Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.06.2010 - 22 ZB 09.1928
Fundstelle
openJur 2012, 108576
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 1741 der Gemarkung ... Dieses Grundstück wurde von ihrer Rechtsvorgängerin als Tongrube genutzt und von der Klägerin zur Ablagerung von Salzschlacken verwendet. Neben der Schlackendeponie wurde bis zum Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ungeordnet Hausmüll abgelagert.

Nach dem Ergebnis einer orientierenden Untersuchung vom 26. März 2007 durch das Büro ... und ... GmbH und nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts ... vom 6. November 2007 besteht auf dem Teil des Grundstücks, auf dem Hausmüll abgelagert wurde, aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast und ist eine Detailuntersuchung zur Gefährdungsabschätzung für den Pfad Boden -Grundwasser notwendig.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2009 verpflichtete das Landratsamt ... unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Klägerin, einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG mit einer Detailuntersuchung der Altablagerung auf der FlNr. 1741 der Gemarkung ... nach § 2 Nr. 4 BBodSchV zu beauftragen, die im Einzelnen aufgeführte Erkundungsschritte abzudecken hat.

Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 27. Mai 2009 abgewiesen.

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergibt sich nicht, dass einer der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) vorliegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid mit der angeordneten Detailuntersuchung gemäß § 9 Abs. 2 i.V. mit § 4 Abs. 3 BBodSchG gegen die Klägerin als Grundstückseigentümerin gerichtet werden konnte.

a) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht der Heranziehung der Klägerin nicht bereits die Regelung des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayAbfG entgegen. Danach haben die ehemaligen Betreiber von Deponien, die vor dem 11. Juni 1972 stillgelegt worden sind, das Gelände, das für die Abfallentsorgung verwendet worden ist, auf ihre Kosten zu rekultivieren. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Stadt ... als Betreiberin der ehemaligen Deponie „Am Hutsberg“ anzusehen ist. Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend hervorgehoben hat, stellen die mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin verlangten Maßnahmen keine Rekultivierung im Sinne dieser Vorschrift dar. Der Inhalt dieses Begriffs ist insofern eindeutig.

Unter einer Rekultivierung im Sinne des Abfallrechts ist die Wiedereingliederung der Deponiefläche in die Landschaft im Sinne der Anpassung an ihre natürliche Umgebung oder die Umgestaltung der Deponiefläche zur Ermöglichung einer anderen Bodennutzung zu verstehen (vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band III, RdNr. 47 zu § 36 KrW-/AbfG). Die Rekultivierung einer stillgelegten Deponie dient in erster Linie dem Natur- und Landschaftsschutz, und zwar und zumeist und vor allem dem Ausgleich eines mit der Errichtung und dem Betrieb der Deponie in aller Regel verbundenen erheblichen Eingriffs in das Landschaftsbild (vgl. Beckmann, a.a.O.; BayVGH vom 1.3.1993 BayVBl 1993, 304/305). Demgegenüber beziehen sich die hier von der Klägerin verlangten Maßnahmen auf den Bodenschutz, insbesondere auf die weitere Erkundung zur abschließenden Gefährdungsabschätzung der von der stillgelegten Deponie ausgehenden oder zu erwartenden Schadstoffeinträge in das Grundwasser. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage werden diese Maßnahmen nicht mehr vom Regelungsgehalt des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayAbfG umfasst. Nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayAbfAlG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 1996 (GVBl S. 396) hatten die ehemaligen Betreiber von Deponien, die vor dem 11. Juni 1972 stillgelegt wurden, neben Rekultivierungsmaßnahmen auch sonstige Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich waren, um Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten. Diese Vorschrift beinhaltete damit eine umfassende Rechtsgrundlage für die Anordnung von Erkundungs-, Überwachungs-, Sicherungs- und gegebenenfalls Sanierungsmaßnahmen gegenüber dem ehemaligen Betreiber der Deponie (vgl. LT-Drs. 14/31, S. 17). Mit der Änderung des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayAbfAlG durch § 2 Nr. 3 a des Gesetzes zur Umsetzung des Gesetzes zum Schutz des Bodens in Bayern vom 23. Februar 1999 (GVBl S. 36) wurde diese Verpflichtung der ehemaligen Betreiber von Deponien, die vor dem 11. Juni 1972 stillgelegt worden sind, auf die Durchführung von Rekultivierungsmaßnahmen beschränkt. Damit wollte der Gesetzgeber auf das Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes reagieren, wonach die in diesem Gesetz festgelegten Handlungspflichten und Anordnungsmöglichkeiten unmittelbar auf die vor dem 11. Juni 1972 stillgelegten Deponien Anwendung finden und es einer eigenen landesrechtlichen Regelung zur Verhütung der von den genannten Altdeponien ausgehenden Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit bzw. zur Abwehr der von ihnen ausgehenden Gefahren nicht bedarf. Da das Bundes-Bodenschutzgesetz eine Verpflichtung zur Rekultivierung nicht vorsieht, wurde lediglich die diesbezüglich bereits bislang in Art. 22 Abs. 1 BayAbfAlG enthaltene Regelung aufrecht erhalten (vgl. LT-Drs. 14/31, S. 17).

b) Auch die Regelung des Art. 13 a BayBodSchG hindert die Heranziehung der Klägerin zu der angeordneten Detailuntersuchung nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Stadt ... als Betreiberin der Deponie „Am Hutsberg“ anzusehen ist. Entgegen dem Zulassungsvorbringen kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass mit dieser Regelung die Störerauswahl gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG eingeschränkt und die Handlungs- oder Zustandsstörereigenschaft der kreisangehörigen Gemeinden als frühere Deponiebetreiberinnen erhalten werden sollte.

Wie sich der Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung entnehmen lässt, sollten mit der Einfügung von Art. 13 a BayBodSchG die kreisangehörigen Gemeinden finanziell entlastet werden, indem in Art. 13 a Abs. 1 BBodSchG eine zwischen Staat und kreisangehörigen Gemeinden erfolgende kooperative Finanzierung der Erkundung und Sanierung stillgelegter gemeindeeigener Hausmülldeponien festgeschrieben und zugunsten dieser Gemeinden ein Unterstützungsfonds eingerichtet wird (Art. 13 a Abs. 2 BayBodSchG; vgl. LT-Drs. 15/4598, S. 1 und 7). Diese Zwecksetzung bezieht sich nicht auf die Entscheidung über den Erlass bodenschutzrechtlicher Verwaltungsakte gegenüber kreisangehörigen Gemeinden, sondern auf die Abmilderung der finanziellen Folgen von derartigen Entscheidungen zu Lasten solcher Gemeinden. Zudem wird in Art. 13 a Abs. 4 Satz 1 BayBodSchG klargestellt, dass diese Kooperationslösung die Pflichten der Gemeinden nach anderen Rechtsvorschriften, also auch nach § 4 Abs. 3 BBodSchG und nach § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG, unberührt lässt. (vgl. LT-Drs. 15/4598, S. 7). Im Übrigen würde eine Einschränkung der Störerauswahl aus dem in § 4 Abs. 3 BBodSchG genannten Kreis der Sanierungspflichtigen durch Landesrecht im Hinblick auf die Regelung des § 21 BBodSchG kompetenzrechtlichen Bedenken unterliegen (vgl. Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, RdNr. 4 zu § 21).

c) Entgegen dem Zulassungsvorbringen war eine abschließende Feststellung des Betreibers der ehemaligen Hausmülldeponie „Am Hutsberg“ durch das Verwaltungsgericht nicht erforderlich. Wie sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen lässt, auf den das Verwaltungsgericht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen hat, wurde die Stadt ... in die Störerauswahl einbezogen, jedoch insoweit darauf abgestellt, aufgrund der vorhandenen Unterlagen könne nicht nachgewiesen werden, dass es sich bei dieser Deponie um einen von der Stadt betriebenen Müllplatz gehandelt habe, der zur Erfüllung der gemeindlichen Entsorgungspflicht gedient habe und für den die Stadt als Handlungsstörer einzustehen hätte.

Zwar dürfte eine Auswahlentscheidung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ermessensfehlerhaft sein, wenn ein privater Grundstückseigentümer als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden würde, obwohl eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts die schädliche Bodenveränderung selbst verursacht hat, zumindest zu einem erheblichen Teil. Dies gilt jedoch nur, wenn diese Verursachung durch die Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts nachgewiesen werden kann. Die bloße Möglichkeit, dass die festgestellte Kontamination von einer Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts verursacht worden sein könnte, reicht für die Begründung von deren Verantwortlichkeit nicht aus. Jedenfalls in der hier zu beurteilenden Phase der Gefährdungsabschätzung (§ 9 Abs. 2 BBodSchG) ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde sich bei tatsächlich ungeklärter oder rechtlich ungesicherter Verhaltensverantwortlichkeit im Interesse einer alsbaldigen Durchführung der Untersuchungsmaßnahmen an den Zustandsverantwortlichen hält. Aufgrund des Gebots effektiver Gefahrenabwehr soll die Erforschung der Gefährdung so wenig wie möglich unter tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des Verpflichteten leiden; diese Fragen müssen nach der Konzeption des Gesetzgebers nachträglich im Verfahren über die Kostenverteilung nach § 24 BBodSchG geklärt werden (vgl. BayVGH vom 18.4.2007 NVwZ-RR 2007, 670, m.w.N.). Es ist auch anerkannt, dass nur ein erheblicher Mitverursachungsbeitrag der Stadt es rechtfertigen kann, diese allein in die Pflicht zu nehmen (vgl. BayVGH, a.a.O.). Ein hinreichender Nachweis eines solchen erheblichen Verursachungsbeitrags lässt sich nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheids und den Ausführungen des Verwaltungsgerichts den vorhandenen Unterlagen nicht entnehmen.

Nach den von der Klägerin nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde in der frei zugänglichen offenen Tongrube zwar auch Hausmüll von Bürgern der Stadt ... abgelagert. Daraus folgt aber nicht, dass dies auf Veranlassung oder auch nur mit Billigung der Stadt ... geschehen wäre. Nach wie vor sprechen gewichtige Indizien dagegen. So befand sich dieses Grundstück nicht im Eigentum der Stadt und hat die offizielle Müllentsorgung der Stadt an anderer Stelle stattgefunden; zudem sind keine Unterlagen über einen Betrieb durch die Stadt vorhanden. Das Verwaltungsgericht hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die Aussagen der Zeitzeugen in den vorhandenen Verwaltungsakten keinen brauchbaren Beleg für einen Betrieb durch die Stadt liefern und die Stadt nach der „Erhebung der Müllablagerungsplätze in Bayern, Stand 1. Januar 1972“, des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz vom September 1973 als Betreiberin von vier Hausmülldeponien auf anderen Grundstücken in ihrem Einzugsgebiet gemeldet und bekannt war. Die Gegenargumente der Klägerin vermögen diese Indizien nicht zu entkräften, sondern lediglich den Fortbestand tatsächlicher Unklarheiten aufzuzeigen, die die Heranziehung des Grundstückseigentümers gerade nicht als fehlerhaft erscheinen lassen. So lässt der mehrfach in Behördenschreiben der 80er und 90er Jahre des 20. Jahrhunderts verwendete Begriff „Hausmülldeponie der Stadt ...“ keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Betreiber der Deponie und die ausschließliche Ablagerung von Hausmüll zu. Insbesondere ist aus den Behördenakten nicht ersichtlich, dass dieser Begriffsverwendung eine vertiefte Sachverhaltsaufklärung durch die jeweiligen Behörden zugrunde lag, wie sie vor Erlass des angefochtenen Bescheids durch das Landratsamt erfolgt ist. Soweit die Klägerin auf das Schreiben der Regierung von Mittelfranken vom 1. März 1985 verweist, bezieht sich dieses nach seinem Betreff auf die Verunreinigung des Grundwassers durch die Aluminium - Schlackendeponie der Klägerin. Dem Schreiben lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die dortige Behauptung der Betreibereigenschaft der Stadt ... auf der Grundlage einer umfassenden Sachverhaltsprüfung erfolgt ist. Dies gilt auch für das Schreiben des Landesamts für Umweltschutz vom 11. April 1995. Auch wenn nach dem Ergebnis der Besprechung vom 24. Juni 1995 die Stadt zusammen mit dem Landkreis ... die Kosten der beiden Beobachtungsbrunnen B 3 und B 4 je zur Hälfte zu tragen hat, hat der erste Bürgermeister der Stadt in dieser Besprechung aber ausdrücklich darauf verwiesen, dass es sich bei der angesprochenen Hausmülldeponie nicht um eine von der Stadt betriebene Deponie handelte, sondern um eine private Lehmgrube. Auch nach dem Inhalt der Vormerkung über die Besprechung vom 26. Januar 1994 zwischen der Regierung von Mittelfranken und dem Wasserwirtschaftsamt, dem Landratsamt und sowie dem Gesundheitsamt zur ehemaligen Hausmülldeponie neben der Salzschlackendeponie ... wurde die offene Grube, zu der jeder seinen Schutt und Müll bringen konnte, nicht als normale städtische Deponie betrieben. Der E-Mail der Bauverwaltung der Stadt ... vom 12. September 2006 lässt sich ebenfalls keine dezidierte Aussage zum Deponiebetreiber entnehmen; bestätigt wird nur, dass sich auf der FlNr. 1741 eine Deponie befand, die im Bezugschreiben der Architektin Maierhöfer als „Mülldeponie Stadt ...“ bezeichnet wurde.

Soweit nach der Auffassung der Klägerin eine Verantwortung der Stadt auch dann gegeben wäre, wenn sie die Deponie nicht aktiv betrieben, sondern nur geduldet hätte, werden für eine derartige Duldung im Zulassungsvorbringen keine näheren Anhaltspunkte dargelegt. Da die angeordnete Detailuntersuchung nach dem angefochtenen Bescheid auf die FlNr. 1741 der Gemarkung ... beschränkt ist, war eine Duldungsanordnung gegenüber der Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 1743 nicht erforderlich.

d) Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts liegen aufgrund der vom Büro ... und ... GmbH durchgeführten orientierenden Untersuchung (Bericht vom 26.3.2007) hinsichtlich der Deponie „Am Hutsberg“ konkrete Anhaltspunkte für einen hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG, § 3 Abs. 4 BBodSchV vor, weil im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden - Grundwasser eine Überschreitung von Prüfwerten i.S. von § 4 Abs. 3 BBodSchV zu erwarten ist. Bei den durchgeführten Bodenuntersuchungen ergaben sich regelmäßig Überschreitungen des Hilfswerts 1 nach Anhang 3 Tabelle 1 des LfW-Merkblatts Nr. 3.8/1 vom 31. Januar 2001 und zum Teil (u.a. bei Kupfer und Nickel) auch erhebliche Überschreitungen des Hilfswerts 2. Bei den durchgeführten Eluat-Untersuchungen wurden bei den Parametern Kupfer, Nickel und PAK die Prüfwerte nach Anhang 3 Tabelle 3 des Merkblatts überschritten, die den Prüfwerten nach Anhang 2 Nr. 3.1 BBodSchV für den Wirkungspfad Boden - Grundwasser entsprechen.

Diese festgestellten Werte werden von der Klägerin auch im Zulassungsvorbringen nicht bezweifelt. Sie verweist allerdings darauf, dass die Prüfwertüberschreitungen für die Parameter Kupfer, Nickel und PAK aus dem Teufenbereich von 2,0 bis 3,0 Metern keine Rückschlüsse auf die Verhältnisse am Ort der Beurteilung im Bereich des Übergangs von der ungesättigten in die gesättigte Zone in einem Teufenbereich von ca. 8 Metern zuließen. Wie sich aus der orientierenden Untersuchung ergebe, würden die zweifellos vorhandenen Belastungen ab dem Teufenbereich von 4,0 bis 5,0 Metern deutlich abnehmen. Diese Einwendungen können aber die Richtigkeit der orientierenden Untersuchung bzw. der gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchV angestellten Sickerwasserprognose nicht in Frage stellen.

Der Klägerin ist einzuräumen, dass es bei der nach § 4 Abs. 3 BBodSchV durchzuführenden Sickerwasserprognose maßgeblich auf die Abschätzung ankommt, welche Schadstoffeinträge aus der Altablagerung über das Sickerwasser in das Grundwasser am Ort der Beurteilung (= Übergangsbereich von der ungesättigten zur wassergesättigten Zone, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3 BBodSchV) zu erwarten sind (§ 2 Nr. 5 BBodSchV). Dies bedeutet aber nicht, dass nur aus der Deponiesohle entnommene Wasserproben der geforderten Prognose zugrunde gelegt werden können. Vielmehr können sich hierfür auch Bodenproben im Feststoff oder Eluate aus diesen eignen. Die gesetzlichen Bestimmungen selbst schreiben die Verfahren zur Durchführung der Sickerwasserprognose, insbesondere den Ort der Probenahmen, nicht im Einzelnen vor (vgl. für den vorliegend bedeutsamen Wirkungspfad Boden - Grundwasser Anhang 1 Nr. 3.3 der BBodSchV). Die derzeitigen oder künftigen Stoffkonzentrationen und -frachten im Sickerwasser können nur annähernd abgeschätzt werden (vgl. Anhang 1 Nr. 3.3 der BBodSchV). Dabei ist eine Bewertung anhand der Gegebenheiten des Einzelfalls, insbesondere eine Transportprognose, erforderlich (vgl. § 4 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BBodSchV; Anhang 1 Nr. 3.3 der BBodSchV; BayVGH vom 22.5.2009 Az. 22 ZB 08.1820).

Das Büro ... und ... GmbH hat vorliegend nachvollziehbar ausgeführt, dass am Ort der Probenahme eluierbare Stoffe mit Prüfwertüberschreitungen (Kupfer, Nickel, PAK) vorhanden sind und davon auszugehen ist, dass das belastete Sickerwasser anhand der örtlichen Verhältnisse ohne wesentliche Verdünnung und Abbauvorgänge in das Grundwasser gelangen kann (Transportprognose); auf den genauen Grundwasserflurabstand kommt es insoweit nach den Ausführungen im Bericht vom 26. März 2007 nicht an. Auch aus Sicht des Wasserwirtschaftsamts ... (vgl. Stellungnahme vom 6.11.2007) bestand kein Anlass, das Ergebnis der orientierenden Untersuchung des Büros ... und ... GmbH in Frage zu stellen. Demgegenüber werden im Zulassungsantrag keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, warum aus einer Abnahme der Belastungen im Feststoff zur Tiefe hin zu folgern sein soll, dass am Ort der Beurteilung keine Prüfwertüberschreitung vorliegen kann und es ausgeschlossen ist, dass eluierbare Schadstoffe aus oberen Bodenschichten durch tiefer gelegene (weniger belastete oder unbelastete) Bereiche bis ins Grundwasser verfrachtet werden können. Soweit die Klägerin pauschal auf Ziff. 3.2 Buchst. c des Anhangs 2 der BBodSchV verweist, wird nicht dargelegt, warum die orientierende Untersuchung unter Berücksichtigung der dortigen Regelung vorliegend nicht herangezogen werden kann, zumal die festgestellte flächendeckende Schadstoffbelastung im Feststoff gegen das Vorliegen von Inhomogenitäten der abgelagerten Abfälle spricht.

2. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage der Reichweite der abfallrechtlichen Nachsorgeverpflichtung im Rahmen des § 36 KrW-/AbfG ist nicht klärungsfähig, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr davon ausgegangen, dass die Deponie bereits vor dem Inkrafttreten des Abfallgesetzes (11.6.1972) stillgelegt worden ist. Die Klägerin ist dem im Zulassungsantrag nicht entgegengetreten. Für eine solche „Uraltanlage“ enthält das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz keine Regelung (vgl. BVerwG vom 28.2.2008 NVwZ 2008, 684). Auf die Vorschrift des § 36 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 KrW-/AbfG hat das Verwaltungsgericht nur im Rahmen der Auslegung des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayAbfG verwiesen. Die Frage des Umfangs der Rekultivierungspflicht gemäß dieser Vorschrift lässt sich nach den obigen Ausführungen ohne weiteres auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation beantworten.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; wie Vorinstanz.