VG Düsseldorf, Urteil vom 05.06.2012 - 2 K 2861/12
Fundstelle
openJur 2012, 87032
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die am 00. März 1969 geborene Klägerin steht als Lehrerin im Dienst des beklagten Landes. Sie wurde in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen, ist an der Realschule P in L sowie als Fachleiterin tätig und wendet sich gegen die Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Sie legte nach dem Studium der Anglistik, Romanistik und Germanistik am 24. September 1997 die Abschlussprüfung als Diplom-Literaturübersetzerin ab. Die Bezirksregierung N erkannte mit Bescheinigung vom 8. März 2004 die Diplomprüfung der Klägerin im Fach Literaturübersetzen als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule - Schwerpunkt Haupt-, Real- und Gesamtschule - in den Fächern Deutsch und Englisch an. Nach Durchlaufen des zweijährigen Vorbereitungsdienstes legte die Klägerin am 5. September 2006 die Zweite Staatsprüfung ab.

Auf ihre Bewerbung erhielt sie von der Bezirksregierung E (nachfolgend: Bezirksregierung) unter dem 21. Juni 2006 im ein Angebot zur Einstellung in den öffentlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Einstellung solle entweder in das Beamtenverhältnis auf Probe oder als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis erfolgen. Die Klägerin nahm das Angebot am selben Tage an. Das amtsärztliche Gesundheitszeugnis der Stadt L vom 26. Juli 2006 kam nach einer Untersuchung der Klägerin, die im Juli 2006 bei einer Körpergröße von 1,76 m ein Körpergewicht von 107 kg aufwies, zu folgendem Ergebnis:

Aufgrund des derzeit festgestellten Gesundheitszustandes bestehen aus medizinischer Sicht Bedenken gegen die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Nach maßgeblicher Gewichtsreduktion sollte eine Neubeurteilung im Juni 2007 erfolgen. Es besteht körperliche Eignung für die Beschäftigung als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis.

Die Bezirksregierung lehnte daraufhin mit Bescheid vom 2. August 2006 die Einstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ab. Es fehle die erforderliche gesundheitliche Eignung. Nach Aussage der Amtsärztin der Stadt L bestünden aufgrund des festgestellten Gesundheitszustandes aus medizinischer Sicht Bedenken gegen die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Grund hierfür sei ein erhebliches Übergewicht mit einem Body Mass-Index (BMI) von 34,6 kg/m2. Die Klägerin wurde in der Folge ab dem 6. September 2006 als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit eingestellt.

Ihren Widerspruch vom 10. August 2006 gegen die unterbliebene Verbeamtung, in dem sie u.a. äußerte, nach Ablauf der Probezeit finde im Hinblick auf eine Verbeamtung auf Lebenszeit ohnehin eine weitere Untersuchung des Gesundheitszustandes statt, wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2006 zurück: Für eine Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe sei auch die gesundheitliche Eignung notwendig. Diese Eignung werde durch ein Gutachten des zuständigen Amtsarztes festgestellt. Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung sei nicht allein der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Einstellung maßgebend, sondern insbesondere festzustellen, ob bei dem Bewerber ein Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit wahrscheinlich sei. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die medizinische Beurteilung im amtsärztlichen Gutachten unrichtig sein könnte. Die Umstände, die zu dem erheblichen Übergewicht geführt hätten, seien unerheblich. Der Klägerin hätte bewusst sein müssen, dass sie im Rahmen der Einstellung amtsärztlich untersucht werden würde; sie hätte dementsprechend bereits im Vorfeld der Untersuchung eine Gewichtsreduktion anstreben können. Das Ergebnis einer möglichen Nachuntersuchung im Juni 2007 sei unerheblich, da sie das Höchstalter von 35 Jahren für eine Einstellung bereits überschritten habe. Der sog. Mangelfacherlass, der eine Verbeamtung bis zum 45. Lebensjahr zugelassen habe, gelte nur für neu einzustellende Bewerber. Sie befinde sich jedoch bereits seit dem 6. September 2006 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, so dass dieser Erlass im Juni 2007 nicht mehr anwendbar sei. Im übrigen sei der Mangelfacherlass letztmalig im Einstellungsverfahren zu Beginn des Schuljahres 2006/2007 anwendbar gewesen.

Ihre hiergegen erhobene Klage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 10. Juli 2007 (2 K 5236/06) ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Klägerin fehle die für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe erforderliche gesundheitliche Eignung. Sie liege mit ihrem BMI von 34,5 kg/m2 deutlich im Bereich der Adipositas. Das ergebe sich aus den Feststellungen des Gesundheitsamtes der Stadt L vom 26. Juli 2006. Ihr Vorbringen, sie habe seit der amtsärztlichen Untersuchung abgenommen und wiege jetzt nur noch 100 statt 107 kg, führe zu keinem anderen Ergebnis, denn auch bei Zugrundelegung dieses Gewichts liege der BMI noch bei einem Wert von 32,3 kg/m2 und damit immer noch deutlich im Bereich der Adipositas. Die gesundheitliche Eignung für eine Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe sei deshalb auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht gegeben.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ließ auf Antrag der Klägerin die Berufung gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 23. November 2009 (6 A 2421/07) zu mit der Begründung, es sei klärungsbedürftig, ob allein ein im Sinne der WHO-Richtlinien nach dem BMI bestimmtes deutliches Übergewicht der gesundheitlichen Eignung entgegenstehe. Am 2. März 2010 fand eine erneute amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt Krefeld aus Anlass eines weiteren Antrages der Klägerin auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe statt. Im amtlichen Gesundheitszeugnis vom 13. April 2010, unterzeichnet von Dr. T und Dr. T1 vom Gesundheitsamt L, hieß es:

Im Vergleich zur letzten Untersuchung hat eine deutliche Gewichtsreduktion stattgefunden. In Verbindung mit der gesundheitlich günstigen Verteilung des Körperfettes bei Frau L1 ist mit einer vorzeitigen Beendigung der Dienstfähigkeit nicht zu rechnen.

Eine Nachuntersuchung war nicht vorgesehen.

Das Berufungsverfahren vor dem OVG NRW erledigte sich daraufhin, weil der Beklagte die Klägerin nunmehr für gesundheitlich geeignet hielt und zum 21. Oktober 2010 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin ernannte.

Eine Beurteilung durch die Bezirksregierung vom 24. Juni 2011 anlässlich des bevorstehenden Endes der Probezeit ergab, dass sich die Klägerin bewährt hatte.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2011, das keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, wies die Bezirksregierung die Klägerin auf die beabsichtigte Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hin und kündigte an, ihre gesundheitliche Eignung durch ein amtsärztliches Gutachten feststellen zu lassen; sie möge der Einladung des Amtsarztes nachkommen.

Der hierüber informierte Personalrat äußerte am 21. Dezember 2011 Bedenken gegen die Maßnahme: In der Regel finde vor der Lebenszeitverbeamtung keine erneute Untersuchung statt. Auch sehe das amtsärztliche Gutachten vom 13. April 2010 keine Nachuntersuchung vor. Dort heiße es zudem, dass mit einer vorzeitigen Beendigung der Dienstfä-higkeit nicht zu rechnen sei, wobei eine Beschränkung auf die Probezeit nicht erfolgt sei.

Die Gleichstellungsbeauftragte teilte unter dem 20. Dezember 2011 mit, sie habe keine Bedenken.

Die Klägerin wandte sich mit Schriftsatz vom 16. Januar 2012 ebenfalls gegen die Aufforderung, einer amtsärztlichen Einladung zu einer Untersuchung zu entsprechen. Dies sei rechtlich nicht begründet. Bei Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe habe ihre gesundheitliche Eignung vorgelegen. Aus der gesetzlichen Systematik ergebe sich, dass damit auch die Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gegeben sei. In das Beamtenverhältnis auf Probe dürfe nur berufen werden, wer auch später als Beamter auf Lebenszeit Verwendung finden könne. Daher werde bereits bei der Verbeamtung auf Probe eine Langzeitprognose erstellt. Ferner sei nach dem Inhalt der amtsärztlichen Stellungnahme vom 13. April 2010 mit einer vorzeitigen Beendigung der Dienstfähigkeit nicht zu rechnen. Damit sei eine Beendigung vor Erreichen der Altersgrenze gemeint. Sie, die Klägerin, möge daher unverzüglich in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2012, das ebenfalls keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, bekräftigte die Bezirksregierung die Rechtmäßigkeit der Aufforderung an die Klägerin, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften sei die gesundheitliche Eignung vor der Umwandlung eines Probebeamtenverhältnisses in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit dann erneut zu prüfen, wenn Zweifel über den Gesundheitszustand bestünden. Derartige Zweifel lägen vor, weil sich das Gesundheitszeugnis vom 13. April 2010 nur zur Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe verhalte und der übliche Passus fehle, der auch die Eignung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bestätige. Zudem komme die Aufforderung für die Klägerin nicht überraschend, weil sie in ihrem Widerspruchsschreiben vom 10. August 2006 noch selbst davon ausgegangen sei, vor der Lebenszeitverbeamtung nochmals untersucht zu werden.

Die Klägerin sagte zwei ihr vom Gesundheitsamt L genannte Untersuchungstermine am 19. und 26. März 2012 ab und bat um einen neuen Termin im Mai 2012. Daraufhin wies die Bezirksregierung sie mit E-Mail vom 20. März 2012 an, den amtsärztlichen Untersuchungstermin am 26. März 2012 als Dienstgeschäft wahrzunehmen. Auch dem kam die Klägerin nicht nach.

Sie hat am 22. März 2012 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens weiter verfolgt und ergänzend vorträgt: Die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung sei ein belastender Verwaltungsakt. Sie sei rechtswidrig, weil es hierfür keinen sachlichen Grund gebe. Bereits die Untersuchung anlässlich der Probezeitverbeamtung erstrecke sich hinsichtlich der Prognose auf die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Ohne eine solche langfristig positive Prognose bis zum 65. Lebensjahr erfolge schon keine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Das gelte auch für die amtsärztliche Stellungnahme vom 13. April 2010. Soweit dort von der "Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe" die Rede sei, finde sich dies lediglich im Feld für den Anlass der Untersuchung und lasse keine Rückschlüsse auf die zeitliche Reichweite der Stellungnahme zu. Im Gegenteil folge aus der Formulierung, "mit einer vorzeitigen Beendigung der Dienstfähigkeit sei nicht zu rechnen" die Erstreckung auf das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Soweit das Gesundheitsamt dies heute anders darstelle, verwundere dies, weil die abweichende Darstellung nicht von den Verfassern des Gutachtens vom 13. April 2010 stamme.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Bescheide der Bezirksregierung E vom 14. Dezember 2011, vom 23. Januar 2012 und die per E-Mail vom 20. März 2012 erteilte Weisung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren und trägt darüberhinaus vor: Zwar werde bei einer Untersuchung der gesundheitlichen Eignung aus Anlass der Verbeamtung auf Probe grundsätzlich bereits der Maßstab angelegt, der für eine Verbeamtung auf Lebenszeit gelte. Vorliegend gebe es aber Anhaltspunkte, an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin für eine Lebenszeitverbeamtung zu zweifeln. Das amtsärztliche Gutachten vom 13. April 2010 beziehe sich nämlich ausdrücklich auf das Beamtenverhältnis auf Probe. Das bestätige ein Schreiben des Gesundheitsamtes vom 8. Mai 2012. Auch sei die Klägerin noch vor Kurzem mit einer Untersuchung grundsätzlich einverstanden gewesen, wie ihr Begehren zeige, die Untersuchungstermine zu verschieben. In solchen Zweifelsfällen sähen die einschlägigen Vorschriften eine erneute Untersuchung vor.

Der Beklagte hat ein Schreiben der Dr. C vom Gesundheitsamt L vom 8. Mai 2012 zu den Akten gereicht, wonach aus ärztlicher Sicht unter Beachtung der Vorgeschichte eine erneute Begutachtung unbedingt erforderlich sei und das Gutachten vom 13. April 2010 der Beantwortung der Frage nach der Übernahme in das Probebeamtenverhältnis gedient habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 31. Mai 2012 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung konnte im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO) und nach dem Übertragungsbeschluss vom 31. Mai 2012 durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) erfolgen.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Der Zulässigkeit steht § 44a VwGO nicht entgegen. Danach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden, es sei denn, dass behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Abschluss von noch bei den Behörden anhängigen Verwaltungsverfahren durch Rechtsbehelfe verzögert und erschwert wird und die Gerichte mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen ist und noch offen ist, ob die Betroffenen überhaupt durch das Ergebnis des Verfahrens in der Sache beschwert bzw. in ihren Rechten betroffen werden.

Amtliche Begründung des Gesetzes, zitiert bei Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Auflage, § 44a Rn. 1.

Bei den streitgegenständlichen schriftlichen Aufforderungen vom 14. Dezember 2011, 23. Januar 2012 und vom 20. März 2012, zum Zwecke der amtsärztlichen Untersuchung einer entsprechenden Einladung des Gesundheitsamtes Folge zu leisten, handelt es sich allerdings um - nicht abschließende - Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO. Die Klägerin begehrt ihre Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, wie sie noch im Schriftsatz vom 16. Januar 2012 ausdrücklich formuliert hat. Hierbei handelt es sich um eine Ernennung (vgl. § 8 Abs. 2 BeamtStG), die gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG, § 9 BeamtStG u.a. von der gesundheitlichen Eignung abhängt. Die hier angeordnete amtsärztliche Untersuchung wiederum dient der Feststellung der gesundheitlichen Eignung, um eine Entscheidung über die Ernennung der Klägerin zur Lebenszeitbeamtin treffen zu können. Die Klägerin ist grundsätzlich gehalten, die Ernennung unmittelbar mit der Klage anzustreben. Im Rahmen eines solchen Klageverfahrens würde auch die Frage geklärt, ob es einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung bedarf.

Jedoch kann - jedenfalls im vorliegenden Fall - die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung im Sinne des § 44a Satz 2 VwGO vollstreckt werden und ist daher selbstständig angreifbar.

Zwar spricht Vieles dafür, dass es im Grundsatz einer gesonderten Vollstreckbarkeit der Anordnung nicht bedarf. Will ein Probezeitbeamter ohne vorherige Gesundheitsuntersuchung zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden, darf die Behörde die Feststellung der fehlenden gesundheitlichen Eignung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit darauf stützen, dass der Probebeamte sich ohne hinreichenden Grund weigerte, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen. Damit hätte sie den auch im Verwaltungsverfahren geltenden allgemeinen, aus § 444 ZPO abgeleiteten Rechtsgrundsatz konkretisiert, wonach das die Benutzung eines bestimmten Beweismittels schuldhaft vereitelnde Verhalten einer Partei im Rahmen freier Beweiswürdigung als ein Umstand gewertet werden kann, der für die Richtigkeit des Vorbringens des Gegners zeugt.

Vgl. im Fall der angestrebten Reaktivierung eines Ruhestandsbeamten: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. September 1997 - 2 C 33.96 -, NVwZ-RR 1998, 574.

Die Vollstreckung der Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung ist somit für die Entscheidung über die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht zwingend erforderlich.

Indes besteht vorliegend die Besonderheit, dass die Bezirksregierung die Klägerin mit E-Mail vom 20. März 2012 darauf hingewiesen hat, bei der amtsärztlichen Untersuchung handele es sich um ein vorrangiges Dienstgeschäft, und die Klägerin ausdrücklich angewiesen hat, den Untersuchungstermin am 26. März 2012 wahrzunehmen. Daher muss davon ausgegangen werden, dass beabsichtigt ist, bei Nichtwahrnehmung des Termins unabhängig von dem auf die Verbeamtung auf Lebenszeit gerichteten Verwaltungsverfahren wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) zur Durchsetzung der Anordnung auch noch disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen. Das reicht zur Annahme der Vollstreckbarkeit im Sinne des § 44a Satz 2 VwGO und damit zur selbständigen Angreifbarkeit der behördlichen Weisung aus.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1969 - VII C 18.69 -, BVerwGE 34, 250; Kopp/Schenke, a.a.O., § 44a Rn. 8.

Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO. Bei den streitgegenständlichen schriftlichen Aufforderungen vom 14. Dezember 2011, 23. Januar 2012 und vom 20. März 2012, zum Zwecke der amtsärztlichen Untersuchung einer entsprechenden Einladung des Gesundheitsamtes Folge zu leisten, handelt es sich um belastende Verwaltungsakte im Sinn des § 35 Satz 1 VwVfG NRW, deren Aufhebung die Klägerin begehrt.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 11. August 2000 6 B 1029/00 und vom 22. Oktober 1998 6 B 2191/98 ; offen gelassen im Beschluss vom 30. Mai 2007 - 1 B 717/07 ; Beschlüsse der Kammer vom 15. Oktober 2007 2 L 1199/07 , vom 22. April 2004 2 L 730/04 und vom 15. August 2003 2 L 2891/03 .

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 19. Juni 2000 ( 1 DB 13/00 , ZBR 2000, 384) im Falle der angestrebten Reaktivierung eines Ruhestandsbeamten eine derartige Weisung nicht als Verwaltungsakt gewertet, weil entweder das Merkmal der Regelung oder dasjenige der Außenwirkung fehle. Dabei hat es aber ausdrücklich offen gelassen, ob diese Einschätzung auch dann gilt, wenn die Weigerung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, disziplinarische Folgen haben kann. Derartige Folgen können indes, wie ausgeführt, bei der Klägerin eintreten. Sie ist nämlich, anders als der Kläger in dem vom BVerwG entschiedenen Fall, in dem es um einen Ruhestandsbeamten ging, aktive Beamtin. Das erkennende Gericht sieht deshalb keinen Anlass, im vorliegenden Verfahren von seiner und der Rechtsprechung des OVG NRW abzuweichen und die an einen aktiven Beamten gerichtete Weisung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nicht (mehr) als belastenden Verwaltungsakt zu behandeln.

Die Klage ist schließlich nicht wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist (vgl. § 74 Abs. 1 VwGO) unzulässig, weil die angefochtenen Verfügungen keine Rechtsmittelbelehrung enthielten, sodass eine Klageerhebung noch innerhalb eines Jahres erfolgen kann, vgl. § 58 Abs. 2 VwGO.

Die nach alledem zulässige Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung durch die Bezirksregierung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Verfügungen vom 14. Dezember 2011, 23. Januar 2012 und 20. März 2012 sind formell rechtmäßig. Zwar wurde die Klägerin vor Erlass der Verfügung vom 14. Dezember 2011 nicht ausdrücklich im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört. Dieser Verfahrensfehler wurde aber jedenfalls gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW dadurch geheilt, dass die Klägerin auf diese Verfügung mit Schriftsatz vom 16. Januar 2012 ihre abweichende Rechtsauffassung zum Ausdruck brachte und der Beklagte die Möglichkeit hatte, hierauf in den weiteren Verfügungen vom 23. Januar 2012 und 20. März 2012 einzugehen. Eine Anhörung des Personalrates war nach dem derzeit einschlägigen LPVG (anders noch § 75 Abs. 1 Nr. 6 LPVG in der bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung) nicht mehr erforderlich. Dass der Personalrat gleichwohl angehört wurde, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Anordnung. Schließlich wurde die Gleichstellungsbeauftragte gemäß § 18 Abs. 2 des Landesgleichstellungsgesetzes angehört und teilte unter dem 20. Dezember 2011 mit, sie habe keine Bedenken.

Die Verfügungen vom 14. Dezember 2011, 23. Januar 2012 und 20. März 2012 begegnen auch keinen durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in der allgemeinen, sich aus § 35 Satz 2 BeamtStG ergebenden beamtenrechtlichen Gehorsamspflicht in Verbindung mit der aus § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG, § 9 BeamtStG folgenden Notwendigkeit, die für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit notwendige gesundheitliche Eignung festzustellen. Zwar enthalten diese Vorschriften keine konkreten Voraussetzungen, unter denen die amtsärztliche Untersuchung angeordnet werden kann. Jedoch ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. Beschluss vom 26. September 1988 - 2 B 132.88 -, Buchholz 237.1 Art. 56 BayLBG Nr. 1 m.w.N.,

eine Weisung des Dienstherrn an den Beamten, sich ärztlich untersuchen zu lassen, (nur) dann gerechtfertigt, wenn sich die Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung auf konkrete Umstände stützen, die eine derartige Untersuchung rechtfertigen. Diese Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine Weisung zur ärztlichen Untersuchung wurde zwar für Lebenszeitbeamte entwickelt, die möglicherweise dienstunfähig geworden waren (§ 33 Abs. 1 Satz 1 LBG). Sie lässt sich aber grundsätzlich auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen.

Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 31. Juli 2008 - Au 2 K 07.1422 -, juris (Rn. 19).

Danach reicht es aus, wenn Umstände vorliegen, aus denen sich Zweifel an der Dienstunfähigkeit - hier: an der gesundheitlichen Eignung - eines Beamten ergeben können. Ob diese Zweifel berechtigt oder begründet sind, soll gerade durch die Untersuchung festgestellt werden. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung einer solchen Anordnung kann sich daher regelmäßig nicht darauf erstrecken, den Berechtigungsgrad behördlicher Zweifel zu begründen. Das würde die Gefahr einer Vorwegnahme des ärztlichen Untersuchungsergebnisses beinhalten. Die Verwaltungsgerichte sind daher darauf beschränkt zu prüfen, ob die Anordnung der ärztlichen Untersuchung ermessensfehlerhaft und insbesondere willkürlich ist,

ständige Rechtsprechung des OVG NRW, z.B. Beschluss vom 13. Januar 1995 6 B 3020/94 und Urteil vom 18. Januar 1994 6 A 2652/92 .

Hiernach erweist sich die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung als rechtmäßig. Die insoweit erforderlichen konkreten Umstände ergeben sich daraus, dass die Klägerin im Jahr 2006 noch einen BMI von 34,5 kg/m2 aufwies und damit deutlich im Bereich der Adipositas lag. Zwar ist es ihr in der Folgezeit gelungen, ihr Körpergewicht zu verringern, sodass im April 2010 keine amtsärztlichen Bedenken mehr an ihrer gesundheitlichen Eignung bestanden. Indes ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Körpergewicht um eine von der Klägerin beeinflussbare Größe handelt. Genauso, wie sie durch eigenes Verhalten ihr Gewicht zwischen 2006 und 2010 reduziert hat, ist es nicht auszuschließen, dass sie in der Folgezeit wieder schwerer geworden ist mit der Folge, dass sie erneut im adipösen Bereich liegen kann. Wäre das der Fall, bestünde berechtigter Anlass, sie einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass allein mit einem erhöhten BMI eine fehlende gesundheitliche Eignung nicht begründet werden kann.

Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 B 477/11 -, juris.

Allerdings kann ein dauerhaftes Übergewicht zu Folgeschäden etwa am Bewegungsapparat oder beim Herz-Kreislauf-System führen. Daher kommt einer Adipositas zumindest eine Indizwirkung zu, die Zweifel an der Dienstfähigkeit bzw. an der gesundheitlichen Eignung begründen kann und eine weitere Gesundheitsuntersuchung rechtfertigt.

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 1995 - 4 S 66/94 -, juris.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin bereits ausweislich des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses vom 13. April 2010 als gesundheitlich geeignet eingestuft und in der Folge in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen wurde. Diese ärztliche Einschätzung bezieht sich nämlich nicht auf die Eignung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, sondern ausschließlich auf die Eignung für das Beamtenverhältnis auf Probe. Zwar nimmt der Dienstherr im Grundsatz bereits bei seiner Entscheidung über die Berufung des Bewerbers in das Beamtenverhältnis auf Probe hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung eine auf die gesamte Dienstzeit ausgerichtete Prognose vor. Denn die Begründung des Probebeamtenverhältnisses erfolgt gerade im Hinblick auf eine spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Die Behörde kann hiermit die Gefahr vermeiden, die fehlende gesundheitliche Eignung dem Bewerber bei der späteren Entscheidung über die Lebenszeitverbeamtung nicht mehr entgegenhalten zu können, wenn sie ihn in Kenntnis gesundheitlicher Probleme in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen hatte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 6 A 209/10 -, m.w.N., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. September 2011 - 2 K 6853/09 -, juris; ähnlich VG Bayreuth, Urteil vom 29. Mai 2009 - B 5 K 08.173 -, juris Rn. 52.

Hier liegt der Fall jedoch anders.

Wird ein Bewerber, wie hier die Klägerin, in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen, obwohl gesundheitliche Risikofaktoren vorhanden sind, welche zu - die gesundheitliche Eignung in Frage stellenden - Erkrankungen führen können, dient die laufbahnrechtliche Probezeit auch dazu abzuklären, ob sich die bestehenden - dem Dienstherrn wie dem Probebeamten bekannten - gesundheitlichen Risiken in der Probezeit verwirklichen und danach die Bewährung des Beamten in gesundheitlicher Hinsicht in Frage steht. Ist dies nicht der Fall, hat sich der Beamte in der Probezeit bewährt, und das nach wie vor bestehende Risiko möglicher Erkrankungen, bei deren Vorliegen der Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht mehr mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnte, geht zu Lasten des Dienstherrn. Tritt hingegen in der laufbahnrechtlichen Probezeit eine Erkrankung auf, kann dies die gesundheitliche Eignung ausschließen, ohne dass der Beamte einwenden könnte, dass er trotz der bestehenden gesundheitlichen Risiken in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen wurde.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 1995 - 4 S 66/94 -, juris.

Vor diesem Hintergrund bezog sich das Gesundheitszeugnis vom 13. April 2010 bei verständiger Betrachtung lediglich auf die Eignung für das Beamtenverhältnis auf Probe. Das ergibt sich bereits aus dem Untersuchungsanlass, der ausdrücklich angegeben war mit "Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe". Hinzu kommt, dass die Gesundheits-ämter nach den Erkenntnissen des Gerichts in den aus Anlass der Probezeitverbeamtung erstellten Bescheinigungen in der Regel die gesundheitliche Eignung auch für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ausdrücklich erwähnen, wenn sie vorliegt. Desweiteren spricht der Grund für die verzögerte Probezeitverbeamtung der Klägerin dafür, dass sich das Gesundheitszeugnis vom 13. April 2010 nicht auf die Eignung zur Lebenszeitbeamtin erstreckt. Das Gesundheitsamt L hatte am 26. Juli 2006 seine anfänglichen Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin auf deren BMI von 34,6 kg/m2 bzw. auf ihr damaliges Übergewicht gestützt. Hierbei handelt es sich, wie schon ausgeführt, um einen veränderbaren Umstand, den die Klägerin durch eigenes Verhalten beeinflussen kann. In solchen Fällen bewegt sich aber die Behörde innerhalb des ihr zustehenden Entscheidungsspielraumes, wenn sie - vom Regelfall abweichend - in der amtsärztlichen Einschätzung vor der Probezeitverbeamtung noch kein Präjudiz für die spätere Lebenszeitverbeamtung sieht und eine weitere amtsärztliche Untersuchung fordert.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2007 - 6 B 2361/06 -, juris; auch VG Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2012 - 2 K 420/11 -; so ausdrücklich Nr. 2.1.1 der Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des Beamtenstatusgesetzes und des Landesbeamtengesetzes, VV des Innenministeriums NRW vom 10. November 2009 - 24-42.01.04-03.02-101 -.

Frau Dr. C vom Gesundheitsamt der Stadt L bestätigt diese Sichtweise in ihrer Stellungnahme vom 8. Mai 2012. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass das Gesundheitszeugnis vom 13. April 2010 der Beantwortung der Frage nach der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe diente und "aus ärztlicher Sicht und unter Beachtung der Vorgeschichte" eine erneute Begutachtung unbedingt erforderlich sei. Dass die beiden Schriftstücke des Gesundheitsamtes von verschiedenen Personen verfasst wurden, entwertet die Einschätzung vom 8. Mai 2012 nicht. Unabhängig davon, ob Dr. C zuvor mit den Verfassern des Gesundheitszeugnisses vom 13. April 2012 Rücksprache genommen hat, war sie als Amtsärztin jedenfalls in der Lage, nach Aktenlage rückwirkend eine Einschätzung abzugeben, die der üblichen Verfahrensweise ihrer Dienststelle in derartigen Fällen entspricht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil es die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht für gegeben erachtet.