OLG München, Urteil vom 17.01.2012 - 5 U 2167/11
Fundstelle
openJur 2012, 120567
  • Rkr:

Wenn bei einer Widerrufsbelehrung der Beginn der Frist nicht vollständig oder nicht klar verständlich angegeben wird, dann beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.

(Leitsätze: A. Fischer, RA und CPA)

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.05.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.812,59 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 14.09.2010

sowie Zinsen in Höhe von 2 % p.a.

aus 10.915,78 € seit 01.01.2010 bis 13.09.2010

aus 11.080,84 € seit 01.06.2009 bis 31.12.2009

aus 11.287,17 € seit 01.06.2008 bis 31.05.2009

aus 11.823,63 € seit 01.02.2008 bis 31.05.2008

aus 12.246,61 € seit 01.09.2007 bis 31.01.2008

aus 12.739,38 € seit 01.01.2007 bis 31.08.2007

aus 12.381,42 € seit 01.01.2006 bis 31.12.2006

aus 13.344,-- € seit 13.11.2004 bis 31.12.2005 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 26.10./07.12.2004 keine Ansprüche zustehen.

3. Die Verurteilung gemäß Ziffern 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der MONTRANUS Zweite ... KG über einen Beteiligungsbetrag von 25.000 €.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Hilfswiderklage der Beklagten wird abgewiesen.

IV. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

V. Die Revision wird zugelassen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VII. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 22.512,59 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Rückabwicklungsansprüche aufgrund des Widerrufs eines Darlehensvertrages im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einem Medienfonds geltend. Hilfsweise begehrt der Kläger Schadensersatz wegen behaupteter Fehlberatung.

Der Kläger beteiligte sich mit einer Einlage von insgesamt 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 133 € an der MONTRANUS Zweite ... KG... (fortan: Fonds). Wie vertraglich vorgesehen, zahlte der Kläger auf seine Beteiligung 13.300 € zuzüglich des Agio, insgesamt also 13.433 € aus eigenen Mitteln an die Fondsgesellschaft. Den restlichen Anteil in Höhe von 11.700 € finanzierte der Kläger über ein Darlehen bei der Beklagten. Die Beitrittsvereinbarung zum Fonds sowie der Darlehensvertrag sind in einem Formular zusammengefasst; dieses wurde vom Kläger am 26.10.2004, von der Fondsgesellschaft am 04.11.2004 und von der Beklagten am 07.12.2004 unterschrieben (Anlage K 2).

In dem Formular heißt es unter der Überschrift "gesetzliches Widerrufsrecht" (Bl. 3 li. Sp. oben):

"Maßgeblicher Bestandteil dieses Zeichnungsscheins sind die Belehrungen über ein etwaiges gesetzliches Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht besteht nur unter den im Gesetz näher bestimmten Voraussetzungen; ein vertraglich begründetes Widerrufsrecht besteht nicht."

Am Schluss des Abschnitts A (Bl. 3 li. Sp. unten) ist eine vorgedruckte, vom Kläger gesondert unterschriebene "Empfangsbestätigung" enthalten mit folgendem Wortlaut: "Ich bestätige, die Vertragsunterlagen inklusive Beteiligungsprospekt sowie die beiden Widerrufsbelehrungen erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben."

Im folgenden Abschnitt B (Bl. 3 re. Sp. oben) heißt es: "Auf den Darlehensvertrag finden die in Abschnitt D. umseitig abgedruckten Darlehensbestimmungen unter Einbezug der Angaben in Abschnitt A. Anwendung."

Die beiden Widerrufsbelehrungen befinden sich nicht im Zeichnungsschein, sondern auf Seite 105 des Prospekts über die Beteiligung (Anlagen K 3 und K 12), sowie zusätzlich als Einzelblatt in einer Innentasche im hinteren Umschlag des Prospekts. Hierbei handelt sich um eine Widerrufsbelehrung für die Beitrittsvereinbarung und eine weitere für den Darlehensvertrag mit der Beklagten.

Letztere lautet wie folgt (Anlage K 3):

"Widerrufsbelehrung Nr. 2

zum Darlehensvertrag mit der H... bank (Abschnitte B. und D. des Zeichnungsscheins).

Widerrufsrecht

Sie können ihre im Zeichnungsschein enthaltene, auf die Aufnahme der Fremdfinanzierung (Darlehensvertrag) gerichtete Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:

A... GmbH Finanzanlagen und Beteiligungen

W... Straße 49 ... P.

Fax: ... . E-Mail: ...

Die A...GmbH Finanzanlagen & Beteiligungen handelt als Empfangsvertreter für die H...bank .

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.

Finanzierte Geschäfte

Falls Sie diesen Darlehensvertrag widerrufen, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihre Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wenn wir uns bei Vorbereitung und nach Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

ENDE DER WIDERRUFSBELEHRUNG"

Erstmals in der Klageschrift vom 03.08.2010 hat der Kläger ausdrücklich den Widerruf des Darlehensvertrags erklärt.

Die aus der Fondsbeteiligung geflossenen Ausschüttungen dienten zum Teil zur Deckung des gesamten Kapitaldienstes (Zins- und Tilgungsleistungen). Des weiteren erhielt der Kläger folgende Ausschüttungen:

Dezember 200551,88 €Dezember 2006588,04 €August 2007546,77 €Januar 2008422,98 €Mai 2008536,46 €Mai 2009206,33 €Dezember 2009             165,06 €Mai 2010103,19 €Die prospektgemäß aus der Beteiligung resultierenden Verlustzuweisungen führten zu erheblichen steuerlichen Vorteilen des Klägers, die die Beklagte mit mindestens 7.806,59 €, ersatzweise mit 11.966,23 € beziffert.

Der Kläger hält seinen Widerruf für wirksam und begehrt hierauf gestützt Rückabwicklung der Beteiligung dergestalt, dass ihm die von ihm erbrachten Zahlungen (nebst Zinsen) abzüglich erhaltener Ausschüttungen zurückzuerstatten seien, wovon die erzielten Steuervorteile nicht in Abzug zu bringen seien, und desweiteren Feststellung, dass die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag keinerlei Ansprüche mehr gegen ihn habe. Zug um Zug bietet er die Übertragung seiner Beteiligung an die Beklagte an. Außerdem begehrte er erstinstanzlich die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Für den Fall, dass ein Anspruch des Klägers aus Widerruf verneint werde, beantragt der Kläger - im Wesentlichen mit inhaltlich gleichen Ansprüchen - die Beklagte wegen Verletzung eines Anlageberatungsvertrages zu verurteilen.

Die Beklagte hält den Widerruf für unwirksam, hilfsweise seien die Steuervorteile in Anrechnung zu bringen. Auch Schadensersatzansprüche stehen nach ihrer Auffassung dem Kläger nicht zu.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und lediglich - insoweit rechtskräftig - den Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten zurückgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Antrag auf Klageabweisung in vollem Umfang weiter. Hilfsweise begehrt sie festzustellen, dass der Kläger verpflichtet sei, ihm im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beteiligung erwachsende und dauerhaft verbleibende Steuervorteile an die Beklagte auszukehren. Der Kläger rechtfertigt die landgerichtliche Entscheidung und beantragt die Abweisung der Hilfswiderklage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet.

Zum sonstigen Vorbringen der Parteien wird auf den Inhalt der zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2011 sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur in geringem Umfang, nämlich hinsichtlich eines Teils des klägerseits geltend gemachten Zinsanspruchs, Erfolg; im Übrigen ist sie nicht begründet.

1.

Der klägerseits erklärte Widerruf des Darlehens ist wirksam. Der Widerruf konnte noch in der Klageschrift erklärt werden, weil mangels einer wirksamen Belehrung über das Widerrufsrecht des Klägers die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen hat.

Zutreffend hat das Landgericht dahin erkannt, dass der Kläger bei Abschluss des entgeltlichen Darlehensvertrages als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB gehandelt hat, dass ihm daher ein Widerrufsrecht nach §§ 495, 491 BGB zusteht, und dass die zweiwöchige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 1 BGB gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB noch nicht angelaufen war.

a) Das Landgericht hat Bedenken, ob die Widerrufsbelehrung, die nicht fest mit dem Darlehensvertrag verbunden war, sondern lediglich an zwei Stellen im Prospekt aufzufinden war, dem Deutlichkeitsgebot genügt. Es kann dahinstehen, ob diese Bedenken begründet sind.

b) Denn jedenfalls hat das Landgericht zutreffend dahin erkannt, dass die Belehrung im Hinblick auf den angegebenen Fristbeginn unzutreffend ist.

Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt entschieden, dass die in dem Formular verwendete Formulierung "die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" deshalb fehlerhaft ist, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher wird zwar aus der Verwendung des Wortes "frühestens" schließen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt. Er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handeln könnte (siehe hierzu zuletzt die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs [Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799, Rn. 34, mwN] zu der auch im landgerichtlichen Urteil [LGU 10] erörterten Entscheidung des OLG Thüringen vom 28.09.2010 - 5 U 57/10 [juris]).

c) Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die Belehrung deshalb zusätzlich fehlerhaft ist, weil die Formulierung "mit Erhalt dieser Belehrung" den Eindruck erweckt, die Kenntnisnahme reiche auch ohne Mitteilung in Textform aus (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721, Rn. 14).

d) Zutreffend hat das Landgericht weiter erkannt, dass die Beklagte sich nicht darauf berufen kann, dass die erteilte Widerrufsbelehrung der damaligen Musterbelehrung gemäß der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (fortan: BGB-InfoVO) in der von 01.09.2002 bis 07.12.2004 gültigen Fassung (fortan: Musterbelehrung) entsprochen habe.

aa) Zum einen ist die Auffassung des Landgerichts zutreffend, dass aus den dort (LGU 9 - 11) genannten Gründen die damalige Musterbelehrung hinsichtlich des Fristbeginns nicht dem Gesetz entsprach. Dies hat zur Folge, dass die Fiktion der Ordnungsgemäßheit des § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO nicht gilt.

Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der Verordnungsgeber nicht die Fiktion einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung schaffen kann, wenn die normenhierarchisch höhere gesetzliche Anforderung hierzu nicht erfüllt ist. Auf den Vertrauensschutz der Unternehmer kann die gegenteilige Auffassung nicht mit Erfolg gestützt werden. Ein zwar mögliches, jedenfalls vorliegend aber nicht festgestelltes Vertrauen des Unternehmens, hier: der Beklagten, auf die Gesetzmäßigkeit einer tatsächlich gesetzwidrigen Musterbelehrung ist nicht geeignet, die Gesichtspunkte des Verbraucherschutzes, zu dessen Umsetzung (insbesondere aufgrund gemeinschafts- bzw. unionsrechtlicher Vorgaben) die fraglichen Regelungen dienen, auszuhebeln.

Das Landgericht verweist zutreffend darauf, dass der Beklagten unbenommen ist, wegen der gesetzwidrigen Musterbelehrung Schadensersatzansprüche aus legislativem Unrecht gegen die Bundesrepublik Deutschland zu prüfen.

bb) Desweiteren kann die Beklagte sich auf die Musterbelehrung auch deshalb nicht berufen, weil die tatsächlich verwendete Belehrung ihrem Wortlaut nach - über die in § 14 Abs. 3 BGB-InfoVO gestatteten Abweichungen hinaus - nicht in jeder Hinsicht dem Text der Musterbelehrung entspricht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28.06.2011, a.a.O., Rn. 38 f.).

(1) Denn anstelle der Überschrift "Widerrufsbelehrung" lautet die Überschrift nunmehr "Widerrufsbelehrung Nr. 2 zum Darlehensvertrag mit der ... Zeichnungsscheins."

(2) Im zweiten Absatz der Widerrufsbelehrung wurde die Formulierung "Sie können Ihre Vertragserklärung ..." erweitert zu "Sie können Ihre im Zeichnungsschein enthaltene, auf die Aufnahme der Fremdfinanzierung (Darlehensvertrag) gerichtete Vertragserklärung ...".

(3) Obwohl nach den Zusätzen zur Musterbelehrung als Empfänger des Widerrufs "Name/Firma und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten" angegeben werden können, verweist die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung den Widerrufenden nicht an den Adressaten, sondern an die "A... GmbH ... .de" und belehrt den Widerrufenden zusätzlich darüber, dass "die A... GmbH Finanzanlagen & Beteiligungen ... als Empfangsvertreter für die H...bank " handele.

(4) Im letzten Absatz unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" verändert die von der Beklagten verwendete Formulierung schließlich den von der Musterbelehrung vorgegebenen Satzbau ("Falls Sie diesen Darlehensvertrag widerrufen..." statt "Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag...").

Es kommt nicht darauf an, welche Relevanz in inhaltlicher Hinsicht die von der Beklagten vorgenommenen Abweichungen haben (z.B. ob die unter Ziff. (3) geschilderte Abweichung dem Kunden verbietet, den Widerruf unmittelbar an die Beklagte in D. / Irland zu richten, oder ob ihn diese Regelung im Gegenteil besser stellt, weil ihm eine inländische Adresse zur Verfügung gestellt wird). Zwar hat der Bundesgerichtshof (a.a.O., Rn. 39) anklingen lassen, eine Berufung auf die Musterbelehrung komme dann nicht in Frage, wenn der Verwender den Text "ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat". Gleichwohl ist dem Verwender die Berufung auf § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO nicht nur dann zu versagen, wenn er die Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Denn schon im Folgesatz der genannten Entscheidung lässt der Bundesgerichtshof eine Berufung auf die Fiktion der Gesetzmäßigkeit dann nicht gelten, wenn der Unternehmer - wie hier - "in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst" eingreift, "unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen".

Nach alledem muss die Beklagte sich an der fehlenden Gesetzmäßigkeit der von ihr verwendeten Belehrung festhalten lassen und kann sich auf einen Fristbeginn hinsichtlich des Widerrufsrechts nicht berufen.

2.

Der Kläger hat daher mit der Klageschrift den Darlehensvertrag wirksam widerrufen. Dieser ist gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, 358 Abs. 2 BGB deshalb dergestalt rückabzuwickeln, dass die von ihm erbrachten Zahlungen, abzüglich erhaltener Ausschüttungen, rückzugewähren sind, und dass im Übrigen im Rahmen der Rückabwicklung die beklagte Bank an die Stelle des Fonds tritt (§ 358 Abs. 4 S. 2 BGB).

a) Hieraus folgt des weiteren, dass, wie der Kläger zu Recht geltend macht, die Bank sich auf den zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Darlehensvertrag nicht mehr berufen kann (§ 358 Abs. 2 BGB), so dass ihr, wie festzustellen begehrt wurde, auch keinerlei Ansprüche hieraus mehr zustehen.

b) Von den dem Kläger zu erstattenden Zahlungen (abzüglich der unstreitigen Ausschüttungen) sind Steuervorteile nicht anspruchsmindernd in Abzug zu bringen.

51aa) Für die auf einen Schadensersatzanspruch des Anlegers gestützte Rückabwicklung einer Kapitalanlage in Form einer Unternehmensbeteiligung hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden (Urteil vom 15.07.2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205, Rn. 36 ff; Urteil vom 01.03.2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740, Rn. 8 ff, jeweils mwN), dass eine Anrechnung von Steuervorteilen nicht in Betracht kommt, wenn zufließende Beträge (dort freilich im Wege des Schadensersatzes) ihrerseits der Besteuerung unterliegen, es sei denn, dem Anleger sind "außergewöhnlich hohe Steuervorteile" verblieben.

bb) Demgegenüber kann die Beklagte sich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rückabwicklung eines widerrufenen Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz (Urteil vom 24.04.2007 - XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147, Rn. 20 ff.) berufen.

Zwar hat der Bundesgerichtshof im dortigen Fall entschieden, dass erzielte Steuervorteile auf den Rückzahlungsanspruch des Klägers aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG anzurechnen sind. Der Senat schließt sich auch der Auffassung der Beklagten an, dass die Rückabwicklung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG insoweit der Rückabwicklung gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, 491, 495 BGB gleichzustellen ist.

cc) Indessen ist entscheidend, dass der Bundesgerichtshof in dem genannten Urteil vom 24.04.2007 ausdrücklich die "Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung ... grundsätzlich (als) ein Institut des Schadensersatzrechts" erkannt und darauf entschieden hat, dass der diesem Institut zugrunde liegende Rechtsgedanke, dass ein Geschädigter für erlittene Nachteile zu entschädigen ist, aber aus einem schädigenden Ereignis keinen Gewinn erzielen soll, auf den Rückforderungsanspruch entsprechend zu übertragen ist. Die Auffassung der Beklagten lässt demgegenüber unberücksichtigt, dass infolge dieser tragenden Erwägung des Bundesgerichtshofs zur Übertragbarkeit schadensersatzrechtlicher Grundsätze auf den Anspruchsumfang bei Rückabwicklung nach Widerruf die Folgeentscheidungen des BGH vom 15.7.2010 und vom 01.03.2011 zur grundsätzlichen Nichtanrechenbarkeit von Steuervorteilen im Rahmen des Schadensersatzes gleichfalls auf das Widerrufsrecht zu übertragen sind.

dd) Nach Auffassung des Senats führt daher die Synthese der drei genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs dazu, dass in Fortentwicklung des Schadensersatzrechts einerseits, in Anwendung der neueren Grundsätze des Schadensersatzrechts entsprechend der Vorgabe aus dem Urteil vom 24.04.2007 andererseits zwingend zu folgern ist, dass im Recht der Rückabwicklung nach Widerruf hinsichtlich der Anrechnung von Steuervorteilen die gleichen Maßstäbe zu gelten haben wie bei der Rückabwicklung im Wege des - auf das negative Interesse gerichteten - Schadensersatzes.

ee) Dies führt dazu, dass im vorliegenden Fall der Kläger sich die erhaltenen Steuervorteile nicht in Abzug bringen lassen muss. Die Beklagte hat diese Steuervorteile auf maximal 11.966,23 € (Bl. 85 und 132 d. A.) beziffert und somit zutreffend etwa in Höhe des Eigenkapitaleinsatzes verortet.

Hiernach kann von außergewöhnlichen Steuervorteilen nicht die Rede sein, weil diese nach Auffassung des BGH (III ZR 336/08, a.a.O. Rn. 55; XI ZR 96/09, a.a.O., Rn 9) dann vorliegen könnten, wenn der Steuervorteil über die Höhe der Einlageleistung des Anlegers hinausgeht. Unbehelflich ist das Vorbringen der Beklagten, wonach insoweit auf die Eigenkapitalaufbringung, hier in Höhe von 13.000 €, abzustellen sei. Hierbei verkennt die Beklagte, dass der Kläger insgesamt eine Einlageleistung (im Sinne der genannten BGH-Rsp.) von 25.000 € zuzüglich Agio aufgebracht hat. Auch soweit er eine "Fremdfinanzierung" unternommen hat, nämlich in Gestalt des Darlehens bei der Beklagten, hat der Kläger letztlich eigene Mittel aufgewendet; insbesondere war und ist er bis zur Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung der Beklagten gegenüber verpflichtet, deren Ansprüche auf Rückzahlung des Darlehens zu erfüllen. Nicht nur in rechtlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht beträgt daher der tatsächliche Eigenkapitalanteil des Klägers den vollen Nennbetrag, also 25.000 €, hinter welchem Betrag der Steuervorteil von unter 12.000 € bei weitem zurückbleibt.

ff) Des weiteren wird der Kläger die ihm zufließende Rückzahlungssumme ihrerseits zu versteuern haben. Da der Kläger hier aus der Beteiligung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte, unterliegt auch die Ersatzleistung der Steuerpflicht (BGH, III ZR 336/08, a.a.O., Rn. 36). Insbesondere ist nicht ersichtlich - und hierauf hat das Landgericht zutreffend abgestellt -, dass hinsichtlich der Besteuerung ein relevanter Unterschied dahingehend vorliegen sollte, ob der dem Kläger zufließende Betrag aufgrund eines Schadensersatzanspruchs oder aufgrund einer Rückabwicklung nach Widerruf bezahlt wird.

Unbehelflich bleibt das Vorbringen der Beklagten (Bl. 133 d. A.), Einkünfte im Sinne von § 15 EStG seien nur Gewinneinkünfte, abzustellen sei daher auf den Betrag, um den der Rückflussbetrag den Wert des Zug um Zug herzugebenden Kommanditanteils übersteigt; auf diesen Gedankengang kann die Beklagte sich schon deshalb nicht berufen, weil sie jegliche Bezifferung des Wertes des Kommanditanteils schuldig geblieben ist. Aber auch soweit ihr Vorbringen, der Gewinn des Klägers betrage null €, dahin zu verstehen ist, dass der Wert des Kommanditanteils den auszuurteilenden Betrag übersteigt, bleibt dies ohne Erfolg. Denn der Bundesgerichtshof hat für die grundsätzliche Frage der Steuerpflicht und damit für die Nichtanrechenbarkeit von Steuervorteilen gerade dahinstehen lassen, ob von einer Besteuerung nach § 15 EStG (Betriebseinnahme) oder nach § 16 EStG (Veräußerungsgewinn) auszugehen ist (BGH, III ZR 336/08, a.a.O., Rn. 36). Maßgeblich und ausreichend ist vielmehr, dass überhaupt eine Steuerplicht besteht (was jedenfalls zu bejahen ist), ohne dass es auf deren konkrete Höhe ankäme, solange - wie hier (s.o. lit gg) - die Schwelle der ungewöhnlich hohen Steuervorteile nicht überschritten ist.

3.

Soweit die Beklagte sich auf Ausschüttungen - hier in Höhe von 2.620,41 € - beruft, sind diese unstreitig in der Klagesumme bereits verrechnet.

4.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch das Angebot der Klägerseite, Zug um Zug die Kommanditbeteiligung der Beklagten zu übertragen, ausreichend erfolgt; warum es hierzu der Benennung der Nummerierung des Kommanditanteils bedurft hätte, ist nicht erfindlich.

5.

Dem Grunde nach steht der Klägerseite aus dem Gesichtspunkt des Nutzungsentganges (§§ 346 Abs. 1, 347 Abs. 1, 357 Abs. 1 S. 1 BGB) auch ein Anspruch auf Zinsen zu.

a) Zwar verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass klägerseits kein Vortrag zur tatsächlichen Ziehung von Nutzungen durch die Beklagte erfolgt ist. Der Verweis der Klägerseite auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (hier: Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123, Rn. 29) ist hier nicht ausreichend. Zwar spricht danach eine Vermutung dafür, dass eine Bank aus ihr tatsächlich zugeflossenen Beträgen Nutzungen im Wert des üblichen Zinssatzes von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zieht. Zu Recht verweist aber die Beklagte insoweit darauf, dass der fragliche Kommanditanteil von 25.000 € nicht ihr, sondern vielmehr dem Fonds zugeflossen ist, und dass sie gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB an die Stelle des Fonds tritt, insoweit also gerade nicht als Bank zu behandeln ist.

b) Im Gegenzug verweist die Klägerseite aber zusätzlich auf die Fondsstruktur. Für den Beitritt der Beklagten zur Schuld des Lizenznehmers gegenüber dem Fonds zur Zahlung der "fixen Lizenzzahlungen" erhält nämlich die Beklagte vom Lizenznehmer eine "Vorauszahlung" (Bl. 55 re. Sp. des Prospekts, Anlage K 12). Anknüpfend an den Betrag von 71 % der Produktionskosten, der der fixen Lizenzzahlungsschuld entspricht (Bl. 11 re. Sp. des Prospekts), hat die Klägerseite unwidersprochen vorgetragen (Bl. 168 d. A.), dass die Beklagte diesen Betrag abzüglich einer der Klägerseite nicht bekannten Abzinsung erhält; zur Höhe dieser Abzinsung hat die Beklagte nicht vorgetragen.

c) Der Beklagten ist also ein namhafter Betrag, nämlich von 71 % der Produktionskosten, im Sinne der BGH-Rechtsprechung (s.o. lit. a) tatsächlich zugeflossen. Einen niedrigeren Prozentsatz (wegen der klägerseits zugestandenen Abzinsung) hat die Beklagte nicht genannt. Der Kläger fordert nicht Zinsen auf 100 % seiner Einlageleistung, sondern nur auf den von ihm aus - ohne Darlehensaufnahme vorhandenen - Eigenmitteln geleisteten Anteil.

Im "beispielhaften Gesamtinvestitionsplan" (Bl. 26 des Prospekts) sind die Produktionskosten mit rd. 208,142 Mio. € angebeben; 71 % hiervon betragen rd. 147,780 Mio €. Dieser Betrag, mithin die der Beklagten zugeflossene "Vorauszahlung", ist höher als die Summe aller "eigenfinanzierten Einlagen" (127,041 Mio. €; Prospekt a.a.O.), auf die der Kläger - bezogen auf seinen Anteil an diesem Betrag - Nutzungsersatz fordert.

d) Grundsätzlich hat deshalb die Beklagte den vom Kläger aufgebrachten Teilbetrag von 13.344 €, abzüglich gestaffelter Ausschüttungen, ab 13.11.2004 mit einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zu verzinsen bzw. in dieser Höhe dem Kläger zu erstatten.

e) Andererseits ist erneut auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu verweisen, wonach der Geschädigte (hier: der zum Widerruf Berechtigte) aus der Rückabwicklung keinen Gewinn erzielen soll. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger prospektgemäß durch die ihm zugewiesenen Steuervorteile einen erheblichen Liquiditätsvorteil hatte, also ihm nicht etwa die gesamten von ihm an den Fonds gezahlten 13.344 € ab Zeichnung nicht mehr zur Verfügung standen, sondern ein um die erheblichen Steuervorteile geminderter, somit wesentlich niedrigerer Betrag.

Diesen Liquiditätsvorteil hat sich der Kläger, um eine ungerechtfertigte Bereicherung seinerseits zu vermeiden, bei der Frage der entgangenen Nutzungen entgegenhalten zu lassen.

Deshalb schätzt (§ 287 Abs. 1 ZPO) der Senat den Liquiditätsentgang des Klägers, somit die ihm zu erstattenden Nutzungen, auf 2 % des geltend gemachten Betrages, jeweils gestaffelt unter Berücksichtigung der unstreitig erhaltenen Ausschüttungen.

Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.

III.

Schadensersatzansprüche hat der Kläger ausdrücklich nur für den Fall geltend gemacht, dass der Widerruf als unwirksam erachtet werde. Dies ist nicht der Fall. Über Schadensersatzansprüche, auch soweit sie Nebenforderungen betreffen, ist daher nicht zu entscheiden.

IV.

Die Hilfswiderklage der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Eine An - und Verrechnung von Steuervorteilen findet - von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen - nicht statt (s.o. Ziff. II 2 b).

V.

Kosten: §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert entspricht der Summe aus bezifferter Klageforderung (10.812,59 €) und der Darlehenssumme (11.700 €). Zinsen erhöhen als Nebenforderungen den Streitwert ebensowenig wie die - wirtschaftlich mit der Klageforderung teilidentische - Hilfswiderklage.

Der Senat lässt die Revision zu. Als von grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) erscheint die Übertragung der Rechtsprechung des BGH zum Umfang geschuldeter Schadensersatzleistungen auf die Rechtsfolgen der Rückabwicklung gem. §§ 346 ff BGB (s.o. II 2 b).