmerische Betätigung der Beklagten zu 1), für die sie selbst die Verantwortung zu übernehmen hat. Dies schließt auch die Pflicht ein, sich selbst darüber klar zu werden, ob eine bestimmte Verhaltensweise und die damit verbundene Restrisikobetrachtung die Gefahr in sich birgt, einer Haftung ausgesetzt zu sein.

Zur Überzeugung des Senats hat die Beklagte zu 1) zumindest fahrlässig gehandelt (zum Verschuldensgrad vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07). Sie hat im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs nicht dafür Sorge getragen, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern, die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig waren, zur Verfügung stand (vgl. BGH Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07- Rz. 14).

Es mag sein, dass die Rechtsabteilung der Beklagten zu 1) die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den Pflichten bei der Anlagevermittlung und Anlageberatung verfolgt hat. Dies geschah jedoch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt, da die Rechtsabteilung bei sorgfältiger Auswertung der einschlägigen Literatur und der Rechtsprechung zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass eine Aufklärungspflicht besteht.

Die Beklagte zu 1) kann sich daher auch nicht auf einen unentschuldbaren Rechtsirrtum berufen. Den gleichwohl möglichen Entlastungsbeweis hierfür (vgl. dazu ebenfalls BGH Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07) hat sie nicht erbracht. Ihr Vorbringen, ihre Rechtsabteilung habe die Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs stets sorgfältig verfolgt und durch organisatorische Hinweise an die Fachabteilungen für eine Beachtung und Umsetzung der danach bestehenden Pflichten gesorgt, vermag daher nicht zu überzeugen. Bei sorgfältiger Lektüre und Prüfung der höchstrichterlichen Rechtsprechung war es ohne weiteres erkennbar, dass die Rückvergütungen bei einem Anlageberatungsvertrag zu offenbaren sind.

Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens ernsthaft in Betracht ziehen muss. Das Risiko, das sich daraus ergibt, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, darf er nicht dem Gläubiger zuschieben (BGH NJW 1972, 1045).

Schon das Reichsgericht hat im Jahr 1904 entschieden, dass es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Bankier als Kommissionär seinem Kunden einen Teil der Bonifikation verschweigt, die er kassiert (RG, Urteil vom 10.12.1904, 334/04 I, JW 1905, 118). Auch für die Steuerberaterhaftung ist seit langem anerkannt, dass ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenbart, dass er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhalten wird, weil eine derartige Provisionsvereinbarung regelmäßig die Gefahr einer nicht mehr unvoreingenommenen Beratung begründet (BGH, Urteil vom 26.09.1990 - IV ZR 147/89 - bei juris Rn. 23).

Dies gilt insbesondere angesichts der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07) angesprochenen Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissionsgeschäft, den Eigenhandel für andere und das Vermittlungsgeschäft der Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom (ursprünglich) 26.Mai 1997 (Bundesanzeiger Nr. 98 vom 03.Juni 1997), vom 9. Mai 2000 (Bundesanzeiger Nr. 131 vom 15. Juli 2000, S. 13 792), diese ersetzt durch die Fassung vom 23. August 2001, die in ihrem Teil B Nr. 1.2 jeweils wie folgt lautete:

„Vereinbart das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit anderen eingeschalteten Unternehmen die teilweise Rückzahlung von dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung gestellten fremden Kosten an sich ("Kick-back-Vereinbarungen"), so hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden hierüber aufzuklären.“

Zwar begründete diese Richtlinie keine unmittelbare zivilrechtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Aufklärung, schon gar nicht im Bereich des davon überhaupt nicht erfassten „grauen Kapitalmarkts“. Gleichwohl handelt eine Bank, die gegen aufsichtliche Richtlinien handelt, immer in der Gefahr, dass diese Richtlinien - dann naturgemäß erst nachträglich - von den Zivilgerichten auch zur Begründung entsprechender zivilrechtlicher Verpflichtungen - bei gleicher Interessenlage auch über den eigentlichen Anwendungsbereich hinaus - genutzt werden. „Unvermeidbar“ war ein etwaiger Rechtsirrtum der Beklagten zu 1) deshalb keinesfalls.

Soweit die Beklagte zu 1) meint, die Vorhersehbarkeit der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs statuierten Pflicht, Rückvergütungen offen zu legen, sei bei Wertpapieren anders zu beurteilen als bei - wie hier - nicht wertpapiermäßig verbrieften Kapitalanlagen, weil es für letztere kein § 31 WpHG vergleichbares Interessenkollisionsverbot gebe, ergibt sich daraus jedenfalls kein unvermeidbarer Rechtsirrtum. Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei der Verpflichtung, den Kunden über Rückvergütungen aufzuklären - und zwar unabhängig von deren Höhe -, keinen Unterschied macht, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt.

Schon ab Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 (XI ZR 349/99) über die Pflicht der Bank, den Kunden über von ihr an einen Vermögensverwalter ausbezahlte Rückvergütungen zu unterrichten, spätestens aber mit Erscheinen des Aufsatzes von Schirp/Mosgo, "Aufklärungspflichten bei internen Provisionsvereinbarungen" (BKR 2002, 354, insbes. 359 ff), musste die Rechtsabteilung der Beklagten zu 1) ernsthaft mit einer derartigen Offenlegungspflicht rechnen.

In der Literatur wurden insoweit unterschiedliche Auffassungen veröffentlicht. So wurde bereits damals vertreten, dass Anlageberater im Gegensatz zu Anlagevermittlern uneingeschränkt zur Aufklärung über Höhe und Herkunft von Provisionsversprechen verpflichtet sind (etwa Schirp/Mosgo, aaO.). Andere waren der Auffassung, auf Innenprovisionen müsse nie hingewiesen werden (etwa Loritz, WM 2000, 1831 ff). Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden, Anlageberater müssten zumindest dann über interne versteckte Provisionen aufklären, wenn dadurch im Zusammenhang mit anderen Umständen besondere Gefahren für den Anleger verbunden sind (OLG Stuttgart VuR 1996, 333 [336]).

Die Beklagte zu 1) musste daher erkennen, dass zumindest die Möglichkeit bestand, dass höchstrichterlich eine Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen angenommen wird. Hierauf deutete bereits das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99 - hin, wonach eine Bank ihre Kunden darüber aufklären muss, wenn sie mit dem Vermögensverwalter des Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat.

Soweit die Beklagte zu 1) auf Entscheidungen verschiedener Gerichte verweist, die eine Pflicht zur Offenbarung von Innenprovisionen erst ab einer Höhe von 15 % angenommen haben, und meint, ihr könne eine Rechtsansicht nicht vorgeworfen werden, die von mehreren Kollegialgerichten geteilt wurde, greift dies nicht durch. Insbesondere kann sie sich nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2004 -III ZR 359/02- berufen, in der - obiter dictum - eine Hinweispflicht eines Anlagevermittlers jedenfalls ab einer Höhe der Innenprovision von 15 % angenommen wurde. Zum einen bezieht sich diese Entscheidung nicht auf Medienfonds, zum anderen betraf die Entscheidung lediglich einen Anlagevermittlungs-, nicht jedoch, wie hier, einen Anlageberatungsvertrag.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr mit Beschluss vom 29.06.2010 - XI ZR 308/09 - ausdrücklich klargestellt, dass bereits ab dem Jahr 1990 von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen ist, wenn über Rückvergütungen nicht aufgeklärt wurde.

(b)

In dem streitgegenständlichen Verfahren sind darüber hinaus die besonderen Umstände zu berücksichtigen, auf Grund derer der Senat davon ausgeht, dass der persönliche Berater fahrlässig handelte, als er die Rückvergütung nicht offenbarte.

Der Mitarbeiter B. der Beklagten zu 1) wusste, dass der Anleger ihm und der Bank ein besonderes Vertrauen entgegenbringt, da er es übernommen hatte, ihn bei seiner Vermögensanlage im Rahmen eines Beratungsvertrages umfassend zu betreuen. Dem persönlichen Berater lag der Prospekt vor, aus denen sich ein Agio in Höhe von 5 % ergibt. Der Anleger musste dies zusätzlich zu seiner Zeichnungssumme bezahlen. Die Beklagte zu 1) erhielt eine Rückvergütung von über 8 %.

Auch ein Mitarbeiter, der nicht eine juristische Ausbildung hat, muss bei dieser Sachlage erkennen, dass der Kunde einen Aufklärungsbedarf über die Höhe der Rückvergütung hat. Die Empfehlung eines Fonds im Rahmen eines Beratungsvertrages erweckt bei dem Kunden den Anschein, dass dieser nach sorgfältiger Prüfung ausgesucht wurde, da er für die Vermögenssituation des Anlegers am besten geeignet ist. Die Interessen der Bank, eine möglichst hohe Rückvergütung zu bekommen, können dem widersprechen.

Der persönliche Berater kannte beide Interessen, die des Kunden und die der Bank. Dennoch hatte er es unterlassen, den Anleger über die Höhe der Rückvergütung aufzuklären, obwohl sich im Prospekt zu der tatsächlich an die Beklagte zu 1) bezahlten Rückvergütung weder dem Grunde noch der Höhe nach konkrete Anhaltspunkte finden. Er hat damit fahrlässig in Kauf genommen, dass der Kunde falsche Vorstellungen über die Neutralität der Beratung bekommt.

Ein Mitarbeiter, der die Interessen seine Kunden beachtet, kann zur Überzeugung des Senats erkennen, dass die Höhe der Rückvergütung für diesen wichtig ist. Er vernachlässigt seine Pflicht als unabhängiger individueller Anlageberater, der besonders differenziert und fundiert beraten muss (so bereits BGH in NJW 1982, 1095, 1096). Er ist zur vollständigen Information über die tatsächlichen Umstände verpflichtet (BGH in NJW-RR 1993, 1114; 2000, 998). Hierzu gehört auch die Höhe einer Rückvergütung, da der persönliche Berater davon ausgehen muss, dass dieser Aspekt für die Anlageentscheidung des Kunden erheblich sein kann und der Kunde darüber hinaus auch auf Qualität und Neutralität der Beratung schließen kann.

Ein entschuldigter Rechtsirrtum liegt insoweit nicht vor. Der Interessengegensatz im Rahmen des Beratungsvertrages war erkennbar. Der Mitarbeiter kannte alle Tatsachen, insbesondere die Pflicht, den Kunden objektiv zu beraten und er wusste von den Rückvergütungen. Der Kläger brachte ihm ein besonderes Vertrauen entgegen, dass er objektiv und unabhängig von der Höhe einer der Beklagten zu 1) von dritter Seite zustehenden Rückvergütung beraten wird. Der Mitarbeiter konnte somit ohne weiteres erkennen, dass durch die Formulierung 5 % Agio bei dem Kunden im konkreten Fall allenfalls der Eindruck erweckt werden könnte, dies sei die Vergütung der Beklagten zu 1). Zur Überzeugung des Senats durfte daher auch ein Berater, der selbst keine juristische Ausbildung hat, vor diesem Umstand nicht die Augen verschließen und die Höhe der tatsächlichen Rückvergütung im Beratungsgespräch verschweigen.

Der Umstand, dass ein Berater persönlich davon ausging, insoweit keine Aufklärung zu schulden, ändert daran nichts. Er kannte die Tatsachen und deren Bedeutung für den Bankkunden.

bb)

Die Beklagte zu 1) hat ferner ihre Pflicht, als Anlageberaterin (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2000, 998) das Kapitalkonzept anhand der ihr zur Verfügung stehenden Prospekte auf Plausibilität zu prüfen, verletzt (BGH NJW-RR 2005, 1120, 1121). Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass diese Pflicht auch dann bestehen würde, wenn zwischen den Parteien nur ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen wäre (BGH NJW-RR 2000, 998).

Eine solche Plausibilitätsprüfung kann nicht durch den Verweis auf einen positiven Prüfbericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ersetzt werden (BGH NJW-RR 2000, 998, 999). Lücken und Fehler des Prospekts erlangen mithin mittelbar für eine Haftung der Beklagten zu 1) auch dann Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagenkonzepts erkennbar waren. Auf die Problematik (vgl. BGH Urteil vom 07.10.2008 - XI ZR 89/07) hat der Senat bei der Ladungsverfügung zur Berufungsverhandlung gem. § 139 ZPO hingewiesen (siehe auch BGH, Urteil vom 27.10..2009 - XI ZR 337/08).

Insoweit ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Prospekt dem Kläger tatsächlich übergeben wurde. Er war entsprechend dem Vertriebskonzept Arbeitsgrundlage für die Beratungsgespräche und somit ursächlich für die Anlageentscheidung (BGH Urteil vom 03.12.2007 - II ZR 21/06).

(1)

Die Prospekte sind mit der Überschrift „Garantiefonds“ versehen. Diese Bezeichnung ist objektiv unrichtig und erweckt beim Anleger falsche Vorstellungen über seine Beteiligung.

(a)

Eine Garantie enthält der Prospekt nicht. Es ist lediglich eine Schuldübernahme vorgesehen. Die Zahlungen sollen an die Fondsgesellschaft und nicht an den Anleger erfolgen.

Die Überschrift ist zur Überzeugung des Senats unrichtig. Sie erweckt bei einem Anleger an herausgehobener Stelle den Anschein, seine Einlage werde garantiert. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 17.02.2009 - XI ZR 184/08 - darf das tatsächliche Anlegerrisiko nicht verharmlosend und beschönigend dargestellt werden. Dies gilt auch, soweit Schlagwörter in Flyern oder in Überschriften verwendet werden.

Insoweit genügt es nicht, wenn der Anleger die Möglichkeit hat, im Prospekt die Details nachzulesen, um auf diese Weise festzustellen, dass die schlagwortartig erteilten Informationen unrichtig sind (BGH aaO.). Die abgedruckten Risikohinweise insbesondere auf Seite 93 des Prospekts V. 4 sind daher nicht geeignet, dem Anleger ein zutreffendes Bild von dem Fonds zu vermitteln.

Der Prospekt dient als Grundlage für die Beratungs- oder Vermittlungsgespräche. Das Wort „Garantiefonds“ ist in Großbuchstaben in der Mitte auf dem Deckblatt abgedruckt. Neben einem nicht aussagefähigen großen Bild gibt es noch zwei klein gedruckte Hinweise (oben und unten auf der Seite am Rand), dass es sich um einen Medienfonds handelt.

Das Wort enthält daher für den Anleger eine wichtige Information, die ihm beim Betrachten sofort ins Auge springt. Diese ist aber unzutreffend. Das Wort Garantie erweckt zur Überzeugung des Senats den Eindruck, dass ein bestimmtes Ereignis sicher eintreten wird. Es ist die stärkste Zusicherung, die man abgeben kann und vermittelt dem Anleger eindeutig, dass kein Verlust des eingezahlten Kapitals zu erwarten ist. Tatsächlich wird das aber gerade nicht garantiert.

Nach dem Anlageprospekt war die Schuldübernahme der Bank nämlich nicht als eine Garantie dahin zu verstehen, dass die Anleger in jedem Fall ihre Einlagen zurückerhalten; vielmehr wurde durch die Schuldübernahme nur das Kommanditkapital insgesamt gesichert, mit dem jedoch vor Auszahlung an die Gesellschafter etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken waren, so dass bei dem Bestand entsprechend hoher Verbindlichkeiten nicht auszuschließen war, dass auch ein Totalverlust der Einlage der Kommanditisten eintreten konnte. Die Bezeichnung „Garantiefonds“ ist daher objektiv unrichtig und geeignet, bei den Anlegern falsche Vorstellungen hervorzurufen.

(b)

Bei einem „Garantiefonds“ besteht die Gefahr, dass das Finanzamt steuerliche Verluste nicht anerkennt, da keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Ein unternehmerisches Risiko könnte mit der Anlage nicht mehr verbunden sein. Der Anlageberater muss den Widerspruch zwischen der Überschrift auf dem Deckblatt und dem Inhalt der Prospekte erkennen.

Auf Seite 83 des Prospekts V. 4 wird zum Stichwort „Einkommensteuer, Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ lapidar festgestellt:

„Die Mitunternehmereigenschaft des Investors ist sichergestellt, wenn er sowohl Mitunternehmerinitiative entfalten kann, wie auch Mitunternehmerrisiko trägt. ... Mitunternehmerrisiko ist gegeben, wenn der Anleger am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und dem Firmenwert der Gesellschaft beteiligt ist. Beide Kriterien können im vorliegenden Beteiligungsangebot als erfüllt angesehen werden.“

Durch diese Textpassagen wird beim Anleger der Eindruck erweckt, er erwerbe eine unternehmerische Beteiligung. Für den Anlagevermittler bzw. -berater muss sich aber bei der Plausibilitätsprüfung die Frage aufdrängen, ob dies tatsächlich der Fall ist, wenn eine Anlage als „Garantiefonds“ bezeichnet wird. Auch insoweit fehlt es daher an einem schlüssigen Anlagekonzept.

Der Prospekt setzt sich auch nicht mit der Frage auseinander, ob die „Absicherung“ durch eine Schuldübernahme steuerrechtliche Auswirkungen haben kann. Bei der Plausibilitätsprüfung ist zu berücksichtigen, dass auf Seite 83 rechte Spalte, 3. Absatz des Prospekts V. 4, lapidar festgestellt wird, der Anleger trage ein Mitunternehmerrisiko. Auch insoweit fehlt es an einer schlüssigen Darstellung der Anlage. Ein Anlagevermittler bzw. -berater muss sich mit der Frage befassen, welche Auswirkung die „Schuldübernahme“ in steuerrechtlicher Hinsicht hat. Ihm muss auffallen, dass sich der Prospekt damit nicht auseinandersetzt und zu Lasten des Anlegers wesentliche Punkte unklar bleiben.

Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ist es nicht entscheidungserheblich, ob das Finanzamt im Endeffekt eine unternehmerische Beteiligung anerkennt. Nach dem Inhalt des Prospekts und den aufgezeigten Widersprüchen erscheinen die Ausführungen hierzu nicht schlüssig, so dass der Anleger über die Bedenken zu informieren ist.

Die allgemeinen Hinweise zu der Unsicherheit steuerlicher Veranlagungen entbinden die Beklagte zu 1) nicht davon, den Anleger über konkrete Risiken aufzuklären, die sich aus dem Prospekt ergeben. Die Beklagte zu 1) kann sich insoweit auch nicht auf eine vorläufige Äußerung des Finanzamtes berufen. Es handelt sich gerade nicht um eine verbindliche und endgültige Entscheidung, die eine sichere Grundlage für die zukünftige steuerliche Behandlung des Fonds gewährleistet. Der Anleger ist darüber zu informieren, dass sich aus dem Prospekt Risiken hinsichtlich seiner zukünftigen steuerlichen Veranlagungen ergeben können, die ihre Grundlage in dem konkreten Fondskonzept haben.

(2)

Anhand der im Prospekt abgedruckten Regelungen über die sogenannte „Schuldübernahme“ ergibt eine Plausibilitätsprüfung, dass das Anlagekonzept insoweit fragwürdig und nicht schlüssig ist (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2005, 1120).

Eine tragende Stütze des Anlagenkonzepts der Fonds V, war die Absicherung durch eine Schuldübernahme. Die schuldübernehmende Bank sollte bezüglich aller bei der Erst-Investition realisierten Filme der Fondsgesellschaft jeweils die Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers übernehmen. (Seite 13 des Prospekts V, 4).

Dort wird u.a. auszugsweise ausgeführt:

Dies bedeutet, dass die Schlusszahlungen im vorgenannten Umfang anstelle des Lizenznehmers von der Bank an die Fondsgesellschaft zu leisten sind.

Diese „Schuldübernahmeverträge“ werden auf Seiten 90/91 des Prospekts V, 4 näher behandelt. Der wirtschaftliche Hintergrund dieser Schuldübernahme durch die beteiligte Bank wird hier allerdings nicht verdeutlicht, soweit dort als Voraussetzung nur die Bezahlung des Entgeltes durch den Lizenznehmer genannt wird.

Nach dieser Formulierung ist die Zahlung des Entgelts die wesentliche Voraussetzung für die Schuldübernahme durch die bezeichnete Bank. Demnach müsste diese sich bereit erklärt haben, die Verträge abzuschließen, ohne ihrerseits eine Sicherheit für die von ihr zu tragende Schlusszahlung zu erhalten.

Dies wird durch die Ausführungen auf Seite 95, 1. Absatz des Prospekts V, 4, noch einmal bekräftigt. Demnach kann die Schuldübernahme nur scheitern, wenn der Lizenznehmer das vereinbarte Schuldübernahmeentgelt nicht einzahlt oder keine Einigung bezüglich dessen genauer Höhe erzielt wird. Demnach ist bezüglich der Schlusszahlung durch die Bank niemand verpflichtet, eine Sicherheit zu stellen.

Das heißt: Die Bank kann die Schuldübernahme nicht ablehnen, weil weder der Lizenznehmer noch die Fondsgesellschaft oder ein sonstiger Dritter bereit ist, eine Sicherheit zu stellen. Demnach vermittelt der Prospekt dem Anleger, dass eine seriöse Bank bereit ist, eine Verpflichtung über mehrere 100 Mio EUR einzugehen, ohne auf irgendeine Form von Sicherheit zu bestehen.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann eine Bank eine solche Verbindlichkeit begründen. Bei der Plausibilitätsprüfung ist zur Überzeugung des Senats aber zu berücksichtigen, dass ein derartiges Geschäftsgebaren so unwahrscheinlich ist, dass von einem schlüssigen Anlagekonzept nicht mehr gesprochen werden kann. Es drängt sich vielmehr die Frage auf, wie die schuldübernehmende Bank ihr Risiko absichert. Hierzu sagt der Prospekt nichts aus. Für den Senat ist kein nachvollziehbarer Grund zu erkennen, dass jemand eine Sicherheit in dieser Höhe bestellt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

Der Senat geht nicht davon aus, dass es zusätzlich zu dem Schuldübernahmeentgelt noch eine weitere zu besichernde Forderung oder eine andere Sicherheit nach dem Wortlaut des Prospektes gab. Es ist aber nicht nachvollziehbar, dass die Bank die Schuldübernahme ohne Sicherheiten rechtswirksam erklärt, bevor sie das Entgelt erhält. Es mag theoretisch denkbar sein, dass der Lizenznehmer mehrere 100 Mio EUR in bar zur Verfügung hat, um das Schuldübernahmeentgelt vorab ohne eigene Sicherheiten zu erfüllen. Dies ist aber zur Überzeugung des Senats genauso wenig wahrscheinlich, wie der Umstand, dass eine Bank ohne Sicherheiten mehrere 100 Mio EUR zur Verfügung stellt.

Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung muss es sich daher aufdrängen, dass diese Konstruktion rein theoretischer Art und in der Praxis so nicht zu realisieren ist. Das von dem Anleger einbezahlte Geld befindet sich bei dem Fonds und darf nach den Vorschriften der Mittelverwendungskontrolle nur freigegeben werden, wenn die Schuldübernahme wirksam erklärt wurde.

Die Argumentation, die Bank benötige keine Sicherheit, da sie die Schuldübernahme erst erkläre, wenn sie das Schuldübernahmeentgelt erhalten habe, vermag nicht zu überzeugen. Der Lizenznehmer müsste also mit mehreren 100 Mio EUR in Vorleistung treten. Theoretisch zwar möglich, praktisch allerdings so unwahrscheinlich, dass im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erkannt werden muss, dass das Konzept mit hoher Wahrscheinlichkeit so nicht funktionieren kann. Über dieses „Risiko“ musste der Anleger aufgeklärt werden.

Es besteht auf Grund dieser prospektierten Umstände die Gefahr, dass der Fonds die eingesammelten Gelder bezüglich der Produktionskosten unter Verstoß gegen die Mittelverwendungskontrolle freigibt, um sie an den Lizenznehmer direkt oder indirekt weiterzuleiten, damit dieser das Schuldübernahmeentgelt bezahlen kann und die Bank nicht in Vorleistung treten muss.

Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung kommt es nicht darauf an, wie in der Praxis tatsächlich verfahren wurde. Es bestand danach die Gefahr, dass die prospektierten Vorgaben nicht eingehalten werden können, da sie zur Überzeugung des Senats praxisfremd sind und voraussetzten, dass die Bank oder ein Unternehmen mit mehreren 100 Mio EUR in Vorleistungen treten. Über dieses „Risiko“ ist der Anleger aufzuklären.

Für einen Anlagevermittler bzw. -berater muss es sich daher darüber hinaus aufdrängen, dass diese Regelung Lücken enthält, die die Beteiligten durch Vereinbarungen ergänzen, die nicht im Prospekt enthalten sind.

Es bestehen somit Zweifel an der Schlüssigkeit des Konzepts, wie es im Prospekt dargestellt wird. Diese waren dem Anleger mitzuteilen, was nicht geschehen ist.

(3)

(a)

Im Prospekt der V. 4 wird auf Seite 6 wörtlich ausgeführt:

„Darüber hinaus ist die Bareinlage selbst ohne Berücksichtigung steuerlicher Effekte in Höhe von ca 65 % abgesichert.“

Zur Überzeugung des Senats wird hierdurch der Eindruck erweckt, dass die Bareinlage tatsächlich zu 65 % abgesichert ist. Die Schuldübernahme sieht dagegen nur eine Schlusszahlung an den Fonds vor, nicht an den Anleger. Darüber hinaus ist das Wort „Bareinlage“ im Hinblick auf den Fonds V. 4 widersprüchlich. Die Einlage wurde zu 45,5 % fremdfinanziert. Durch die Formulierung wird bei dem Anleger der Eindruck erweckt, es gäbe eine besondere Absicherung seiner eigenfinanzierten Einlage in Höhe von 54,4 %. Dies ist aber nicht der Fall.

(b)

Auf Seite 5 des Prospekts V. 4 heißt es unter der Überschrift „die Eckdaten des Fonds“: „Absicherung von mindestens 115 % des Kommanditkapitals ohne Agio mittels Schuldübernahme durch die H.bank AG (zu Bedingung und Umfang der übernommenen oder abgesicherten Zahlungen s. Kapitel 12 und 13)“.

Auf Seite 13 des Prospekts V. 4 heißt es unter der Überschrift Schuldübernahme durch die H.bank AG: „Die Bank wird bezüglich aller bei der Erst-Investition realisierten Filme der Fondsgesellschaft (nachfolgend auch Lizenzgeber) jeweils die Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlung in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers übernehmen...“

Auf Seite 90 des Prospekts V. 4 wird unter der Überschrift „Schuldübernahmeverträge“ ausgeführt: „... Schlusszahlungen - jedoch maximal in Höhe von 115 % bezogen auf den Anteil der Gesamtkosten des Projekts am gesamten Kommanditanteil...“

Auf Seite 93 des Prospekts V. 4 heißt es unter der Überschrift wirtschaftliche Risiken in dem 5. Absatz auszugsweise: „...die Schlusszahlungen sollen lediglich 115 % des Fondsvolumens ohne Agio absichern ...“.

Auf Seite 5 wird das geplante Fondsvolumen auf 5 Mio EUR beziffert. Dies entspricht der Summe des Kommanditkapitals auf Seite 63 des Prospekts V. 4. Demnach bedeutet der Begriff Fondsvolumen: die gesamten Kosten bestehend aus Produktionskosten + Nebenkosten + Verwaltungskosten.

Zur Überzeugung des Senats sind die zitierten Ausführungen in dem Prospekt V. 4 in sich widersprüchlich und nicht schlüssig. Aus dem Prospekt ist nicht erkennbar, was nun tatsächlich durch die Schlusszahlung gesichert sein soll. Klar und eindeutig ist nur geregelt, dass die Schlusszahlung sich nicht auf das Agio bezieht. Die Begriffe „115 % des Kommanditkapitals“ auf Seite 5 des Prospekts V. 4 und „115 % des Fondsvolumens“ auf Seite 93 Prospekts V. 4 bedeuten zur Überzeugung des Senats, dass die Höhe der Schlusszahlung sich auf das gesamte Fondsvolumen erstrecken soll. Dies steht aber in Widerspruch zu den Ausführungen auf Seite 13 des Prospekts V. 4. Dort heißt es, dass sich die Schlusszahlung nur auf den „Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital“ bzw. „auf den Anteil der Gesamtkosten des Projekts am gesamten Kommanditanteil...“ erstreckt. Der Anteil der Produktionskosten bzw. der Anteil der Gesamtkosten eines Projekts am gesamten Kommanditanteil beträgt aber nur 87,2 % (Seite 63 des Prospekts V. 4).

Es bleibt somit tatsächlich offen, in welcher Höhe die Schlusszahlung erfolgen soll. Sind hiermit tatsächlich die Produktionskosten gemeint oder aber das gesamte Fondsvolumen?

Für den Anleger ist dies von besonderer Bedeutung, da hierauf der gesamte Sicherungsmechanismus des Fonds beruht; dies ergibt sich aus folgender Rechnung:

Geht man davon aus, dass die Schlusszahlung 115 % der Produktionskosten ausmachen soll, so ergibt sich folgende Rechnung:

Kommanditkapital € 5 Millionen (Seite 63 des Prospekts)

Produktionskosten € 4.360.000,- (Seite 63 des Prospekts)

Also

115 % von 4.360.000,- € = 5.014.000,- €

Nach den Ausführungen auf Seite 93 des Prospekts V. 4 dient die Schlusszahlung vorrangig zur Rückzahlung der Anteilsfinanzierung der Anleger und der damit im Zusammenhang stehenden Kosten der Bank.

Die Anteilsfinanzierung betrug 45,5 %.

Somit

45,5 % von 5 Millionen € = 2.275.000,- €

Nach dem obligatorischen Darlehensvertrag, der dem Prospekt V. 4 beigefügt ist, werden hierauf 7,475 % p. a. an Zinsen fällig. Diese sind zinslos gestundet und werden auf einem gesonderten Buchungskonto bei der Bank geführt. Dieses Buchungskonto ist am Laufzeitende, das mit dem Fondsende zusammenfällt, auszugleichen.

Nach den Ausführungen auf Seite 93 des Prospekts V. 4 sind daher die Zinsen Teil der Anteilsfinanzierung und müssen hinzugerechnet werden.

Die Laufzeit des Fonds und damit der Darlehensfinanzierung war auf 10 Jahre festgelegt (Seite 5 des Prospektes V. 4).

Somit

Zinsen für 10 Jahre auf 2.275.000,- € in Höhe von 7,475 % p. a. = 3.975.563,- €.

Tatsächlich wird somit im Rahmen der Schuldübernahme an die Fondsgesellschaft effektiv nur folgender Betrag gezahlt.

Betrag aus der Schuldübernahme      5.014.000,- €     - 3.975.563,- €     = 1.038.437,- €Von dem Fondkapital haben die Anleger 2.725.000,- € aufgebracht (S. 63 des Prospektes V. 4). Nach Abzug der Darlehenskosten steht im Hinblick auf die eigenfinanzierte Einlage ein Betrag von 1.038.437,- € zur Verfügung. Dies sind ca. 38 % der von den Anlegern eigenfinanzierten Einlage.

Geht man hingegen davon aus, dass die Schlusszahlung 115 % des gesamten Kommanditkapitals ausmachen soll, so ergibt sich folgende Rechnung:

115 % von 5.000.000,- € = 5.750.000,- €

Zinsen für 10 Jahre auf 2.275.000,- € in Höhe von 7,475 % p. a. = 3.975.563,- €.

Maximaler Betrag aus der Schuldübernahme     5.750.000,- €     - 3.975.563,- €     = 1.774.437,- €Von dem Fondskapital haben die Anleger 2.725.000,- € eigenfinanziert aufgebracht (S. 63 des Prospektes V. 4). Nach Abzug der Darlehenskosten steht im Hinblick auf die eigenfinanzierte Einlage ein Betrag von 1.774.437,- € zur Verfügung. Dies sind ca. 65 % der von den Anlegern eigenfinanzierten Einlage.

Ein Anlageberater oder -vermittler muss zur Überzeugung des Senats im Rahmen der Plausibilitätsprüfung erkennen, dass diese - für die Sicherung des Fonds wesentlichen Umstände - im Prospekt nicht eindeutig und klar erläutert sind, sondern Widersprüche bestehen, die der Aufklärung bedürfen.

(c)

Unabhängig von der Frage, ob sich die 115 % im Hinblick auf die Schuldübernahme auf die „Produktionskosten“ oder auf das „Fondsvolumen“ beziehen, müssen im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung dem Anlageberater oder -vermittler noch andere Punkte auffallen.

Der Prospekt V. 4 erweckt durch ständig wiederholende Formulierungen wie „115 % des Kommanditkapitals“ bei dem Anleger den Eindruck, als sei seine gesamte Einlage zu 115 % gesichert. Dies ist aber objektiv nicht der Fall. Auch auf Seite 93 des Prospekts V. 4, auf der die für den Anleger die besonders wichtigen Risikohinweise enthalten sind, wird das Wort „Zinsen“ nicht erwähnt. Es wird verschleiernd von Rückzahlung der Anteilsfinanzierung und Kosten der Bank gesprochen und gleichzeitig wieder betont „115 % des Fondsvolumens“. Der Anleger erhält somit ein unklares Bild von der tatsächlichen Verwendung der Schlusszahlung und seiner vermeintlichen Absicherung.

Die Worte „115 % des Fondsvolumens“ bzw. „115 % des Kommanditanteils“, die im Prospekt an einer Vielzahl von Stellen wiederholt werden, suggerieren vielmehr, dass selbst im negativsten Fall die Fondsgesellschaft über einen Betrag verfügt, der die tatsächlich eingezahlten Beträge (eigen- und fremdfinanziert) um 15 % übersteigt. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall. Bei dem Anleger wird hierdurch die falsche Erwartung hervorgerufen, als würde selbst im negativsten Fall die Fondsgesellschaft einen Gewinn von 15 % der insgesamt eingezahlten Beträge verbuchen. Tatsächlich sind nur 65 % seiner Bareinlage durch die Zahlung an den Fonds gesichert.

Der Prospekt V. 4 spricht zwar auf Seite 6 von 65 %. Diese Zahl bezieht sich aber - so wörtlich - auf die Absicherung der „Bareinlage“. Eine derartige Absicherung ist im Fondskonzept überhaupt nicht enthalten. Hiervon könnte man nur sprechen, wenn die „65%“ unmittelbar durch die Bank an den Anleger bezahlt würden. Dies ist aber nicht der Fall. Darüber hinaus ist der versteckte Hinweis an dieser Stelle im Prospekt nicht für eine ordnungsgemäße Aufklärung geeignet, da das Gesamtbild maßgeblich ist (BGH Urteil vom 14.06.2007 - III ZR 125/06).

Die Schuldübernahme dient also nicht zur „Absicherung von 115 % des Kommanditanteils“ (Seite 5 des Prospekts V. 4), sondern in erster Linie der Absicherung der Anteilsfinanzierung inklusive Zinsen.

Für den Berater oder Vermittler, der eine ordnungsgemäße Plausibilitätsprüfung vornimmt, sind zur Überzeugung des Senats nicht nur die Widersprüche erkennbar, sondern auch der Umstand, dass selbst ein sorgfältiger Anleger bei einer ausführlichen Lektüre des Prospekts, diese verschleiernd dargestellten Umstände nicht erkennen kann und somit der Prospekt keine ordnungsgemäße Aufklärung über die Anlage enthält.

Die wirkliche Höhe der Zahlungen und die Auswirkungen für den Anleger werden erst deutlich, wenn Beispielsrechnungen erstellt werden (vgl. oben), aus denen sich ergibt, mit welchen Summen der Fonds im Rahmen der Schlusszahlungen rechnen kann. Von einem Anlageberater bzw. -vermittler muss erwartet werden, dass er im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Fondskonzept nachrechnet und die damit verbundenen Auswirkungen erkennt.

Es ist bedeutsam, wenn der Prospekt den Eindruck erweckt, die Schlusszahlung würde zu einem 15 % Überschuss bezogen auf das Fondsvolumen bei der Fondsgesellschaft führen. Dies entspricht einer Summe von 750.000,- EUR. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall, sondern es besteht ein Minus von 950.563,-- EUR (eigenfinanzierte Einlage 2.725.000,- EUR abzüglich Rest aus der Schlusszahlung 1.774.437,- EUR vgl. oben).

2.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte (BGH, Urteil vom 09.02.2006 - III ZR 20/05). Dem Anleger kommt die Vermutung zugute, dass er sich bei korrekter Aufklärung nicht beteiligt hätte (BGH Teilurteil vom 12.02.2009 - III ZR 119/08). Zur Überzeugung des Senats sind dabei auch die besonderen Umstände des Verfahrens zu berücksichtigen.

Die Beklagte zu 1) hat dem Anleger trotz bestehenden Beratungsvertrages verschwiegen, dass sie erhebliche Rückvergütungen bekommt. Für den Kunden sind diese Informationen von Bedeutung, um beurteilen zu können, ob die Bank ihre Beratungspflichten ordnungsgemäß erfüllt oder ihre eigenen finanziellen Interessen in den Vordergrund stellt. Dieses Vertrauensverhältnis ist grundlegend zerrüttet, wenn der Berater so wesentliche Punkte verschweigt. Der Anleger muss daraus den Schluss ziehen, dass die eigenen Interessen der Bank an der Rückvergütung maßgeblich sind und die Beratung insgesamt nicht primär seinen Interessen entspricht. Der Senat vermag bei dieser Sachlage keinen nachvollziehbaren Grund zu erkennen, warum ein Anleger in Kenntnis dieser Umstände der Empfehlung eines solchen Beraters folgen sollte.

Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, weshalb der Aufklärungspflichtige, hier also die Beklagte zu 1), darlegen und beweisen muss, dass der Kläger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte (vgl. zuletzt BGH Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07). Die Beklagte zu 1) hat indes diese Kausalitätsvermutung nicht widerlegt (Ersturteil Bl. 10; Ziff.4).

Wie der Senat oben ausgeführt hat, wäre die Beklagte zu 1) im Rahmen der Plausibilitätsprüfung verpflichtet gewesen, den Anleger darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Absetzbarkeit fraglich ist. Nach ihrem eigenen Sachvortrag soll dieser Aspekt im Vordergrund gestanden haben. Der Senat vermag keinen Sachvortrag zu erkennen, aus welchen Gründen der Anleger trotz dieser Probleme den Fonds zeichnen sollte.

Es sind keine Anhaltspunkte zu erkennen, die eine Widerlegung der Vermutung rechtfertigen würden. Wie der Senat eingangs ausgeführt hat, ist der Prospekt in wesentlichen Punkten unklar und widersprüchlich. Ein Anleger, der damit konfrontiert wird, müsste den Fonds zeichnen, obwohl er darauf hingewiesen wird, dass es gar keine Garantie gibt, die Darstellung der Zahlungsvorgänge und damit die Geschäftstätigkeiten des Fonds nicht nachvollziehbar sowie die steuerlichen Verlustzuweisungen ungewiss sind. Zur Überzeugung des Senats hätte daher ein Anleger keinen einleuchtenden Grund, diesen Fonds zu zeichnen, da er für eine Investition völlig ungeeignet ist.

3.

Gemäß § 280 i. V. m. § 249 BGB hat die Beklagte zu 1) dem Kläger die Kosten für die Beteiligung zu erstatten. Sie hat ferner die erlittenen Nachteile auszugleichen.

a)

Die Kläger hat Höhe und Umfang des Schadens nachvollziehbar dargestellt. Substantielle Einwendungen gegen die Berechnung des Schadens vermag der Senat nicht zu erkennen.

Einkommensteuerrechtlich gesehen handelt es sich bei der V. 4 um eine Publikums KG und damit um eine Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, da die KG gewerblich tätig wurde. Mithin stehen - das ergibt ich aus § 16 EStG - alle Zu- und Abflüsse, die der Anleger von Beginn bis zur Beendigung der Gesellschafterstellung erfährt, im steuerlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit. Dies führt dazu, dass die dem Kläger in dieser Hinsicht zufließenden Schadensersatzleistungen als steuerpflichtige Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit anzusehen sind, mit der Folge, dass zuvor erzielte Steuervorteile wieder ausgeglichen werden müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 74, 114, BGH NJW 2006, 499).

Der Klagepartei ist selbst dann ein Schaden entstanden, wenn sie die Zeichnung wegen unzulänglicher Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag mit der H.bank jederzeit widerrufen und rückabwickeln könne.

Ohne dass es auf die hier nicht entscheidungserhebliche Frage ankäme, ob die in den Darlehensverträgen verwendete Widerrufsbelehrung rechtlich zu beanstanden wäre, kann in der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen gegen einen anderen Gesamtschuldner kein Verstoß gegen die dem Gläubiger grundsätzlich obliegende Schadensminderungspflicht im Sinne von § 254 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB gesehen werden (Palandt/Heinrichs, BGB, 70. Aufl., § 254, Rn. 46).

b)

Die Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) erstreckt sich gemäß § 249 Abs. 1 BGB auch auf Freistellung des Klägers von dessen Verbindlichkeiten aus dem bei der H. bank aufgenommenen Darlehen. Der Kläger hat das Darlehen allein zum Zwecke der Beteiligung an dem Fonds V. 4 aufgenommen.

c)

Der Kläger kann auch verlangen, von sämtlichen zukünftigen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freigestellt zu werden, die mittelbar oder unmittelbar aus der Beteiligung resultieren (BGH Beschluss vom 30.06.2009 - XI ZR 266/08). Diese werden grundsätzlich von der Ersatzpflicht mit umfasst (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 249 Rn. 53 f.). Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO statthaft, da aus der Beteiligung noch weitere Schäden für den Kläger entstehen können, die derzeit noch nicht zu beziffern sind. Das Wort „Nachteile“ verdeutlicht, dass nur das negative Interesse zu ersetzen ist.

d)

Die Beklagte zu 1) kann dem Kläger kein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB zur Last legen Sie kann ihre Pflicht, den Kläger ordnungsgemäß zu beraten, nicht auf diesen abwälzen. Es ist ausschließlich ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass, soweit sie gegenüber Dritten Verpflichtungen übernommen hat, diese durch ihre eigenen Mitarbeiter erfüllt werden. Versäumnisse in der Organisation sowie im Verhalten des eigenen Mitarbeiters sind gemäß § 278 BGB ihr zuzurechnen und können nicht auf den Kunden verlagert werden.

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger nicht verpflichtet, anhand des Prospektes die Angaben der Beklagten zu 1) zu überprüfen. Es handelte sich um juristisch schwer zu erkennende Zusammenhänge. Die Beklagte zu 1) hat als beratende Bank den Eindruck erweckt, den Kunden fachkundig und kompetent zu beraten. Es kann unter diesen Umständen dem Kläger nicht angelastet werden, wenn er die Ausführungen der Berater nicht an Hand des Prospektes überprüft hat.

Der Anleger ist nicht verpflichtet, die Interessen und die Pflichten der Beklagten zu 1) an deren Stelle zu erfüllen. Der Kläger musste auch nicht im Hinblick auf seine Kenntnisse und Möglichkeiten bei der Beklagten zu 1) nachfragen und sich insbesondere nicht nach der Höhe der Rückvergütung erkundigen (BGH Urteil vom 06.03.2008 - III ZR 298/05 Rz. 25 und vom 19.06.2008 - III ZR 159/07). Im Prospekt ist ein Agio von 5 % ausgewiesen, das zusätzlich zu bezahlen war. Für einen Anleger war es daher zur Überzeugung des Senats zumindest nicht ersichtlich, dass die Bank darüber hinaus noch Rückvergütungen bekommt.

Der Anleger ist im Rahmen des § 254 BGB auch nicht verpflichtet, ein Rücktrittsrecht geltend zu machen oder es klageweise durchzusetzen. Zur Überzeugung des Senats würde dies in dem Verfahren dazuführen, dass der Geschädigte mit den Risiken belastet wird, die der Schädiger zu tragen hat (vgl. zur Rolle des Gläubigers Palandt/Grüneberg aaO. § 421 Rn 1 „Paschastellung“). Ohne die unzureichende Beratung hätte der Kläger den Fonds und den Darlehensvertrag nicht gezeichnet. Er hat somit einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1), so gestellt zu werden, als wären die Verträge nicht unterzeichnet worden

Der Kläger war daher im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) nicht verpflichtet, aufgrund einer Schadensminderungsverpflichtung im Sinne von § 254 BGB vorrangig die H.bank in Anspruch zu nehmen. Es ist nämlich grundsätzlich Sache des Gläubigers selbst und steht daher in seinem eigenen Belieben, jeden Gesamtschuldner, auch wenn verschiedene Schuldgründe gegeben sein sollten, ganz oder teilweise in Anspruch zu nehmen (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO. Rn. 12). Sinn und Zweck eines Gesamtschuldverhältnisses sind nämlich gerade nicht darauf ausgerichtet, den einzelnen Gesamtschuldner durch den Verweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des jeweils anderen Gesamtschuldners zu entlasten, sondern den Gläubiger zu stärken (Palandt/Grüneberg, aaO. Rn. 1).

Die Beklagte zu 1) kann die Risiken, die mit der Frage des Widerrufs zusammenhängen, nicht auf den Kläger abwälzen. Die finanzierende Bank erkennt den Widerruf nicht an. Eine Rückabwicklung ist nicht erfolgt, der Anleger hält nach wie vor die Beteiligung und hat den Schaden. Das bloße Bestehen eines Rückabwicklungsanspruchs gegenüber einem Dritten beseitigt noch nicht diese für den Kläger nachteilige Vermögenslage, aus der sich der Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) ergibt. Aus diesen Gründen entfällt auch der Schaden des Klägers nicht.

4.

Wie das Landgericht zutreffend - und insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats - ausgeführt hat, hat der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs seine Anteile an der Fondsgesellschaft V. 4 Zug um Zug an die Beklagte zu 1) zu übertragen.

5.

Da der Kläger bereits in der Klage die Gegenleistung angeboten hat, ist auch die Feststellung des Annahmeverzugs gerechtfertigt.

6.

Das Landgericht hat dem Kläger mit überzeugender Begründung vorgerichtliche Zinsen iHv von 2 % zugesprochen.

Dies gilt aufgrund der Vorschriften von § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB auch hinsichtlich des Ausspruchs über Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzung des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.