Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.02.2008 - 4 AE 08.282
Fundstelle
openJur 2012, 90063
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 25. Januar 2008 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller den Großen Saal im städtischen Forum am Hofgarten am 8. März 2008 in der Zeit von 14.00 Uhr bis 23.00 Uhr zur Durchführung einer öffentlichen Parteiveranstaltung zur Verfügung zu stellen.

Der Antragsteller, der erstmalig mit Schreiben vom 19. März 2007 die Überlassung des genannten Raumes beantragt habe, habe als Kreisverband einer politischen Partei das Recht, öffentliche Einrichtungen der Antragsgegnerin zu benutzen. Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. November 2007, gegen das die Antragsgegnerin Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat (Az. 4 ZB 07.3489), wurde hingewiesen. In diesem Verfahren habe sich herausgestellt, dass entgegen der schriftlichen Auskünfte der Antragsgegnerin die Samstage im März 2008 noch nicht belegt gewesen seien. Der Antragsgegner habe sich mit Schreiben vom 21. November 2007 auf den 8. März 2008 festgelegt; die Antragsgegnerin habe sich hierzu nicht geäußert. Ein Ausdruck aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2008 belege, dass der Termin 8. März 2008 noch nicht belegt sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin werde eine höchstrichterliche Entscheidung befolgen und im Falle eines negativen Ausgangs des Rechtsstreits in der Hauptsache ihr Forum am Hofgarten an den Antragsteller vermieten. Schon am Nachmittag des 19. November 2007 sei der nächstmögliche freie Samstag im - im Hauptsacheverfahren - beantragten Zeitraum intern „geblockt“ worden. Dieser Tag sei der 7. Juni 2008. Der im Rahmen der Klageerwiderung vom 7. September 2007 vorgelegte Belegungsplan sei - worauf die Vertreterin der Antragsgegnerin ausdrücklich hingewiesen habe - bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht überholt gewesen. Zum Nachweis werde der Belegungsplan des Großen Saales für den Zeitraum 8. März bis 30. Juni 2008 (Stand 19. November 2007) vorgelegt. Mit dem Schreiben vom 21. November 2007 habe sich der Antragsteller nicht auf den 8. März 2008 festgelegt, sondern die Möglichkeit einer zwischenzeitlichen anderweitigen Belegung in Betracht gezogen. Der Antragsteller habe daher keinen Anspruch auf Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung, da an dem konkret genannten Termin der Große Saal des städtischen Forums am Hofgarten mit einer anderweitigen Veranstaltung belegt sei, die nach dem 7. September und vor dem 19. November 2007 gebucht worden sei. Aufgrund der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Forums am Hofgarten (beispielsweise: Tagungen, Firmen- und Verkaufsveranstaltungen, Feiern jeder Art, geschlossene Veranstaltungen) sei es nur selbstverständlich, dass der Internetauftritt nicht über die tatsächliche Ausbuchung entscheide. Auch eine Veranstaltung des Antragsgegners würde nicht im genannten Internetauftritt erscheinen, und das Forum wäre doch tatsächlich (und auch vertraglich bindend) belegt. Würde dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben, würde die Antragsgegnerin zu etwas rechtlich Unmöglichem, nämlich zur Verletzung eines bestehenden Vertragsverhältnisses gezwungen und sich schadensersatzpflichtig machen.

Der Antragsteller hat mit Telefax vom 20. Februar 2008 nochmals Stellung genommen. Die von der Antragsgegnerin jetzt dargelegte Belegungssituation entspreche nicht den Tatsachen: Gegenüber dem Verwaltungsgericht habe sie den 8. März 2008 als freien Termin benannt; auch in der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2008 sei dies bestätigt worden. Dort habe die Antragsgegnerin lediglich darauf hingewiesen, dass der 1. März 2008 aufgrund der Auszählung der Kommunalwahl belegt sei. Von seiten des Antragstellers sei der 8. März 2008 immer prioritär gewesen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 VwGO eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (S. 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (S. 2). Der Antragsteller hat sowohl die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch das Vorliegen eines entsprechenden Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

Der Antragsteller hat die Anordnungsvoraussetzungen nicht glaubhaft gemacht.

In Bezug auf den Anordnungsanspruch lässt sich zwar feststellen, dass es sich bei dem Forum am Hofgarten um eine öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin im Sinne des Art. 21 Abs. 1 GO handelt, die nach der durch die Vergabepraxis geformten konkludenten Widmung auch politischen Parteien zur Durchführung von parteipolitischen Veranstaltungen mit überörtlichem Charakter zur Verfügung gestellt wird und deshalb grundsätzlich auch vom Antragsteller für die Abhaltung einer öffentlichen Parteiversammlung beansprucht werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.1993 – 4 CE 93.1966, BayVBl. 1993, 567 m.w.N., B.v. 4.5.2005 – 4 CE 05.1137, juris; allgemein zum Zugang der politischen Parteien zu kommunalen Einrichtungen etwa Köster, KommJur 2007, 244 ff.). Dieser Anspruch ist jedoch für den 8. März 2008, auf den sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung allein bezieht, ausgeschlossen; denn der Große Saal des Forums ist an diesem Tag bereits anderweitig gebucht. Ein Anspruch auf Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung kann nur im Rahmen ihrer – sachlichen und personellen – Kapazität bestehen; ein Recht auf Erweiterung der Kapazität besteht nicht (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2007 – 4 CE 07.2292; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, RdNr. 27 zu Art. 21 GO). Wegen des zeitlichen Ablaufs und des geltend gemachten Hauptsacheanspruchs ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin für den 8. März 2008 eine konkrete Verhinderungsplanung betrieben hätte. Der Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers im Telefax vom 20. Februar 2008 steht die Beweiskraft der Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 19. November 2007 entgegen (§ 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO), in der die Vertreterin der Antragsgegnerin darauf hingewiesen hat, dass sich an der in dem (mit der Klageerwiderung vorgelegten) Belegungsplan dargestellten Kapazität durchaus in den vergangenen zwei Monaten Änderungen ergeben haben könnten. Zwischenzeitlich sei nicht von einer weiteren zukünftigen Belegung abgesehen worden. Bis Juni 2008 stünden jedenfalls noch freie Kapazitäten zur Verfügung.

Der Antragsteller hat auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Mit dem Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Hauptsacheverfahren 4 ZB 07.3489 steht rechtskräftig fest, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller den Großen Saal im städtischen Forum am Hofgarten an einem Samstag im Zeitraum vom 8. März 2008 bis 30. Juni 2008 in der Zeit von 14.00 Uhr bis 23.00 Uhr zur Durchführung einer öffentlichen Parteiversammlung zur Verfügung zu stellen. Damit kann es in Bezug auf den in der Hauptsache geltend gemachten Anspruch nicht mehr zu einer Vereitelung des Anspruchs infolge Zeitablaufs, also zu vollendeten Tatsachen zu Lasten des Antragstellers kommen. Für eine über den Hauptsacheanspruch hinausgehende Regelungsanordnung besteht keine Veranlassung. Dass dem Antragsteller nun ein möglichst früher Termin gelegen wäre, weil er die öffentliche Parteiversammlung als Wahlkampfauftakt für die Landtagswahl nutzen möchte, begründet keine Dringlichkeit der Sache.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).