LG Coburg, Beschluss vom 18.01.2011 - 33 S 57/10
Fundstelle
openJur 2012, 113364
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 23.06.2010, Az.: 12 C 1710/09, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.834,54 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen zur Überzeugung des Berufungsgerichts vorliegen.

Auf die beabsichtigte Zurückweisung sowie die Gründe hierfür sind die Parteien mit Verfügung vom 08.12.2010 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO hingewiesen worden. Auf die bereits in diesem Hinweis enthaltene ausführliche Begründung für die Zurückweisung wird vollumfänglich Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Die in der Stellungnahme des Klägers vom 27.12.2010 angeführten Argumenten sind weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht geeignet, die im Hinweis enthaltenen Gründe für die Zurückweisung in Frage zu stellen und ein anderes Ergebnis zu begründen.

Durch die von dem Amtsgericht Coburg und der Berufungskammer in der Hinweisverfügung vorgenommene Schadensberechnung wird der Kläger nicht in seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt. Es ist gerade Ausfluss der Dispositionsfreiheit, dass es dem Kläger unbenommen ist, ein günstigeres Ersatzfahrzeug zu kaufen. Er hätte ebenso gänzlich von einer Reparatur und der Ersatzbeschaffung absehen oder lediglich eine Notreparatur durchführen lassen und das Fahrzeug weiterbenutzen sowie den vereinnahmten Betrag anderweitig verwenden können. Soweit er darauf hinweist, dass es keinen allgemeinen Rechtssatz gebe, dass sich ein Geschädigter nach der Rosinentheorie einzelne Schadenspositionen zur fiktiven Abrechnung, andere aber zur Abrechnung nach tatsächlichen Aufwendungen aussuchen kann, so ist dies nicht der Fall. Der Bundesgerichtshof hat einen solchen Rechtssatz aufgestellt, nur hat er ihn anders formuliert. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss der Geschädigte grundsätzlich denjenigen Weg der Schadensbeseitigung wählen, der den geringsten Aufwand erfordert. Sein Wahlrecht findet seine Schranke in dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht verdienen (vgl. z. B. die vom Kläger mit Anlage K 10 vorgelegte Entscheidung des BGH vom 22.09.2009, Az.: VI ZR 312/08 m. w. Rechtsprechungsnachweisen). Der Kläger würde aber an dem Schadensfall verdienen, würde man ihm die Umsatzsteuer zusätzlich zum fiktiven Nettoschaden ersetzen. Bei seinen Berechnungen in dem Schriftsatz vom 27.12.2010 legt der Kläger jeweils den Bruttowiederbeschaffungsaufwand zugrunde und stellt darauf ab, dass sein tatsächlicher Schaden 12.300,-- EUR betrage. Bei der Berechnung des Schadens ist jedoch von dem Nettowiederbeschaffungswert auszugehen. Dies ist ständige Rechtsprechung des BGH. Zudem muss in die Vergleichsberechnung der Restwert eingestellt werden, der dem Kläger noch als positiver Saldo verbleibt. Der Kläger hat zwar 11.490,-- EUR aufgewendet, aber 3.500,-- EUR aus dem beschädigten Pkw erlöst. Der Kläger verweist zur Untermauerung seiner Ausführungen auf Schubert in Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar. Dort wird unter § 249, Rn. 232 pauschal und ohne auf nähere Fallkonstellationen einzugehen, behauptet, dass ein Geschädigter, der die Ersatzbeschaffung fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnet und ein geringwertigeres Fahrzeug erwirbt, den Nettowiederbeschaffungswert ggf. unter Berücksichtigung des Restwerts und die tatsächlich beim Kauf angefallene Umsatzsteuer verlangen könne. Dieses Ergebnis entnimmt der Autor augenscheinlich der (zitierten) Entscheidung des BGH, NJW 2004, 2086. Dieser Entscheidung ist nicht auch nur annähernd ein solches Ergebnis zu entnehmen. Der Kläger nimmt weiterhin auf die Ausführungen des Rechtsanwalts ... Bezug, der sich in seinem Schriftsatz vom 09.08.2010 (Anlage K 10) mit dem Urteil des BGH vom 22.09.2009 auseinandersetzt. In dieser Entscheidung ging es jedoch um die Frage, ob ein Geschädigter, der sich anstelle einer wirtschaftlicheren Reparatur ein Ersatzfahrzeug beschafft, bei der keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, die Bruttoreparaturkosten, die deutlich niedriger als der Wiederbeschaffungswert waren, verlangen kann. Hierbei handelt es sich um eine völlig andere Fallkonstellation, bei der der BGH zum Ergebnis kam, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer nach diesen (vorher ausgeführten) Grundsätzen schon deswegen nicht möglich sei, weil der Kläger weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen sei. Dass der dortige Kläger die Umsatzsteuer in Höhe der erforderlichen Reparaturkosten hätte verlangen können, wenn hinsichtlich der Ersatzbeschaffung die Umsatzsteuer ausgewiesen worden wäre, hat der BGH nicht ausgeführt. Auch die Auffassung von Herrn Rechtsanwalt ..., dass Umsatzsteuer in der vorliegenden Fallkonstellation anteilig zu erstatten sei, weil sonst die Formulierung im Gesetz "wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist" keine Bedeutung hätte, wird von der Kammer nicht geteilt. Die anteilige Erstattung von Mehrwertsteuer käme durchaus in anderen Fallkonstellationen in Betracht, z. B. wenn der Geschädigte ein höherwertiges Ersatzfahrzeug, dessen Nettopreis über den im Gutachten ausgewiesenen Nettowiederbeschaffungswert hinausgeht, beschafft.

Im Ergebnis hält die Kammer an ihrer Auffassung fest, wie sie bereits in der Hinweisverfügung vom 08.12.2010 formuliert ist. Diese steht im Einklang mit der bisherigen BGH-Rechtsprechung. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Die vorliegende Fallkonstellation ist unter Rückgriff auf die bisher vom Bundesgerichtshof zu § 249 BGB aufgestellten Rechtsgrundsätze zu lösen, ohne dass dies zu Wertungswidersprüchen oder unbilligen Ergebnissen führen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 522 Abs. 3 ZPO).

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