VG München, Urteil vom 27.05.2008 - M 4 K 06.2085
Fundstelle
openJur 2012, 92235
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerinnen haben gesamtverbindlich die Kosten des Verfahrens zu tragen

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die am ... Juni 1964 geborene Klägerin zu 1) verließ zusammen mit ihrer am ... Juli 1987 geborenen jüngeren Tochter, der Klägerin zu 3), am 20. Juni 2002 das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, traf am 20. Juni 2002 im Bundesgebiet ein und begründete hier ihren ständigen Aufenthalt. Am 13. August 2003 beantragten die Klägerinnen zu 1) und 3) beim Bundesverwaltungsamt die nachträgliche Ausstellung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 2 BVFG. Zur Begründung gab die Klägerin zu 1) im Wesentlichen an, sie habe die lange Dauer eines Aufnahmeverfahrens in der Ukraine nicht abwarten können, weil sie bereits jetzt ihrer unter Gesundheitsproblemen leidenden Mutter beistehen müsse, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und in M. lebe. Aus diesem Grunde strebten die Klägerinnen zu 1) und 3) eine dauernde Niederlassung in Deutschland an.

Mit Bescheid vom ... Februar 2004 lehnte das Bundesverwaltungsamt die Anträge auf Erteilung eines nachträglichen Aufnahmebescheids ab. Der hiergegen am 24. März 2004 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom ... September 2005 zurückgewiesen. Die daraufhin erhobenen Klagen der Klägerinnen zu 1) und 3) wurden mit Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 24. April 2007 abgewiesen.

Die Klägerin zu 2) ist die am ... Dezember 1981 geborene ältere Tochter der Klägerin zu 1). Sie reiste erstmals am 27. September 2000 mit einem bis zum 29. September 2000 gültigen Besuchervisum in das Bundesgebiet ein und zu einem unbekannten Zeitpunkt wieder aus. Am 14. Mai 2001 reiste sie zum Zwecke der Durchführung eines deutschen Sprachkurses erneut ein und erhielt von der Landeshauptstadt ... am 24. September 2001 eine bis zum 13. Mai 2002 befristete Aufenthaltsbewilligung. Anschließend tauchte sie unter. Bereits unter dem 29. Januar 2002 hatte auch sie beim Bundesverwaltungsamt einen nachträglichen Aufnahmeantrag gestellt. Diesen lehnte das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom ... Juli 2002 ab. Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom ... Juli 2003 erhob die Klägerin zu 2) Klage, die mit Urteil des Verwaltungsgerichts K. vom 17. Oktober 2005 abgewiesen wurde. Der hiergegen gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt (OVG Münster vom 21.02.2007, Az.: 2 A 4862/05).

Der am ... März 1939 geborenen Mutter der Klägerin zu 1) war am 11. März 1997 vom Bundesverwaltungsamt ein Staatsangehörigkeitsausweis ausgestellt worden, nachdem festgestellt worden war, dass sie laut beigezogener Einbürgerungsurkunde der Einwandererzentralstelle - Staatsangehörigkeitsstelle - am 14. November 1944 in .../Wartheland die deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit) auf Widerruf erworben hatte. Mit ihrem daraufhin am 29. April 1997 ausgestellten deutschen Reisepass hatte sie ihren Wohnsitz in der Ukraine verlassen, war am 31. August 1997 im Bundesgebiet eingetroffen und hatte spätestens mit ihrer Anmeldung in M. am 23. Oktober 1997 ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet. Am ... Juli 1998 hatte sie in Friedland einen nachträglichen Aufnahmeantrag gestellt. Diesen hatte das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom ... Juli 1998 abgelehnt. Der hiergegen am 5. August 1998 eingelegte Widerspruch war mit Widerspruchsbescheid vom ... März 1999 zurückgewiesen, ihre daraufhin erhobene Klage mit Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 12. November 2002 (Az. 2 K 4793/99) rechtskräftig abgewiesen worden. Am ... Februar 2003 bescheinigte das Zentrale Ausgleichsamt Bayern beim Landratsamt Fürth - Außenstelle München - dem Rentenversicherungsträger der Mutter der Klägerin zu 1) gemäß § 100 BVFG, dass diese Vertriebene (Umsiedler) im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG sei.

Unter dem 29. Januar 2002 und 13. August 2002 beantragten die Klägerinnen zu 1) und 3) bei der Landeshauptstadt ... die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen. Diese nahm hierzu mit Schreiben vom 18. März 2003 unter Darlegung der Rechtslage aus ihrer Sicht ausführlich sowie mit ablehnendem Inhalt Stellung, schlug aber vor, die Bescheidung dieser Anträge bis zur Klärung eines Bescheinigungsverfahrens nach dem BVFG zurückzustellen. Diesem Vorschlag stimmten die Klägerinnen zu. Nachdem die Landeshauptstadt ... ihre Abschiebung in die Ukraine androhte, beantragten die Klägerinnen unter dem 18. November 2004 bei der Landeshauptstadt ..., ihnen die ständige Wohnsitznahme im Bundesgebiet als Vertriebene bzw. deren Abkömmlinge zu genehmigen und ihnen - unter Zugrundelegung ihres Vertriebenenstatus - Abschiebungsschutz zuzusichern. Zur Begründung wurde u.a. vorgetragen, die Mutter der Klägerin zu 1) sei bereits vor dem 1. Januar 1993 Vertriebene im Sinne von § 1 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung gewesen. Die Klägerinnen seien daher im Zeitpunkt ihrer Geburt ebenfalls Vertriebene geworden und benötigten somit ebenfalls keinen Aufnahmebescheid. Zwar könnten ihnen inzwischen keine Vertriebenenausweise mehr ausgestellt werden, jedoch sei die Landeshauptstadt ... gemäß § 100 Abs. 2 BVFG verpflichtet, den Vertriebenenstatus der Klägerinnen durch ein Ersuchen bei der zuständigen Behörde feststellen zu lassen.

Am 7. Februar 2006 erhoben die Klägerinnen durch ihre Bevollmächtigten bei dem Verwaltungsgericht ... unter dem Aktenzeichen M 25 K 06.566 Klage gegen den "Freistaat Bayern, vertreten durch die Landeshauptstadt ...", mit den Anträgen,

1. festzustellen, dass die Klägerin zu 1) als Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit im Bundesgebiet Aufnahme gefunden habe,

2. die Beklagte zu verpflichten, den Klägerinnen zu 2) und 3) zu bestätigen, dass sie als Abkömmlinge einer Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit im Bundesgebiet Aufnahme gefunden hätten und als solche ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland nehmen könnten,

3. festzustellen, dass die Klägerinnen Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG seien.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Klägerin zu 1) habe entweder von ihrer Mutter bereits im Herkunftsgebiet die deutsche Staatsangehörigkeit erworben oder nur deshalb zunächst nicht erworben, weil sie von der deutschen Auslandsvertretung in der ehemaligen Sowjetunion falsch beraten worden sei. Im zweiten Fall habe sie das ihr eingeräumte Erklärungsrecht inzwischen wirksam und noch rechtzeitig ausgeübt. Sie sei daher zumindest inzwischen deutsche Staatsangehörige geworden. Dasselbe gelte aufgrund der Vermittlung der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Klägerin zu 1) für die Klägerinnen zu 2) und 3). Die Klägerinnen hätten daher als Abkömmlinge eines Umsiedlers im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG, § 7 BVFG i.d.F. vom 3. September 1971 (BVFG a.F.) Anspruch auf Aufnahme als Vertriebene deutscher Staatsangehörigkeit unter Erteilung einer "entsprechenden Bescheinigung". Das Außerkrafttreten des § 7 BVFG a.F. am 31. Dezember 1992 stehe der Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden nicht entgegen. Diese Frage sei jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 26.02.2007, Az.: 1 BvR 474/05) bislang noch nicht zu Ungunsten von Abkömmlingen von Umsiedlern im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG höchstrichterlich geklärt. Die Erteilung eines Aufnahmebescheids sei hierfür nicht Voraussetzung. Zugleich seien die Klägerinnen durch ihre Aufnahme als Vertriebene bzw. deren Abkömmlinge Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Die Klage auf Feststellung der Statusdeutscheneigenschaft sei wie eine Klage auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

Mit Beschluss vom 31. Mai 2006 (Az. M 25 K 06.566) wurde das Verfahren hinsichtlich der o.g. Klageanträge zu 1. und 2. abgetrennt. Das abgetrennte Verfahren erhielt das Aktenzeichen M 4 K 06.2085.

Den am 18. April 2007 gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe lehnte das Gericht mit Beschluss vom 10. Juli 2007 ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Bayer. Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. Januar 2008 zurück (Az.: 5 C 07.2252). Im Beschwerdeverfahren hatte der Bevollmächtigte der Klägerinnen erklärt, die vorliegende Klage solle sich auch gegen die Beklagte zu 2) richten.

Das Verwaltungsgericht München hat mit Urteil vom 10. März 2008 über den im Verfahren M 25 K 06.566 verbliebenen Antrag entschieden und die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist noch nicht unanfechtbar.

Das Gericht hat zur Sache am 27. Mai 2005 mündlich verhandelt. Auf Klägerseite ist niemand erschienen.

Der Beklagte beantragte

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten sowie die beigezogenen Akten des Beschwerdeverfahrens vor dem BayVGH über die Ablehnung des Antrages auf Prozesskostenhilfe (Az.: 5 C 07.2252) verwiesen.

Gründe

A.

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2008 entschieden werden, obwohl außer der Vertreterin des Beklagten zu 1) keiner der Beteiligten erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Der Bevollmächtigte der Klägerinnen und die Beklagte zu 2) sind ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung form- und fristgerecht geladen worden.

Die mündliche Verhandlung war auch aufgrund des Antrages des Klägerbevollmächtigten vom 27. Mai 2008 nicht zu vertragen, denn die Voraussetzungen gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 227 ZPO lagen nicht vor. Gemäß § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden; die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden bzw. des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Eine kurzfristige, überraschende Erkrankung eines Prozessbevollmächtigten stellt regelmäßig einen erheblichen Grund für eine Änderung des Termins dar (z.B. BFH vom 5.6.2007, BFH/NV 2007, 1701; BFH vom 23.11.2001, BFH/BV 2002, 520 m.w.N.). Die Vorlage eines ärztlichen Attestes, welches dem Beteiligten eine krankheitsbedingte Verhinderung bescheinigt, ist dabei grundsätzlich als ausreichende Entschuldigung anzusehen (vgl. BVerwG vom 26.5.1978, Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 8; BVerwG vom 2.11.1998, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 285; BVerwG vom 9.8.2007, Az.: 5 B 10/07 u.a.), wobei das Attest aber die Unmöglichkeit des Bevollmächtigten an der Verhandlung teilzunehmen bescheinigen muss; eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht hierfür nicht aus (Eyermann/Geiger, VwGO, zu § 102 Rdnr. 7; Kuntze/Bader, VwGO, zu § 102 Rdnr. 8). Wird der Antrag auf Terminsverlegung in "letzter Minute" gestellt, so dass dem Gericht keine Zeit für ein Nachweisverlangen bleibt, kommt die Aufhebung des Termins nur in Betracht, wenn die Gründe substantiiert dargelegt und zugleich glaubhaft gemacht worden sind, so dass das Gericht die Frage der Verhinderung selbst beurteilen kann (BFH vom 5.6.2007, BFH/NV 2007, 1701).

Unter Anwendung vorstehender Grundsätze ergibt sich vorliegend, dass ein Grund für eine Vertagung nicht in ausreichender Weise dargelegt bzw. glaubhaft gemacht worden ist. Der Bevollmächtigte der Klägerinnen hat mit Telefax vom 27. Mai 2008, 8.41 Uhr, beantragten lassen, den auf 9.00 Uhr angesetzten Verhandlungstermin zu verlegen, weil Herr Rechtsanwalt ... mitgeteilt habe erkrankt zu sein, und die Reise nach M. nicht antreten könne. Weitere Angaben zur Erkrankung von Herrn ... enthält das Schreiben nicht. Da es sich bei diesem Verlegungsantrag somit um einen in „letzter Minute“ gestellten handelte, hätten die Gründe für die Verhinderung substantiiert dargelegt werden müssen. Das ist nicht geschehen.

Ungeachtet dieses Umstandes hat der Vorsitzende den Bevollmächtigten der Klägerinnen mit Telefax vom 27. Mai 2008, 9.23 Uhr, aufgefordert, die Erkrankung durch Vorlage eines ärztlichen Attests bis 27. Mai 2008, 9.45 Uhr, glaubhaft zu machen. Auch dieser Aufforderung ist der Bevollmächtigte der Klägerinnen nicht nachgekommen. Folglich wurde die mündliche Verhandlung durchgeführt.

Um aber dem Bevollmächtigten (nochmals) die Möglichkeit zu eröffnen, seine krankheitsbedingte Verhinderung glaubhaft zu machen, bestimmte das Gericht nach Abschluss der mündlichen Verhandlung Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 27. Mai 2008, 14.00 Uhr, und gab dem Bevollmächtigte der Klägerinnen die Möglichkeit, die Erkrankung bis 27. Mai 2008, 13.30 Uhr, glaubhaft zu machen (Telefax vom 27.5.2008, 11.58 Uhr). Wäre ein entsprechender Nachweis erfolgt, hätte das Gericht gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO die mündliche Verhandlung wieder eröffnet. Mit dem am 27. Mai 2008, 12.52 Uhr, eingegangenen Telefax legte die Klägerseite dann ein Attest von Herrn Dr. H. W. ... vor, welches dem Bevollmächtigten der Klägerinnen bescheinigt, dass er „wegen Epicondylitis ulnaris seinen Arm nur eingeschränk (richtig: eingeschränkt) benützen“ könne. Dieses Attest genügt aber in keiner Weise den oben dargestellten Grundsätzen. Ungeachtet des Umstandes, dass sich aus dem Attest, an dessen Wahrheitsgehalt wegen des gescheiterten Verlegungsgesuchs vom 26. Mai 2008 (siehe Aktenvermerk von 26.5.2008) erhebliche Zweifel bestehen, schon nicht ergibt, an welchem Arm der sog. „Golfellenbogen“ aufgetreten sein soll, folgt hieraus in keiner Weise, dass der Bevollmächtigte der Klägerinnen deshalb nicht in der Lage gewesen wäre, an der Verhandlung teilzunehmen. Ein schmerzender Arm der hier attestierten Art führt weder zur Reise- noch zur Verhandlungsunfähigkeit. Etwas anderes wurde vom Bevollmächtigten der Klägerinnen jedenfalls nicht glaubhaft gemacht.

B.

Die Klagen sind bereits unzulässig.

1. Soweit sich die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Freistaat Bayern als Träger der Ausgleichsbehörde richtet, ist sie unzulässig, weil die Klage nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO gerichtete ist bzw. die auch insofern nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlt.

a) Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind nach h.M. (vgl. z.B. BVerwG vom 26.01.1996, Az. 8 C 19.94, BVerwGE 100, 262 = NJW 1996, 2046 = Buchholz 454.9 Mietpreisrecht Nr. 15) die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. etwa BVerwG vom 10.05.1984, Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 123 S. 28 <33>; BVerwG vom 23.01.1992, Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 86 <87> m. zahlr. w. N.; BVerwG vom 12.11.1987, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97 S. 2 <3>). Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG vom 07.05.1987, BVerwGE 77, 207 <211>).

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einem solchermaßen feststellungsfähigen Rechtsverhältnis (ebenso VG München vom 31.05.2000 Az.: M 28 K 99.2195, M 28 K 99.3336, juris, Rdnr. 15, 18; BayVGH vom 29.1.2008, Az.: 5 C 07.2252; VG München vom 10.7.2007, Az.: M 4 K 06.2085).

(1) Soweit die Klägerin zu 1) die Feststellung begehrt, dass sie im Bundesgebiet Aufnahme gefunden hat, richtet sich die Klage nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern auf die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale einer Norm (BayVGH vom 29.1.2008, Az.: 5 C 07.2252).

(2) Soweit die Klägerin zu 1) die (vorstehende) Feststellung gerade in der Verknüpfung mit der Feststellung begehrt, dass sie Aufnahme im Bundesgebiet "als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit" gefunden habe, fehlt es ebenfalls an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis, denn die begehrte gerichtliche Feststellung hat der Gesetzgeber durch § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG in der vorliegend maßgeblichen Fassung ausdrücklich zugunsten anderweitiger Leistungs- oder Feststellungsansprüche ausgeschlossen. Nach § 100 Abs. 2 Satz 1 BVFG werden Ausweise nach § 15 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung (Vertriebenenausweise) nur noch ausgestellt, wenn sie vor diesem Tag beantragt wurden. Aussiedler, also Personen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG, die den ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes nach dem 2. Oktober 1990 und vor dem 1. Januar 1993 begründet haben, konnten den Vertriebenenausweis noch bis zum 31. Dezember 1993 beantragen. Einen Antrag auf Ausstellung des Vertriebenenausweises, der aussichtslos wäre, weil die Antragsfrist des hier nur in Betracht kommenden § 100 Abs. 2 Satz 1 BVFG längst abgelaufen ist, hat die Klägerin zu 1) gar nicht erst gestellt.

Im Übrigen wird nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG die Vertriebenen- oder Flüchtlingseigenschaft nur auf Ersuchen einer Behörde, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen an Vertriebene oder Flüchtlinge zuständig ist, festgestellt. Daraus folgt zum einen, dass wenn die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Satz 1 und 2 BVFG nicht vorliegen, ersatzweise keine Ausstellung einer Bescheinigung mehr in Betracht kommt (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand 03/2007, zu § 100 BVFG n.F., Anm. 2b). Zum anderen können nur die zur Gewährung von Eingliederungsleistungen zuständigen Behörden im Bedarfsfall, d.h., wenn die Vertriebenen- und Flüchtlingseigenschaft eine entscheidungserhebliche Vorfrage darstellt, eine Feststellung verlangen. Der Betroffene selbst hat kein Antragsrecht (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand 03/2007, zu § 100 BVFG n.F., Anm. 2b).

Damit scheidet jede unmittelbare Rechtsbeziehung - und damit ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO - der Klägerin zu 1) zur Vertriebenenbehörde in der Trägerschaft des Freistaates Bayern aus. Vielmehr ist die Feststellung der Vertriebenen- und Flüchtlingseigenschaft als interne Mitwirkungshandlung (OVG Münster vom 25.01.1999, DVBl 1999, 1221) ein unselbständiger Teil des Verfahrens bei der Leistungsbehörde. Im Verhältnis zum Bürger liegt kein Verwaltungsakt vor (BSG vom 21.03.2006, Az.: B 5 RJ 54/04 R, SozR 4-7140 § 100 Nr. 1 = BSGE 96, 93 = RegNr 27575 (BSG-Intern) = NZS 2007, 157). Sie ist daher durch den Antragsteller der Eingliederungsleistung nicht isoliert anfechtbar. Sie kann nur mittelbar über den Verwaltungsakt zur entsprechenden Eingliederungsleistung angefochten werden (OVG Münster vom 25.1.1999, DVBl 1999, 1221).

b) Im übrigen fehlt der Klägerin zu 1) auch die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO, der auf die hier von der Klägerin zu 1) erhobene Feststellungsklage nach § 43 VwGO entsprechend anzuwenden ist (st. Rspr., z.B. BVerwG vom 29.06.1995, Az.: 2 C 32/94, BVerwGE 99, 64 = NJW 1996, 139 = Buchholz 237.6 § 74 NdsLBG Nr. 1; vom 26.01.1996, Az.: 8 C 19/94, BVerwGE 100, 262 = NJW 1996, 2046 = Buchholz 454.9 Mietpreisrecht Nr. 15), kann, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, eine Feststellungsklage nur erheben, wer geltend machen kann, durch die Ablehnung oder Unterlassung der begehrten Feststellung in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet das, dass der Kläger mit seiner Klage jedenfalls darzulegen hat, dass eine Verletzung seiner Rechte möglich ist, oder - negativ ausgedrückt - die Darlegung des Klägers ergeben muss, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (Happ/Eyermann, VwGO, zu § 42 Rdnr. 93).

Im vorliegenden Fall besteht jedoch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise ein von der Klägerin zu 1) behauptetes Recht gegen den Freistaat Bayern auf Feststellung ihrer Vertriebeneneigenschaft, denn die begehrte gerichtliche Feststellung hat der Gesetzgeber durch § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG ausdrücklich zugunsten anderweitiger Leistungs- oder Feststellungsansprüche ausgeschlossen. Auf die bereits oben gemachten Ausführungen, die hier sinngemäß geltend, wird verwiesen (ebenso BayVGH vom 29.1.2008, Az.: 5 C 07.2252).

2. Soweit sich die Klagen der Klägerinnen zu 2) und 3) gegen den Freistaat Bayern als Träger der Ausgleichsbehörde richten, sind sie unzulässig, weil es zumindest an der für eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis fehlt.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die - hier von den Klägerinnen zu 2) und 3) erhobene - Verpflichtungsklage nur zulässig, wenn geltend macht wird, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Auf die oben bei der Klägerin zu 1) gemachten Ausführungen, die hier sinngemäß geltend, wird verwiesen.

Im vorliegenden Fall besteht jedoch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise ein von den Klägerinnen zu 2) und 3) behauptbares Recht gegen den Freistaat Bayern auf Feststellung ihrer Vertriebeneneigenschaft mit der Folge, dass auch eine entsprechende Verpflichtung ausscheidet, diese Feststellung zugunsten der Klägerinnen zu 2) und 3) zu treffen. Denn die begehrte gerichtliche Feststellung hat der Gesetzgeber durch § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG ausdrücklich zugunsten anderweitiger Leistungs- oder Feststellungsansprüche ausgeschlossen. Auf die bereits oben zur Klägerin zu 1) gemachten Ausführungen, die hier sinngemäß geltend, wird verwiesen.

3. Soweit sich die Klagen gegen die Landeshauptstadt ... richten, sind sie unzulässig, weil insofern die Rechtshängigkeit der Klage im Verfahren M 25 K 06.56617 Abs. 1 Satz 2 GVG) entgegen steht bzw. es insofern an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

a) Gemäß § 90 Abs. 1 VwGO wird durch Erhebung der Klage die Streitsache rechtshängig. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner anderen Partei anderweitig anhängig gemacht werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG). Dieses Verbot stellt ein von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis dar und führt zur Unzulässigkeit der zweiten Klage (Rennert/Eyermann, VwGO, zu § 41 Rdnr. 11).

Im vorliegenden Fall ergibt sich zunächst aus der ausdrücklichen Erklärung des Bevollmächtigten der Klägerinnen vom 29. Oktober 2007, dass die Klägerinnen mit den hier gestellten Anträgen auch gegen die Landeshauptstadt ... vorgehen wollten. Weil Deutscher im Sinne des Grundgesetzes nach Art. 116 Abs. 1 GG vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat, richten sich die Klageanträge zu 1. und 2. der Sache nach auf die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale des Art. 116 Abs. 1 GG, die jedoch, wie oben bereits ausgeführt, wegen § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG als entscheidungserhebliche Vorfragen inzident im Verfahren auf Feststellung der Statusdeutscheneigenschaft geprüft werden müssen. Diese Anträge sind daher bereits (inzident) Gegenstand der Klage der Klägerinnen gegen die Landeshauptstadt ... im Verfahren M 25 K 06.566 (vgl. nur BayVGH vom 29.1.2008, Az.: 5 C 07.2252, und S. 16 ff. des Urteils der 25. Kammer vom 10.3.2008). Damit besteht entsprechend obigen Ausführungen insofern ein Prozesshindernis, womit die Klagen schon aus diesem Grunde unzulässig sind.

b) Den Klagen fehlt im Übrigen auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil, wie bereits ausgeführt, es sich hierbei um entscheidungserhebliche Vorfragen im Verfahren auf Feststellung der Statusdeutscheneigenschaft handelt, die in diesem Verfahren inzident geprüft werden müssen (was auch geschehen ist; vgl. nur S. 16 ff. des Urteils der 25. Kammer vom 10.3.2008 im Verfahren M 25 K 06.566). Hierdurch werden die Klägerinnen ausreichend geschützt, so dass keinerlei im Widerspruch zu Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG stehende Rechtsschutzlücke entsteht.

Sind die Klagen aber bereits unzulässig, dann kommt es auf die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2007 (Az.: 1 BvR 474/05) dargelegte Rechtslage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an.

C.

Dementsprechend waren die Klagen mit der Kostenfolge nach §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil Gründe i.S.v. § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3  oder Nr. 4 VwGO nicht gegeben sind.

Beschluss

Der Streitwert wird für jede Klage auf € 5000,-, insgesamt somit auf € 30.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).