OLG München, Beschluss vom 11.08.2011 - 1 Ws 676/11
Fundstelle
openJur 2012, 117650
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein vom 18.07.2011 aufgehoben.

II. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Anhörung an die Strafvollstreckungskammer zurückgegeben.

Gründe

I.

Die Strafvollstreckungskammer Traunstein hatte mit Beschluss vom 14.10.2008 die Reststrafen aus den Verurteilungen

des Amtsgerichts Erding vom 23.04.2003 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung (ursprünglich zur Bewährung ausgesetzt und nach Verlängerung der Bewährungszeit widerrufen),

des Amtsgerichts Halle/Saalkreis vom 29.08.2005 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten wegen Diebstahls (ursprünglich zur Bewährung ausgesetzt)

und aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Halle/Saalkreis vom 15.11.2007 mit Gesamtstrafen von 6 Monaten und weiteren 8 Monaten

für die Dauer von 3 Jahren, rechtskräftig seit 23.10.2008, zur Bewährung ausgesetzt.

Nach Verlängerung der Bewährungszeit durch die Strafvollstreckungskammer Traunstein bezüglich aller genannten Strafen bis zum 22.10.2012 hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 18.07.2011, dem Verurteilten zugestellt am 20.07.2011, diese Restbewährungen widerrufen.

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner am 27.07.2011 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde seines schriftlich bevollmächtigten Vertreters ….. .

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat einen vorläufigen Erfolg, da ein Verfahrensfehler vorliegt, weil die gemäß § 453 Abs. 1 Satz 3 StPO erforderliche Anhörung des Verurteilten nicht durchgeführt wurde.

Gegenstand der am 18.04.2011 durchgeführten mündlichen Anhörung waren die Weisungen, Alkoholkonsum zu vermeiden und eine ambulante Alkoholtherapie weiterzuführen, wobei dem Beschwerdeführer eingeräumt wurde, neue Blutwerte erheben und den Befund dem Gericht zukommen zu lassen.

Nachdem in der Folgezeit trotz verschiedener Aktivitäten des Gerichtes hierzu kein Eingang festgestellt werden konnte und der Bewährungshelfer am 16.06.2011 mitgeteilt hatte, dass er seit Anfang Mai 2011 entgegen der mit dem Beschwerdeführer getroffenen Vereinbarung keinen Kontakt mehr mit diesem hatte, widerrief die Strafvollstreckungskammer die Restbewährungen unter anderem mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer die in der mündlichen Anhörung zugesagten Blutwerte nicht vorgelegt habe und überdies nun auch – als weiteren Verstoß - keinen Kontakt mehr zum Bewährungshelfer halte.

Zu diesen beiden Gründen war der Beschwerdeführer aber – zwangsläufig - noch nicht mündlich angehört worden, was aber gem. § 453 Abs. 3 Satz 1 StPO erforderlich gewesen wäre (vgl. Meyer-Goßner, 54. Aufl. § 453, Rdz. 7).

12Der Senat weist darauf hin, dass, wenn in der mündlichen Anhörung über den Widerruf eine Frist zur Erfüllung von Auflagen nachgelassen wird, die dann doch nicht erfüllt werden, es geboten ist, wegen dieser Nichterfüllung eine erneute Anhörung durchzuführen, wenn der Widerruf jedenfalls auch auf diese neu hinzugekommene Nichterfüllung gestützt wird, um festzustellen, ob die Nichterfüllung auch tatsächlich einen schuldhaften Verstoß darstellt (vgl. OLG Köln, NStZ-RR 2011, S. 220).

Da die vorliegende Entscheidung keine Endentscheidung beinhaltet, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst, hierüber wird die Strafvollstreckungskammer in ihrer neu zu treffenden Entscheidung mit zu entscheiden haben.