OLG München, Urteil vom 31.01.2008 - 29 U 4448/07
Fundstelle
openJur 2012, 89666
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 8. August 2007 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,– Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 176,64 Euro ab 27. Februar 2007 sowie Mahnkosten von 5,11 Euro zu zahlen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von einem Tatbestand wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte – der Höhe nach nicht bestrittene – Zahlungsanspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu, weil seine Abmahnung berechtigt war. Die von der Beklagten verwendete Belehrung ihrer Kunden über deren Widerrufs- oder Rückgaberechte ist irreführend und deshalb gemäß § 5 Abs. 1, § 3 UWG unlauter.

Das Landgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass den Kunden der Beklagten gemäß § 312d Abs. 1 BGB Widerrufs- oder Rückgaberechte zustehen (vgl. BGH NJW 2005, 53 ff.). Im Übrigen ist die landgerichtliche Entscheidung jedoch mit Rechtsfehlern behaftet und kann daher im Ergebnis keinen Bestand haben.

5Die Belehrung der Beklagten, ihren Kunden stehe bei Verträgen, die in Form von Versteigerungen geschlossen werden, kein Widerrufsrecht zu, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts irreführend und deshalb unlauter (vgl.Bornkammin:Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. 2008, § 5 UWG Rz. 7.140; vgl. auch BGH GRUR 2003, 622 (623) –Abonnentenvertrag;Köhlerin:Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. 2008, § 4 UWG Rz. 11.170 jeweils m. w. N.). Die Verwendung des BegriffsVersteigerungim streitgegenständlichen Zusammenhang ist geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck zu erwecken, dass – entgegen der Rechtslage – kein Widerrufsrecht bestehe. Denn der BegriffVersteigerungwird im allgemeinen Sprachgebrauch auch für Verkäufe gegen Höchstgebot verwendet, wie sie die Beklagte anbietet (so ausdrücklich BGH, a. a. O., S. 54 unter 2. b) aa)). Entsprechend verwendet auch der Bundesgerichtshof nicht nur in der oben angegebenen, sondern auch in anderen Entscheidungen den BegriffVersteigerungfür derartige Geschäfte (vgl. etwa BGH GRUR 2007, 890 –Jugendgefährdende Medien bei eBay(dort Tz. 4) und GRUR 2007, 708 –Internet-Versteigerung II; GRUR 2004, 860 –Internet-Versteigerung I, bei denen diese Begriffsverwendung sogar Eingang in die – vom Bundesgerichtshof gewählten – Entscheidungsnamen eingeflossen ist). Auch die zahlreichen Fundstellen, die die Beklagte dazu angeführt hat, dass es sich bei den Verkäufen gegen Höchstgebot über eBay nicht um Versteigerungen im Sinne von § 312d, § 156 BGB handelt, weisen darauf hin, dass ohne derartige Erläuterungen der BegriffVersteigerungzumindest doppeldeutig ist und deshalb entsprechender Aufklärung bedarf. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die übrige Ausgestaltung der von der Beklagten verwendeten Belehrung nicht geeignet, aus dieser Irreführungsgefahr herauszuführen. Der Umstand, dass in Ziffer 6.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten mehrere Geschäftstypen aufgeführt sind, für die kein Widerrufsrecht bestehen soll und die die Beklagte ersichtlich nicht anbietet (Anfertigung nach Kundenspezifikation, Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen, Lieferungen von Zeitungen usw., Erbringung von Wett- und Lotterie-Dienstleistungen), bietet dem Kunden keinerlei Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage, ob die von der Beklagten angebotenen Geschäfte Versteigerungen im Sinne dieser Klausel sind; die Nennung ersichtlich nicht einschlägiger Geschäfte trägt allenfalls dazu bei, den Kunden hinsichtlich der Bedeutung der Klausel weiter zu verunsichern.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs.1 Satz1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.).