Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.04.2009 - 7 ZB 09.223
Fundstelle
openJur 2012, 99636
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren und auf Beiordnung von Rechtsanwalt ..., ..., wird abgelehnt.

Gründe

Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers hat keinen Erfolg, weil der beabsichtigte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Dezember 2008 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

1. Die umfangreichen Darlegungen des Klägers zur Begründung seines Prozesskostenhilfegesuchs, die im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholen, begründen keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Aus den vorgebrachten Einwänden wird nicht erkennbar, dass der Kläger eine Neubewertung der Prüfungsarbeiten, die er in der Zwischenprüfung 1996 und in der zugehörigen Wiederholungsprüfung geschrieben hat, von dem Beklagten verlangen könnte.

Soweit der Kläger einen Begründungsmangel des angegriffenen Bescheids vom 3. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2006 darin sieht, dass die im Jahr 2001 nachgeholten Korrekturbegründungen dem Prüfungsbescheid nicht (nochmals) beigefügt waren, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar muss die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung, wie der Senat in seinem Urteil vom 4. Dezember 2000 (Az. 7 B 99.3195) ausgeführt hat, hinreichend begründet werden, um es dem Prüfling in einem nachfolgenden Überdenkungs- und Rechtsbehelfsverfahren zu ermöglichen, substantiierte Einwendungen gegen die Leistungsbewertung zu erheben. Diese prüfungsrechtlich geforderte Begründung der Leistungsbewertung durch den jeweiligen Prüfer ist jedoch nicht identisch mit der verwaltungsverfahrensrechtlich gebotenen (Art. 2 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. Art. 39 BayVwVfG) Begründung der abschließenden Prüfungsentscheidung durch die zuständige Prüfungsbehörde. Im Prüfungsbescheid waren daher über die erzielten Punktzahlen hinaus keine Gründe für die jeweiligen Einzelbewertungen anzugeben.

Unrichtig ist auch die Annahme des Klägers, die Prüfer hätten es pflichtwidrig versäumt darzulegen, aufgrund welcher Erwägungen sie „in ihrem Abgleich der Einzelbewertungen zu dem jeweiligen Gesamtergebnis der Bewertung gekommen sind“. Die erforderliche abschließende Leistungsbewertung (durch die einzelnen Prüfer) wird aus allen vorgelegten Neubewertungen hinreichend deutlich. Zu einer darüber hinausgehenden zusammenfassenden Würdigung – etwa gemeinsam durch die jeweiligen Erst- und Zweitkorrektoren oder durch die Prüfungsbehörde bei der Errechnung des Gesamtergebnisses – bestand aus prüfungsrechtlicher Sicht keine Verpflichtung; auch im Urteil des Senats vom 4. Dezember 2000 wird Derartiges nicht verlangt. Die Prüfer waren entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht verpflichtet, die allgemeinen Bewertungsmaßstäbe des § 40 Abs. 1 StBAPO, auf deren Geltung die Prüflinge nicht speziell hingewiesen werden mussten, in ihren Bewertungen ausdrücklich anzusprechen oder ihnen eine bestimmte Wertigkeit beizumessen.

Soweit sich der Kläger speziell gegen die Bewertung der Wiederholungsprüfung im Fach Abgabenordnung durch den Prüfer L. wendet, lassen sich auch daraus keine Bewertungsfehler erkennen. Die im Gutachten des Prüfers vom 8. März 2001 enthaltene Mängelrüge, in der Bearbeitung des Klägers fehlten Angaben zu den einzelnen Einkunftsarten der aufgeführten Personen, ist nicht deshalb unberechtigt, weil dieser Aspekt im Fragenkatalog zu dem betreffenden Abschnitt I. der Klausur nicht ausdrücklich angesprochen war. Es liegt auf der Hand, dass eine schlüssige Antwort auf die Frage nach dem jeweils zuständigen Finanzamt und nach einer gesonderten und/oder einheitlichen Feststellung nicht ohne systematische Erläuterung der hier in Betracht kommenden Einkunftsarten möglich ist. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass von einem Prüfling, der als Anwärter im Vorbereitungsdienst für Steuerbeamte eine Zwischenprüfung ablegt, Kenntnisse zur gängigen Fachterminologie der Finanzbehörden („unselbständige Besteuerungsgrundlage“) und ein ausreichendes begriffliches Differenzierungsvermögen (Unterscheidung zum Feststellungsbescheid) verlangt werden. Erkennbar unrichtig ist die Annahme des Klägers, der Prüfer L. gehe in seinem Bewertungsbogen davon aus, trotz der erst 1996 geschlossenen Ehe sei eine Zusammenveranlagung der Eheleute auch für Veranlagungszeiträume vor 1996 möglich. Eine solche Aussage lässt sich aus der (zuständigkeitsbezogenen) Bemerkung in Zeile 9 der Lösungsskizze („Verhältnisse b. Abgabe der StE maßgebend > verheiratet“) nicht ableiten; auch die übrigen Prüferbemerkungen geben dafür nichts her. Welche „durchdachte Andermeinung“ der Kläger hinsichtlich der in Frage 1 geforderten Zuständigkeitsbestimmung vertreten haben soll und inwiefern diese vom Prüfer L. und seinem Mitprüfer R. nicht akzeptiert worden sein soll, wird aus den – sich teilweise wiederholenden – Ausführungen des Klägers im Prozesskostenhilfeantrag nicht deutlich. Mit der bloßen Angabe „1995 dto.“ wird die Klausurbearbeitung der Forderung nach speziellen Ausführungen zu diesem Besteuerungszeitraum jedenfalls nicht gerecht. Dass für den genannten Zeitraum teilweise andere Überlegungen anzustellen waren als für das vorangegangene Jahr, hat der Prüfer L. in seinem Bewertungsbogen im Übrigen hinreichend deutlich gemacht.

Unberechtigt ist auch der Vorwurf an den Prüfer L., er habe eine richtige Lösung nur wegen eines offensichtlichen Schreibversehens auf Seite 3 der Prüfungsarbeit (E statt A) nicht anerkannt. Die betreffende Textpassage ist schon aufgrund ihrer äußeren Form (partielle Unlesbarkeit, unklare Durchstreichung) so schwer verständlich, dass die behauptete Personenverwechslung selbst bei sorgfältiger Lektüre nicht ohne weiteres erkennbar ist. Auch inhaltlich liegen die betreffenden Ausführungen, z. B. mit der Bezugnahme auf Einheitswerte, so weit neben der Sache, dass von einer „zutreffend angegebenen Normenkette“ keine Rede sein kann. In diesem Zusammenhang beruft sich der Kläger zu Unrecht auf eine „buchstabengetreue“ Auslegung der Fragestellung, die so allgemein gehalten sei, dass die Antwort darauf auch Ausführungen zum Grundbesitz des A habe enthalten können. Hierbei wird übersehen, dass sich die gestellten Fragen erkennbar auf den vorangehenden Aufgabentext beziehen, in dem es ausschließlich um die Veranlagung zur Einkommensteuer geht. Es kann im Übrigen nicht Aufgabe der Prüfer sein, aus den ungeordneten und teilweise unrichtigen Ausführungen eines Klausurbearbeiters verwertbare Einzelelemente herauszufiltern und diese zu einer richtigen Lösung zusammenzufügen.

Entgegen der Auffassung des Klägers durfte ihm der Prüfer K. in den beiden Klausuren zum Bilanzsteuerrecht auch das Fehlen der unabdingbaren Zitate von Gesetzes- und Richtlinienfundstellen vorhalten. Es war nicht erforderlich, diese Grundsätze ordnungsgemäßen Zitierens in die allgemeinen Bearbeitungshinweise aufzunehmen, die von den Bearbeitern eine „Angabe der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Verwaltungsanweisungen“ verlangen. Die Vorstellung des Klägers, der Prüfling besitze einen eigenen weiten Beurteilungsspielraum dazu, ob er gesetzliche Bestimmungen und Verwaltungsanweisungen als maßgeblich benennt und in welchem konkreten Umfang das Zitieren zu erfolgen hat (nur der Paragraph oder auch Absätze oder gar Halbsätze), beruht auf einer grundlegenden Verkennung der Anforderungen an eine geordnete rechtliche Subsumtion. Wie der Kläger selbst einräumt, ist er auch in den Lehrveranstaltungen zur Klausurtechnik darauf hingewiesen worden, dass – mit Ausnahme der im Bilanzsteuerrecht weniger relevanten Abgabenordnung – alle Fundstellen durch Angabe der Gesetzesbezeichnung näher zu benennen sind.

Dass sich die Korrekturbemerkungen von Erst- und Zweitprüfern in vielen Fällen deutlich unterscheiden, stellt kein Indiz für eine mangelhafte Bewertung oder Bewertungsbegründung dar, sondern ist Ausdruck des jedem Prüfer zustehenden fachlichen Bewertungsspielraums. Die vom Kläger insoweit empfundene „Ambivalenz“ hindert ihn nicht daran, gegen die jeweiligen Prüferbemerkungen seinerseits fachlich begründete Einwände zu erheben. Es kann auch nicht verlangt werden, dass es jedem Prüfer in genau gleichem Umfang gelingt, durch Interpretation der teilweise sehr eigenwilligen Handschrift des Klägers bzw. durch eigene Ergänzungen des mutmaßlich Gemeinten den Inhalt des Geschriebenen zu erfassen und damit von der Lesbarkeit der Ausführungen auszugehen. Mangelndes Bemühen kann den Prüfern insoweit jedenfalls nicht vorgehalten werden.

Zu Recht hat es das Verwaltungsgericht für unbedenklich gehalten, dass die Klausur zum Prüfungsgebiet Bewertungsrecht und Vermögenssteuer statt des ursprünglich eingesetzten Prüfers H., der aus gesundheitlichen Gründen zu einer Neubewertung nicht mehr in der Lage war, nunmehr (erstmals) durch den Ersatzprüfer K. bewertet worden ist, der eine völlig neue und eigenständige Leistungsbewertung vorgenommen hat. Dieser Prüferaustausch war hier aufgrund der gegebenen Umstände unvermeidbar; seine Zulässigkeit hängt nach allgemeiner Auffassung auch nicht etwa davon ab, ob für die Bewertung eine Musterlösung oder amtliche Lösungshinweise zur Verfügung standen, die ohnehin unverbindlich gewesen wären (vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 2, 4. Aufl. 2004, RdNr. 610, 697 m.w.N.). Soweit für die vom Kläger erstrittene Neubewertung der erbrachten Prüfungsleistung ein Verschlechterungsverbot bestand, hat die Prüfungsbehörde dem durch die Heraufsetzung der von dem neuen Prüfer vergebenen Punktzahl (6) auf die bisherige Punktzahl (7) hinreichend Rechnung getragen; weshalb der Kläger dennoch gegenüber seinen früheren Mitprüflingen benachteiligt worden sein soll, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Neubewertung der Wiederholungsarbeit im Prüfungsgebiet Bewertungsrecht und Vermögenssteuer durch den Prüfer J. ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die vom Kläger zitierte Passage aus der Bewertungsbegründung zur Vermögenssteuer erscheint zwar auf den ersten Blick tatsächlich „kryptisch“. Eine genauere Lektüre des Originaltextes lässt jedoch unschwer erkennen, dass hier lediglich die ersten beiden Textzeilen vertauscht worden sind; darauf deutet bereits die Kleinschreibung zu Beginn der ersten Zeile hin. Zusammen mit den ausführlichen Randbemerkungen genügt auch diese Bewertungsbegründung den rechtlichen Anforderungen und ermöglicht es dem Prüfling, etwaige fachliche Einwendungen zu erheben. Im Übrigen musste hier wie auch bei den anderen Klausuren keine aus den beiden Einzelbewertungen der Korrektoren zusammengesetzte „abschließende Gesamtbewertung“ erstellt werden; nur bei Abweichungen hinsichtlich der vergebenen Punktzahlen hätte gemäß § 40 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StBAPO insoweit eine Einigung der Prüfer bzw. eine Entscheidung des Prüfungsausschusses herbeigeführt werden müssen.

Der Vorwurf des Klägers, die Prüfer hätten sich bei der Neubewertung der Arbeiten und bei der Erstellung der Bewertungsbegründungen nicht erneut mit dem Inhalt der Prüfungsarbeiten und mit ihrer früheren Bewertung auseinandergesetzt, wird durch keine konkreten Tatsachen belegt. Der bloße Umstand, dass die Prüfer an den früheren Bewertungen im Ergebnis festgehalten und sich bei dieser Gelegenheit – in einigen Fällen – gegen den vom Kläger erhobenen Vorwurf einer Fehlbewertung verwahrt haben, deutet weder auf Mängel in der Bewertung hin noch auf eine bestehende Befangenheit der betreffenden Prüfer.

Die vom Prüfer St. in der Wiederholungsprüfung Bilanzsteuerrecht verwendeten Punktetabellen stehen mit den rechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 1 und 2 StBAPO in Einklang; eine Begründung für die Zuordnung der vergebenen Leistungspunkte zu den Wertungspunkten bzw. Notenstufen der amtlichen Skala musste der Prüfer angesichts des ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraums nicht liefern. Seine Äußerungen in der Zusammenfassung der Bewertung können auch keine Besorgnis der Befangenheit begründen. Es ist einem Prüfer nicht verwehrt, aus den zuvor festgestellten Mängeln der Arbeit, z. B. dem Auslassen eines wesentlichen Teils der Aufgaben und erkennbaren Schwierigkeiten bei der Bearbeitung des verbleibenden Teils, auf vorhandene Lücken im Wissensstand des Prüflings zu schließen und damit die Leistungsbewertung zu begründen. Um nichts anderes ging es dem Prüfer St. im vorliegenden Fall, auch wenn seine Äußerungen sprachlich teilweise so unpräzise formuliert sind, dass Ursache und Wirkung vertauscht sind. Der vom Kläger erhobene Vorwurf, es handle sich um emotional eingefärbte Behauptungen, intuitive Erwägungen, unsachliche Einschätzungen oder bloße Spekulationen, lässt sich hiermit jedenfalls nicht begründen; auch der Vorwurf der Befangenheit lässt sich darauf nicht stützen.

Dass der Prüfer M. in der Bewertungsbegründung zur Wiederholungsklausur im Fach Einkommensteuer auf die bestehenden Verdachtsmomente im Hinblick auf einen möglichen Unterschleif hingewiesen hat, deutet nicht auf seine Befangenheit hin. Wie schon im Urteil des Senats vom 4. Dezember 2000 anklingt, bestehen hier durchaus gewichtige Indizien für einen solchen Verdacht. Ob der Prüfer seine diesbezüglichen Beobachtungen für sich behält oder in seiner schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem – für mögliche prüfungsrechtliche Sanktionen zuständigen – Prüfungsamt zum Ausdruck bringt, kann für die Frage einer möglichen Befangenheit nicht maßgeblich sein. An einer unvoreingenommenen Bewertung der Klausur bestünden nur dann Zweifel, wenn der Täuschungsverdacht in die Leistungsbeurteilung in irgendeiner Weise mit eingeflossen wäre. Dafür bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte. Die Ausführungen zu einem möglichen Unterschleif finden sich erst am Ende des Gutachtens vom 26. März 2001, nachdem der Prüfer die Arbeit in ihren einzelnen Teilen ausführlich gewürdigt und auf dieser Grundlage eine Note vergeben hat. Danach spricht nichts für die Annahme des Klägers, der Prüfer habe die konkrete Bewertung (auch) mit dem Hinweis auf einen begangenen Unterschleif rechtfertigen wollen.

Ebenfalls keine Befangenheit lässt sich für den Prüfer S. aus der Formulierung der abschließenden Bewertung der Wiederholungsklausur im Fach Einkommensteuer ableiten. Wenn dort an einer Stelle von „Prüfungsaufgabe“ statt von Prüfungsarbeit die Rede ist, so kann daraus nicht geschlossen werden, der Prüfer habe irrtümlicherweise den amtlichen Aufgabentext statt der Klausurlösung bewerten wollen. Es stellt entgegen der Auffassung des Klägers auch keine paradoxe Argumentation dar, wenn aus dem Vorliegen erheblicher Mängel und aus der Erkenntnis, dass eine im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung vorliege, vom Prüfer gefolgert wird, dass die Arbeit nur mit drei Punkten (und daher mit der Note mangelhaft) zu bewerten sei.

Die Prüfer mussten in ihren Bewertungsbegründungen weder mitteilen, ob sie als Erst- oder Zweitkorrektor tätig waren, noch Angaben über ihre Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss machen. Dass die diesbezüglichen Vorgaben der Prüfungsordnung nicht eingehalten worden wären, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Kläger nicht dargetan. Soweit er beanstandet, dass eine Reihe von Prüfern die Prüfungsarbeiten nur mit Punktzahlen bewertet haben – im Falle des Prüfers K. findet sich diese Angabe auf dem beigefügten Lösungsschema – und somit in den betreffenden Bewertungen keine Notenstufen angegeben sind, liegt auch darin kein Verfahrensfehler, der Anlass für eine Neubewertung sein könnte. Nach der hier anzuwendenden früheren Fassung des § 40 Abs. 3 Satz 1 StBAPO war zwar bei der Bewertung der Prüfungsarbeiten neben der Punktzahl auch die „sich daraus ergebende Note“ zu erteilen. Dabei stellt aber, wie die aus § 6 Abs. 1 StBAPO übernommene Formulierung unmissverständlich erkennen lässt, die Vergabe der Punktzahl die eigentliche Bewertung dar, aus der zwingend und ohne weiteren Beurteilungsspielraum die erzielte Notenstufe abzuleiten ist. In den Fällen, in denen diese weitere Angabe in den Prüferbemerkungen fehlte, durfte die Prüfungsbehörde daher aufgrund der vergebenen Punktzahl die daraus jeweils abzuleitende Einzelnote feststellen und sie in den Prüfungsbescheid aufnehmen.

Dass die Prüfer L. (Abgabenordnung), K. (Bilanzsteuerrecht) und G. (Einkommensteuer) zur Ergänzung der abgegebenen Gutachten auf beigefügte Bewertungsbögen verweisen, trägt zur Transparenz des Bewertungsverfahrens bei und kann nicht beanstandet werden. Es spricht auch nichts dafür, dass die betreffenden Unterlagen wegen ihrer äußeren Form oder ihres Inhalts für Außenstehende kaum nachvollziehbar wären, wie der Kläger pauschal vorträgt. Bei seiner Kritik an den hier deutlich werdenden Unterschieden zwischen Erst- und Zweitbewertung übersieht er wiederum, dass dies eine unvermeidbare Folge des jedem Prüfer zustehenden individuellen Beurteilungsspielraums ist, die auch nicht dadurch entfällt, dass am Ende für jede Klausur eine einheitliche Punktzahl festgelegt werden muss.

In § 40 Abs. 2 StBAPO ist entgegen der Darstellung des Klägers nicht von einer „persönlichen, voneinander unabhängigen Bewertung“ durch die beiden Prüfer die Rede, was nach obergerichtlicher Rechtsprechung als Indiz für eine vom Normgeber verlangte isolierte bzw. verdeckte Bewertung ohne Offenlegung der Randbemerkungen des Erstprüfers anzusehen wäre (vgl. Niehues, a.a.O., RdNr. 617 m.w.N.). Die bloße Forderung nach einer Bewertung jeder Prüfungsarbeit durch zwei Prüfer lässt demgegenüber auch eine sog. offene Bewertung zu, bei der dem Zweitkorrektor die Anmerkungen ebenso wie die Bewertung des Erstkorrektors bekannt sind (vgl. Niehues,a.a.O., RdNr. 616). Weder die Prüfungsordnung noch allgemeine Grundsätze des Prüfungsrechts verbieten im Übrigen die Verwendung einer Paraphe statt einer vollständigen Unterschrift unter den Klausurbegründungen. Anders als bei bestimmenden Schriftsätzen, für die das Unterschriftserfordernis auch wegen der damit verbundenen unmittelbaren Rechtsfolgen unabdingbar ist (vgl. BVerwG vom 6.12.1988 BVerwGE 81, 32), geht es bei den Bewertungsbegründungen lediglich um (zunächst) interne Verfahrenshandlungen. Hier besteht aus der Sicht der möglichen Erklärungsempfänger kein besonderes Bedürfnis, die Echtheit und Ernsthaftigkeit der abgegebenen Erklärung umgehend feststellen zu können. Soweit Zweifel an der Person des Unterzeichnenden bestehen, kann dem auch im späteren Verlauf des Verfahrens noch nachgegangen werden. Im vorliegenden Fall ist indes nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht behauptet worden, dass die Klausurbewertungen von anderen Personen stammen könnten als vom Prüfungsamt angegeben.

Ein Verstoß gegen den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit kann nicht darin gesehen werden, dass der Prüfer Sch. im Fach Bilanzsteuerrecht die Prüfungsarbeit im Jahr 2001 noch einmal völlig neu ausgepunktet und bewertet hat, nachdem er seine ursprünglichen Korrekturunterlagen aus dem Jahr 1996 nicht mehr hat auffinden können. Es ist nicht ersichtlich, dass der Prüfer bei der erneuten Bewertung von anderen Maßstäben ausgegangen wäre als bei der Korrektur der Klausuren, die von den übrigen Prüfungsteilnehmern des Jahrgangs 1996 geschrieben wurden. Dass unter den hier objektiv gegebenen Bedingungen – Unauffindbarkeit der Korrekturunterlagen – eine andere als die gewählte Vorgehensweise besser geeignet gewesen wäre, die Gleichbehandlung aller Prüfungsteilnehmer sicherzustellen, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt.

2. Das Vorbringen des Klägers im Prozesskostenhilfeverfahren lässt auch nicht erkennen, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung aus sonstigen Gründen Erfolg haben könnte. Aus dem bloßen Umstand, dass der Kläger eine Vielzahl von (eindeutig unbegründeten) Einwänden gegen das erstinstanzliche Urteil vorbringt, ergibt sich noch nicht der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Es sind auch keine entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfragen erkennbar, die bisher noch ungeklärt oder ernstlich zweifelhaft wären und daher den Ausgang eines Berufungsverfahrens als offen erscheinen lassen könnten, so dass eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht käme (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Da das Urteil des Verwaltungsgerichts den Vorgaben des Senatsurteils vom 4. Dezember 2000 in jeder Hinsicht entspricht, scheidet eine Berufungszulassung wegen Divergenz ebenfalls aus (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Die vom Kläger behauptete Abweichung des verwaltungsgerichtlichen Urteils von den im Senatsurteil vom 4. Dezember 2000 enthaltenen Vorgaben stellt bereits begrifflich keinen Verfahrensmangel im Sinne des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dar; im Übrigen liegt hier aus den oben genannten Gründen auch keine solche Abweichung vor. Soweit der Kläger auf den Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. September 2003, in dem um einen gerichtlichen Hinweis zur Notwendigkeit einer weiteren Klagebegründung gebeten wurde, sowie auf das entsprechende Antwortschreiben des Verwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2003 verweist, kann sich daraus schon deshalb kein Verfahrensfehler ergeben, weil dieser Schriftwechsel das frühere Verfahren Az. M 4 K 04.488 betraf und nicht das hier vorliegende Klageverfahren, das erst mit dem Prozesskostenhilfeantrag vom 20. Juni 2006 eingeleitet wurde. Auch in diesem Verfahren hat allerdings der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 8. Januar 2007 (Bl. 8) um einen richterlichen Hinweis gebeten, falls hinsichtlich der weiteren Prüfungsarbeiten „eine gleich detaillierte Besprechung der Bewertung dieser Arbeiten erforderlich sein sollte“ wie im Fach Abgabenordnung. Aufgrund dieser allgemeinen Anfrage war aber das Verwaltungsgericht weder verpflichtet, seine Rechtsauffassung zu den Erfolgsaussichten des bisherigen Sachvortrags bereits vorab mitzuteilen und den Kläger damit zur Ergänzung des bisherigen Vorbringens aufzufordern, noch war das Gericht damit gehindert, dem Kläger in seinem späteren Urteil das Fehlen substantiierter Einwendungen hinsichtlich der weiteren Klausuren vorzuhalten. Durch den mit Schriftsatz vom 27. November 2007 erklärten Verzicht auf mündliche Verhandlung und die damit bewirkte Absetzung des bereits anberaumten Termins hat sich der Kläger zudem selbst um eine weitere Äußerungsmöglichkeit gebracht. Er hat schließlich im vorliegenden Prozesskostenhilfeverfahren auch in keiner Weise dargelegt, welche weiteren Einwände gegen die Prüfungsbewertungen er über den bisherigen ausführlichen Vortrag hinaus hätte vorbringen können.

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).