Bayerischer VGH, Urteil vom 14.09.2009 - 12 B 08.1016
Fundstelle
openJur 2012, 103288
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 v. H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Insolvenzverwalter dagegen, dass der Beklagte eine der insolventen … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH bewilligte Zuwendung nicht auszahlt, sondern mit Gegenforderungen aufrechnet, und begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Auszahlung der bewilligten Zuwendung.

Die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH beantragte mit Schreiben vom 23. Mai 2002 bei der Regierung von Oberfranken für die Durchführung von Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche (FEJ) in B für die Zeit vom 5. August 2002 bis zum 17. Juli 2004 Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF).

Mit Bescheid vom 13. November 2002 bewilligte die Regierung von Oberfranken der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH im Wege der Projektförderung für den Bewilligungszeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2004 eine Zuwendung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds in Höhe von bis zu 189.618 € als Anteilfinanzierung für das Projekt Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche (FEJ) am Durchführungsort B.

Das Amtsgericht C – Insolvenzgericht – eröffnete am 1. September 2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Dieser beantragte mit Schreiben vom 10. September 2003 die Beendigung der geförderten Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche (FEJ) in B zum 31. August 2003 und versicherte, dass die Maßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß durchgeführt worden seien.

Die Regierung von Oberfranken änderte daraufhin mit Bescheid vom 13. Oktober 2003 den Bewilligungsbescheid vom 13. November 2002 dahin ab, dass der Bewilligungszeitraum am 31. August 2003 ende und sich damit die bewilligte Zuwendung auf 106.211 € reduziere.

Mit einem weiteren Bescheid vom 30. August 2004 stellte die Regierung von Oberfranken fest, dass sich die im Finanzierungsplan des Bewilligungsbescheides vom 13. November 2002 i.d.F. des Bescheides vom 13. Oktober 2003 veranschlagten Projektträgerkosten und damit die zuwendungsfähigen Ausgaben für die Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche (FEJ) vom 1. August 2002 bis 31. August 2003 in Bamberg von 120.008 € auf 63.623,16 € und damit die bewilligten Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds von 106.211 € auf 55.724,52 € ermäßigten (Nr. 1 des Bescheides). In der Nr. 2 des Bescheides stellte die Regierung fest, dass nach Auszahlung von 25.865,19 € noch ein Betrag von 29.859,33 € zu Gunsten der insolventen … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH offen sei (Sätze 1 und 2) und dass dieser Betrag zur Aufrechnung mit den noch offenen Forderungen der Regierung von Oberfranken gegen die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH herangezogen werde (Satz 3). Zur Begründung führte die Regierung von Oberfranken aus, aufgrund der in Nr. 2.1 der allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendung der Projektförderung (AN-BestP) enthaltenen auflösenden Bedingung sei durch die Ermäßigung der zuwendungsfähigen Aufwendungen, die sich bei der Verwendungsnachweisprüfung ergeben habe, der Bewilligungsbescheid teilweise unwirksam geworden, ohne dass es eines Widerrufes des Bewilligungsbescheides bedürfe. Die Aufrechnung stütze sich auf §§ 94 ff Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl I S. 2866), zuletzt geändert am17.10.2008 (BGBl. I S. 1982). Die Forderung sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden. Die Aufrechnung sei damit zulässig.

In ihrem Widerspruch vom 2. September 2004 anerkannte die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH die Feststellung, dass die noch offene Forderung lediglich 29.859,33 € betrage, wandte sich aber gegen die Aufrechnung. Die Regierung von Oberfranken hielt dagegen die Aufrechnung weiterhin für zulässig, weil gleichartige Forderungen einander gegenüberstünden und Ausschlussgründe für eine Aufrechnung nicht vorlägen, und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2005 zurück.

Mit seiner Klage vom 26. Juli 2005 wandte sich der Kläger weiterhin (allein) gegen die Aufrechnung und machte geltend, der Bescheid der Regierung von Oberfranken vom 30. August 2004 sei in seiner Nr. 2 Satz 3 aufzuheben. Auch wenn es sich bei Aufrechnungserklärungen von Behörden in der Regel um schuldrechtliche Erklärungen handele, sei hier von einer hoheitlichen Verrechnungsregelung durch Verwaltungsakt auszugehen, weil sie in den Tenor des Bescheides aufgenommen worden sei und der Bescheid mit einer sich auf den gesamten Inhalt beziehenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden sei. Die Verrechnungsregelung sei nichtig, weil dafür offensichtlich keine Rechtsgrundlage bestehe. Außerdem sei die Aufrechnung zu unbestimmt, weil sie nicht erkennen lasse, auf welche Gegenforderungen des Beklagten sie sich beziehe. Der Anspruch auf Auszahlung des offenen Betrages in Höhe von 29.859,33 € ergebe sich aus dem Bescheid vom 30. August 2004. Eine wirksame Aufrechnung liege nicht vor. Die Aufrechnung sei nach § 94 InsO unzulässig, weil eine Aufrechnungslage bis zur Insolvenzeröffnung nicht bestanden habe. Die Aufrechnung sei auch nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig. Der offene Förderbetrag sei erst im Bescheid vom 30. August 2004 und damit nach Insolvenzeröffnung festgestellt worden, so dass der Beklagte als Insolvenzgläubiger erst nach der Insolvenzeröffnung etwas zur Masse schuldig geworden sei. Außerdem sei eine Aufrechnung von Gegenforderungen des Beklagten mit Ansprüchen des Klägers nicht zulässig, weil es sich nicht um gegenseitige Forderungen handle. Rückforderungsberechtigter der Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds sei die Europäische Union. Darüber hinaus bestünden Aufrechnungsverbote. So verbiete Art. 32 Abs. 1 Satz 6 VO (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 (ABL. L 161 vom 26.6.1999 S. 1) die Aufrechnung, nachdem der Endbegünstigte die Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds möglichst rasch und vollständig erhalten müsse, ohne dass irgendein Abzug, Einbehalt oder irgendeine spezifische Abgabe den Förderbetrag verringern dürfe. Ein Aufrechnungsverbot bestehe schließlich auch nach § 394 BGB i.V.m. § 851 ZPO und § 399 BGB. Subventionsansprüche könnten aufgrund ihrer Zweckbestimmung ohne Veränderung ihres Inhalts nicht übertragen werden und seien deshalb nach § 399 BGB nicht abtretbar. Schließlich sei die Aufrechnungserklärung sittenwidrig und verstoße zudem gegen Treu und Glauben.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, die Anfechtungsklage sei bereits deshalb unzulässig, weil die Aufrechnungserklärung kein Verwaltungsakt sei. Aus Art. 32 Abs. 1 UAbs. 4 VO (EG) Nr. 1260/1999 ergebe sich kein Aufrechnungsverbot. Der Kläger sei nicht Endbegünstigter im Sinne dieser Regelung. Außerdem sei durch die Insolvenz der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH eine Veränderung eingetreten, die nach Art. 30 Abs. 4 und Art. 39 VO (EG) Nr. 1260/1999 bewirke, dass der Mitgliedstaat die erforderlichen Finanzkorrekturen vornehmen müsse. Art. 32 Abs. 1 und der UAbs. 4 VO (EG) Nr. 1260/1999 werde durch diese Regelung verdrängt. Es sei nicht Zweck von Subventionsmitteln aus dem Europäischen Sozialfonds, die Kosten von Insolvenzverfahren zu decken. Dem Gemeinschaftsrecht sei ein Aufrechnungsverbot gegenüber Zahlungsansprüchen nur zu entnehmen, wenn durch die Aufrechnung die Durchführung einer Gemeinschaftsaktion verhindert oder die Zweckbestimmung der Mittel gemeinschaftlichen Ursprungs beeinträchtigt werde. Darüber hinaus seien die gegeneinander aufgerechneten Forderungen auch gegenseitige Forderungen. Der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens sei unangebracht.

Die Staatsoberkasse Bayern – Buchungsstelle B – erklärte mit Schreiben vom 24. März 2006 und vom 25. Juli 2007 dem Kläger gegenüber die Aufrechnung. Sie beziehe sich auf die Gegenforderung des Beklagten in Höhe von insgesamt 62.147,52 €, die sich aus den Forderungen in Höhe von 3.224,16 €, 34.718,14 € zuzüglich 2.888,58 € Zinsen und 19.679,31 € zuzüglich 1.637,33 € Zinsen zusammen setze. Die Forderung in Höhe von 3.224,16 € stütze der Beklagte darauf, dass der Kläger eine Furnierpresse und eine Hobelmaschine, die dem Beklagten zur Sicherung eines eventuellen Rückforderungsanspruches im Hinblick auf eine mit Bescheid vom 9. Februar 2000 in Höhe von bis zu 33.310,-- DM bewilligte und mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 in Höhe von 3.730,81 € zurückgeforderte Zuwendung auf der Grundlage der Schwerbehindertenausgleichsverordnung zur Neuschaffung eines Arbeitsplatzes für den Schwerbehinderten G. übereignet worden seien, mit Zustimmung des Beklagten verwertet habe. Die Forderung in Höhe von 34.718,14 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2.888,59 € leite der Beklagte daraus ab, dass sich eine mit Bescheid vom 22. März 2001 auf der Grundlage der Schwerbehindertenausgleichsverordnung für die Neuanschaffung eines Arbeitsplatzes für den Schwerbehinderten D. in Höhe von bis zu 120.140,-- DM bewilligte Zuwendung wegen einer Kostenreduzierung infolge des damit verbundenen Eintritts einer auflösenden Bedingung vermindert habe und deshalb laut Schreiben vom 27. Oktober 2003 der überbezahlte Betrag in Höhe von 34.718,14 € zu erstatten sei. Die Forderung in Höhe von 19.679,31 € begründete der Beklagte schließlich damit, dass sich eine mit Bescheid vom 1. Februar 2001 auf der Grundlage der Schwerbehindertenausgleichsverordnung für die Neuschaffung eines Arbeitsplatzes für den Schwerbehinderten E. in Höhe von bis zu 84.686,48 DM bewilligte Zuwendung wegen einer Kostenreduzierung infolge des damit verbundenen Eintritts einer auflösenden Bedingung vermindert habe und deshalb laut Schreiben vom 16. Oktober 2003 der überbezahlte Betrag in Höhe von 19.679,31 € zu erstatten sei.

Mit dem hier angefochtenen Urteil vom 4. April 2007 hob das Verwaltungsgericht Bayreuth Satz 3 der Nr. 2 des Bescheides des Beklagten vom 30. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 21. Juni 2005 auf und verurteilte den Beklagten, an den Kläger 29.859,33 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 v.H. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig, weil es sich bei der Aufrechnung in Nr. 2 Satz 3 des Bescheides vom 30. August 2004 um einen Verwaltungsakt handle. Die Auslegung ergebe, dass die aufrechnende Behörde durch Verwaltungsakt gehandelt habe. Mangels einer Rechtsgrundlage für eine Aufrechnung durch Verwaltungsakt sei dieser belastende Verwaltungsakt mithin rechtswidrig. Aber auch soweit der Kläger im Wege der allgemeinen Leistungsklage begehre, den Beklagten zu verurteilen, ihm 29.859,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sei die Klage nicht nur zulässig, sondern auch begründet. Der Kläger sei nach § 80 Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Partei kraft Amtes in die Rechte der Schuldnerin eingetreten und habe Anspruch auf die Auszahlung der der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH zustehenden Fördermittel in Höhe von 29.859,33 €. Dieser Rechtsanspruch ergebe sich daraus, dass der Beklagte mit vorausgehendem Satz 2 der Nr. 2 des Bescheides vom 30. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2005 durch einen insoweit zwischenzeitlich bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt festgestellt habe, dass zu Gunsten der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH von der bereits bewilligten Zuwendung noch ein Betrag in Höhe von 29.859,33 € offen sei. Diese mithin noch bestehende Forderung sei auch nicht durch Aufrechnung erloschen. Zwar habe der Beklagte gegen die Forderung zunächst mit Bescheid vom 30. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2005 mit seinen im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen und dann erneut mit Schreiben der Staatsoberkasse Bayern – Buchungsstelle B – vom 24. März 2006 und vom 25. Juli 2006 mit Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 62.147,52 € aufgerechnet. Diese Aufrechnungen seien aber nach § 394 Satz 1 BGB ausgeschlossen, denn nach dieser Bestimmung finde die Aufrechnung gegen Forderungen nicht statt, soweit die Forderungen der Pfändung nicht unterworfen seien. Ein solcher Fall liege aber hier zu Gunsten der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH nach § 851 Abs. 1 ZPO vor. Entgegen der auf BGH vom 29. Juni 2004 Az. IX ZR 195/03 und vom 21. Juli 2005 Az. IX ZR 115/04 gestützten Auffassung des Beklagten sei § 394 Satz 1 BGB auch im Insolvenzverfahren anwendbar. Weder aus § 21 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 InsO noch aus § 294 Abs. 1 InsO lasse sich ein solches Aufrechnungsverbot herleiten. Auch aus Art. 32 Abs. 1 UAbs. 5 VO (EG) Nr. 1260/199 folge kein Ausschluss des § 394 Satz 1 BGB, denn jedenfalls sei nach dieser Regelung ein Aufrechnungsverbot, wie es § 394 Satz 1 BGB vorsehe, mit Art. 32 Abs. 1 UAbs. 5 VO (EG) Nr. 1260/1999 vereinbar, weil es dem Zweck dieser Regelung entsprechend dazu diene, dem Endbegünstigten die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds ungeschmälert zukommen zu lassen. Letztlich stehe auch Art. 30 Abs. 4 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 UAbs. 2 Sätze 1 und 2 VO (EG) Nr. 1260/1999 dem Leistungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Die Zinsforderung ergebe sich aus einer entsprechenden Heranziehung des § 291 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 sowie § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, die beide auch für öffentlich-rechtliche Geldforderungen gelten.

Mit seiner vom Senat mit Beschluss vom 17. April 2008 zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend, da Art. 6 EuInsVO auf das nationale Recht Bezug nehme, seien in Bezug auf Abtretung und Aufrechnung keine weiteren europarechtlichen Vorgaben zu beachten. Der geltend gemachten Aufrechnung stehe § 394 BGB nicht entgegen. Die Vorschrift sei geschaffen worden, um den Gläubiger einer unpfändbaren Forderung vor einem Entzug seiner Lebensgrundlage zu bewahren. Eine Anrechnung von Vorschüssen sei hingegen keine Aufrechnung im engeren Sinn und daher statthaft. Zwar handle es sich bei der streitgegenständlichen Forderung im engeren Sinn um keinen Vorschuss, die eingetretene Überzahlung komme aber einem solchen Ergebnis gleich. Die Förderung sei nicht uneingeschränkt erfolgt und werde nachträglich auch auf ihre ordnungsgemäße Verwendung hin geprüft; sie sei zudem unter Geltung der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung erfolgt. Bei der Nr. 2.1 AN-BestP handle es sich um eine auflösende Bedingung, wonach der Bewilligungsbescheid insoweit unwirksam werde, als sich eine Fördervoraussetzung ändere. Damit ergebe sich eine wie bei einem Vorschuss vergleichbare rechtliche Problematik: Das endgültige Behaltendürfen der Leistung stehe erst nach Erledigung der Aufgabe bzw. nach Durchführung der Rechnungsprüfung fest. Auch § 394 Satz 2 BGB zeige, dass das Aufrechnungsverbot nicht schrankenlos gelte. Es trete insbesondere dann zurück, wenn Treu und Glauben es erfordern. Sofern die Ansprüche aus demselben Lebensverhältnis entstammen, könne eine Aufrechnung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben geboten sein. Die Abwicklung der Förderung sei hier wie ein Kontokorrentverhältnis zu sehen. Auch die im Arbeitsrecht sowie im Unterhaltsrecht bekannte Aufrechnung mit Überzahlungen sei rechtssystematisch hier vergleichbar. Die Aufrechnung sei insbesondere auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Forderung im Sinne von § 394 Satz 1 BGB nicht nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399 BGB pfändbar sei. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Forderung, mit der vom Beklagten aufgerechnet worden sei, sei nicht übertragbar, treffe nicht zu. Die Förderung nach dem Europäischen Sozialfonds erfolge ausschließlich projektbezogen und nicht personenbezogen. Der Inhalt eines solchen Projektes werde aber von der zu erbringenden Leistung bestimmt. Das seien hier die Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche. Es handele sich mithin um keine höchstpersönliche Leistung, die von keiner anderen Institution erbracht werden könnte. Es sei ebenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass bei einer Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf einen anderen geeigneten Projektträger dieser sich der vorgegebenen Zweckbestimmung unterwerfe, um den selben Förderstatus wie der frühere Projektträger zu erlangen und uneingeschränkt in die selbe Rechtsstellung wie die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH eintrete. Im Interesse der betroffenen Jugendlichen sei jedenfalls eine Weiterführung des Projekts angezeigt und nicht ausgeschlossen. So sehe bereits der Mietvertrag zwischen den Eheleuten G und der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH vor, dass dieser Mietvertrag auch für einen Rechtsnachfolger der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH gelte. Aus den übrigen vorliegenden Unterlagen lasse sich ebenfalls nicht entnehmen, dass eine Weiterführung des Projekts durch einen anderen Projektträger grundsätzlich ausgeschlossen gewesen wäre (vgl. dazu OVG Münster vom 30.7.1990 DÖV 1991, 564).

Das Verwaltungsgericht habe auch nicht differenziert, ob es sich bei der Förderung um eine bloße Zweckbestimmung oder eine wirkliche Zweckbindung gehandelt habe. Auch wenn der Ausgangsbescheid vom 13. November 2002 den Begriff der Zweckgebundenheit verwende, wolle der Beklagte in erster Linie nicht die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH fördern, sondern die von ihr zu erbringende Aufgabe für die betreffenden Jugendlichen unterstützen. Damit sei jede Maßnahme zu fördern, die dem vorgegebenen Zweck diene. Eine solche Zweckbestimmung sei ein konstitutives Merkmal einer jeden Zuwendung (Art. 23 BayHO) und werde vom Zuwendungsgeber von vornherein getroffen. Der Beklagte als Zuwendungsgeber unterliege deshalb gerade keiner Zweckbindung. Deshalb scheide im Falle einer Aufrechnung durch den Zuwendungsgeber ein Ausschluss der Aufrechnung wegen Zweckbindung der Zuwendung aus. Die vorliegende Zweckbestimmung unterliege auch nach Erlass des Zuwendungsbescheides im Grundsatz der Disposition des Zuwendungsgebers. Er sei auch berechtigt, die Zuwendungsbestimmungen einseitig zu lockern. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass für die Frage der Übertragbarkeit einer Forderung eine Zweckbestimmung unschädlich sei. Hinzu komme auch, dass hier der Zuwendungsgeber selbst die Aufrechnung erklärt habe und deshalb auch sicher gestellt sei, dass die Fördermittel erneut zweckbestimmt verwendet würden. Das Insolvenzverfahren, das der Befriedigung der Gläubiger dienen solle, habe andererseits nichts mit der Förderung langzeitarbeitsloser Jugendlicher zu tun. Im Ergebnis führe daher die Klagestattgabe zu einer zweckwidrigen Mittelverwendung und widerspreche im Ergebnis Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995, wonach die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen hätten, dass die Transaktionen, die die finanziellen Interessen der Gemeinschaft berührten, rechtmäßig seien und auch effektiv durchgeführt würden. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass Art. 30 Abs. 4 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 UAbs. 2 Sätze 1 und 2 VO (EG) Nr. 1260/1999 bereits dadurch erfüllt würden, dass der Beklagte den Bewilligungszeitraum bis zum Eintritt der Insolvenz der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH verkürzt und den Förderbetrag entsprechend gekürzt habe. Diese Entscheidung sei nur die Voraussetzung zur Rückzahlung der zu Unrecht erbrachten Leistungen. Würde es damit sein Bewenden haben, würde es gerade zu keiner von diesen Vorschriften verlangten „Finanzkorrektur“ kommen, denn der Beklagte wäre weiterhin gehalten, noch ausstehende Förderbeträge zu zahlen, ohne die zu Unrecht geleistete Förderung – infolge der Insolvenz – uneingeschränkt zurück zu erhalten.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 9. Mai 2008,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 4. April 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Art. 6 EUInsVO sei hier nicht einschlägig. Dementsprechend gelte auch hier Art. 32 Abs. 1 UAbs. 6 VO (EG) Nr. 1260/1999. Bei der streitgegenständlichen Förderung handle es sich nicht um einen Vorschuss oder um eine Leistung, die mit einem Vorschuss vergleichbar wäre. Das folge insbesondere auch nicht aus Nr. 2.1 AN-BestP. Dort sei lediglich bestimmt, dass sich die Zuwendung entsprechend ermäßige, sofern sich die nach der Bewilligung im Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigten. Es gehe hier aber nicht um eine solche Ermäßigung, sondern um die Auszahlung des bewilligten Zuwendungsbetrages. Es liege auch kein treuwidriges Verhalten vor. Im Übrigen entstammten die wechselseitigen Ansprüche im Streitfall auch nicht „dem selben Lebensverhältnis“. Der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH stünden als Insolvenzschuldnerin Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds zu, die zweckgebunden zur Anteilsfinanzierung von „Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche in Bamberg“ einzusetzen seien. Die Gegenansprüche beträfen nicht nur nicht das konkrete Projekt, sie seien nicht einmal der gleichen Projektgruppe zuzuordnen. Es gehe hier um Investitionskosten aufgrund des Schwerbehindertengesetzes. Richtig sei, dass Fördermittel unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen auf Dritte übertragen werden könnten, mit einer Übertragbarkeit einer Forderung im Sinne der § 851 Abs. 1 ZPO, § 394 BGB habe dieser Vorgang jedoch nichts zu tun. Die weitere Prämisse des Beklagten, es liege keine Zweckbindung, sondern nur eine Zweckbestimmung vor, sei ebenfalls nicht haltbar. Letztlich folge auch aus Art. 30 Abs. 1 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 UAbs. 2 Sätze 1 und 2 VO (EG) Nr. 1260/1999 nicht, dass dem Kläger kein Anspruch auf Auszahlung des bewilligten Zuwendungsbetrages mehr zustehe. Hier lägen keine Zweckverfehlung und keine Beeinträchtigung der Projektdurchführung vor, die zu einer Finanzkorrektur berechtigen würden. Die Insolvenzschuldnerin habe unstreitig das geförderte Projekt durchgeführt und damit Anspruch auf die ihr zugesagten Fördermittel und zwar gemäß Art. 31 Abs. 1 UAbs. 6 VO (EG) Nr. 1260/1999, „ohne dass irgendein Abzug, Einbehalt oder eine später erhobene spezifische Abgabe diesen Betrag verringern darf“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und in den Verfahren 12 B 08.1017 und 12 B 08.1018 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2009 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Beteiligten haben auf die Durchführungen einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

Gründe

A. Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat konnte über die Berufung des Beklagten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage des Klägers zu Recht stattgegeben, denn die Aufrechnung in der Nummer 2 Satz 3 des Bescheides vom 30. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2005 mit noch offenen Forderungen der Regierung von Oberfranken ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten im Wege der allgemeinen Leistungsklage auch verurteilt, an den Kläger 29.859,33 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Denn dem Kläger steht insoweit ein Zahlungsanspruch zur Seite, gegen den der Beklagte nicht wirksam aufrechnen konnte.

1. Der Kläger ist gemäß § 80 Abs. 1 InsO, sowohl für die Anfechtungs- als auch für die allgemeine Leistungsklage (§ 44 VwGO) aktivlegitimiert. Die Passivlegitimation des Beklagten ergibt sich aus § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

2. Die Aufhebung des Satzes 3 der Nummer 2 des Bescheides der Regierung von Oberfranken vom 30. August 2004 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2005 durch das Verwaltungsgericht ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Erklärung der Aufrechnung im Tenor dieses Bescheides ist nach der sozialrechtlichen Rechtssprechung und Literatur ein Verwaltungsakt (so bereits BayVGH vom 26.11.1993 NVwZ-RR 2004, 398 unter Hinweis auf BSG SozR § 51 SGB I Nr. 8; Giese, SGB I und X, Stand: Mai 1993, § 51 RdNr. 6.2; Hauck/Haines, SGB I, Stand: 1991, § 51 RdNrn. 3 und 5). Dem Beklagten steht aber keine Rechtsgrundlage für die in der Form eines Verwaltungsaktes erklärte Aufrechnung zur Seite (siehe dazu BSG vom 24.7.2003 SozR 4-1200 § 52 Nr. 1 = FEVS 55, 145; BVerwG vom 27.10.1982 BVerwGE 66, 218; BFH vom 2.4.1987 NVwZ 1987, 1818; Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, Stand: April 2009, § 18 RdNr. 7). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen im Übrigen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO), denen er insoweit folgt.

3. Das Verwaltungsgericht hat auch der allgemeinen Leistungsklage des Klägers zu Recht stattgegeben, denn der ursprüngliche Anspruch der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH auf Auszahlung restlicher Fördermittel für die Durchführung von Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche (FEJ) in Bamberg für die Zeit vom 5. August 2002 bis zum 31. August 2003 aus dem Europäischen Sozialfonds in Höhe von 29.859,33 € ist nicht durch Aufrechnung erloschen (§ 389 BGB).

Mit dem hier insoweit nicht angefochtenen und deshalb bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 30. August 2004 stellte die Regierung von Oberfranken fest, dass aufgrund der mit Bescheid vom 13. November 2002 bewilligten Projektförderung für das Projekt Feststellungs- und Erprobungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Jugendliche (FEJ) am Durchführungsort B noch eine Zuwendung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds in Höhe von 29.859,33 € zu Gunsten der insolventen … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH offen sei.

Diese Forderung, die der Kläger hier im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend macht, ist nicht durch Aufrechnung erloschen.

a. Die Aufrechnungserklärung in Satz 2 der Nummer 3 des Bescheides vom 30. August 2004 ist deshalb bereits unwirksam, weil sie zu unbestimmt ist. Die Formulierung, es werde mit noch offenen Forderungen der Regierung von Oberfranken aufgerechnet, lässt nicht klar genug erkennen (vgl. dazu Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 388 RdNr. 1 mit Hinweis auf OLG Köln NJW 2005, 1127), mit welchen Forderungen aufgerechnet werden soll, wenn man überhaupt davon ausgeht, dass die Regierung von Oberfranken und nicht der Beklagte etwaige Forderungen gegen die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH innehaben kann. In ihrem Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2005 benennt die Regierung von Oberfranken nun zwar den Freistaat Bayern als Forderungsinhaber, bestimmt aber die „über die Bezirksfinanzdirektion geltend gemachten Forderungen“ auch hier nicht näher.

b. Mit ihren Schreiben vom 24. März 2006 und vom 25. Juli 2007 hat die Staatsoberkasse Bayern – Buchungsstelle B – zwar dem Kläger gegenüber erneut die Aufrechnung erklärt. Das ist zulässig, denn eine wegen Fehlens der Aufrechnungsvoraussetzungen unwirksame Aufrechnung kann wiederholt werden (BGH NJW 1984, 357). Diese neuerliche Aufrechnungserklärung bezog sich dabei auf Gegenforderungen des Beklagten in Höhe von insgesamt 62.147,52 €, die sich aus den Forderungen in Höhe von 3.224,16 €, 34.718,14 € zuzüglich 2.888,58 € Zinsen und 19.679,31 € zuzüglich 1.637,33 € Zinsen zusammensetzen und war damit hinreichend bestimmt. Die Landesanwaltschaft Bayern hat im Schreiben vom 5. Juni 2009 die Aufrechnung vorsorglich wiederholt.

Diese Aufrechnung konnte auch im Prozess (Grüneberg, a. a. O., § 388 RdNrn. 2 ff.) und auch im Insolvenzverfahren (§§ 94 ff. InsO) erklärt werden. Sie erfüllt die Voraussetzungen einer Prozesshandlung. Dass dabei mehrere Gegenforderungen zur Aufrechnung gestellt wurden, schadet nicht, denn die Staatsoberkasse Bayern hat auch deren Reihenfolge im Schreiben vom 24. März 2006 bestimmt. Im Übrigen greift § 396 Abs. 1 i. V. mit § 366 Abs. 2 BGB.

30c. Die nach § 387 ff. BGB erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung sind zwar erfüllt.

Die Hauptforderung auf Auszahlung des Restbetrages der Förderungsmittel, wie sie sich aus dem zugrundeliegenden Bescheid vom 30. August 2004, der insoweit Bestandskraft erlangt hat, ergibt, und die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen (siehe dazu oben) sind gleichartig, weil der Gegenstand der Leistung (= Geldforderungen) im Zeitpunkt der Aufrechnung gleichartig (= Gattungsschulden) ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Forderungen die gleiche Höhe haben, rechtlich verbunden sind (Konnexität) oder aber die Leistungs- oder Ablieferungsorte identisch sind (§ 391 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch ungleiche Leistungsmodalitäten etwa hinsichtlich einer Verzinsung oder eine Ungleichartigkeit des Schuldgrundes hindern eine Aufrechnung nicht (Grüneberg, a. a. O., § 387 RdNr. 8). Die für eine Forderung ggf. bestehende Zweckbindung begründet ebenfalls keine Ungleichartigkeit (BGH vom 13.7.1970 BGHZ 54, 244).

Haupt- und Gegenforderungen bestehen auch zwischen denselben Personen; ein Fall der Abtretung (§ 406 BGB) liegt nicht vor. Der aufrechnende Beklagte ist Gläubiger der Gegenforderungen und zugleich Schuldner der Hauptforderung, der Kläger ist Schuldner der Gegenforderungen und zugleich Gläubiger der Hauptforderung. Soweit der Kläger noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Zweifel an dieser Gegenseitigkeit dargelegt hat, mit dem Hinweis, zur Rückforderung berechtigt sei allein die Europäische Union, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei den hier zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen schon nicht um Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds handelt. Im Übrigen ist das beklagte Land Bayern weder Zahlstelle noch sonst unmittelbarer bzw. mittelbarer Teil der Gemeinschaftsverwaltung. Nach Art. 8 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 fällt die Durchführung der Intervention in den eigenen Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedstaaten auf der den besonderen Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten entsprechenden geeigneten Gebietsebene. Der Beklagte ist für die Förderung, Ahndung und Korrektur von Unregelmäßigkeiten zuständig (vgl. Art. 34 Abs. 1 i. V. mit Art. 9 Buchstabe n Verordnung (EG) Nr. 1260/1999). Das ergibt sich auch aus Nummer 52 der der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 vorangestellten Erwägungen, wohingegen die Zuständigkeit der Kommission darin besteht, zu überwachen, ob die Mitgliedstaaten ihre Pflichten erfüllen, und den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften ausführen (Art. 8 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 a. E.). Demzufolge gewährt der Freistaat Bayern die Zuwendungen unter Einsatz von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds. Er fordert auch etwa überbezahlte Zuwendungen zurück.

Die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet werden soll, war erfüllbar. Die durch Aufrechnung zu tilgende Hauptforderung ist der Anspruch auf Auszahlung des Restbetrages der Förderungsmittel, wie er sich aus dem zugrundeliegenden Bescheid vom 30. August 2004, der insoweit Bestandskraft erlangt hat, ergibt. Eine Nichtigkeit dieser Restforderung drängt sich nicht auf. Die Forderung ist damit konkretisiert und erfüllbar. Sie muss nicht vollwirksam und fällig (§ 271 Abs. 2 BGB) sein (BGHZ NJW 2006, 3631).

Die Gegenforderungen (Aktivforderung) sind – jedenfalls zum Zeitpunkt der Aufrechnung vom 25. Juli 2007 und durch die Landesanwaltschaft Bayern im Schreiben vom 5. Juni 2009 – voll wirksam und fällig, das heißt, es sind Forderungen, deren Erfüllung erzwungen werden kann und denen keine Einrede entgegenstehen (§ 390 BGB). Es handelt sich hier um Forderungen in Höhe von 62.147,52 €, und zwar um eine Forderung aus der Verwertung der zur Sicherung an den Beklagten übereigneten Furnierpresse und Hobelmaschine betreffend Arbeitsplatz A. G. in Höhe des Verkaufserlöses von 3.224,16 €, eine Rückforderung einer mit Bescheid vom 22. März 2001 auf der Grundlage der Schwerbehindertenausgleichsverordnung für die Neuschaffung eines Arbeitsplatzes für C. D. an den Kläger bewilligten Zuwendung (120.140 €) in Höhe von 34.718,14 € zzgl. 2.888,58 € Zinsen (Erstattungsbescheid vom 27. Oktober 2003) und eine Rückforderung einer mit Bescheid vom 1. Februar 2001 auf der Grundlage der Schwerbehindertenausgleichsverordnung für die Neuschaffung eines Arbeitsplatzes für K. E. an den Kläger bewilligten Zuwendung (84.686,48 €) in Höhe von 19.679,31 € zzgl. 1.637,33 € Zinsen (Erstattungsbescheid vom 16. Oktober 2003). Die Widerrufs-/Rückforderungsbescheide über die o. a. Gegenforderungen sind nach unstreitiger Rücknahme der hiergegen erhobenen Widersprüche bestandskräftig geworden (siehe dazu noch unten).

35d. Der Aufrechnung durch die Staatsoberkasse stehen auch keine vertraglichen Aufrechnungsverbote entgegen und auch das vom Verwaltungsgericht angenommene Aufrechnungsverbot aus § 394 BGB greift nicht.

Nach § 394 Satz 1 BGB findet eine Aufrechnung gegen eine Forderung nicht statt, soweit die Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist. Solche Pfändungsverbote finden sich in §§ 850 ff. ZPO und § 54 SGB I. Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist (§ 399 Alt. 1 BGB). Unübertragbar ist eine Forderung, wenn der Gläubigerwechsel den Inhalt der Leistung ändern würde (§ 399 Alt. 1 BGB).

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass wegen der Zweckgebundenheit bzw. der Zweckbestimmung der Fördermittel die Aufrechnung nicht in Betracht komme, überzeugt nicht. Man wird zum einen zwischen bloßer Zweckbestimmung und einer wirklichen Zweckbindung unterscheiden müssen (BGH vom 29.3.2006 NJW 2006, 2040), wobei allein die Zweckbindung zur Unübertragbarkeit und damit zum Aufrechnungsverbot führt. Der Verwendungszweck gehört zum Inhalt der zu erbringenden Leistung. Daher ist die Übertragung der Forderung (lediglich) außerhalb der Zweckbestimmung ausgeschlossen, woraus die Unpfändbarkeit folgt (BGHZ 94, 316/322; BGH vom 16.12.1999 NJW 2000, 1270). Das bedeutet allerdings auch, dass eine Übertragung der Forderung und damit einhergehend die Pfändung im Rahmen der Zweckbestimmung zulässig bleibt und nur dort unzulässig ist, wo der Verwendungszweck durch die Übertragung nicht mehr erreichbar ist (siehe dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, § 851 RdNr. 4; zur Zweckbindung staatlicher Subventionen OVG Weimar vom 24.2.2004 NVwZ-RR 2004, 782). Zulässig bleiben die Übertragung, die Pfändung und folgerichtig auch die Aufrechnung dort, wo sie im Rahmen der Zweckbestimmung liegen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., Stichwort „Subvention“).

So verstanden verstößt es nicht gegen die Zweckbindung der EU-Förderung, wenn der Förderungsbetrag nicht auf einen Dritten, sondern auf die bewilligende Stelle zurück übertragen wird, denn eine konkrete Projektförderung war durch Auszahlung des Restbetrages zum Zeitpunkt des Einreichens des Gesamtverwendungsnachweises durch den Kläger als Insolvenzverwalter (siehe dazu auch im Folgenden) ohnehin nicht mehr möglich.

39e. Der geltend gemachten Aufrechnung der Staatsoberkasse Bayern – und damit im Ergebnis auch der weiteren Aufrechnung durch die Landesanwaltschaft Bayern im Schreiben vom 5. Juni 2009 – stehen aber Vorschriften des Insolvenzrechts, hier in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 5. April 2004 (BGBl. I S. 502), entgegen.

Die Auffassung des Beklagten, seine Aufrechnungsbefugnis habe bereits im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestanden und bleibe ihm nach § 94 InsO im Insolvenzverfahren erhalten, geht insoweit fehl. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH wurde mit Beschluss des AG Coburg vom 1. September 2003 eröffnet (siehe dazu BGH NJW 2005, 2771/2773). Die Gegenforderungen, mit denen der Beklagte aufrechnen will, wurden aber erst im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Rückforderungsbescheide vom 16., 27. und 28. Oktober 2003 konkretisiert und damit voll wirksam und fällig (siehe dazu oben unter 3b). Die zu tilgende Hauptforderung auf Auszahlung der restlichen Fördermittel, gegen die der Beklagte aufrechnen will, ist mit (dem ändernden) Bewilligungsbescheid vom 30. August 2004 unbedingt und fällig geworden (siehe dazu noch unten). § 94 InsO ist aber nicht entscheidungserheblich, denn § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO bestimmt, dass eine Aufrechnung auch später erfolgen kann und zwar dann, wenn zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig ist bzw. sind oder die Forderung noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet ist.

Die Aufrechnung scheitert auch nicht an § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Demzufolge ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.Der Beklagte ist seit dem 1. September 2003 Insolvenzgläubiger und hat auch Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Die aufzurechnende Hauptforderung insolvenzrechtlich „schuldig geworden“ ist er bereits mit Bekanntgabe des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, der die Förderung – wenngleich aufschiebend bedingt – ausgesprochen hat (vgl. dazu BFH vom 12.8.2008 BFH/NV 2008, 1819). Der Rechtsgrund für den Anspruch war damit hinreichend gelegt (so auch SächsOVG vom 11.6.2008 Az. 1 B 395/06).

42Im Ergebnis scheitert die Aufrechnung aber letztlich an § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO, weil die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, nicht unbedingt und fällig wurde, bevor die Aufrechnung erfolgen konnte, d. h., bevor die Forderung des Insolvenzgläubigers (hier: der Beklagte) fällig wird. Die entscheidende Frage ist demzufolge, wer seine Forderung zuerst durchsetzen konnte. Der Insolvenzgläubiger soll die Erfüllung seiner Schuld nicht solange verzögern können, bis er mit seinen Forderungen aufrechnen kann (vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf eines § 107 RegE [= § 95 InsO] BT-Drs. 12/2443 S. 41).

§ 95 InsO ist anwendbar, weil die Aufrechnungslage im Sinne der §§ 387 ff BGB erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Amtsgericht Coburg – Insolvenzgericht – am 1. September 2003 entstanden ist (vgl. dazu ausführlich Höhn/Kaufmann, Die Aufrechnung im Insolvenzverfahren, JuS 2003, 751). Auch gelten die Aufrechnungsvorschriften gegen den Beklagten als Insolvenzgläubiger (dazu BGH vom 15.10.2003 Az. VIII ZR 358/02); ob der Kläger als Insolvenzverwalter hier gemäß § 80 InsO in Verbindung mit §§ 398 ff. BGB aufrechnen könnte, ist ohne Belang.

Die zu tilgende Hauptforderung auf Auszahlung der restlichen Fördermittel, gegen die der Beklagte aufrechnen will, ist mit (dem ändernden) Bewilligungsbescheid vom 30. August 2004 unbedingt und fällig geworden. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 13. November 2002 bestimmt, dass die Regierung von Oberfranken im Wege der Projektförderung Mittel aus dem ESF „bis zur Höhe von 189.618,00 €“ bewilligt. Die ANBest-P werden zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides gemacht. Nr. 5 des Bewilligungsbescheides regelt die Auszahlung (= Fälligkeit) der Fördermittel dahin, dass sie gemäß Art. 32 VO (EG) Nr. 1260/1999 nach dem Erstattungsprinzip erfolgt. Das bedeutet, dem Zuwendungsempfänger können nur die tatsächlichen Ausgaben erstattet werden, welche durch quittierte Rechnungen oder gleichwertige Buchungsbelege belegt sind und durch einen gültigen Auszahlungsantrag angemeldet werden. Der Gesamtverwendungsnachweis/Zwischennachweis (Abrechnungszeitraum: 1. August 2002 bis 31. August 2003) ist vom Insolvenzverwalter am 24. März 2004 gefertigt worden. Er ist am 5. April 2004 bei der Regierung von Oberfranken eingegangen. Vorher konnte der Restbetrag der Bewilligung schon nicht fällig werden (vgl. § 271 BGB), denn vorher konnte weder die … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH noch der Kläger die Leistung verlangen (Heinrichs in Palandt, a. a. O., § 271 RdNr. 1 unter Hinweis auf BGH WM 2007, 612).

Die Gegenforderungen, mit denen der Beklagte aufrechnen will, sind aber erst zeitlich danach unbedingt und fällig geworden.

Diese Gegenforderungen finden sich zwar bereits in den dem Bewilligungsbescheid vom 30. August 2004 zeitlich vorausgegangenen Rückforderungsbescheiden vom 16., 27. und 28. Oktober 2003 (siehe dazu noch unten). Gegen diese Rückforderungsbescheide hat der Kläger aber, wie in seiner Stellungnahme vom 30. April 2009 dargelegt und vom Beklagten nicht bestritten, Widersprüche erhoben. Diese Widersprüche sind aber im Hinblick auf § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO beachtlich, denn die Aufrechnung mit einer in einem angefochtenen Leistungsbescheid geltend gemachten Forderung ist wegen der durch den Suspensiveffekt verursachten Unwirksamkeit des Leistungsbescheides ausgeschlossen (so Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 80 RdNr. 7 mit Hinweis auf BFH NJW 1996, 215; BayVGH vom 26.11.1993 NVwZ-RR 2004, 398; HessVGH DÖV 1975, 865; Detterbeck DÖV 1996, 889; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 RdNr. 30 m. w. N.; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 80 RdNr. 94; Gersdorf in Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 80 RdNr. 32; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, RdNr. 631). Das Bundesverwaltungsgericht hatte zwar in seiner Entscheidung vom 27. Oktober 1982 (BVerwGE 66, 218) noch festgestellt, dass die Anfechtung eines Leistungsbescheides und die damit eintretende aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) nicht die bereits eingetretene Fälligkeit der im Bescheid konkretisierten Forderung beseitigt und die Aufrechnung mit einer in einem Leistungsbescheid konkretisierten Forderung nicht die Vollziehbarkeit des Bescheides voraussetzt. Für die Zulässigkeit und Wirkung der Aufrechnung sei es irrelevant, dass gegen den Rückforderungsbescheid zunächst Widerspruch eingelegt und dann Klage erhoben worden ist (so ausdrücklich BVerwG vom 27.10.1982 a. a. O.). Diese Rechtsprechung hat es aber in seiner Entscheidung vom 20. November 2008 (NJW 2009, 1099) ausdrücklich aufgegeben und festgestellt, dass der Behörde eine Aufrechnung dann verwehrt ist, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erst durch den Widerruf vorheriger Subventionsbescheide entstanden ist und die Widerrufsbescheide mit Widerspruch angefochten worden sind. § 80 Abs. 1 VwGO hindere nämlich die Vollziehung eines solchen angefochtenen Bescheides, weshalb es der Behörde einstweilen untersagt sei, die spezifisch hoheitliche Regelung des Verwaltungsaktes umzusetzen. Dabei bewirkt der fristgerecht eingelegte Widerspruch, dass die aufschiebende Wirkung ab Bekanntgabe des Verwaltungsaktes eintritt (Jörg Schmidt, a. a. O., § 80 RdNr. 15).

Ausweislich der von der Landesanwaltschaft Bayern mit Schreiben vom 5. Juni 2009 vorgelegten weiteren Behördenakten handelt es sich hinsichtlich der zur Aufrechnung herangezogenen Forderungen allesamt um Rückforderungen, die durch Verwaltungsakt, also durch hoheitliche Regelung im Sinne der o. a. Rechtsprechung festgesetzt worden sind. So wurden die Erstattungen für eine gewährte begleitende Hilfe nach der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung in Sachen H… in der ersten und zweiten Beschaffungsstufe mit zwei Bescheiden vom 27. Oktober 2003 auf 5.805,49 € und 9.959,83 €, für weitere schwerbehinderte Mitarbeiter (B…, K…, G… und G…) mit Bescheid vom 27. Oktober 2003 auf 112.096,53 €, in der zweiten Beschaffungsstufe für den schwerbehinderten Mitarbeiter B… mit Bescheid vom 27. Oktober 2003 auf 10.414,52 €, für den schwerbehinderten Mitarbeiter E… mit Bescheid vom 24. Oktober 2003 auf 2.183,98 €, für den schwerbehinderten Mitarbeiter G… mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 auf 3.730,81 € und für den schwerbehinderten Mitarbeiter D… mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 auf 12.308,29 €, teilweise zuzüglich Zinsen, festgesetzt. Die von der Regierung von Oberbayern geltend gemachte Überlegung, wegen Nr. 2.1 AN-BestP habe es eines Widerrufes der früheren Bewilligungsbescheide nicht bedurft, greift nicht durch. Denn zum einen wurde die Rückforderung tatsächlich durch hoheitliche und damit vollstreckbare Regelung geltend gemacht (siehe dazu auch Funke-Kaiser, Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl. 2007, § 80 RdNr. 21 m. w. N.) und im Übrigen bedarf es auch im Falle einer in diesem Sinne unterstellten auflösenden Bedingung der Festsetzung der Höhe des Erstattungsbetrages und eben nicht nur einer deklaratorischen Verbescheidung. Die Sicherungsübereignung einer Furnierpresse und einer Hobelmaschine für die Erstattungsforderung für den schwerbehinderten Mitarbeiter G… mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 in Höhe von 3.730,81 € ändert hieran nichts.

Dem steht nicht entgegen, dass die Widersprüche allesamt im September 2006 zurückgenommen worden sind und damit, wie der Beklagte meint, „die ursprüngliche Aufrechnungslage wieder gegeben sei“. Richtig ist, dass die Rückforderungsbescheide mit Rücknahme der hiergegen erhobenen Widersprüche bestandskräftig geworden sind, und zwar nach verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen rückwirkend ab deren Bekanntgabe (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., RdNr. 662; Gersdorf, a. a. O., § 80 RdNr. 39). Das hindert aber nicht die Anwendung des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO. Schon im Falle sanktionsbewehrter Verhaltensgebote kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit etwaiger Zuwiderhandlungen auf den Zeitpunkt der Begehung an (dazu Jörg Schmidt, a. a. O., § 80 RdNr. 17 mit Hinweis auf BGHSt 23, 86/91 f.; Pietzner/Ronellenfitsch, § 53 RdNr. 27; Finkelburg/Jang, RdNr. 497; ebenso Kopp/Schenke, a. a. O., § 80 RdNr. 32 m. w. N.; ebenso wohl Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006. § 80 RdNr. 43). Zudem ist vorliegend nicht entscheidend, welche Wirkung der Rücknahme eines Widerspruches im verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinne zukommt, ausschlaggebend ist vielmehr, ob in dem nach § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO maßgeblichen Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen die Forderung aufrechenbar war oder nicht (vgl. dazu BGH vom 16.11.2004 Az. VII R 75/03 und vom 5.10.2004 Az. VII R 69/03). Nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen standen die Forderungen des Beklagten vor September 2006, das ist der Zeitpunkt der Rücknahme der Widersprüche, nicht zur Aufrechnung. Ausschlaggebend ist, dass zu dem Zeitpunkt, als der Anspruch der insolventen … gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungs-GmbH auf die bewilligten der restlichen Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds in Höhe von 29.859,33 € entstand, der Anspruch des Beklagten als Insolvenzgläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht aufrechenbar war. Der Beklagte musste im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides vom 30. August 2004 zur Insolvenzmasse leisten, ohne dass er diese Forderung der Insolvenzschuldnerin im Wege der Aufrechnung tilgen konnte. Der Beklagte hat es mithin schlichtweg versäumt, mangels gesetzlicher Bestimmungen über eine sofortige Vollziehbarkeit zur Sicherung der Aufrechnung die sofortige Vollziehbarkeit der Rückforderungen in den Bescheiden vom Oktober 2003 etwa im Hinblick auf die eingetretene Insolvenz anzuordnen und sie so zu einem Zeitpunkt unbedingt und fällig im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO zu machen, in dem er selbst noch keiner unbedingten und fälligen Forderung des Klägers gegenüberstand.

4. Auf die Meinung des Klägers, dass die Aufrechnung gegen Treu und Glauben verstoße (siehe dazu etwa BGH vom 13.7.1970 a. a. O.), insbesondere wegen einer zögerlichen Bearbeitung der Förderangelegenheit, kommt es nicht mehr an. Gleichwohl weist der Senat beiläufig darauf hin, dass der vom Kläger als Insolvenzverwalter zu erstellende Gesamtverwendungsnachweis beim Beklagten erst am 5. April 2004 eingegangen ist, von einer zögerlichen Bearbeitung durch den Beklagten insoweit keine Rede sein kann.

5. Ebenso unerheblich ist die weitere Auffassung des Klägers, aus dem Recht der Europäischen Union ergebe sich im vorliegenden Fall ein Aufrechnungsverbot. Hierzu weist der Senat auf Art. 6 EuInsVO hin, der auf das nationale Recht Bezug nimmt. Insbesondere sieht auch Art. 32 Abs. 1 Satz 6 der VO EG 1260/1999 solches nicht vor. Die Aufrechnung ist kein Abzug, Einbehalt oder Verringerung des Förderbetrages im Sinne dieser Bestimmung, sondern eine Form der Tilgung einer bestehenden Forderung und damit Erfüllungssurrogat (siehe dazu Grüneberg, a. a. O., § 387 RdNr. 1 und § 389 RdNr. 1).

6. Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Prozesszinsen ergeben sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 291 BGB (vgl. BVerwG vom 22.2.2001 BVerwGE 114, 61/66); die Höhe des Zinssatzes bestimmt sich dabei nach Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

7. Die Entscheidung über die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren ist ebenfalls nicht zu beanstanden, denn aus Sicht einer verständigen Partei konnte sich der Kläger als Insolvenzverwalter eines Rechtsanwaltes bedienen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts im Prozesskostenhilfeverfahren vom 2. April 2007 Az. B 4 K 05.699.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nicht gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO).

C. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 ff. ZPO.

D. Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 29.859,33 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG).