OLG Köln, Urteil vom 06.06.2012 - 6 U 60/11
Fundstelle
openJur 2012, 87123
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 01.03.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 343/07 - wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicher­heits­leistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten oder Streithelferinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe

I.

Die Klägerin vertreibt in Nachfolge der U. GmbH ein in Deutschland verbreitetes Regalsystem für den Laden­bau und geht ständig gerichtlich gegen Anbieter ähnlicher Regalbauteile vor, die sie als unlautere Nachahmung ihres Systems ansieht. Die Beklagte zu 1.), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2.) ist, handelt in Deutschland mit Ladenbauregalen verschiedener Hersteller, darunter zumindest früher auch der Streit­helferin­nen. Die Streithelferin zu 2.) hatte sich am 13.10.2006 in einem Berufungsverfahren vor dem Senat (6 U 70/06 = 81 O 33/05 LG Köln) verpflichtet, den Vertrieb näher bezeichneter Teile ihres Regalsystems zu unterlassen, sofern diese nicht gekenn­zeich­­net sind. Mit ihrer am 28.12.2007 eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft, Abmahnkostenerstattung in Höhe von 18.912,80 € nebst Zinsen und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen, weil sie das aus dem vorgenannten Verfahren gegen das Herstellerunternehmen bekannte, mit dem System der Klägerin nahezu identische Regalsystem vertreibe, bei dem nur einige Regalelemente kaum sichtbar mit der Kennzeich­nung „F.“ versehen seien. Die Beklagten und ihre Streithelferin­nen sind dem entgegengetreten. Während des Rechtsstreits hat die Klägerin im Juni 2008 einen Testkauf bei der in einem Parallelverfahren (81 O 341/07 LG Köln = 6 U 61/11 OLG Köln) in Anspruch genommenen K. GmbH vornehmen lassen und ihren Klageantrag mehrmals neu gefasst. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der von der Klägerin vor dem Landgericht zuletzt gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil und die dort in Bezug genommene Schriftsätze - zumal vom 29.06.2009 und 22.11.2010 - sowie die Sitzungsniederschriften vom 17.06.2008, 30.11.2010 und 18.01.2011 verwiesen.

Das Landgericht hat Ladenbauregale in Augenschein genommen und Zeugen vernommen. Mit dem angefochtenen Urteil, auf das auch wegen der getroffenen Feststellungen und aller Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, hat es die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat gegen das Urteil fristgerecht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 08.06.2011 begründet. Sie beantragt, die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Regalsysteme für den Ladenbau gemäß nachfolgend eingeblendeten Abbildungen abzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, deren Einzelteile, insbesondere Fachboden, Säule, Konsole, Rückwand, Sockelblende und/oder Fußteil wie in den weiterhin folgenden Detailabbildungen wiedergegeben gestaltet sind:

[es folgen die sechs Abbildungen der im Termin vom 17.06.2008 zu den Akten gereichten und im angefochtenen Urteil eingeblendeten Fotoserie und die Abbildung aus der Klageerweiterung vom 29.06.2009]

mit der Maßgabe, dass der Ausspruch zur Unterlassung sich auf Regalsysteme gemäß obigen Abbildungen auch bezieht, wenn einige oder alle Einzelteile wie in den nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen gekennzeichnet sind: 

[es folgen zwölf mit „und/oder“ verbundene Detailabbildungen von unterschiedlich gekennzeichneten Regalteilen]

Bezogen auf diesen Antrag verfolgt sie ihre erstinstanzlichen Annexanträge unverändert weiter. Wegen aller Einzelheiten ihres zweitinstanz­lichen Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung sowie die weiteren Schriftsätze der Klägerin Bezug genommen.

Die Beklagten und die Streithelferinnen halten die Berufung und die darin enthaltene Klageänderung für unzulässig, die Anträge für unbestimmt sowie die Ansprüche teilweise für verjährt und verteidigen das angefochtene Urteil im Ergebnis auch mit näher ausgeführten materiell­recht­lichen Erwägungen.

II.

Die Berufung ist unzulässig.

1. Die Zulässigkeit jeder Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Eine Berufung ist unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise (zumindest hilfsweise) weiterverfolgt, also im Falle einer erstinstanzlichen Klageabweisung lediglich einen geänderten Anspruch zur Entscheidung stellt. Denn die Änderung der Klage in zweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein, sondern erfordert eine zulässige Berufung (st. Rspr.: BGHZ 155, 21 [26]; BGH, WRP 2001, 699 [700] - Impfstoffe; GRUR 2008, 1121 = WRP 2008, 1516 [Rn. 14] - Freundschaftswerbung im Internet; NJW 2011, 3653).

2. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin an Stelle des von ihr in erster Instanz zuletzt verfolgten und mit dem angefochtenen Urteil abgewiesenen Petitums  im Wege der Klageänderung einen neuen Anspruch zum Gegenstand ihres Klagebegehrens gemacht.

a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger diese Rechtsfolge herleitet (BGHZ 154, 342 [347f.] = GRUR 2003, 716 - Reinigungsarbeiten; BGH, GRUR 2011, 521 = WRP 2011, 878 [Rn. 3] - TÜV I, GRUR 2012, 184 = WRP 2012, 194 [Rn. 13] - Branchenbuch Berg). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechts­folge in dem Verbot gerade der bestimmten, als rechtswidrig angegriffenen Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag und der zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat. Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt den Inhalt des Klagebegehrens (BGHZ 168, 179 = GRUR 2006, 960 = WRP 2006, 1247 [Rn. 15] - Anschriftenliste; BGH, GRUR 2008, 1121 = WRP 2008, 1516 [Rn. 16] - Freundschaftswerbung im Internet; GRUR 2011, 1153 = WRP 2011, 1593 [Rn. 38] - Creation Lamis).

Es liegt insoweit anders als in dem Fall, dass der Kläger nur einen einzigen Lebenssachverhalt zur Begründung seines Unterlassungsbegehrens vorträgt und die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung dem Gerichts überlässt, so dass die Frage, ob der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, für die Abgrenzung des Streitgegenstandes nicht maßgeblich ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 184 = WRP 2012, 194 [Rn. 15] - Branchenbuch Berg). Denn indem der Kläger bestimmte Merkmale des angegriffenen Verhaltens in die von ihm umschriebene Verletzungsform aufnimmt, begrenzt er zugleich den Entscheidungsumfang des Gerichts (§ 308 Abs. 1 S. 1 ZPO). Die Abwandlung der Verletzungsform ändert den Streitgegenstand in dieser Konstellation auch dann, wenn sie durch Einfügen oder Weglassen von Merkmalen auf Verhaltensweisen bezogen wird, deren Beurteilung die Prüfung von Sachverhaltselementen erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht ankam; denn darin liegt nur gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) eine schlichte Beschränkung oder Erweiterung der Klage (vgl. BGHZ 168, 179 = GRUR 2006, 960 = WRP 2006, 1247 [Rn. 16] - Anschriftenliste; BGH, GRUR 2008, 1121 = WRP 2008, 1516 [Rn. 25] - Freundschaftswerbung im Internet).

b) Das Landgericht hat den für seine Entscheidung maßgeblichen prozessualen Anspruch zutreffend dahin bestimmt, dass sich die Klage in ihrer Fassung zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz - auf die es für die Beurteilung entscheidend ankommt - gegen den Vertrieb von Regalbauteilen durch die Beklagte gerichtet hat, die wie auf den eingeblendeten sechs Fotografien gestaltet sind und bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung „F.“ versehen sind. Die Wiedergabe des Klageantrags im Tatbestand des angefochtenen Urteils folgt insoweit buchstabengetreu der Formulierung im ersten Absatz auf Seite 3 des Schriftsatzes der Klägerin vom 22.11.2010 (Bl. 434 d.A.), auf die sich diese in der Verhandlung am 30.11.2010 bezogen hat (Bl. 461R d.A.).

aa) Im Verhandlungsprotokoll vom 30.11.2010 (Bl. 461R d.A.) ausdrücklich festgehalten ist die (abstrakte) Beschränkung des Klagebegehrens auf die Unterbindung des Vertriebs von Regalen, bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung versehen sind. Ein Vertrieb von Ladenbauregalen, bei denen alle Teile - sei es auch unzureichend - gekennzeichnet sind, liegt danach erklärtermaßen außerhalb der angegriffenen Verletzungsform. An dem so begrenzten Unterlassungsbegehren hat die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 18.01.2011 (abschriftlich nachgereicht Bl. 830 f. d.A.) und der Verhandlungsniederschrift vom gleichen Tag (Bl. 493R, 498R d.A.) in erster Instanz festgehalten und dem lediglich die weitere Klarstellung hinzugefügt, dass neben der fehlenden Kennzeichnung aller Regalteile (kumulativ) auch beanstandet werde, dass die an den übrigen Regalteilen vorhandenen Kennzeichnungen unzureichend seien, weil sie versteckt angebracht und/oder nicht hinreichend deutlich seien.

bb) Abgesehen von dieser Beschränkung hat die Klägerin als angegriffene Verletzungsform zunächst nur den Vertrieb solcher Regalteile angesehen, die aus dem Betrieb der Streithelferinnen stammen. Die ursprüngliche Klage war damit begründet, dass das von der Beklagten vertriebene Regalsystem dem Gericht aus dem vorangegangenen Rechtsstreit gegen das englische Herstellerunternehmen - die Streithelferin zu 2.) - bekannt sei. Die im Termin vom 17.06.2008 (Bl. 163 ff. d.A.) vorgelegten und seitdem im Klageantrag eingeblendeten Lichtbilder eines aufgebauten, nach einer Testbestellung bei der Beklagten des Parallelverfahrens am 09.06.2008 in den Besitz der Klägerin gelangten Regals beziehen sich nach den Überschriften, den abgebildeten Papierschildern und den Erläutungen im Schriftsatz der Klägerin vom 16.07.2008 (Bl. 172 d.A.) auf nicht gekennzeichnete Regalteile von „F.“. Auch die in den Antrag übernommene Formulierung im Schriftsatz vom 22.11.2010, dass nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung „F.“ versehen seien (Bl. 434 d.A.), passt nur zu Regalen der Streithelferinnen. Soweit in dem Schriftsatz vom 18.01.2011 von einer Einstanzung des Herstellers (z.B. „F.“) die Rede ist (Bl. 831 d.A.), ist die eine beispielhafte Beschreibung andeutende Abkürzung „z.B.“ nach der Klarstellung im Termin vom gleichen Tag, dass damit keine Klageerweiterung beabsichtigt sei, zwanglos dahin zu verstehen, dass der Kernbereich des Verbots auch andere Formen der Kennzeichnung von „F.“-Regalen, nicht aber Regale anderer Hersteller umfasse.

Keine andere Bewertung gebietet die Erklärung der Klägerin im Termin vom 30.11.2010, dass es nicht darauf ankomme, ob die Rückwände des in Augenschein genommenen Testkaufregals von „F.“ hergestellt worden seien, und es reiche, dass sie nicht von der Klägerin hergestellt worden seien (Bl. 462 d.A.). Es liegt nämlich fern, dass diese ohne jeden tatsäch­lichen Anhaltspunkt in den eingeblendeten Fotografien und ihrem schriftsätzlichen Vorbringen auch den Vertrieb von Regalbauteilen beliebiger dritter Hersteller durch die Beklagte angreifen wollte. Zu einem solchen Verständnis ihres Petitums besteht um so weniger Anlass, als die Klägerin sich nicht auf eine bei der Beklagten selbst durchgeführte Testbestellung oder auf Abbildungen der angeblich von ihr an den M.-Markt U. gelieferten Regalbau­teile  gestützt, sondern in ihren Antrag Bilder eines von einer anderen Lieferantin (der K. GmbH) bezogenen „F.“-Regals eingeblendet hat.

cc) Eine ausdrückliche Klageerweiterung hat die Klägerin in erster Instanz insoweit vorgenommen, als sie mit Schriftsatz vom 29.06.2009 (Bl. 349 ff. d.A.) in den Antrag zusätzlich eine Abbildung aus einem Katalog der Beklagten (Stand August 2008) eingeblendet hat, der „mit freundlicher Unterstützung der W.“ erstellt wurde (Anlage rop 15, nachgereicht Bl. 832 ff. d.A.). Nach den schriftsätzlichen Ausführungen der Klägerin (Bl. 351 d.A.) sollte dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass es ihr nicht in erster Linie auf den Hersteller der Nachahmung ankam, sondern das erstrebte Verbot auch den Vertrieb „entsprechender Nachahmungen“ umfassen sollte, die nicht von F., sondern z.B. von W. hergestellt wurden, zumal dem Katalog der Beklagten nicht zu entnehmen sei, von wem das abgebildete Regal tatsächlich hergestellt worden sei.

Diese Klageerweiterung, auf die nach der ausdrücklichen, in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz am 18.01.2011 bestätigten Erklärung der Klägerin in der Sitzung vom 30.11.2010 die Konkretisierungen gemäß Schrift­­satz vom 22.11.2010 ebenfalls anzuwenden waren (Bl. 461R d.A.), kann allerdings nicht so verstanden werden, als sei die Klage nunmehr gegen den Vertrieb von Systemregalbauteilen beliebiger Hersteller durch die Beklagte gerichtet gewesen, die Ähnlichkeit mit Systembauteilen der Klägerin aufweisen. Denn ein solcher Unterlassungsantrag wäre ersichtlich unbe­stimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil er keine hinreichende Individua­lisierung der angegriffenen Produktnachahmung ermöglichte. Verstanden werden konnte die erweiterte Klage vielmehr nur dahin, dass der Beklagten neben dem Vertrieb von „F.“-Regalen (wie die Klägerin sie über die K. GmbH bezogen hatte) nun auch der Vertrieb eines (mut­maßlich von der Herstellerin W. stammenden) Regals untersagt werden sollte, wie es in ihrem Katalog August 2008 abgebildet und angeboten worden war  - und dies gemäß der in der Sitzung erklärten Maßgabe immer nur dann, wenn es sich um nicht sämtlich mit einer Einstanzung versehene (und nicht nur unzureichend gekennzeichnete) Regalteile handelte.

c) Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr vorbeschriebenes, auf den Vertrieb von Regalen ohne Herstellerkennzeichnung sämtlicher Teile beschränktes erstinstanzliches Klagebegehren nicht weiter, sondern stellt nur noch einen Unterlassungsanspruch zur Entscheidung, dem eine andere als die in erster Instanz angegriffene Verletzungsform zu Grunde liegt.

aa) Indem der Berufungsantrag den in erster Instanz formulierten, gegen den Vertrieb bestimmter Regalbauteile gerichteten Unterlassungsantrag nur teilweise - ohne die Bezugnahme auf Regale, bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung versehen sind - wiederholt und mit der zusätzlichen Maßgabe versieht, dass von dem Antrag auch Regale erfasst sein sollen, bei denen einige oder alle Einzelteile wie in den zwölf folgenden Abbildungen gekennzeichnet sind, hat die umschriebene Verletzungsform eine den Streitgegenstand verändernde wesentliche Abwandlung erfahren.

Den Prozessbeteiligten ist bekannt, dass der Senat kurz nach dem hier angefochtenen Urteil die Berufung eines dritten Unternehmens (der J. GmbH) gegen ein von der Klägerin wegen ähnlicher Regalnachbauten erstrittenes Urteil mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, dass sich der erstinstanzliche Unterlassungstenor auf Regalsysteme gemäß den in dem Urteil wiedergegebenen Abbildungen auch beziehe, wenn diese wie in bestimmten weiter eingeblendeten Detailabbildungen gekennzeichnet seien (Senatsurteil vom 18.03.2011 - 6 U 139/10 = 81 O 147/09 LG Köln; gegen die Nichtzulassung der Revision ist zu I ZR 78/11 Beschwerde eingelegt). Anders als in jenem Fall, in dem der Senat eine zweitinstanzliche Klageänderung verneint oder jedenfalls als sachdienlich angesehen hat, weil das erstinstanzliche Petitum der Klägerin durchgängig das von der dortigen Beklagten vertriebene Regalsystem in seiner charakteristischen Gesamtgestalt betraf, ohne auf Einzelheiten der darauf angebrachten Kennzeichnungen besonderen Wert zu legen (weshalb weitere derartige Kennzeichnungen den Kernbereich des mit der Klage erstrebten Verbots unberührt ließen und Detailabbildungen solcher Kennzeichnungen auf dem streitbefangenen Regal im Tenor des Berufungsurteils berücksichtigt werden konnten), hat die Klägerin im Streitfall den Vertrieb von Ladenbauregalen der fotografisch individualisierten Art unter ausdrücklicher Beschränkung auf den (abstrakten) Aspekt angegriffen, dass nicht alle Teile - einige Teile also nicht - mit herstellerkennzeichnenden Einstanzungen versehen seien. Wenn sie nun - nach dem ebenfalls allen Prozessbeteiligten bekannten Senatsurteil vom 22.06.2011 zwischen der Klägerin und der Streithelferin zu 1.) wegen des Vertriebs vielfach gekennzeichneter „F.“-Regale (6 U 152/10 = 84 O 116/09 LG Köln; das Aktenzeichen der Nichtzulassungsbeschwerde lautet I ZR 136/11) - in zweiter Instanz statt eines Verbots dieser eng begrenzten Verletzungsform das weiter gehende Verbot des Vertriebs derartiger Regale auch für den Fall erstrebt, dass einige oder alle Teile die aus den neu eingeblendeten Detailabbildungen ersichtlichen Herstellerkennzeichen aufweisen, begehrt sie damit nicht bloß (wie sie selbst einräumt) sachlich und wirtschaftlich mehr, sondern in prozessualer Hinsicht (§§ 263, 264 Nr. 2, 533 ZPO) etwas anderes, ja in gewisser Hinsicht sogar das kontradiktorische Gegenteil, nämlich kein Verbot wegen fehlender, sondern trotz vorhandener Kennzeichnung einiger oder aller Teile.

bb) Hinzu kommt, dass die Klägerin im Berufungsrechtszug die dem Unterlassungsantrag erster Instanz immanente Beschränkung des Verbots auf den Vertrieb von Regalen bestimmter Hersteller - sei es „F.“, sei es „W“ als mutmaßliche Herstellerin des im Beklagtenkatalog von August 2008 angebotenen Regals - aufgegeben hat und ausweislich der zusätzlich in den Berufungsantrag eingeblendeten Detailabbildungen und der Berufungs­begrün­dung nun in von ihr selbst eingeräumter Erweiterung ihres Petitums auch geltend macht, dass die Beklagte ebenfalls den Vertrieb von „P“-Regalen oder von Regalen beliebiger dritter Hersteller zu unterlassen habe.

cc) Jedenfalls innerhalb der Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) hat die Klägerin nur den vorbeschriebenen neuen Klageanspruch geltend gemacht, ohne daneben ihr abweichendes, mit dem angefochtenen Urteil abgewiesenes erstinstanzliches Begehren wenigstens hilfsweise weiter zu verfolgen.

Unter Nr. II und III der Berufungsbegründung (Bl. 652 ff. d.A.) hat sie zwar ausgeführt, dass das Landgericht fehlerhaft über ihre erstinstanzliche Klage­erweiterung vom 29.06.2009 nicht entschieden und das Ergebnis der Beweis­aufnahme falsch gewürdigt habe. Eine hilfsweise Aufrechterhaltung ihres in erster Instanz zuletzt gestellten Antrags auf Untersagung des Vertriebs von Regalen, bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung versehen sind, lag darin jedoch nicht. Denn die betreffenden Ausführungen dienen lediglich der (Hilfs-) Begründung eines im entscheidenden Punkt vollständig neu gefassten und auf ein anderes Rechtsschutzziel gerichteten Antrags. Daran ändert auch die Formulierung „einige oder alle“ im zweiten Teil des Berufungsantrags nichts, mit der die Möglichkeit einer Alternativbetrachtung

angedeutet zu sein scheint. Denn nach der bekannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit der alternativen Klagehäufung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (GRUR 2011, 521 = WRP 2011, 878 [Rn.  8 ff.] - TÜV I, GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 21 ff.] - TÜV II; BGH, WRP 2012, 716 [Rn. 31] - OSCAR) kann der Kläger die Auswahl der Verletzungsform und des zugehörigen Klagegrundes nicht dem Gericht überlassen, sondern muss diesem selbst eine durch Haupt- und Hilfsantrag verdeutlichte Prüfungsreihenfolge vorgeben. Daran fehlt es hier.

3. Abgesehen von der Unzulässigkeit der Berufung wegen Auswechslung der konkret angegriffenen Verletzungsform und damit des Streitgegenstandes ist die mit dem Berufungsantrag vorgenommene Klageänderung, der die Beklagten und ihre Streithelferinnen widersprochen haben, auch nach § 533 Nr. 1 ZPO unzulässig. Als sachdienlich kann sie vom Senat nämlich keinesfalls angesehen werden, weil die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme schon wegen des nunmehr verfolgten veränderten Rechtsschutzziels nicht mehr verwertbar wäre und die Entscheidung über den neuen Antrag von Grund auf neue Feststellungen zur Gestaltung und Kennzeichnung der von der Beklagten zu 1.) tatsächlich vertriebenen Regalsysteme verschiedener Hersteller und zur Frage einer dadurch bewirkten vermeidbaren Herkunftstäuschung oder unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung erfordern würde. In diesem Zusammenhang bedürfte es unter Berücksichtigung der (klägerseits mit Nichtwissen bestrittenen) umfangreichen Darle­gungen und Beweisantritte in der Berufungserwiderung auch ergänzender Feststellungen zur Vertriebsorganisation der Beklagten und zu den ihr als Händlerin zumutbaren Kennzeichnungs- und Aufklärungsmaßnahmen.

4. Hinzu kommt, dass das von der Klägerin begehrte Vertriebs­verbot jedenfalls insoweit zu weit geht, als es auf besondere Umstände abstellt, die sich aus dem Fehlen einer eindeutigen Herstellerkennzeichnung im Zusammenhang mit dem Katalogangebot der Beklagten von August 2008 oder daraus ergeben sollen, dass aus dem Katalogfoto hinreichende Kennzeichnungen des Regals nicht erkennbar sind. Denn auf solche besonderen Umstände, die auf Besonderheiten des Vertriebs mit Hilfe von Katalogen beruhen, kann ein umfassendes Vertriebsverbot, wie es von der Klägerin begehrt wird, nicht gestützt werden  (vgl. BGH, GRUR 2007, 339 = WRP 2007, 313 [Rn. 19] - Stufenleitern).

5. Da die Klägerin ihre Annexanträge durchweg auf den mit der Berufungsbegründung neu gefassten Unterlassungsantrag bezogen hat, ergreift dessen aus den vorstehenden Erwägungen folgende Unzulässigkeit auch diese Anträge.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1 und 2, 711 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1 und 2, 711 ZPO.

Die mit dieser Entscheidung vorgenommene tatrichterliche Würdigung beruht auf den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls und wirft keine bisher ungeklärten Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.