LAG Köln, Urteil vom 04.05.2012 - 4 Sa 114/12
Fundstelle
openJur 2012, 88789
  • Rkr:

Entschädigungsanspruch wegen Aufnahme einer Elternzeit in das Arbeitszeugnis (in concreto verneint).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 29.11.2011 – 5 Ca 3185/11 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten, nachdem sie erstinstanzlich über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses gestritten hatten, zweitinstanzlich nunmehr darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen hat, weil die Beklagte in dem zunächst erteilten Zeugnis den Elternurlaub der Klägerin vom 09.08.2009 bis zum 26.09.2009 erwähnte hatte. Etwa 1 ½ Monate nach dem ersten Verlangen der Klägerin, die Elternzeit im Zeugnis unerwähnt zu lassen hatte die Beklagte ein weiteres Zeugnis erteilt, in dem die Elternzeit nicht mehr erwähnt wurde.

Nach zweitinstanzlichem Vortrag der Klägerin hat diese das erste Zeugnis, in dem die Elternzeit erwähnt wurde, und welches auf den 25.05.2011 datiert ist, am 06.06.2011 erhalten. Die Beklagte hat dieses mit Nichtwissen bestritten.

Wegen des übrigen erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Tatsachenvortrags der Parteien und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.11.2011 die Klage – soweit sie noch Streitgegenstand der zweiten Instanz ist – abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 13.01.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.01.2012 Berufung eingelegt und diese am 06.03.2012 begründet.

Die Klägerin greift das erstinstanzliche Urteil im Wesentlichen mit Rechtsausführungen an. Insoweit wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch den Betrag von 10.000,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 29.07.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie weist darauf hin, dass sie bereits im Schreiben vom 30.08.2011 angekündigt habe, ein neues Zeugnis ohne die Erwähnung der Elternzeit zu erstellen und dass dieses der Klägerin von der Beklagten ebenfalls am 30.08.2011 per Einwurfeinschreiben zugesandt worden sei.

Wegen des übrigen, insbesondere aus Rechtsausführungen bestehenden Inhalts der Berufungserwiderung wird auf diese (Bl. 166 ff. d. A.) Bezug genommen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache keinen Erfolg. Denn in der Erwähnung der Elternzeit im zunächst ausgestellten Zeugnis liegt keine ungerechtfertigte Benachteiligung.

I. Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht dürfen erhebliche Ausfallzeiten eines Arbeitnehmers im Zeugnis dokumentiert werden, wenn ansonsten bei Dritten der falsche Eindruck entstehen würde, die Beurteilung des Arbeitnehmers beruhe auf einer der Dauer des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses üblicherweise entsprechenden tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung. Dieses entspricht dem Grundsatz der Zeugniswahrheit (vgl. BAG 10.05.2005 – 9 AZR 261/05). Dabei kann eine schematische Grenze zwischen wesentlichen Ausfallzeiten und solchen, die im Arbeitszeugnis als unwesentlich keine Erwähnung finden dürfen, nicht gezogen werden. Dabei sind Dauer und zeitliche Lage der Ausfallzeiten zu berücksichtigen (BAG a. a. O.).

II. Im vorliegenden Fall bestand das Arbeitsverhältnis vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2010. Tatsächlich war die Klägerin gegen Ende des Arbeitsverhältnisses mehr als 1 Jahr auf Grund der Elternzeit nicht im Arbeitsprozess. Unmittelbar nach Rückkehr aus dem Elternurlaub sprach die Beklagte die Kündigung aus, die auf Grund des späteren Vergleichs als Ordentliche zum 31.12.2010 galt.

Wegen der Lage des mehr als einjährigen Elternurlaubs am Ende des Arbeitsverhältnisses, welches nur 5 ½ Jahre dauerte und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei der Softwarebranche, in der die Klägerin tätig war, um eine sich schnell und dynamisch entwickelnde Branche handelt, durfte die Beklagte das Interesse eines potenziellen neuen Arbeitgebers, zu wissen, ob der Bewerber auf dem neuesten Stand des von ihm ausgeübten Berufes ist, dahingehend werten, dass sie die Ausfallzeit der Klägerin erwähnte.

Dabei stellt sich die Angabe der Elternzeit als Grund des Ausfalls als solche nicht als Benachteiligung dar. Denn damit handelte die Beklagte letztlich im Interesse der Klägerin. Diese Angabe war geeignet zu verhindern, dass potentielle Arbeitgeber über den Grund der Ausfallzeit der Klägerin nachteilige Mutmaßungen anstellten (BAG a. a. O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 2 ZPO.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

Dr. Backhaus Schmitz Pal