OLG München, Urteil vom 08.02.2010 - 17 U 3816/09
Fundstelle
openJur 2012, 105907
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Teilendurteil des Landgerichts München I vom 16.06.2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 1) Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung und aus uneigentlicher Prospekthaftung.

Der Kläger beteiligte sich aufgrund von Gesprächen mit einem Mitarbeiter der Beklagten zu 1), der auf Grund der bestehenden Geschäftsbeziehungen sein Kundenbetreuer war, am 14.08.2003 an der F. 3 GmbH & Co. KG (nachfolgend F 3 genannt, Anlage K 1) in Höhe von EUR 25.000,00 und am 07.06.2004 an der F. 4 GmbH & Co. KG (nachfolgend F 4 genannt, Anlage K 3) in Höhe von EUR 50.000,00 jeweils zuzüglich Agio in Höhe von 5 %. Die Beklagte zu 1) hatte sich zuvor in einem Schreiben an den Kläger gewandt und die Vorteile des Fonds in einer Zusammenfassung dargestellt (Anlage K 1 a).

Bezüglich des Fonds F 4 wurde ein Anteil von 45,5 % durch ein Darlehen der Beklagten zu 2) finanziert. Insoweit besteht ein Darlehensvertrag über EUR 22.750,-- zwischen der Beklagten zu 2) und dem Kläger.

Der Beteiligung lagen bezüglich des Fonds F 3 der Prospekt (Anlage BB 1) und bezüglich des Fonds F 4 der Prospekt (Anlage BB 2) zugrunde, die Gegenstand der Gespräche waren

Der Senat nimmt bezüglich des Inhaltes auf die genannten Anlagen und gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 16.06.2009 Bezug.

Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Es hat die Beklagte zu 1) verurteilt, an den Kläger die von diesem an die Fonds bezahlten Beiträge zurückzuzahlen zuzüglich vorprozessualer und prozessualer Zinsen und den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des bei der Beklagten zu 2) aufgenommenen Darlehens freizustellen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Kläger von Nachteilen freizustellen, die er dadurch erleidet, dass ursprünglich anerkannte steuerliche Verlustzuweisungen nachträglich vom Finanzamt aberkannt wurden

Die Verurteilung erfolgte Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen des Klägers an den Fonds.

Das Landgericht war insbesondere der Ansicht, dass die Beklagte zu 1) den mit dem Kläger zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag in zweierlei Hinsicht schuldhaft verletzt habe. Sie habe zum einen den Kläger als Anleger nicht darüber aufgeklärt, in welcher Höhe sie eine Innenprovision erhalte. Darüber hinaus seien in den Beratungsgesprächen und in der Anlage K 1 a die Grundzüge des Fonds abweichend von dem Prospekt dargestellt worden.

Die Beklagte zu 1) wendet sich mit ihrer Berufung hiergegen. Sie verfolgt ihr ursprüngliches Ziel, die Klage abzuweisen, weiter.

Die Beklagte zu 1) hat beantragt:

Das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Juni 2009, Az.: 28 O 21863/08 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend verweist der Senat zum Sachvortrag im Berufungsrechtszug auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien.

II.

Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist nicht begründet. Das Landgericht München I hat im ausgeurteilten Umfang zu Recht die Klage zugesprochen.

Die Beklagte zu 1) hat den mit dem Kläger bestehenden Anlageberatungsvertrag in dreifacher Hinsicht schuldhaft verletzt

1.

Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) den zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag schuldhaft verletzt hat.

a)

18Ein Beratungsvertrag kommt danach bereits dann zustande, wenn ein Anlageinteressent an die andere Partei herantritt, um sich über die Anlage seines Vermögens beraten zu lassen. Das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags kommt stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs zustande (BGHZ 100, 117, 122; NJW 2004, 1868, 1869). Dabei ist es für den Abschluss des Beratungsvertrags ohne Bedeutung, ob der Kunde von sich aus die Dienste und die Erfahrung des anderen in Anspruch nehmen wollte. Auch die Vereinbarung eines Entgelts ist nicht erforderlich (BGHZ 123, 126, 128).

Zwischen den Parteien bestand vor Zeichnung Fonds bereits eine längere Geschäftsbeziehung. Der Kläger hatte bei der Beklagten zu 1), einer Bank, einen eigenen Kundenbetreuer. Er trat nicht von sich aus an die Bank heran, um die verfahrensgegenständlichen Fonds zu zeichnen. Vielmehr suchte die Beklagte zu 1) die Kapitalanlage aus und stellte sei dem Kläger vor.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger über keine eigene Sachkunde verfügte und für die Beklagte zu 1) erkennbar auf eine umfassende fundierte Beratung angewiesen war. Zur Überzeugung des Senats ist daher davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1) es in Kenntnis der finanziellen Situation des Klägers übernommen hat, für ihn eine passende Anlagemöglichkeit auszusuchen und ihn dabei zu beraten. Der Kläger ließ sich in den Gesprächen hierauf ein. Die Beklagte zu 1) hat daher nicht nur eine Anlage vermittelt, sondern den Kläger unter Berücksichtigung seiner besonderen persönlichen Verhältnisse beraten. Hierdurch kam ein Anlageberatungsvertrag zustande.

Der Kunde einer Bank, der mit dieser eine Geschäftsbeziehung unterhält, kann ferner davon ausgehen, dass ihm ein Fonds nicht nur vermittelt wird, sondern er unter Berücksichtigung seiner finanziellen Situation eine fundierte Beratung erhält.

b)

Die Beklagte zu 1) hat den Anlageberatungsvertrag in dreifacher Hinsicht verletzt.

aa)

Sie hat den Kläger nicht über die Innenprovisionen aufgeklärt.

(1)

24Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - entschieden, dass eine Bank bei dem Vertrieb von Medienfonds verpflichtet ist, Rückvergütungen offen zu legen. Hierbei geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für die Kunden geschaffen wird, da in Folge der Provisionszahlungen ein Interessenskonflikt besteht. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Berater Aktien- oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Kunde muss in die Lage versetzt werden, entscheiden zu können, ob ihm die Anlage gerade auch deshalb empfohlen wird, weil der Berater eine bestimmte Provision erhält. Dieser Pflicht ist die Beklagte zu 1) nicht nachgekommen.

Soweit die Beklagte zu 1) sich ergänzend auf einen sogenannten Vermögensanlage-Bogen beruft (s. Bl. 307 und Bl 373 d.A.), erfüllte die Beklagte zu 1) hierdurch auch nicht die Anforderungen, die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an sie gestellt werden. In dem Vermögensanlage-Bogen ist nur eine allgemeine Erklärung enthalten, dass der Bank Vermittlungsprovisionen gewährt werden „können“.

Der Kunde kann aber einen Interessenkonflikt nur dann tatsächlich beurteilen, wenn die Bank ihn im konkreten Einzelfall darüber informiert, dass sie tatsächlich eine Provision in einer bestimmten Höhe erhält. Nur dann wird der Anleger in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die Bank ihm den Fonds empfiehlt, weil sie tatsächlich seine Interessen wahrt oder die Höhe der ihr gewährten Provision die Empfehlung beeinflusst.

Die Beklagte zu 1) kann sich nicht darauf berufen, dass in den Prospekten allgemeine Angaben zu Vermittlungsprovisionen enthalten sind. Der Anleger kann daraus nicht entnehmen, in welcher tatsächlichen Höhe die Beraterin ein Entgelt erhält. Er ist somit nicht in der Lage zu beurteilen, ob die „Höhe“ der Provision ein Kriterium für die Empfehlung des Fonds ist.

(2)

Die Beklagte zu 1) hat auch schuldhaft gehandelt.

(a)

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - über einen Fall entschieden, der ebenfalls bereits in der Vergangenheit lag (Beratung im Mai 2001). Auch zu diesem Zeitpunkt war die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht bekannt. Eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht durch den Bundesgerichtshof wäre daher aus Rechtsgründen unterblieben, wenn die Frage der Kenntnis von der neuen Rechtsprechung eine Auswirkung auf die Entscheidung gehabt hätte. Demnach ergibt sich bereits aus diesem Beschluss des Bundesgerichtshofs, dass dieser von einem Verschulden der beratenden Bank auch dann ausgeht, wenn die Rechtsprechung vor dem 20.01.2009 noch nicht bekannt war.

Zur Überzeugung des Senats ergibt sich ein Verschulden der Beklagten zu 1) auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Beschlüssen vom 19.02.2009 - III ZR 154/08, III ZR 167/08 und III ZR 168/08 -. In diesen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof nochmals klargestellt, dass die Geschäftstätigkeit und der Gegenstand eines Unternehmens schon für sich genommen die Verpflichtung beinhalten, im Rechtsverkehr die erforderliche Sorgfalt anzuwenden.

Die in Amtshaftungssachen entwickelte Kollegialgerichtsrichtlinie, nach der ein Verschulden des Beamten in der Regel zu verneinen ist, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat, kann auf Unternehmen nicht übertragen werden.

Während der hoheitlich handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen, auch wenn sie ihm unklar erscheinen, oder sich eine Anwendungspraxis noch nicht herausgebildet hat, auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, geht es hier um eine freie unternehmerische Betätigung der Beklagten zu 1), für die sie selbst die Verantwortung zu übernehmen hat. Dies schließt auch die Pflicht ein, sich selbst darüber klar zu werden, ob eine bestimmte Verhaltensweise und die damit verbundene Restrisikobetrachtung die Gefahr in sich birgt, einer Haftung ausgesetzt zu sein.

Zur Überzeugung des Senats hat die Beklagte zu 1) zumindest fahrlässig gehandelt (zum Verschuldensgrad vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2009 – XI ZR 586/07). Sie hat im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs nicht dafür Sorge getragen, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern, die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig waren, zur Verfügung stand (vgl. BGH Urteil vom 12.05.2009 – XI ZR 586/07- Rz. 14).

Es mag sein, dass die Rechtsabteilung der Beklagte zu 1) die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den Pflichten bei der Anlagevermittlung und Anlageberatung verfolgt hat. Dies geschah jedoch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt, da die Rechtsabteilung bei sorgfältiger Auswertung der einschlägigen Literatur und der Rechtsprechung zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass eine Aufklärungspflicht besteht.

Die Beklagte zu 1) kann sich daher auch nicht auf einen unentschuldbaren Rechtsirrtum berufen. Den gleichwohl möglichen Entlastungsbeweis hierfür (vgl. dazu ebenfalls BGH vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07) hat sie nicht erbracht. Ihr Vorbringen, ihre Rechtsabteilung habe die Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs stets sorgfältig verfolgt und durch organisatorische Hinweise an die Fachabteilungen für eine Beachtung und Umsetzung der danach bestehenden Pflichten gesorgt, ist daher unbehelflich. Bei sorgfältiger Lektüre und Prüfung der höchstrichterlichen Rechtsprechung war es ohne weiteres erkennbar, dass die Provisionen bei einem Anlageberatungsvertrag zu offenbaren sind.

36Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens ernsthaft in Betracht ziehen muss. Das Risiko, das sich daraus ergibt, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, darf er nicht dem Gläubiger zuschieben (BGH NJW 1972, 1045).

Schon das Reichsgericht hat im Jahr 1904 entschieden, dass es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Bankier als Kommissionär seinem Kunden einen Teil der Bonifikation verschweigt, die er kassiert (RG, Urteil vom 10.12.1904, 334/04 I, JW 1905, 118). Auch für die Steuerberaterhaftung ist seit langem anerkannt, dass ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenbart, dass er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhalten wird, weil eine derartige Provisionsvereinbarung regelmäßig die Gefahr einer nicht mehr unvoreingenommenen Beratung begründet (BGH, Urteil vom 26.09.1990 – IV ZR 147/89 – bei juris Rn. 23).

Dies gilt insbesondere angesichts der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07) angesprochenen Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissionsgeschäft, den Eigenhandel für andere und das Vermittlungsgeschäft der Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom (ursprünglich) 26.Mai 1997 (Bundesanzeiger Nr. 98 vom 03.Juni 1997), vom 9. Mai 2000 (Bundesanzeiger Nr. 131 vom 15. Juli 2000, S. 13 792), diese ersetzt durch die Fassung vom 23. August 2001, die in ihrem Teil B Nr. 1.2 jeweils wie folgt lautete:

„Vereinbart das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit anderen eingeschalteten Unternehmen die teilweise Rückzahlung von dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung gestellten fremden Kosten an sich ("Kick-back-Vereinbarungen"), so hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden hierüber aufzuklären.“

Zwar begründete diese Richtlinie keine unmittelbare zivilrechtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Aufklärung, schon gar nicht im Bereich des davon überhaupt nicht erfassten „grauen Kapitalmarkts“. Gleichwohl handelt eine Bank, die gegen aufsichtliche Richtlinien handelt, immer in der Gefahr, dass diese Richtlinien – dann naturgemäß erst nachträglich – von den Zivilgerichten auch zur Begründung entsprechender zivilrechtlicher Verpflichtungen – bei gleicher Interessenlage auch über den eigentlichen Anwendungsbereich hinaus - genutzt werden. „Unvermeidbar“ war ein etwaiger Rechtsirrtum der Beklagten zu 1) deshalb keinesfalls.

Soweit die Beklagte zu 1) meint, die Vorhersehbarkeit der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs statuierten Pflicht, Innenprovisionen offen zu legen, sei bei Wertpapieren anders zu beurteilen als bei nicht wertpapiermäßig verbrieften Kapitalanlagen wie im vorliegenden Fall, weil es für letztere kein § 31 WpHG vergleichbares Interessenkollisionsverbot gebe, ergibt sich daraus jedenfalls kein unvermeidbarer Rechtsirrtum. Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei der Verpflichtung, den Kunden über Rückvergütungen aufzuklären - und zwar unabhängig von deren Höhe -, keinen Unterschied macht, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt.

Schon ab Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 (XI ZR 349/99) über die Pflicht der Bank, den Kunden über von ihr an einen Vermögensverwalter ausbezahlte Provisionen zu unterrichten, spätestens aber mit Erscheinen des Aufsatzes von Schirp / Mosgo, "Aufklärungspflichten bei internen Provisionsvereinbarungen" (BKR 2002, 354, insbes. 359 ff) musste die Rechtsabteilung der Beklagten zu 1) ernsthaft mit einer derartigen Offenlegungspflicht rechnen.

In der Literatur gab es insoweit unterschiedliche Auffassungen. So wurde bereits damals vertreten, dass Anlageberater im Gegensatz zu Anlagevermittlern uneingeschränkt zur Aufklärung, über Höhe und Herkunft von Provisionsversprechen verpflichtet sind (etwa Schirp/Mosgo, aaO.). Andere waren der Auffassung, auf Innenprovisionen müsse nie hingewiesen werden (etwa Loritz, WM 2000, 1831 ff). Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden, Anlageberater müssten zumindest dann über interne Provisionen aufklären, wenn dadurch im Zusammenhang mit anderen Umständen besondere Gefahren für den Anleger verbunden sind (OLG Stuttgart VuR 1996, 333 [336]).

Die Beklagte zu 1) musste daher erkennen, dass zumindest die Möglichkeit bestand, dass höchstrichterlich eine Pflicht zur Aufklärung über jede Innenprovision angenommen wird. Hierauf deutete bereits das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 – XI ZR 349/99 – hin, wonach eine Bank ihre Kunden darüber aufklären muss, wenn sie mit dem Vermögensverwalter des Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat.

Soweit die Beklagte zu 1) auf Entscheidungen verschiedener Gerichte verweist, die eine Pflicht zur Offenbarung von Innenprovisionen erst ab einer Höhe von 15 % angenommen haben, und meint, ihr könne eine Rechtsansicht nicht vorgeworfen werden, die von mehreren Kollegialgerichten geteilt wurde, greift dies nicht durch. Insbesondere kann sie sich nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2004 -III ZR 359/02- berufen, in der eine Hinweispflicht eines Anlagevermittlers jedenfalls ab einer Höhe der Innenprovision von 15 % angenommen wurde. Zum einen bezieht sich diese Entscheidung nicht auf Medienfonds, zum anderen betraf die Entscheidung lediglich einen Anlagevermittlungs- nicht jedoch, wie hier, einen Anlageberatungsvertrag.

(b)

In dem streitgegenständlichen Verfahren hatte die Beklagte zu 1) positive Kenntnis davon, dass sie Provisionen bekommt. Sie hat nach ihrem eigenen Sachvortrag sogar die Möglichkeit gesehen, dass dies rechtlich problematisch sein könnte. Sie hat dem Kunden den sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit der darin enthaltenen „Einverständniserklärung“ vorgelegt (vgl. Bl.307). Dennoch unterließ sie es, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Organisation darauf hinzuwirken, dass ihre Mitarbeiter den Anleger ordnungsgemäß über die Innenprovision aufklären. In dem Vermögensanlage-Bogen heißt es nur:

„Einverständniserklärung: (…)Der Bank können im Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (z.B. Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- und Vertriebsfolgeprovision) durch Dritte gewährt werden“.Demnach war der Bank dem Grunde nach bewusst, dass die Gewährung von Innenprovisionen problematisch und sie zur Aufklärung verpflichtet ist. Dennoch hat sie ihren Mitarbeitern ein Formular zur Verfügung gestellt, in dem die Anleger über die aktuelle Höhe der Innenprovision im Unklaren gelassen werden. Der Einwand, die Formulierung bezöge sich nur auf Wertpapiergeschäfte, ist durch die eigene Argumentation der Beklagten zu 1) widerlegt. Nach ihrer Ansicht soll der Anleger durch den Vermögensanlage-Bogen im vorliegenden Verfahren ordnungsgemäß aufgeklärt worden sein. Die Beklagte räumt somit ein, dass sie bereits zum damaligen Zeitpunkt erkannte, dass eine Aufklärung über Innenprovisionen in allen Fällen erforderlich ist. Sie hat lediglich eine unzureichende Formulierung gewählt, um der von ihr erkannten rechtlichen Pflicht nachzukommen.

(c)

In dem streitgegenständlichen Verfahren sind darüber hinaus die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, auf Grund derer der Senat davon ausgeht, dass der persönliche Berater fahrlässig handelte, als er die Innenprovision nicht offenbarte.

Der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) wusste, dass der Anleger ihm und der Bank ein besonderes Vertrauen entgegenbringt, da er es übernommen hat, ihn bei seiner Vermögensanlage im Rahmen eines Beratungsvertrages umfassend zu betreuen. Dem Berater lagen die Prospekte vor, aus denen sich ein Agio in Höhe von 5 % ergibt. Der Anleger musste dies zusätzlich zur Zeichnungssumme bezahlen. Die Beklagte zu 1) erhielt eine Innenprovision von über 8 %.

Auch ein Mitarbeiter, der nicht über eine juristische Ausbildung verfügt, muss bei dieser Sachlage erkennen, dass der Kunde einen Aufklärungsbedarf über die Höhe der Provision hat. Die Empfehlung eines Fonds im Rahmen eines Beratungsvertrages erweckt bei dem Kunden den Anschein, dass dieser nach sorgfältiger Prüfung ausgesucht wurde, da er für dessen Vermögenssituation am besten geeignet ist. Die Interessen der Bank, eine möglichst hohe Provision zu bekommen, können dem widersprechen.

Der Berater kannte beide Interessen, die des Kunden und die der Bank. Dennoch hat er es unterlassen, den Anleger über die Höhe der Provision aufzuklären, obwohl sich im Prospekt zu der tatsächlich an die Beklagte zu 1) bezahlten Provision keine konkreten Anhaltspunkte finden. Er hat damit fahrlässig in Kauf genommen, dass der Kunde falsche Vorstellungen über die Neutralität der Beratung bekommt.

Ein Mitarbeiter, der die Interessen seines Kunden beachtet, kann zur Überzeugung des Senats erkennen, dass die Höhe der Provision für diesen wichtig ist. Er vernachlässigt seine Pflicht als unabhängiger individueller Anlageberater, der besonders differenziert und fundiert beraten muss (so bereits BGH NJW 1982, 1095, 1096). Er ist zur vollständigen Information über die tatsächlichen Umstände verpflichtet (BGH NJW-RR 1993, 1114; 2000, 998). Hierzu gehört in dem streitgegenständlichen Verfahren auch die Provisionshöhe, da der Berater davon ausgehen muss, dass sie für die Anlageentscheidung des Kunden erheblich sein kann und hierdurch Rückschlüsse auf die Qualität ihrer Beratung möglich sind.

Ein entschuldigter Rechtsirrtum liegt insoweit nicht vor. Der Interessengegensatz im Rahmen des Beratungsvertrages war erkennbar. Der Mitarbeiter kannte alle Tatsachen, insbesondere seine Pflicht, den Kunden objektiv zu beraten und die tatsächlichen Innenprovisionen. Der Kläger brachte ihm ein besonderes Vertrauen entgegen, dass er objektiv, und nicht abhängig von der Höhe der der Beklagten zu 1) von dritter Seite bezahlten Provision, beraten wird. Der Mitarbeiter konnte unschwer erkennen, dass durch die Formulierung 5 % Agio bei dem Kunden im konkreten Fall der Eindruck erweckt werden könnte, dies sei die Provision der Beklagten zu 1). Zur Überzeugung des Senats durfte daher auch eine juristisch nicht vorgebildete Person vor diesen Umständen nicht die Augen verschließen und die Höhe der tatsächlichen Provision im Beratungsgespräch verschweigen.

bb)

55Die Beklagte zu 1) hat den Kläger durch Übersendung der Anlage K 1a und in den Gesprächen falsch beraten, da hierin von den Angaben in den Prospekten abgewichen und ein unzutreffendes Bild von der Anlage gezeichnet wurde.

Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung unabhängig von der Frage besteht, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungs- oder ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen ist.

Der Senat gelangt aufgrund der unterschiedlichen Darstellung des Anlagerisikos in den Fondsprospekten einerseits und in dem seitens der Beklagten zu 1) übersandten Schreiben der Anlage K 1a andererseits sowie aufgrund der Bekundungen des Klägers und der Zeugen M. in der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme zu der Beurteilung, dass der Kläger von der Beklagten zu 1) über das tatsächlich bestehende Risiko der Beteiligung fehlerhaft informiert wurde, mit der Folge, dass der Kläger die Beteiligung hauptsächlich deshalb zeichnete, weil er sich aufgrund dieser fehlerhaften Informationen von falschen Vorstellungen über die Sicherheit der Anlage hatte leiten lassen (vgl. BGH Beschluss vom 17.02.2009 - XI ZR 184/08 nicht veröffentlicht).

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12.03.2004 (BGH NJW 2004, 1876) klargestellt, dass das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden ist, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO). Ein solcher Verfahrensfehler liegt nämlich dann vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 ZPO entwickelt worden sind (BGH, aaO.).

Im Hinblick auf die Ausführungen im Ersturteil kann der Senat keine Ansätze für einen Verstoß gegen diese Erfordernisse sehen. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 286 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach „freier Überzeugung zu entscheiden hat“ (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 286, Rdnr. 13).

Nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme und der gemäß § 286 ZPO nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung steht fest, dass in den Beratungen der falsche Eindruck erweckt wurde, die Beteiligungen sei zu 100 % abgesichert. Dies ist schon deswegen unzutreffend, da die Schlusszahlung nur an die Fondsgesellschaft erfolgen soll. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung eingeräumt, dass er insoweit – 100 % Absicherung - keine ergänzenden Ausführungen gemacht hat. Das Landgericht ist in seiner Beweiswürdigung auch zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beratungsfehler sich auf beide Fonds bezog und auf Grund der besonderen Umstände des Verfahrens die Aushändigung der Prospekte nicht genügte, um die fehlerhaften Ausführungen des Beraters zu korrigieren.

Das Landgericht hat nachvollziehbar erläutert, warum es davon ausgeht, dass die Prospekte erst mit der Zeichnung übergeben wurden. Ein Anleger darf ferner darauf vertrauen, dass sein Berater oder Vermittler ihn nicht bewusst in die Irre führt und Angaben macht, die mit dem Inhalt der Prospekten nicht im Einklang stehen (s. BGH Urteil vom 12.07.2007 – III ZR 83/06).

Das Schrieben (Anlage K 1a) – wie es konzipiert und formuliert ist - versteht der Senat so, dass es dem Anlageinteressenten einen kurzen und schnellen Überblick über alle wesentlichen Aspekte der beworbenen Anlagebeteiligung geben sollte. Es sollte ihn dabei unterstützen, die wichtigsten Aspekte der Anlagebeteiligung schnell zu erfassen, ohne vorher den komplexen und umfangreichen Prospekt in allen seinen Einzelheiten gelesen und studiert zu haben. Wer mit einem derartigen Schreiben arbeitet und wirbt, hat nach Überzeugung des Senats äußerste Sorgfalt darauf zu verwenden, dass das Schreiben nicht Aussagen enthält, die denen des Prospekts widersprechen oder von ihnen abweichen.

Dieser Fall ist hier gegeben. In dem Schreiben (Anlage K 1a) heißt es wörtlich: „100 % Absicherung der Nominalanlage durch Garantie…“. Zur Überzeugung des Senats wird dadurch beim Anleger der Eindruck erweckt, seine Einlage sei zu 100 % garantiert. Dies ist in zwei Punkten falsch. Eine Garantie gibt es nicht und es erfolgt nur eine Schuldübernahme durch eine Bank bezüglich der Schlusszahlung an den Fonds.

In dem Schreiben wird daher das tatsächliche Anlegerrisiko unrichtig dargestellt.

Üblicherweise orientiert sich ein Anleger bei einer so komplexen Thematik wie der Beteiligung an einem Medienfonds in erster Linie an den Übersichten und Zusammenfassungen, die ihm sein Berater oder Vermittler zur Verfügung stellt. Mit ihnen hat er es nämlich leichter, angesichts der Vielzahl von Einzelinformationen einen Überblick zu gewinnen und eine Grundlage für seine Entscheidung zu finden. Jeder Berater oder Vermittler muss dies wissen und dies ist auch der Grund, warum er – wie es auch hier geschehen war – gelegentlich eine Kurzbeschreibung der wesentlichen Aspekte einer Kapitalanlage verwendet.

cc)

66Die Beklagte zu 1) hat ihre Pflicht, als Anlageberaterin (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2000, 998), das Kapitalkonzept anhand der ihr zur Verfügung stehenden Prospekte auf Plausibilität zu prüfen, verletzt (BGH NJW-RR 2005, 1120, 1121). Zum Prüfungsmaßstab einer beratenden Bank insoweit wurde mit der Ladungsverfügung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.10.2008 (XI ZR 89/07) Bezug genommen. Der Senat weist vorsorglich daraufhin, dass diese Pflicht auch dann bestehen würde, wenn zwischen den Parteien nur ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen wäre (BGH NJW-RR 2000, 998).

Eine solche Plausibilitätsprüfung kann nicht durch den Verweis auf einen positiven Prüfbericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ersetzt werden (BGH NJW-RR 2000, 998, 999). Lücken und Fehler des Prospekts erlangen mithin mittelbar auch für eine Haftung der Beklagten dann Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagenkonzepts erkennbar waren.

(1)

68Die Prospekte sind mit der Überschrift „Garantiefonds“ versehen. Diese Bezeichnung ist objektiv unrichtig und erweckt beim dem Anleger falsche Vorstellungen über seine Beteiligung.

(a)

Eine Garantie enthält der Prospekt nicht. Es ist lediglich eine Schuldübernahme vorgesehen. Die Zahlungen sollen an die Fondsgesellschaft und nicht an den Anleger erfolgen.

Die Überschrift ist zur Überzeugung des Senats unrichtig. Sie erweckt bei einem Anleger an herausgehobener Stelle den Anschein, seine Einlage werde garantiert. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 17.02.2009 – XI ZR 184/08 (nicht veröffentlicht) darf das tatsächliche Anlegerrisiko nicht verharmlosend und beschönigend dargestellt werden. Dies gilt auch, soweit Schlagwörter in Flyern oder in Überschriften verwendet werden.

Insoweit genügt es nicht, wenn der Anleger die Möglichkeit hat, im Prospekt die Details nachzulesen, um auf diese Weise festzustellen, dass die schlagwortartig erteilten Informationen unrichtig sind (BGH aaO.). Die abgedruckten Risikohinweise insbesondere auf Seite 13, 73 des Prospekts F 3 (Anlage BB1) und auf Seite 93 des Prospekts F 4 (Anlage BB2) sind daher nicht geeignet, dem Anleger ein zutreffendes Bild von dem Fonds zu vermitteln.

Der Prospekt dient als Grundlage für die Beratungs- oder Vermittlungsgespräche. Das Wort „Garantiefonds“ ist in Großbuchstaben in der Mitte auf dem Deckblatt abgedruckt. Neben einem nicht aussagefähigen großen Bild gibt es noch zwei klein gedruckte Hinweise (oben und unten auf der Seite am Rand), dass es sich um einen Medienfonds handelt.

Das Wort enthält daher für den Anleger eine wichtige Information, die ihm sofort beim Betrachten ins Auge springt. Diese ist aber unzutreffend. Das Wort Garantie erweckt zur Überzeugung des Senats den Eindruck, dass ein bestimmtes Ereignis sicher eintreten wird. Es ist die stärkste Zusicherung, die man abgeben kann und vermittelt dem Anleger, dass kein Verlust seines eingezahlten Kapitals zu erwarten ist. Tatsächlich wird das gerade nicht garantiert.

Nach dem Anlageprospekt war die Schuldübernahme der Bank nämlich nicht als eine Garantie dahin zu verstehen, dass die Anleger in jedem Fall ihre Einlage zurückerhalten; vielmehr wurde durch die Schuldübernahme nur das Kommanditkapital insgesamt gesichert, mit dem jedoch vor Auszahlung an die Gesellschafter etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken waren, so dass bei dem Bestand entsprechend hoher Verbindlichkeiten nicht auszuschließen war, dass auch ein Totalverlust der Einlage der Kommanditisten eintreten konnte. Die Bezeichnung „Garantiefonds“ ist daher objektiv unrichtig und geeignet, bei den Anlegern falsche Vorstellungen hervorzurufen.

(b)

Bei einem „Garantiefonds“ besteht die Gefahr, dass das Finanzamt steuerliche Verluste nicht anerkennt, da keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Ein unternehmerisches Risiko könnte mit der Anlage nicht mehr verbunden sein. Der Anlageberater muss den Widerspruch zwischen der Überschrift auf dem Deckblatt und dem Inhalt der Prospekte erkennen.

Auf Seite 54 des Prospekts F 3 (Anlage BB1) und auf Seite 83 des Prospekts F 4 (Anlage BB2) wird zum Stichwort „Einkommensteuer, Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ lapidar festgestellt:

„Die Mitunternehmereigenschaft des Investors ist sichergestellt, wenn er sowohl Mitunternehmerinitiative entfalten kann, wie auch Mitunternehmerrisiko trägt. … Mitunternehmerrisiko ist gegeben, wenn der Anleger am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und dem Firmenwert der Gesellschaft beteiligt ist. Beide Kriterien können im vorliegenden Beteiligungsangebot als erfüllt angesehen werden.“

Durch diese Textpassagen wird beim Anleger der Eindruck erweckt, er erwerbe eine unternehmerische Beteiligung. Für den Anlagevermittler bzw. -berater muss sich aber bei der Plausibilitätsprüfung die Frage aufdrängen, ob dies tatsächlich zutreffend ist, wenn die Anlage als „Garantiefonds“ bezeichnet wird. Auch insoweit fehlt es daher an einem schlüssigen Anlagekonzept.

Der Prospekt setzt sich auch nicht mit der Frage auseinander, ob die „Absicherung“ durch eine Schuldübernahme steuerrechtliche Auswirkungen haben kann. Bei der Plausibilitätsprüfung ist zu berücksichtigen, dass auf Seite 54, 4. Absatz des Prospekts F 3 (Anlage BB1) und auf Seite 83 rechte Spalte, 3. Absatz des Prospekts F 4 (Anlage BB2) lapidar festgestellt wird, der Anleger trage ein Mitunternehmersrisiko. Auch insoweit fehlt es an einer schlüssigen Darstellung der Anlage. Ein Anlagevermittler bzw. -berater muss sich mit der Frage befassen, welche Auswirkung die „Schuldübernahme“ in steuerrechtlicher Hinsicht hat. Ihm muss auffallen, dass sich der Prospekt damit nicht auseinander setzt und zu Lasten des Anlegers wesentliche Punkte unklar bleiben.

Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ist es nicht entscheidungserheblich, ob das Finanzamt im Endeffekt, eine unternehmerische Beteiligung anerkennt. Nach dem Inhalt des Prospekts und den aufgezeigten Widersprüchen erscheinen die Ausführungen hierzu nicht schlüssig, so dass der Anleger über die Bedenken zu informieren ist.

(2)

81An Hand der im Prospekt abgedruckten Regelungen über die sogenannte „Schuldübernahme“ ergibt eine Plausibilitätsprüfung, dass das Anlagekonzept insoweit fragwürdig und nicht schlüssig ist (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2005, 1120).

Eine tragende Stütze des Anlagekonzepts der Fonds F war die Absicherung durch eine Schuldübernahme. Die schuldübernehmende Bank sollte bezüglich aller bei der Erst-Investition realisierten Filme der Fondsgesellschaft jeweils die Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers übernehmen. (Seite 9 des Prospekts F 3, Anlage BB1, und auf Seite 13 des Prospekts F 4, Anlage BB2).

Dort wird u.a. auszugsweise ausgeführt:

Dies bedeutet, dass die Schlusszahlungen im vorgenannten Umfang anstelle des Lizenznehmers von der Bank an die Fondsgesellschaft zu leisten sind.

Diese „Schuldübernahmeverträge“ werden auf Seite 66 des Prospekts F 3 (Anlage BB1) und auf Seiten 90/91 des Prospekts F 4 (Anlage BB2) näher behandelt. Der wirtschaftliche Hintergrund dieser Schuldübernahme durch die beteiligte Bank wird hier allerdings nicht verdeutlicht, soweit dort als Voraussetzung nur die Bezahlung des Entgeltes durch den Lizenznehmer genannt wird.

Nach dieser Formulierung ist die Zahlung des Entgelts die wesentliche Voraussetzung für die Schuldübernahme durch die bezeichnete Bank. Demnach müsste diese sich bereit erklärt haben, die Verträge abzuschließen, ohne ihrerseits eine Sicherheit für die von ihr zu tragende Schlusszahlung zu erhalten.

Dies wird durch die Ausführungen auf Seite 73 des Prospekts F 3 (Anlage BB1) und auf Seite 95, 1. Absatz des Prospekts F 4 (Anlage BB2) noch einmal bekräftigt. Demnach kann die Schuldübernahme nur scheitern, wenn der Lizenznehmer das vereinbarte Schuldübernahmeentgelt nicht einzahlt oder keine Einigung bezüglich dessen genauer Höhe erzielt wird. Demnach ist bezüglich der Schlusszahlung durch die Bank niemand verpflichtet, eine Sicherheit zu stellen.

Das heißt: Die Bank kann die Schuldübernahme nicht ablehnen, weil weder der Lizenznehmer noch die Fondsgesellschaft oder ein sonstiger Dritter bereit ist, eine Sicherheit zu stellen. Demnach vermittelt der Prospekt dem Anleger, dass eine seriöse Bank bereit ist, eine Verpflichtung über mehrere 100 Mio EUR einzugehen, ohne auf irgendeine Form von Sicherheit zu bestehen.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann eine Bank eine solche Verbindlichkeit begründen. Bei der Plausibilitätsprüfung ist zur Überzeugung des Senats aber zu berücksichtigen, dass ein derartiges Geschäftsgebaren so unwahrscheinlich ist, dass von einem schlüssigen Anlagekonzept nicht mehr gesprochen werden kann. Es drängt sich vielmehr die Frage auf, wie die schuldübernehmende Bank ihr Risiko absichert. Hierzu sagt der Prospekt nichts aus. Für den Senat ist kein nachvollziehbarer Grund zu erkennen, dass jemand eine Sicherheit in dieser Höhe bestellt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

Für einen Anlagevermittler bzw. –berater muss es sich daher aufdrängen, dass diese Regelung Lücken enthält, die die Beteiligten durch Vereinbarungen ergänzen, die nicht im Prospekt enthalten sind. Im Rahmen der erforderlichen Plausibilitätsprüfung ist es nicht entscheidungserheblich, ob und wenn ja welche Maßnahmen bei der Durchführung des Fonds tatsächlich getroffen wurden. Es bestehen Zweifel an der Schlüssigkeit des Prospekts, diese sind dem Anleger mitzuteilen, was nicht geschehen ist.

2.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte (BGH, Urteil vom 09.02.2006 – III ZR 20/05). Dem Anleger kommt die Vermutung zugute, dass er sich bei korrekter Aufklärung nicht beteiligt hätte (BGH Teilurteil vom 12.02.2009 – ZR 119/08). Zur Überzeugung des Senats sind dabei auch die besonderen Umstände des Verfahrens zu berücksichtigen.

Die Beklagte hat dem Anleger trotz bestehenden Beratungsvertrages verschwiegen, dass sie erhebliche verdeckte Innenprovisionen bekommt. Für den Kunden sind diese Informationen von Bedeutung, um beurteilen zu können, ob die Bank ihre Beratungspflichten ordnungsgemäß erfüllt oder ihre eigenen finanziellen Interessen in den Vordergrund stellt. Dieses Vertrauensverhältnis ist grundlegend zerrüttet, wenn die Bank so wesentliche Punkte verschweigt. Der Anleger muss daraus den Schluss ziehen, dass die eigenen Interessen der Bank an der Provision maßgeblich sind und die Beratung insgesamt nicht primär seinen Interessen entspricht. Der Senat vermag bei dieser Sachlage keinen nachvollziehbaren Grund erkennen, warum ein Anleger in Kenntnis dieser Umstände der Empfehlung eines solchen Beraters folgen sollte.

93Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, weshalb der Aufklärungspflichtige, hier also die Beklagte, darlegen und beweisen muss, dass der Kläger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte (vgl. zuletzt BGH Urteil vom 12.05.2009, Az.: XI ZR 586/07 ). Die Beklagte zu 1) hat indes diese Kausalitätsvermutung nicht widerlegt.

Der benannte Zeuge M. war aus Rechtsgründen nicht zu vernehmen. Es mag sein, dass steuerliche Effekte für den Anleger wichtig waren. Über die inneren Gedankenvorgänge des Anlegers, wie er sich verhalten hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, kann der Zeuge nichts bekunden. Diese Vorgänge liegen nicht in seinem Wahrnehmungsbereich. Wie der Senat oben ausgeführt hat, wäre die Beklagte zu 1) im Rahmen der Plausibilitätsprüfung verpflichtet gewesen, den Anleger darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Absetzbarkeit fraglich ist. Nach ihrem eigenen Sachvortrag soll dieser Aspekt im Vordergrund gestanden haben. Der Senat vermag keinen Sachvortrag zu erkennen, aus welchen Gründen der Anleger trotz dieser Probleme des Fonds zeichnen sollte.

Es sind keine Anhaltspunkte zu erkennen, die eine Widerlegung der Vermutung rechtfertigen würden. Wie der Senat eingangs ausgeführt hat, waren die Beratung, das übersandte Schreiben (Anlage K 1a) und die Prospekte in wesentlichen Punkten unklar und widersprüchlich. Ein Anleger der damit konfrontiert wird, müsste den Fonds zeichnen, obwohl er darauf hingewiesen wird, dass es gar keine Garantie gibt, die Darstellung der Zahlungsvorgänge und damit die Geschäftstätigkeiten des Fonds nicht nachvollziehbar sowie die steuerlichen Verlustzuweisungen ungewiss sind. Zur Überzeugung des Senats hätte daher ein Anleger keinen nachvollziehbaren Grund, diesen Fonds zu zeichnen, da er für eine Investition völlig ungeeignet ist.

3.

Gemäß § 280 i. V. m. § 249 BGB hat die Beklagte dem Kläger die Kosten für die Beteiligung Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile zu erstatten. Sie hat ferner die erlittenen Nachteile auszugleichen.

a)

Die Kläger hat Höhe und Umfang des Schadens nachvollziehbar dargestellt. Substantielle Einwendungen gegen die Berechnung des Schadens vermag der Senat nicht zu erkennen.

Einkommensteuerrechtlich gesehen handelt es sich bei der F 3 und der F 4 um eine Publikums KG und damit um eine Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, da die KG gewerblich tätig wurde. Mithin stehen – das ergibt ich aus § 16 EStG – alle Zu- und Abflüsse, die der Kläger von Beginn bis zur Beendigung der Gesellschafterstellung erfährt, im steuerlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit. Dies führt dazu, dass die dem Kläger in dieser Hinsicht zufließenden Schadensersatzleistungen als steuerpflichtige Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit anzusehen sind, mit der Folge, dass zuvor erzielte Steuervorteile wieder ausgeglichen werden müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 74, 114, BGH NJW 2006, 499).

Der Einwand der Beklagten zu 1) greift nicht, der Klagepartei sei deswegen kein Schaden entstanden, weil sie die Zeichnungen wegen unzulänglicher Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag mit der B.H.-Bank jederzeit widerrufen und rückabwickeln könne.

Zum einen beträfe dies ohnehin allenfalls den F 4 - Fonds, nicht den hier ebenfalls gezeichneten F 3 – Fonds, da insoweit gar keine Finanzierung durch die beklagte B.H.-Bank erfolgt ist.

Zum anderen verkennt die Beklagte zu 1), dass – ohne dass es auf die hier nicht entscheidungserhebliche Frage ankäme, ob die in den Darlehensverträgen verwendete Widerrufsbelehrung rechtlich zu beanstanden wäre – in der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen gegen einen anderen Gesamtschuldner kein Verstoß gegen die dem Gläubiger grundsätzlich obliegende Schadensminderungspflicht im Sinne von § 254 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB gesehen werden kann (Palandt /Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 254, Rn. 47).

b)

Die Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) erstreckt sich gemäß § 249 Abs. 1 BGB auch auf die Freistellung des Klägers von dessen Verbindlichkeiten aus dem bei der beklagten B.H.-Bank aufgenommenen Darlehen. Der Kläger hat das Darlehen allein zum Zwecke der Beteiligung an dem Fonds F 4 aufgenommen.

c)

Der Kläger kann auch verlangen, von Nachteilen freigestellt zu werden, die er dadurch erleidet, dass steuerliche Verlustzuweisungen aufgrund seiner Beteiligung von dem Finanzbehörden aberkannt wurden (BGH Beschluss vom 30.06.2009 – XI ZR 266/08). Diese werden grundsätzlich von der Ersatzpflicht mit umfasst (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 249 Rdnr. 36). Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO statthaft, da der konkrete Schaden der dem Kläger entstehen kann, derzeit noch nicht zu beziffern sind ist.

d)

Die Beklagte zu 1) kann dem Kläger kein Mitverschulden gemäß § 254 BGB zur Last legen. Sie kann ihre Pflicht, den Anleger ordnungsgemäß zu beraten, nicht auf diesen abwälzen. Es ist ausschließlich ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass, soweit sie gegenüber Dritten Verpflichtungen übernommen hat, diese durch ihre eigenen Mitarbeiter erfüllt werden. Versäumnisse in der Organisation sowie im Verhalten des eigenen Mitarbeiters sind gemäß § 278 BGB ihr zuzurechnen und können nicht auf den Kunden verlagert werden.

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger nicht verpflichtet, an Hand des Prospektes die Angaben der Beklagten zu 1) zu überprüfen. Es handelte sich um juristisch schwer zu erkennende Zusammenhänge. Die Beklagte zu 1) hat als beratende Bank den Eindruck erweckt, den Kunden fachkundig und kompetent zu beraten. Es kann unter diesen Umständen den Kläger nicht angelastet werden, wenn er die Ausführungen der Berater nicht an Hand des Prospektes überprüft hat.

Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Interessen und die Pflichten der Beklagten an deren Stelle zu erfüllen. Der Kläger musste auch nicht im Hinblick auf seine Kenntnisse und Möglichkeiten bei der Beklagten zu 1) nachfragen und sich insbesondere nicht nach der Höhe der Innenprovision erkundigen (BGH Urteil vom 06.03.3008 – Az.: III ZR 298/05 Rz. 25 und vom 19.06.2008 – Az.: III ZR 159/07). Im Prospekt ist ein Agio von 5 % ausgewiesen, das zusätzlich zu bezahlen war. Für einen Anleger war es daher zur Überzeugung des Senats nicht ersichtlich, dass die Bank darüber hinaus noch versteckte Innenprovisionen bekommt.

Der Anleger ist im Rahmen des § 254 BGB auch nicht verpflichtet, ein Rücktrittsrecht geltend zu machen oder es klageweise durchzusetzen. Zur Überzeugung des Senats würde dies in dem Verfahren dazuführen, dass der Geschädigte mit den Risiken belastet wird, die der Schädiger zu tragen hat (vgl. zur Rolle des Gläubigers Palandt/Grüneberg aaO. § 421 Rn 1 „Paschastellung“). Ohne die unzureichende Beratung hätte der Kläger den Fonds und den Darlehensvertrag nicht gezeichnet. Er hat somit einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) so gestellt zu werden, als wären die Verträge nicht unterzeichnet worden

Der Kläger war daher im Verhältnis zur Beklagten zu 1) nicht verpflichtet, aufgrund einer Schadensminderungsverpflichtung im Sinne von § 254 BGB vorrangig die B.H.-Bank in Anspruch zu nehmen. Es ist nämlich grundsätzlich Sache des Gläubigers selbst und steht daher in seinem eigenen Belieben, jeden Gesamtschuldner, auch wenn verschiedene Schuldgründe gegeben sein sollten, ganz oder teilweise in Anspruch zu nehmen (vgl. Palandt/Grüneberg, § 421, Rn. 12). Sinn und Zweck eines Gesamtschuldverhältnisses sind nämlich gerade nicht darauf ausgerichtet, den einzelnen Gesamtschuldner durch den Verweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des jeweils anderen Gesamtschuldners zu entlasten, sondern den Gläubiger zu stärken (Palandt/Grüneberg, § 421, Rn. 1).

Würde man der Ansicht der Beklagten zu 1) folgen, so würde sie die Risiken, die mit der Frage des Widerrufs zusammenhängen, auf den Kläger abwälzen. Die finanzierende Bank erkennt den Widerruf nicht an. Eine Rückabwicklung ist nicht erfolgt, der Anleger hält nach wie vor die Beteiligung und hat den Schaden. Das bloße Bestehen eines Rückabwicklungsanspruchs gegenüber einem Dritten beseitigt noch nicht diese für den Kläger nachteilige Vermögenslage, aus der sich der Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten ergibt.

4.

Soweit vorprozessuale Zinsen als Schadensersatz geltend gemacht werden, ist die Klage ebenfalls begründet. An die Darlegung entgangenen Gewinns im Sinne von § 252 BGB sind keine strengen Anforderungen zu stellen (BGH NJW 2002, 2553 ff.; OLG Schleswig OLGR 2008, 783). Der Anspruchsteller hat die Umstände darzulegen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Einzelfalls die Wahrscheinlichkeit eines Gewinneintritts ergibt (BGH NJW 2002, 2553 ff.).

Nach dem Urteil des Bundesgerichthofs vom 02.12.1991 ist einem Anleger, der durch schuldhafte unrichtige Angaben bewogen wurde, einer Publikumsgesellschaft beizutreten, nicht nur seine Einlage, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass das Eigenkapital in solcher Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt bliebt, sondern zum allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH NJW 1992, 1223).

Der Senat schätzt den Schaden in Form des entgangenen Gewinns gemäß § 287 ZPO in Anlehnung an die Vorschrift des § 246 BGB auf vier Prozent. Die Vorschrift des § 287 ZPO soll es dem Gericht ermöglichen in den Fällen, in denen auf Grund einer hypothetischen Schadensberechnung die Höhe nur schwer zu bestimmen ist, eine Schätzung vorzunehmen (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 287 Rz 1).

Diese Voraussetzungen liegen in dem Verfahren vor. Der Anleger hat eine Beteiligung gezeichnet. Es ist somit davon auszugehen, dass er sein Kapital nicht für Konsumzwecke verwendet hätte. Die Frage, welche andere Anlageform er gewählt hätte, ist hypothetisch.

Sowohl festverzinsliche Anlagen als auch unternehmerische Beteiligungen haben eine höchst unterschiedliche Gewinnerwartung, die von den steuerlichen Gegebenheiten, dem jeweiligen Schuldner und der Laufzeit abhängen. Auch bei festverzinslichen Anlagen gibt es eine Vielzahl von Variablen, die einen ungewissen Einfluss auf den tatsächlichen Gewinn haben können. Auch hier kommen – zumindest im Ansatz – spekulative Elemente zum Zuge. Es ist gerichtsbekannt, dass nicht alle Banken den gleichen Zinssatz anbieten und die Laufzeit durch den Anleger bestimmt wird. Setzt er auf fallende Zinsen, wird er eine längere Laufzeit bevorzugen, setzt er auf steigende Zinsen, so wird eine frühere Fälligkeit gewählt.

Zur Überzeugung des Senats ist der entgangene Gewinn daher auf vier Prozent zu schätzen. Der Gesetzgeber hat durch die Vorschrift des § 246 BGB zu erkennen gegeben, dass für die Vorenthaltung eines Kapitals dies ein angemessener Wert ist. Der Senat hält die Höhe unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gerade in dem streitgegenständlichen Verfahrens für angemessen. Der Anleger hat einen Fonds gezeichnet, der eine erhebliche Rendite ausgewiesen hat. Gleichzeitig hat er versucht einem gewissen Sicherungsbedürfnis Rechnung zu tragen, da der Fonds mit dem Wort „Garantiefonds“ überschrieben war. Im Sinne des § 287 ZPO ist daher davon auszugehen, dass der Anleger bei anderweitiger Nutzung seines Kapitals eine Rendite von 4 % erzielt hätte.

Die Einwendung der Beklagten zu 1), dem Kläger stünden weder vorprozessuale Zinsen noch Zinsen aus § 291 BGB zu, da er die ihm obliegende Gegenleistung nicht ordnungsgemäß angeboten habe mangels Herbeiführung der Voraussetzungen der Beteiligungsübertragung, womit die Fälligkeit der Hauptleistung fehle, ist unbegründet.

Die vom Landgericht zugesprochenen Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit stehen dem Kläger nach § 291 iVm. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Die Zinspflicht nach § 291 BGB ist eine materiellrechtliche Folge der Rechtshängigkeit (Palandt-Grüneberg BGB 68. Aufl. § 291 Rn 1) und setzt lediglich die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Leistungsbegehrens voraus (Palandt-Grüneberg § 291 Rn 5). Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Nur in dem Fall, dass dem Anspruch die Einrede des nichterfüllten Vertrags oder ein vom Schuldner geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht entgegen steht, kann die Verzinsung nach § 291 BGB entfallen (BGH NJW 1971, 615; Palandt-Grüneberg § 291 Rn 5). Das gilt indes nicht, wenn der Schuldner - wie vorliegend - Schadensersatz Zug um Zug gegen Vorteilsausgleichung zu leisten hat (BGH Urteil vom 21.10.2004 – III ZR 323/03; Palandt-Grüneberg a.a.O.).

Der Bundesgerichtshof hat dies in seinem zuletzt zitierten Urteil überzeugend folgendermaßen begründet (Rn 7):

„Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, d.h. um die Geltendmachung eines auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhenden fälligen Gegenanspruchs durch die Beklagte. Vielmehr ist Grundlage des hier in Rede stehenden Zug-um-Zug-Vorbehaltes das dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnende Prinzip der Vorteilsausgleichung, welches bewirkt, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten nur gegen Herausgabe der Vorteile erfüllt zu werden braucht, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen. Der Schadensersatzanspruch ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden. Dazu bedarf es keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schuldners (BGHZ 27, 241, 248 f; Staudinger/Schiemann, BGB 13. Bearb. [1998] § 249 Rn. 143). Eben dieser Besonderheit des Schadensersatzanspruchs hatte die Klägerin mit ihrem Klageantrag Rechnung getragen. Ein Schadensersatzbegehren dieses Inhalts ist auch im Amtshaftungsrecht zulässig. Es verstößt nicht gegen die Besonderheit des Amtshaftungsanspruchs, die darin besteht, daß er - abweichend vom Grundsatz der Naturalrestitution - in der Regel auf Ersatz in Geld, allenfalls auf Wertersatz, jedoch nicht auf Wiedergutmachung durch eine dem Amt zuzurechnende Handlung geht (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2003 - III ZR 32/02 = NVwZ 2003, 1285). Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken dagegen, daß die Schadensersatzforderung der Klägerin mit diesem eingeschränkten Inhalt spätestens durch die Klageerhebung fällig geworden ist. Daher besteht keine innere Rechtfertigung dafür, die Beklagte, die der Klage mit sachlichen Einwendungen zu Anspruchsgrund und -höhe, nicht aber mit einem Zurückbehaltungsrecht, entgegengetreten ist, von der Pflicht zur Zahlung von Prozesszinsen zu befreien. Mit der Auferlegung der Prozesszinsen verwirklicht sich hier nämlich lediglich das allgemeine Risiko eines jeden Schuldners, dessen Verteidigungsvorbringen sich im Laufe eines jahrelangen Rechtsstreits als im Ergebnis nicht durchgreifend erweist. Ebensowenig sind sachliche Gründe dafür erkennbar, der Klägerin, die mit dem Angebot des Vorteilsausgleichs das ihrerseits Erforderliche getan hatte, die Nutzungsvorteile des ihr rechtmäßig zustehenden Schadensersatzbetrages in Form der Prozesszinsen vorzuenthalten. Dementsprechend hat der Senat in dem eine vergleichbare Fallgestaltung betreffenden Urteil vom 22. Mai 2003 (aaO) in Übereinstimmung mit der Vorinstanz den dortigen Klägern auf die ihnen Zug um Zug gegen die Übertragung des Grundstücks zuerkannte Hauptforderung auch die gesetzlichen Zinsen zugesprochen.“

Der Senat sieht keine rechtliche Veranlassung, davon beim vorliegenden Sachverhalt abzuweichen.

III.

Die gesetzlichen Voraussetzungen, das Verfahren auszusetzen oder das Ruhen anzuordnen, liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.