OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.09.2011 - 2 A 59/10
Fundstelle
openJur 2012, 81969
  • Rkr:
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Oktober 2007 verpflichtet, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 4. Juni 2007 einen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Biokaufhauses auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 596, zu erteilen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladene selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 596. Am 4. Juni 2007 beantragte er bei dem Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines Biokaufhauses mit einer Grundfläche von 690 m² auf diesem Grundstück unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11 ("Gewerbe- und Industriegebiet N. der Kernstadt C. ") der Beigeladenen. Zur Erläuterung seiner Bauvoranfrage führte der Kläger aus, das Biokaufhaus diene der Arrondierung des nahe gelegenen Ärztehauses. Beabsichtigt sei der Verkauf von Bioprodukten aus kontrolliertem biologischem und ökologischem Anbau. Für diese Produkte bestehe in C. ein Bedarf, so dass eine Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sei. Unabhängig davon werde in unmittelbarer Nähe ohnehin Einzelhandel - unter anderem ein Aldi- und ein Lidl-Lebensmittelmarkt - betrieben.

Der am 2. Mai 1989 vom Rat der Beigeladenen als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 11, 3. Änderung, weist das Vorhabengrundstück - wie schon der Ursprungsplan vom 13. Januar 1976 - als Gewerbegebiet GE III b aus. Die textliche Festsetzung Nr. 2 der 3. Änderung enthält nähere Regelungen zu den zulässigen Nutzungen. Gemäß der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) sind in den GE III b-Gewerbegebieten des Plans Handelsbetriebe und Verbrauchermärkte (Einzelhandelsbetriebe) der Branchen Lebensmittel, Textilien sowie Schuh- und Lederwaren nicht zulässig. Am 3. Oktober 1989 zeigte die Beigeladene die 3. Änderung dem Regierungspräsidenten Detmold an. Dieser erklärte mit Verfügung vom 23. November 1989, dass er eine Verletzung von Rechtsvorschriften nicht geltend mache. Dies machte die Beigeladene am 2. Februar 1990 öffentlich bekannt.

In der Planbegründung zur 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 heißt es, der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben der Branchen Lebensmittel, Textilien sowie Schuh- und Lederwaren sei eines der wesentlichen Planungsziele der Planänderung (siehe dort S. 1). Eine Ansiedlung von Handelsbetrieben und Verbrauchermärkten der genannten Branchen führe zwangsläufig zu einer Überversorgung des Einzugsbereichs der Kernstadt und damit zu einem Verdrängungswettbewerb mit negativen Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung des Stadtkerns und der heute gut funktionierenden Nahversorgung der Bewohner der Innenstadt (siehe dort S. 4).

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 lehnte der Beklagte den Vorbescheidsantrag des Klägers ab. Zur Begründung führte er aus, die textliche Festsetzung Nr. 2 f) des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, stehe dem Einzelhandelsvorhaben des Klägers, das der Branche Lebensmittel zuzuordnen sei, entgegen. Überdies habe die Beigeladene ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht erteilt. Die im Plangebiet befindlichen Einzelhandelsbetriebe seien mit Ausnahme des mit dem Einvernehmen der Beigeladenen am 18. Januar 2001 - auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 527 - genehmigten Lidl-Markts keine Betriebe der im Bebauungsplan genannten Branchen. Der Baugenehmigung für den Lidl-Markt habe ein Ratsbeschluss der Beigeladenen zugrunde gelegen, den Bebauungsplan insoweit zu ändern, als ein Lebensmittelmarkt unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit zugelassen werden solle. Damit sei dieses Vorhaben vertretbar und widerspreche nicht den Grundzügen der Planung. Der Aldi-Markt und der Getränkemarkt, die in unmittelbarer Nähe des Plangebiets ansässig seien, könnten nicht als Berufungsfälle herangezogen werden, weil sie außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans lägen und daher nach anderen Rechtsvorschriften zu beurteilen seien. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11 aufgrund von § 31 Abs. 2 BauGB könne dem Kläger nicht erteilt werden, weil es sich bei der Festsetzung über die Unzulässigkeit von Handelsbetrieben und Verbrauchermärkten um einen Grundzug der Planung handele.

In der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung der Beigeladenen für die Ratssitzung am 20. Dezember 2000, in der über das Einvernehmen zur Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, zugunsten der Erteilung der Baugenehmigung für einen Lidl-Markt beschlossen werden sollte, wird ausgeführt, insofern würden die bisherigen planerischen Vorstellungen zum Ausschluss bestimmter kernstadttypischer Waren aufgegeben und bei der nächsten Überarbeitung des genannten Bebauungsplans berücksichtigt. Bei der Überarbeitung des Bebauungsplans Nr. 11 werde der kernstadttypische Einzelhandel auf die südliche Teilfläche des I. -Grundstücks - der ehemaligen Produktionsstätte eines Kinderwagenherstellers - mit einer Größe von ca. 7.000 m² beschränkt.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2009 genehmigte der Beklagte die Vergrößerung der Verkaufsfläche des Lidl-Markts auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 527, auf 800 m².

Bereits zuvor am 19. November 2007 hatte der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen, die textliche Festsetzung Nr. 2 f) des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, der Beigeladenen sei unwirksam. Der Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel werde nicht von § 1 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 9 BauNVO getragen. Die Planbegründung lasse jegliche Angaben zur Einzelhandelsstruktur im Zentrum des Stadtgebiets von C. vermissen. Insbesondere fehle eine zentrenbezogene Bestandsaufnahme, welche die Grundlage für Aussagen über die Zentrenschädlichkeit bestimmter, andernorts angebotener Waren bilden könne. Der pauschale Hinweis auf einen Verdrängungswettbewerb mit negativen Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung des Stadtkerns reiche nicht, um eine Zentrenschädlichkeit seines Vorhabens konkret zu begründen. Hinzu komme, dass das planerische Konzept der Beigeladenen nicht mehr eingehalten werden könne, da in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem geplanten Biokaufhaus ein Lidl-Verbrauchermarkt genehmigt worden sei, der neben zentrenrelevanten Sortimenten auch Biolebensmittel anbiete. Dieser sei zwischenzeitlich sogar entgegen der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) erweitert worden. Zudem befänden sich in unmittelbarer Nähe des Vorhabengrundstücks unter anderem ein Aldi-Markt, ein Getränkemarkt sowie ein Textilverbrauchermarkt, so dass sich faktisch ein Nahversorgungszentrum gebildet habe. Diese Entwicklung führe zur Funktionslosigkeit des Bebauungsplans Nr. 11. Sei der Bebauungsplan Nr. 11, 3. Änderung, unwirksam, beurteile sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB. Dieser stehe dem Vorhaben nicht entgegen, namentlich weil es keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen erwarten lasse. Die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB machten seine Einwendungen nicht unbeachtlich, zumal sich nicht feststellen lasse, dass die Beigeladene gemäß § 215 Abs. 2 BauGB auf die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Rüge hingewiesen habe. Davon abgesehen sei das Abwägungsgebot in schwerwiegender Weise verletzt worden. Ein derartiger Fehler sei stets beachtlich. Sollte der Bebauungsplan Nr. 11, 3. Änderung, wirksam sein, habe er einen Anspruch auf Befreiung von der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) aus § 31 Abs. 2 BauGB.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 25. Oktober 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Biokaufhauses auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 596, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, das geplante Vorhaben widerspreche der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, der Beigeladenen, weil es einen Einzelhandel mit Lebensmitteln zum Gegenstand habe. Diese Sortimentsbeschränkung sei wirksam, weil sie sich von besonderen städtebaulichen Gründen habe leiten lassen. In der Absicht, die Nahversorgung sicherzustellen und damit gleichzeitig den zentralen Versorgungsbereich zu stärken, seien besondere städtebauliche Gründe zu sehen, die den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit bestimmten Sortimenten in diesem Bebauungsplangebiet rechtfertigten. Diese Rechtfertigung müsse sich nicht in jedem Fall an einem Einzelhandelskonzept orientieren, sondern dürfe sich auch nach den tatsächlichen Verhältnissen richten. Aus der Planbegründung sei zu schließen, dass der Plangeber sich nicht nur eingehend mit der Sache befasst habe, sondern seiner Entscheidung auch die tatsächlichen Verhältnisse im - überschaubaren - Innenstadtbereich der Beigeladenen zugrunde gelegt habe. Nach der Bauvoranfrage des Klägers solle ein gemessen an der Einwohnerzahl der Beigeladenen und des Umlands völlig überdimensioniertes Biokaufhaus entstehen, das zu den Bioabteilungen der beiden im zentralen Versorgungsbereich vorhandenen großflächigen Supermärkte und zu dem in diesem Bereich ebenfalls vorhandenen kleinen Reformhaus in Konkurrenz treten würde. In dieser Konstellation könne es keinem Zweifel unterliegen, dass das Vorhaben des Klägers erhebliche Kaufkraft aus dem Innenstadtbereich abziehen würde. Der Bebauungsplan Nr. 11 sei nicht durch die Genehmigung eines Lidl-Markts auf dem Flurstück 527 funktionslos geworden. Dies könne allenfalls für das Grundstück dieses Markts selbst zutreffen. Soweit der Lidl-Markt zwischenzeitlich erweitert worden sei, sei dies bauplanungsrechtlich unerheblich, weil er gleichwohl kleinflächig bleibe. Der von dem Kläger erwähnte Aldi-Markt und der Getränkemarkt lägen in einem anderen Bebauungsplanbereich und seien nach anderen Rechtsvorschriften zu bewerten. Überdies griffen die Regelungen der Planerhaltung der §§ 214, 215 BauGB, weswegen der Kläger sich auf eine Abwägungsfehlerhaftigkeit der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 nicht erfolgreich berufen könne.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 17. November 2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben verstoße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, der Beigeladenen. Der dort geregelte Sortimentsausschluss sei wirksam. Zwar liege insoweit ein Abwägungsmangel vor. Dieser sei jedoch gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der Fassung vom 8. Dezember 1986 unbeachtlich. Einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB habe der Kläger nicht.

Mit Beschluss vom 20. April 2011 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, er habe einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids. Vorschriften des Bauplanungsrechts stünden dem Vorhaben der Errichtung eines Biokaufhauses nicht entgegen. Insbesondere widerspreche das Vorhaben nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, der Beigeladenen. Der uneingeschränkte Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben und Verbrauchermärkten der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) sei unwirksam, weil ihm die nach § 1 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 9 BauNVO erforderliche städtebauliche Rechtfertigung fehle. Diese lasse sich der Planbegründung nicht entnehmen. Insbesondere werde dort nicht ausgeführt, warum der Verkauf jeglicher Lebensmittel - also auch in geringerem Umfang - im Plangebiet unzulässig sein solle. Für diese Annahme sei eine entsprechende Untersuchung erforderlich gewesen. Des Weiteren ergebe sich aus der Mitteilungsvorlage der Stadtverwaltung der Beigeladenen 19/2010 vom 20. Januar 2010 betreffend einen Antrag auf Änderung des Bebauungsplans Nr. 23 a "Gewerbegebiet südlich der E. Straße", dass die Beigeladene nicht einmal ein zentrales Versorgungsgebiet oder Nahversorgungsbereiche definiert habe. Der Abwägungsfehler sei auch beachtlich. Schließlich sei der Bebauungsplan Nr. 11, 3. Änderung, funktionslos geworden. Die Beigeladene habe das städtebauliche Ziel der Bindung der Einzelhandelsbetriebe an den stadtkernnahen Bereich durch die zwischenzeitliche Ansiedlung von Einzelhandelsnutzungen im Plangebiet und auf den unmittelbar angrenzenden Flächen durchbrochen. Unter Zugrundelegung der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, bestehe ein Anspruch auf Befreiung von seinen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB.

Der Kläger beantragt - wie er im Ortstermin am 23. August 2011 klargestellt hat -,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Oktober 2007 zu verpflichten, ihm gemäß seinem Antrag vom 4. Juni 2007 einen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Biokaufhauses auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 596, zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nimmt Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie schließe sich der Rechtsauffassung des Beklagten an und weise darauf hin, dass ihr Rat in seiner Sitzung am 2. Februar 2011 beschlossen habe, das Büro Stadt + Handel aus E1. mit der Erarbeitung eines Einzelhandelskonzepts zu beauftragen. Einzelhandels- und innenstadtbezogene Problemstellungen sollten durch die Erarbeitung dieses Konzepts rechtssicher gelöst werden. Das beauftragte Planungsbüro habe zwischenzeitlich eine Situationsanalyse durchgeführt und auch die Ansiedlung des vom Kläger geplanten Biokaufhauses bewertet. Diese werde aufgrund der nichtintegrierten Lage des Vorhabengrundstücks und des bereits vorhandenen Angebots an nahversorgungsrelevantem Sortiment nicht empfohlen. Der Einzelhandelsverband und die IHK hätten in den Arbeitsgruppensitzungen die Auffassung des Gutachters geteilt. Der Standort C1. Straße solle als Sonderstandort für nichtzentrenrelevanten Einzelhandel dienen. Das erarbeitete Einzelhandelskonzept solle perspektivisch als städtebauliches Entwicklungskonzept der Beigeladenen im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossen werden. Auf seiner Grundlage sollten die Bebauungspläne nach und nach angepasst werden. Das Gutachten des Büros Stadt + Handel bestätige im Wesentlichen die Einzelhandelsuntersuchung der GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH aus dem Jahr 1998. Diese habe mit Blick auf das Plangebiet des dem geplanten Biokaufhaus westlich gegenüberliegenden Bebauungsplans Nr. 24 "Westlich der C1. Straße" empfohlen, dort keine Betriebe mit zentrentypischen Sortimenten zuzulassen, um die städtebauliche und versorgungsstrukturelle Bestandsfähigkeit des innerstädtischen Versorgungszentrums sicherzustellen.

Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit im Rahmen eines Ortstermins am 23. August 2011 in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über den Ortstermin Bezug genommen.

Die Beteiligten haben im Rahmen des Ortstermins auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Hefte) und der von dem Beklagten und der Beigeladenen vorgelegten Verwaltungs- und Aufstellungsvorgänge (4 Hefte) Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 3 VwGO begründete, Berufung des Klägers ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

Die - wie der Kläger im Ortstermin am 23. August 2011 klargestellt hat (Verpflichtungs-) - Klage ist zulässig und begründet.

Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 25. Oktober 2007 ist rechtswidrig. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung eines (bauplanungsrechtlichen) Bauvorscheids zur Errichtung eines Biokaufhauses auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 596, gemäß seinem Antrag vom 4. Juni 2007 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dem den Gegenstand der Bauvoranfrage bildenden - als Sondertypus eines Einzelhandelsbetriebs der Sparte Lebensmittel in der sozialen Realität vorkommenden - Vorhaben der Errichtung eines Biokaufhauses auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 596, mit einer Grundfläche von 690 m² stehen keine Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen.

§ 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11 der Beigeladenen in der Fassung der 3. Änderung widerspricht dem Vorhaben des Klägers nicht. Der in Nr. 2 f) der textlichen Festsetzungen der 3. Änderung für die Gewerbegebiete GE III b unter anderem geregelte Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben der Branche Lebensmittel ist unwirksam und zieht die Gesamtunwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 der 3. Änderung nach sich (dazu 1.). Das demzufolge an der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 11 vom 13. Januar 1976 zu messende Vorhaben steht mit dessen Festsetzungen im Einklang und ist auch im Übrigen bauplanungsrechtlich nicht zu beanstanden (dazu 2.).

1. a) Der in Nr. 2 f) der textlichen Festsetzungen der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 der Beigeladenen normierte Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben der Branche Lebensmittel ist nicht von § 1 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 9 BauNVO gedeckt und aus diesem Grund unwirksam.

Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und § 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann darüber hinaus im Bebauungsplan, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, bei Anwendung des § 1 Abs. 5 bis Abs. 8 BauNVO festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

Der von § 1 Abs. 5 BauNVO gestattete Ausschluss bestimmter Nutzungsarten - zum Beispiel von Einzelhandel - aus einem festgesetzten Baugebiet ist nur wirksam, wenn er im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB - vorliegend anzuwenden in der (alten) Fassung (a. F.) vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2191) - für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich und durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt ist.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2002 - 4 BN 20.02 -, juris Rn. 6, vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4, und vom 22. Mai 1987 - 4 N 4.86 -, BVerwGE 77, 308 = BRS 47 Nr. 54 = juris Rn. 13; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 1 Rn. 101; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 1 Rn. 67.

Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB a. F. erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht nach § 1 Abs. 3 BauGB a. F. städtebaulich erforderlich sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven und schlüssigen - von wesentlichen Widersprüchen freien - Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2002 - 4 BN 20.02 -, juris Rn. 6, vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 5, und vom 3. Mai 1993 - 4 NB 13.93 -, juris Rn. 5.

Geht der Plangeber über die Ausschlussmöglichkeit des § 1 Abs. 5 BauNVO hinaus und differenziert die ausgeschlossenen Nutzungsarten feiner - etwa, wie hier die 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 im Hinblick auf die Branchen Lebensmittel, Textilien sowie Schuh- und Lederwaren, nach Sortimentsgruppen als Unterarten der Nutzungsart Einzelhandel - aus, ist diese Feindifferenzierung zusätzlich an den Anforderungen des § 1 Abs. 9 BauNVO zu messen und muss durch "besondere" städtebauliche Gründe gerechtfertigt sein. Das "Besondere" an den städtebaulichen Gründen im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO besteht dabei nicht notwendig darin, dass die Gründe von größerem oder im Verhältnis zu § 1 Abs. 5 BauNVO zusätzlichem Gewicht sein müssen. Vielmehr ist mit "besonderen" städtebaulichen Gründen gemeint, dass es spezielle Gründe gerade für die gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungen geben muss.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Oktober 2007

- 4 BN 39.07 -, BRS 71 Nr. 21 = juris Rn. 4, und vom 10. November 2004 - 4 BN 33.04 -, BRS 67 Nr. 18 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 18. Mai 2010 - 10 D 92/08.NE -, juris Rn. 66, und vom 26. Februar 2009 - 10 D 40/07.NE -, juris Rn. 60.

Hiervon ausgehend setzt die Festsetzung eines partiellen Einzelhandelsausschlusses auf der Grundlage des § 1 Abs. 9 BauNVO in jedem Fall - gewissermaßen als Basis der Festsetzung - voraus, dass die Gemeinde für den Einzelhandelsausschluss eine städtebauliche Begründung anführen kann, die sich aus der jeweiligen Planungssituation ergibt und die Abweichungen von den an sich nach der Baunutzungsverordnung zulässigen baulichen Nutzungen durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange rechtfertigt. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Planung auf einem hinreichend nachvollziehbaren und schlüssigen (Einzelhandels-)Konzept beruht. Angesichts der der Gemeinde zustehenden planerischen Gestaltungsfreiheit unterliegt ein solches Konzept der gerichtlichen Überprüfung aber nur insoweit, als es nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei ist. Dies schließt ein, dass die Gemeinde sich im Hinblick auf die von ihr selbst formulierten städtebaulichen Ziele konsistent verhalten muss.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310 = BRS 74 Nr. 1 = juris Rn. 18, 20 und 26; OVG NRW, Urteile vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, S. 16 des amtlichen Umdrucks, und vom 22. November 2010 - 7 D 1/09.NE -, BauR 2011, 789 = juris Rn. 88 (jeweils zu § 9 Abs. 2 a) BauGB).

Dabei ist die Gemeinde im Rahmen ihres Einzelhandelskonzepts nicht darauf beschränkt, auf bereits eingetretene Störungen der städtebaulichen Entwicklung zu reagieren. Es ist ihr auch gestattet, vorbeugend bestimmte Einzelhandelsnutzungen mit dem Ziel auszuschließen, eventuelle Neuansiedlungen zur Steigerung oder Erhaltung der Attraktivität der Innenstadt und den (eventuell) vorhandenen oder noch zu entwickelnden Nahversorgungsbereichen zuzuführen. Bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern, sondern ist auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft zu formulieren und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen status quo hinzuwirken.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2004 - 4 BN 33.04 -, BRS 67 Nr. 18 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 24. September 2010 - 2 D 74/08.NE -, juris Rn. 35, Beschluss vom 6. August 2010 - 2 A 1445/09 -, juris Rn. 11, Urteil vom 26. Februar 2009 - 10 D 40/07.NE -, juris Rn. 66.

Darüber hinaus ist ein Einzelhandelsausschluss gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO nur dann von besonderen städtebaulichen Gründen getragen, wenn sich Einzelhandelsvorhaben - würden sie in dem betreffenden Plangebiet realisiert - potentiell schädlich auf die Einzelhandelsstruktur des zentralen Versorgungsbereichs auswirken würden. Entschließt sich eine Gemeinde zu einem Einzelhandelsausschluss in einem Bebauungsplan, muss sie einen derartigen negativen Effekt plausibel machen. Welche Anforderungen an die Darlegung schädlicher Auswirkungen eines Einzelhandelsvorhabens auf das Zentrum zu stellen sind und welche Ermittlungen eine Gemeinde insofern anzustellen hat, lässt sich nicht für jede Fallgestaltung abstrakt beantworten und ist weitgehend von dem Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig.

Vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2009 - 4 BN 28.09 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, S. 17 des amtlichen Umdrucks (zu § 9 Abs. 2 a) BauGB).

Allerdings bietet es sich an, insoweit zwischen der Hauptzielrichtung der Einzelhandelssteuerung zu unterscheiden, welche die Gemeinde mit ihrer Planung verfolgt:

Dient der Einzelhandelsausschluss nicht nur dem Schutz eines zentralen Versorgungsbereichs vor schädlichen Auswirkungen auf die bestehende Einzelhandelsstruktur - also seiner Erhaltung - , sondern zumindest gleichrangig auch der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs - also seiner Entwicklung - im Rahmen eines gemeindlichen Einzelhandelskonzepts, das auf die Konzentration von Einzelhandelsnutzungen in diesem zielt, ist die Ermittlungstiefe im Hinblick auf die zentrumsschädlichen Auswirkungen eines Einzelhandelsvorhabens in dem betreffenden Plangebiet herabgesetzt. Eine Ermittlung der konkret zentrenschädlichen Sortimente ist dann nicht geboten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310 = BRS 74 Nr. 1 = juris Rn. 19; OVG NRW, Urteile vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, S. 18 des amtlichen Umdrucks (zu § 9 Abs. 2 a) BauGB), und vom 25. Oktober 2007 - 7 A 1059/06 -, juris Rn. 65, Beschluss vom 6. August 2010 - 2 A 1445/09 -, juris Rn. 20.

Anders verhält es sich, wenn der Einzelhandelsausschluss allein oder vorrangig auf den Schutz bestehender Einzelhandelsstrukturen im zentralen Versorgungsbereich vor schädlichen Auswirkungen durch Einzelhandelsnutzungen außerhalb des Zentrums abzielt. In einem solchen Fall steigen die an die Gemeinde zu richtenden Ermittlungs- und Begründungsanforderungen und verlangt ein vollständiger Ausschluss des Einzelhandels mit ausgewählten Warensortimenten im Hinblick auf seine Zentrenschädlichkeit - um den städtebaulichen Bezug einer solchen Planung nachvollziehbar sicherzustellen - konkrete Angaben dazu, warum jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art, würde er in dem in Rede stehenden Baugebiet angesiedelt, die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den Zentren der Gemeinden unabhängig von der Art und dem Umfang des jeweiligen Warenangebots schädigen würde.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, S. 18 des amtlichen Umdrucks (zu § 9 Abs. 2 a) BauGB), vom 24. August 2006

- 10 D 126/04.NE -, juris Rn. 57, vom 17. Januar 2006 - 10 A 3413/03 -, BRS 70 Nr. 9 = juris Rn. 89, und vom 12. November 2004 - 10a D 38/02.NE -, BRS 67 Nr. 15 = juris Rn. 33.

Schließlich gilt für aufgrund von § 1 Abs. 9 BauNVO getroffene Festsetzungen, dass sie dem Erfordernis genügen müssen, bestimmte Nutzungsarten zu umschreiben, die es in der sozialen und ökonomischen Realität gibt. In dieser Hinsicht kommen als ein zur Konkretisierung geeignetes Mittel auch Sortimentsbeschränkungen in Betracht. Bei dem Ausschluss von als zentren- und nahversorgungsrelevant angesehenen Sortimenten muss die Gemeinde darlegen, warum das von ihr gewählte Abgrenzungskriterium marktüblichen Gegebenheiten entspricht. Sie kann dabei auf Listen in Einzelhandelserlassen oder sonstigen Orientierungshilfen zurückgreifen, soweit dadurch bestimmte Nutzungsarten im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO zutreffend gekennzeichnet werden. Sollen zum Schutz eines Innenstadtbereichs bestimmte Warensortimente an nicht integrierten Standorten ausgeschlossen werden, bedarf es gleichwohl daneben einer individuellen Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310 = BRS 74 Nr. 1 = juris Rn. 13, Beschluss vom 4. Oktober 2001 - 4 BN 45.01 -, BRS 64 Nr. 28 = juris Rn. 22; OVG NRW, Urteile vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, S. 18 f. des amtlichen Umdrucks, und vom 22. November 2010 - 7 D 1/09.NE -, BauR 2011, 789 = juris Rn. 88 (jeweils zu § 9 Abs. 2 a) BauGB), vom 18. Mai 2010 - 10 D 92/08.NE -, juris Rn. 68 und 76, vom 20. November 2009 - 7 B 124/08.NE -, juris Rn. 47, vom 26. Februar 2009 - 10 D 40/07.NE -, juris Rn. 69, und vom 22. April 2004 - 7a D 142/02.NE -, BRS 67 Nr. 12 = juris Rn. 87.

An diesen Maßstäben muss sich die textliche Festsetzung Nr. 2 f) der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 messen lassen, auch wenn sie in der Rechtsprechung erst nach dem Satzungsbeschluss vom 2. Mai 1989 ausgesprochen und weiterentwickelt worden sind. Sie waren gleichwohl schon immer Inhalt des § 1 Abs. 9 BauNVO, der seit dem Satzungsbeschluss keine Novellierung erfahren hat.

Vgl. dazu, dass auch eine Änderung der Rechtsprechung grundsätzlich nicht einer Änderung der Rechtslage gleichzuachten ist: BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 1 B 60.95 -, NVwZ 1995, 1097 = juris Rn. 4, Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 86 = NVwZ 1995, 388 = juris Rn. 22, Beschluss vom 4. Oktober 1993 - 6 B 35.93 -, juris Rn. 2 ff.,

Davon ausgehend steht die textliche Festsetzung Nr. 2 f) nicht mit § 1 Abs. 9 BauNVO im Einklang. Sie ist gemessen an den dargelegten Maßstäben nicht durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt.

Der partielle Einzelhandelsausschluss der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) krankt bereits daran, dass er der Planbegründung zufolge zwar das mit Blick auf § 1 Abs. 3 BauGB a. F. grundsätzlich legitime städtebauliche Ziel verfolgt, negative Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung des Stadtkerns von C. und die danach gut funktionierende Nahversorgung der Bewohner der Innenstadt zu vermeiden, er dafür aber keine städtebauliche Begründung anführen kann, die sich aus der konkreten seinerzeitigen Planungssituation ergab und welche die Abweichung von den an sich nach der Baunutzungsverordnung in einem Gewerbegebiet zulässigen baulichen Nutzungen durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange im Rahmen eines Planungskonzepts rechtfertigt.

Dem sortimentsbezogenen Einzelhandelsausschluss der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) lag kein schlüssiges (Einzelhandels-)Konzept der Beigeladenen zugrunde. So ist nicht zu ersehen, welchen Bereich mit welcher räumlichen Abgrenzung die Beigeladene als "Stadtkern" beziehungsweise "Innenstadt" verstanden wissen wollte. Bleibt der dem partiellen Einzelhandelsausschluss zugrunde liegende, als schützenswert erachtete räumliche Innenstadtbereich aber unklar, kann weder verifiziert noch nachvollzogen werden, ob der in diesem Bereich im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ansässige, gewachsene Einzelhandelsbestand tatsächlich - wie die Planbegründung befürchtet - einem Verdrängungswettbewerb ausgesetzt würde und es "zwangsläufig" zu einer Überversorgung des - gleichfalls nicht definierten - "Einzugsbereichs Kernstadt" käme, wenn sich im Plangebiet GE III b Einzelhandelsbetriebe der Branchen Lebensmittel, Textilien sowie Schuh- und Lederwaren ansiedelten. Da die Planung der 3. Änderung zudem keinen Aufschluss über die Einzelhandelsstruktur der - nicht genau abgegrenzten - Kern- respektive Innenstadt von C. bietet, sind die von der Beigeladenen vermuteten schädlichen Auswirkungen der ausgeschlossenen Einzelhandelsansiedlungen im Plangebiet GE III b auch nicht mit Blick auf die Entfernung dieses Plangebiets zur Innenstadt oder der relativ geringen Größe von C. nachzuvollziehen.

Weiterhin nennt die Planbegründung keinen besonderen städtebaulichen Grund, aus dem sich ergibt, warum die Beigeladene gerade die in der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) aufgeführten Sortimente Lebensmittel, Textilien sowie Schuh- und Lederwaren dem Ausschluss unterwirft. Ohne vorherige Analyse des Einzelhandelsbestands der Innenstadt in diesen Branchen lässt sich nicht schlüssig sagen, dass besonders der diesbezügliche Einzelhandel im Plangebiet GE III b - zumal unabhängig von seiner Dimensionierung - die Folgen der Überversorgung und des Verdrängungswettbewerbs nach sich ziehen könnte.

Aus dem Fehlen eines den partiellen Einzelhandelsausschluss der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) tragenden (Einzelhandels-)Konzepts der Beigeladenen folgt zugleich, dass die Beigeladene nicht plausibel dargelegt hat, dass sich Einzelhandelsvorhaben - würden sie im Plangebiet GE III b realisiert - potentiell schädlich auf ihre Innenstadt auswirken würden. Derartige Angaben waren jedoch um so mehr erforderlich, als der Einzelhandelsausschluss der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) ausweislich der Planbegründung allein auf den Schutz bestehender Einzelhandelsstrukturen in der Innenstadt vor schädlichen Auswirkungen durch Einzelhandelsnutzungen im Plangebiet abzielte. Den sich in dieser Konstellation ergebenden (gesteigerten) Ermittlungs- und Begründungsanforderungen ist die Beigeladene nicht gerecht geworden.

Das Nichtvorhandensein eines schlüssigen Planungskonzepts zur Zeit des Satzungsbeschlusses wird zusätzlich dadurch verdeutlicht, dass die Beigeladene

- wie sie in ihrem Schriftsatz vom 16. August 2011 vorträgt - erst im laufenden Jahr von dem Planungsbüro Stadt + Handel E1. ein Einzelhandelskonzept erarbeiten lässt, das in ein städtebauliches Entwicklungskonzept der Einzelhandelssteuerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB münden soll, an das die Bebauungspläne des Gemeindegebiets sukzessive angepasst werden sollen.

Mit Blick auf das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 11 hat die Beigeladenen überdies selbst im Vorfeld der Genehmigung eines Lidl-Lebensmittelmarkts durch den Beklagten am 18. Januar 2001 unter Befreiung von dem Einzelhandelsausschluss der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) verlautbart, dass sie die bisherige Konzeption des Plans in der Fassung seiner 3. Änderung für überholt halte. Demgemäß heißt es in der Tischvorlage der Stadtverwaltung der Beigeladenen zur Ratssitzung vom 20. Dezember 2000, dass die bisherigen planerischen Vorstellungen zum Ausschluss bestimmter kernstadttypischer Waren aufgegeben und bei der nächsten Überarbeitung des Bebauungsplans Nr. 11 berücksichtigt würden. Dieses Verhalten der Beigeladenen deutet auf ihre Erkenntnis, dass der partielle Einzelhandelsausschluss der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) nicht (mehr) auf einem schlüssigen Konzept basiert, für das sich besondere städtebauliche Gründe ins Feld führen lassen.

Der von der Beigeladenen demgegenüber hervorgehobene Umstand, dass die zwischenzeitlich vorliegende Situationsanalyse des Büros Stadt + Handel die Ansiedlung des im Streit stehenden Biokaufhauses wegen dessen nichtintegrierten Standorts und des vorhandenen Nahversorgungsangebots in Übereinstimmung mit Stellungnahmen des Einzelhandelsverbands und der IHK nicht empfehle, ist unerheblich. Die Rechtmäßigkeit des partiellen Einzelhandelsausschlusses ist danach zu beurteilen, ob er im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses aus der damals gegebenen konkreten Planungssituation heraus auf § 1 Abs. 9 BauNVO gegründet werden konnte. Ein mehr als 20 Jahre später erstelltes Planungskonzept, das sich gerade mit Rücksicht auf das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 11 und die Einzelhandelsstruktur in der Gemeinde C. auf eine gänzlich veränderte Planungssituation bezieht, kann die im Ursprung fehlenden besonderen städtebaulichen Gründe nicht gleichsam nachschieben. Da es für die Frage der städtebaulichen Rechtfertigung einer Planung - wie für die Abwägung nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB - grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan ankommt,

vgl. insoweit Bay. VGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 - 26 N 98.1675 -, BRS 60 Nr. 31 = juris Rn. 46,

werden neue Einzelhandelsuntersuchungen erst bei einer etwaigen neuerlichen Änderung oder Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 11 Bedeutung erlangen, sollte diese wiederum einen sortimentsbezogenen Einzelhandelsausschluss enthalten, der mit der Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO übereinstimmen muss.

b) Das Fehlen einer einschlägigen Ermächtigungsgrundlage für die textliche Festsetzung Nr. 2 f) der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 hat die Unwirksamkeit des partiellen Einzelhandelsausschlusses zur Folge. Der darin zu sehende Rechtmäßigkeitsmangel kann nicht aufgrund der Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB unbeachtlich geworden sein.

Aufgrund der allgemeinen Überleitungsvorschrift des § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB, derzufolge abweichend von § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB für alle vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretenen Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden sind, ist die Beachtlichkeit von Fehlern der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 der Beigeladenen anhand von §§ 214 f. BauGB a. F. zu beurteilen. Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a. F. sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Mängel der Abwägung sind nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. aber unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind.

Wie schon der Wortlaut des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. zeigt, erfasst die Bestimmung ausschließlich Mängel des Bebauungsplans, welche die Rechtmäßigkeitsanforderung des Abwägungsgebots betreffen, nicht aber sonstige Verstöße gegen das materielle Recht. Diese können auch nach Ablauf der Sieben-Jahres-Frist geltend gemacht werden. Der Unbeachtlichkeitsregelung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. nicht unterworfen sind damit namentlich die Planungsschranke des § 1 Abs. 3 BauGB und die Bindungen aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB, der eingrenzt, was in einem Bebauungsplan - etwa nach § 1 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 9 BauNVO - festgesetzt werden kann.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 8, und vom 31. Januar 1995 - 4 NB 48.93 -, BRS 57 Nr. 23 = juris Rn. 19; OLG Hamm, Urteil vom 4. Juni 1998 - 16 U (Baul) 6/97 -, NVwZ 1998, 995 = juris Rn. 11; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/

Krautzberger, BauGB, Band IV, Loseblatt, Stand März 2011, § 215 Rn. 5 und 26; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage 2009, § 215 Rn. 3; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Auflage 2010, Rn. 1086.

Da die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) - wie dargelegt - daraus resultiert, dass sie den Ermächtigungsrahmen des § 1 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 9 BauNVO verlässt, gelangt § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB n. F. insofern nicht zur Anwendung. Dies wäre nur dann und auch nur insoweit der Fall, wenn der partielle Einzelhandelsausschluss zugleich abwägungsfehlerhaft wäre, worauf es vorliegend indes nicht mehr entscheidungserheblich ankommt.

Aus diesem Grund kann der Beklagte auch aus der von ihm angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. September 2010 - 4 CN 2.10 -, DVBl. 2011, 105 = juris, nichts für ihn Günstiges ableiten. Dieses Urteil (siehe dort juris Rn. 20 ff.) befasst sich mit der Frage, ob ein vollständiger Abwägungsausfall ein Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne der §§ 214, 215 BauGB ist, verhält sich also zu dem hier nicht in Rede stehenden Themenfeld der (Un-)Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern.

Dem von dem Beklagten erstinstanzlich in Bezug genommenen Urteil des 10. Senats des erkennenden Gerichts vom 24. Oktober 2006 - 10 D 126/04.NE -, juris, lässt sich gleichfalls nicht die Aussage entnehmen, das Fehlen einer Ermächtigungsgrundlage für eine bauleitplanerische Festsetzung könne nur nach Maßgabe des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. gerügt werden. In diesem Urteil wird im Gegenteil deutlich, dass die Unwirksamkeit des dort zur Entscheidung unterbreiteten Einzelhandelsausschlusses auf zwei selbständig tragende Gesichtspunkte - das Fehlen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 9 BauNVO einerseits und das Vorliegen von Abwägungsmängeln andererseits - gestützt wurde. Nur im Hinblick auf den letztgenannten Mangel führte der 10. Senat aus (siehe dort juris Rn. 70), die Frist des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. sei noch nicht abgelaufen.

c) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) hat die Gesamtunwirksamkeit der die Gewerbegebiete GE III b betreffenden textlichen Festsetzung Nr. 2 der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 zur Folge.

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen (nur) dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen - für sich betrachtet - noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Diese Regel stellt die bauplanungsrechtliche Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgedankens dar, der auch in anderen Rechtsgebieten gilt und etwa in § 139 BGB oder § 44 Abs. 4 VwVfG zum Ausdruck gelangt. Er bewirkt, dass nicht jeder Planungsfehler zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans führen muss, solange der fehlerfreie Teil des Plans noch (objektiv) sinnvoll bleibt und (subjektiv) vom Planungswillen der Gemeinde getragen wird.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 - 4 B 54.08 -, BRS 74 Nr. 8 = juris Rn. 5, vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, BRS 55 Nr. 31 = juris Rn. 11, und vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55 Nr. 30 = juris Rn. 27; OVG NRW, Urteile vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 560 = juris Rn. 59, und vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 80.

Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) zur Gesamtunwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 führt, mit der die 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 die Art der baulichen Nutzung in den Gewerbegebieten GE III b näher ausformt. Wie sich der Planbegründung entnehmen lässt (siehe dort S. 1), zählt der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben der Branchen Lebensmittel, Textilien sowie Schuh- und Lederwaren zu den wesentlichen Planungszielen der 3. Planänderung und bildet daher das Kernelement der Gebietsgliederung durch die textlichen Festsetzung Nr. 2, deren übrige Bestimmungen die Planbegründung nicht gesondert hervorhebt. Fällt dieser zentrale Baustein der textlichen Festsetzung Nr. 2 weg, mag diese zwar noch objektiv eine sinnvolle städtebauliche Ordnung in den Gewerbegebieten GE III b bewirken, ist aber nicht mehr vom subjektiven Planungswillen der Beigeladenen getragen, der es hier der Planbegründung zufolge in erster Linie um eine Steuerung der Einzelhandelsansiedlung mittels der 3. Änderung zu tun war. Hätte die Beigeladenen die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 f) erkannt, wäre sie in neuerliche planerische Überlegungen zur Gliederung der Gewerbegebiete GE III b eingetreten und hätte der textlichen Festsetzung Nr. 2 eine andere Gestalt gegeben. Ob die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2 die Wirksamkeit der restlichen Festsetzungen der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 infiziert, bedarf keiner Entscheidung, weil insofern lediglich die bauleitplanerische Situation in Bezug auf das Vorhabengrundstück von Bedeutung ist, das im Gewerbegebiet GE III b liegt.

2. Nachdem die textliche Festsetzung Nr. 2 des Bebauungsplans Nr. 11, 3. Änderung, unwirksam ist, ist das streitige Vorhaben des Klägers hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung an der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 11 vom 13. Januar 1976 zu messen und danach bauplanungsrechtlich ohne Weiteres zulässig.

Wenn eine Gemeinde ihre frühere Bauleitplanung ändert, insbesondere einen Bebauungsplan durch einen neuen ersetzt, verliert der alte Bebauungsplan seine frühere rechtliche Wirkung, weil über § 10 BauGB der gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtssatz gilt, dass die spätere Norm die frühere verdrängt. Unerheblich ist, ob ein gerade hierauf zielender Wille der Gemeinde besteht oder als bestehend zu unterstellen ist. Entfällt wegen der Unwirksamkeit der späteren Norm

- wie hier der textlichen Festsetzung Nr. 2 der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 11 - die Möglichkeit der Normenkollision, dann gilt die alte Rechtsnorm - hier in Ermangelung eines erkennbaren selbständigen Aufhebungsbeschlusses, der ihre Festsetzungen ersatzlos beseitigt hätte, in den Gewerbegebieten GE III b die Ausgangsfassung des Bebauungsplans Nr. 11 - unverändert fort.

Vgl. zu dieser Rechtsfolge: BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 4 VR 2.09 -, juris Rn. 2, Urteil vom 10. August 1990 - 4 C 3.90 -, BVerwGE 85, 289 = BRS 50 Nr. 97 = juris Rn. 21 f.; OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 2 A 1419/09 -, DVBl. 2011, 570 juris Rn. 100 ff., Beschluss vom 2. Juni 2010 - 7 A 295/09 -, juris Rn. 8.

Mit der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 11 steht das Vorhaben, was die Art der baulichen Nutzung anbelangt, im Einklang, weil sie das Vorhabengrundstück als Gewerbegebiet GE III b ausweist und der Kläger mit dem Biokaufhaus ein Gewerbe betreiben will.

Auch betreffend das Maß der baulichen Nutzung und die Sicherung der Erschließung verstößt das klägerische Vorhaben nicht gegen Bauplanungsrecht. Die maßgeblichen Vorgaben des Ursprungsplans hält das Vorhaben ein. Durchgreifende, nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zu berücksichtigende immissionsschutzrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben hat der Beklagte nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Dasselbe gilt für die gemäß § 30 Abs. 1 BauGB zu fordernde Sicherung der Erschließung. Beklagter und Beigeladene haben im Ortstermin am 23. August 2011 ausdrücklich erklärt, gegen die Sicherung der Erschließung des Vorhabengrundstücks keine Bedenken zu erheben, das über eine im Eigentum der Beigeladenen stehende Zufahrt vom H. aus mit Kraftfahrzeugen erreichbar ist, die bereits faktisch zur Erschließung eines - vom H. aus betrachtet - hinter dem Vorhabengrundstück liegenden Gewerbegrundstücks dient.

§ 34 Abs. 3 BauGB, wonach von Vorhaben nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein dürfen, stellt schließlich für das Vorhaben des Klägers keine zusätzliche bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsanforderung dar, weil er eine einschränkende Vorgabe nur für Vorhaben im unbeplanten Innenbereich aufstellt,

vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 10; OVG NRW, Urteile vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, BauR 2010, 1188 = juris Rn. 83 f., vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 48, und vom 6. November 2008 - 10 A 2601/07 -, juris Rn. 47,

das klägerische Vorhaben aber in dem beplanten Bereich des Bebauungsplans Nr. 11 der Beigeladenen liegt.

Im Übrigen sind schädliche Auswirkungen eines Vorhabens im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB erst zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs durch das Vorhaben in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich "nachhaltiger" Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2009

- 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97 = juris Rn. 13, und vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 14; OVG NRW, Urteile vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 516 = juris Rn. 117, vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 97, und vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 78.

Der Prüfungsmaßstab der schädlichen Auswirkungen fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände. Sind im Einzugsbereich des zentralen Versorgungsbereichs in räumlicher Nähe an anderer Stelle bereits Einzelhandelsbetriebe vorhanden, dürfen auch diese bei der Gesamtbetrachtung nicht unberücksichtigt bleiben. Schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB können sich auch daraus ergeben, dass das geplante Vorhaben zusammen mit bereits vorhandenen Betrieben eine Beeinträchtigung des geschützten zentralen Versorgungsbereichs bewirkt. Denn ein gerade noch unbedenkliches Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten in räumlicher Nähe zum Versorgungsbereich und Angeboten derselben Branche im geschützten Versorgungsbereich kann durch das Hinzutreten eines weiteren branchengleichen Vorhabens in eine städtebaulich beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des Versorgungsbereichs umschlagen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97 = juris Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 516 = juris Rn. 119, vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 97, und vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 84.

Vorzunehmen ist eine Prognose, die alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen hat. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu den im zentralen Versorgungsbereich vorhandenen Verkaufsflächen derselben Branche, die voraussichtliche Umsatzverteilung, die Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich, eine etwaige "Vorschädigung" des zentralen Versorgungsbereichs oder die Gefährdung eines vorhandenen "Magnetbetriebs", der maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2009

- 4 B 4.09 -, juris Rn. 9, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 24; OVG NRW, Urteile vom 3. Februar 2011 - 2 A 1416/09 -, DVBl. 2011, 516 = juris Rn. 121, vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 95, und vom 6. November 2008 - 10 A 1417/07 -, BRS 73 Nr. 88 = juris Rn. 81.

Daran gemessen haben Beklagter und Beigeladene weder substantiiert vorgetragen, dass von dem Vorhaben des Klägers schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten sind noch sind solche losgelöst von dem Beteiligtenvorbringen auszumachen. Die insoweit zu verlangende Prognose unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände hat die Beigeladene nicht vornehmen lassen. Die von ihr vorgelegte gutachterliche Äußerung des Büros Stadt + Handel ist dafür nicht ausreichend. Die Empfehlung des Gutachters, das Biokaufhaus nicht zuzulassen, hat sich nicht am spezifischen Maßstab des § 34 Abs. 3 BauGB ausgerichtet. Sie hat überdies nicht berücksichtigt, dass der Kläger bislang keine genaue Verkaufsflächengröße - sondern lediglich eine Grundfläche des geplanten Biokaufhauses - angegeben hat. Ohne eine derartige Angabe kann jedoch schon im Ansatz nicht zuverlässig beurteilt werden, welche Auswirkungen das in Rede stehende Vorhaben auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen haben und ob es die dort ansässigen Lebensmitteleinzelhandelsbetriebe derselben oder artverwandter Branche nachhaltig schädigen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.