LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.07.2011 - 10 Sa 108/11
Fundstelle
openJur 2012, 80681
  • Rkr:

Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers über die Gestellung von Dienstwagen enthaltene Verpflichtung des Arbeitnehmers, einen durch seine Sonderwünsche bedingten Eigenanteil an den Leasingraten für das Dienstfahrzeug auch für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erstatten, obgleich er das Fahrzeug nicht mehr nutzen kann, ist als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (im Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2007 - 21 Sa 1770/07).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 25.11.2010 - 1 Ca 1864/10 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.786,70 nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Widerklage wird mit Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 6,5 %, die Beklagte trägt 93,5 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte allein.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Vereinbarung, durch die der Arbeitnehmer verpflichtet wird, dem Arbeitgeber einen durch seine Sonderwünsche bedingten Eigenanteil an Leasingraten für ein Dienstfahrzeug trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Rückgabe des Fahrzeugs für die Gesamtlaufzeit des Leasingvertrages zu erstatten.

Der Kläger war seit dem 01.04.2008 für die Beklagte als "Key Account Manager" im Außendienst tätig. Im Arbeitsvertrag ist auszugsweise vereinbart:

14. Dienstwagenregelung

Sie erhalten einen Dienstwagen nach den anliegenden Richtlinien der Gesellschaft auf Leasingbasis. Die Richtlinie und der Wagenvertrag können vom Unternehmen von Zeit zu Zeit angepasst werden. Für Sonderwünsche sind die Leasingkosten von Herrn G. zu übernehmen.

In der von Beklagtenseite vorgelegten Fassung der sog. Firmenfahrzeugrichtlinien, wegen deren vollständigen Inhalt auf die mit Klageerwiderungsschriftsatz vom 18.10.2010 vorgelegte Kopie verwiesen wird, heißt es auf Seite 3 unten:

Weitere Ausstattungswünsche können bestellt werden. Liegt die Leasingrate des bestellten Fahrzeugs über dem gruppenspezifischen Richtwert des Mitarbeiters, so hat er die daraus resultierenden Mehrkosten zu tragen.

Auf Seite 4 schließt sich folgender Satz an:

Falls das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Leasingvertrages endet, so ist der Mitarbeiter verpflichtet, die Mehrkosten bis zum Ablauf des Leasingvertrages zu übernehmen.

Unter den Parteien ist strittig, ob der Kläger diese Firmenfahrzeugrichtlinien in vollständiger Form erhalten hat. In der vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Kopie fehlt jedenfalls Seite 4. An ihrer Stelle ist das Formularblatt "Anlage 4 " eingefügt.

Den sog. Firmenfahrzeugrichtlinien sind insgesamt vier Anlagen beigefügt. Anlage 1 enthält ein Musterformular "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges". In diesem Formular heißt es unmittelbar über dem für die Unterschriftsleistung vorgesehenen Bereich:

Die durch die Sonderausstattung entstehenden Leasing-Mehrkosten werden monatlich mit meiner Gehaltszahlung verrechnet.

Unter dem Datum des 05.11.2008 unterzeichnete der Kläger einen "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges" wegen dessen vollständiger Fassung auf die von der Beklagten mit Klageerwiderungsschriftsatz vom 18.10.2010 vorgelegte Kopie verwiesen wird. Abweichend von dem den Firmenfahrzeugrichtlinien als Anlage 1 beigefügten Formular heißt es darin unmittelbar über der vom Kläger geleisteten Unterschrift:

Die Mehrkosten zwischen den Leasingraten für das von mir bestellte Fahrzeug und den Leasingraten für das Referenz-Fahrzeug werden monatlich mit meiner Gehaltszahlung verrechnet. Falls das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Leasingvertrages endet, so bin ich verpflichtet, die Mehrkosten bis zum Ablauf des Leasingvertrages zu übernehmen.

In dem Antrag ist vermerkt, dass der Kläger einen "Anspruch auf eine Leasingrate von € 527,-- (36 Monate / 150.000 km)" hat. Die tatsächliche Rate für das vom Kläger bestellte Fahrzeug betrug infolge der von ihm gewünschten Sonderausstattung € 762,49. Die Differenz behielt die Beklagte monatlich mit den Entgeltabrechnungen ein.

Mit dem 31.05.2010 endete das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung, in der auch geregelt ist, dass der Kläger das ihm überlassene Firmenfahrzeug zum 31.05.2010 zurückzugeben hat.

Mit der am 12.07.2010 erhobenen Klage verfolgte der Kläger neben dem in der Berufungsinstanz nicht mehr strittigen Zeugnisberichtigungsanspruch einen in seiner Berechnung unstrittigen Nettoentgeltanspruch für den Monat Mai 2010 i.H.v. € 2.236,07 zuzüglich der in ihrer Berechnung ebenfalls unstrittigen Ansprüche auf Reisekostenerstattung für die Monate März 2010 i.H.v. € 1.555,66, April 2010 i.H.v. € 524,47 und Mai 2010 i.H.v € 220,50, wovon nach übereinstimmender Sicht der Parteien ein gezahlter Reisekostenvorschuss von € 750,00 abzuziehen ist, so dass sich eine Klageforderung von € 3.786,70 ergibt.

Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 01.06.2010 mitgeteilt, dass in Zusammenhang mit dem von ihm genutzten Fahrzeug in der Zeit vom 01.06.2010 bis zum Ablauf des Leasingvertrages (04.03.2012) Mehrkosten in Höhe von insgesamt € 4.128,48 entstünden, weshalb sich unter Berücksichtigung der dem Kläger noch zustehenden Ansprüche zu ihren Gunsten eine Restforderung von € 606,48 ergebe, die dieser bis zum 18.06.2010 zu zahlen habe. Wegen der Berechnung wird auf die mit der Klageschrift vorgelegte Kopie des Schreibens verwiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zur Erstattung der Leasingmehrkosten nicht verpflichtet zu sein. Im Übrigen sei die vollständige Aufrechnung gegen den Entgeltanspruch für den Monat Mai 2010 schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte die Pfändungsfreigrenzen und das damit einhergehende Aufrechnungsverbot nicht beachtet habe.

Der Kläger hat - soweit hier noch von Bedeutung - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 3.850,00 netto nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an sie € 1.126,83 nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe trotz Beendigung des Arbeitsvertrages die Mehrkosten für die Sonderausstattung des Fahrzeugs für die Restlaufzeit des Leasingvertrages zu tragen. Diese beliefen sich (nach nunmehriger Berechnung) auf insgesamt € 4.975,90, so dass sich nach vollständiger Aufrechnung gegen die Forderung des Klägers der mit der Widerklage verfolgte Restbetrag ergebe.

Mit Urteil vom 25.11.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage in dem hier strittigen Punkt abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit seiner eigenen freien Entscheidung für ein besser ausgestattetes Fahrzeug habe der Kläger Mehrkosten verursacht, die er billigerweise auch zu tragen habe.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil.

Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Zahlungsklage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zunächst falle auf, dass der Kläger nach dem Arbeitsvertrag für "Sonderwünsche" die Leasingkosten zu übernehmen habe, während in den Firmenfahrzeugrichtlinien von "Sonderausstattung" die Rede sei. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Regelungen sei zweifelhaft, ob überhaupt eine wirksame Vereinbarung zwischen den Parteien zu Stande gekommen sei. Darüber hinaus sei festzustellen, dass sich der Kläger selbst bei wirksamer Einbeziehung der Firmenfahrzeugrichtlinien lediglich mit einer monatlichen Verrechnung von durch die Sonderausstattung entstehende Leasingmehrkosten einverstanden erklärt habe. Da die Parteien eine "monatliche" Verrechnung mit der Gehaltszahlung vereinbart hätten, habe sich eine Verrechnungsabrede offensichtlich nur auf das bestehende Arbeitsverhältnis bezogen. Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sähen die Firmenfahrzeug Richtlinien hingegen keine arbeitnehmerseitige Verpflichtung vor, die Leasingraten bis zur Beendigung des Leasingvertrages fortzuzahlen. Eine solche Vereinbarung würde im Übrigen auch einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB nicht standhalten, da eine solche Klausel eine unzulässige Kündigungserschwerung enthielte. Die Klausel im Antrag vom 05.11.2008 sei darüber hinaus auch überraschend, weil sie von dem Formular abweiche, dass dem Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages mit den sog. Firmenfahrzeugrichtlinien als Anlage 1 übermittelt worden sei. Bei Unterzeichnung des Antrags vom 05.11.2008 sei dem Kläger nicht aufgefallen, dass er einen anderen Antrag unterzeichnet habe als den ihm schon als Anlage 1 bekannten. Jedenfalls sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, ohne Beachtung der Pfändungsfreigrenzen gegen den Anspruch auf Vergütung für Mai 2010 in voller Höhe aufzurechnen, da der Kläger gegenüber einem minderjährigen Kind und seiner Lebensgefährtin Unterhalt verpflichtet sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 25.11.2010 - 1 Ca 1864/10 - teilweise abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 3.786,70 nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen,

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Berufungsbeantwortung Bezug genommen.

Mit Hinweisschreiben vom 06.04.20111 hat das Berufungsgericht unter anderem die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie zur Einhaltung der Pfändungsfreigrenzen nichts vorgetragen habe.

Während der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 08.07.2011 hat der Beklagtenvertreter erklärt, aus den vom Kläger genannten persönlichen Verhältnissen resultiere ein Pfändungsfreibetrag von € 1.542,47 und hilfsweise für den Fall, dass der Klage im Hinblick auf die einzuhaltenden Pfändungsfreibeträge teilweise entsprochen werde, im Rahmen der Widerklage beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte weitere € 1.562,47 zu zahlen.

Der Kläger hat bestritten, dass aus seinen persönlichen Verhältnissen ein Pfändungsfreibetrag von € 1.562,47 resultiere und beantragt,

auch insoweit die Widerklage abzuweisen.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien ergänzend Bezug genommen auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen aus beiden Instanzen.

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig, denn sie genügt den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 1, 2, 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist in vollem Umfang begründet. Das Arbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Urteil war entsprechend abzuändern.

1. Der Kläger hat Anspruch auf den mit der Klage verfolgten Zahlungsbetrag i.H.v. insgesamt € 3.786,70 aus § 611 Abs. 1 bzw. § 670 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag.

a) Der Zahlungsbetrag setzt sich aus vier Teilbeträgen, nämlich dem Nettoentgelt für den Monat Mai 2010 sowie Reisekostenerstattung für die Monate März, April und Mai 2010 zusammen, die in ihrer Entstehung jeweils unstrittig sind.

b) Diese Forderungen sind nicht durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von der Beklagten erklärte Aufrechnung bereits unwirksam ist, weil sie zu den tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB, zu denen auch die Beachtung des aus § 394 BGB erwachsenden Aufrechnungsverbotes zählt, nicht ausreichend vorgetragen hat. Denn die Aufrechnung geht jedenfalls deshalb ins Leere, weil die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Beklagten nicht besteht. Die hierüber getroffene Vereinbarung ist rechtsunwirksam.

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerseite ist davon auszugehen, dass unter den Parteien eine Vereinbarung zustande gekommen ist, nach deren Inhalt der Kläger verpflichtet sein soll, die durch seine Sonderwünsche bedingten Mehrkosten an den Leasingraten auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus bis zum Ablauf des Leasingvertrages zu übernehmen.

(1) Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Seite 4 der sog. Firmenfahrzeugrichtlinien der Beklagten tatsächlich erhalten hat, in der diese Verpflichtung ausdrücklich genannt ist. Denn die Verpflichtung wäre auch dann Bestandteil der unter den Parteien zustande gekommenen Vereinbarungen geworden, wenn der Kläger diese Seite 4 tatsächlich nicht erhalten hätte. Das folgt daraus, dass der Kläger am 05.11.2008 den "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges" unterzeichnet hat, in dem die in Rede stehende Verpflichtung ebenfalls ausdrücklich niedergelegt ist. Mit der spätestens durch Übergabe des Dienstwagens erfolgten Annahme dieses Antrags durch die Beklagte war diese Klausel vereinbart. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ihr - aus der Perspektive des Sachvortrags des Klägers - eine die sog. Firmenfahrzeugrichtlinien der Beklagten ergänzende oder - nach Sicht der Beklagten - nur eine die nach den Richtlinien ohnehin geltende Vertragslage wiederholende Bedeutung beigemessen wird. Auch dem Umstand, dass unter Nr. 14 des Arbeitsvertrages von "Sonderwünschen" und in den sog. Firmenfahrzeugrichtlinien von "Sonderausstattung" die Rede ist, vermag die Berufungskammer keine rechtlich relevante Bedeutung beizumessen. Als der Kläger am 05.11.2008 den "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges" unterzeichnete, konnte er dem Antrag in aller Deutlichkeit entnehmen, dass er die Mehrkosten zwischen den Leasingraten für das von ihm bestellte Fahrzeug und den im Antrag genannten Leasingraten für das Referenz-Fahrzeug übernehmen sollte. Darüber, dass dies eben die durch seine über die Ausstattung des sog. Referenz-Fahrzeugs hinausgehenden "Sonderwünsche" bedingten Mehrkosten waren, konnte zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Antrags kein ernsthafter Zweifel aufkommen. Tatsächlich kam er auch später nicht auf. Vielmehr akzeptierte der Kläger stets den Einbehalt dieser Mehrkosten im Rahmen der monatlichen Entgeltabrechnung.

(2) Die Auffassung des Klägers, die in dem am 05.11.2008 unterzeichneten "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges" enthaltene Klausel sei insoweit überraschend i.S.v. § 305 c Abs. 1 BGB und deshalb nicht Vertragsbestandteil geworden, als darin - aus der Perspektive seines Sachvortrags - in Abweichung von den Inhalten der zuvor überlassenen sog. Firmenfahrzeugrichtlinien auch die Verpflichtung enthalten war, die Mehrkosten bis zum Ablauf des Leasingvertrages zu übernehmen, falls das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Leasingvertrages endet, teilt das Berufungsgericht nicht.

(a) Sowohl bei den sog. Firmenfahrzeugrichtlinien der Beklagten im Allgemeinen als auch speziell bei dem "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges" handelt es sich zwar schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um ein gedrucktes oder sonst vervielfältigtes Klauselwerk der Beklagten, bei dem prima facie anzunehmen ist, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB handelt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2007 - 21 Sa 1770/07, dokumentiert bei juris, Rn. 32 m.w.N. zur Rechtsprechung von BAG und BGH). Das wird von Beklagtenseite, die in der Berufungsbeantwortung selbst von einem "Antragsformular" spricht, ersichtlich nicht in Abrede gestellt - und zwar weder für die sog. Firmenfahrzeugrichtlinien im Allgemeinen noch für das Antragsformular im Speziellen.

(b) Die im "Antrag auf Beschaffung eines Firmenfahrzeuges" vom 05.11.2008 enthaltene Klausel kann aber selbst auf Basis des Sachvortrags des Klägers nicht als überraschend i.S.v. § 305 c Abs. 1 BGB charakterisiert werden.

(aa) Überraschenden Charakter i.S.v. § 305 c Abs. 1 BGB hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Dabei kommt es nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners an. Maßgeblich sind vielmehr die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises (LAG Berlin-Brandenburg, a.a.O. unter Hinweis auf BAG 28.06.2007 - 6 AZR 750/06 - NZA 2007, 1049).

(bb) Hiervon ausgehend, kann zur Begründung eines überraschenden Charakters der Klausel zunächst nicht auf das äußere Erscheinungsbild verwiesen und auch nicht angeführt werden, dass sich die Klausel an einer versteckten Stelle in einem längeren Vertragstext befunden hat. Im Gegenteil: Abgesehen von zwei einleitenden Sätzen und einigen wenigen, übersichtlich angeordneten Kurzangaben zum bestellten Fahrzeug enthält das Antragsformular keine andere textliche Aussage als eben die hier in Rede stehende Klausel. Wer das Antragsformular auch nur oberflächlich überfliegt, muss nahezu unausweichlich auf diesen Text stoßen, zumal sich der entscheidende Satz unmittelbar vor dem für die Unterzeichnung vorgesehenen Bereich findet.

Bei dieser Übersichtlichkeit lässt sich auch nicht mit Erfolg einwenden, dass der Kläger angesichts des ihm aus den sog. Firmenfahrzeugrichtlinien bekannten Formulars, in dem sich der entscheidende Satz in der Tat nicht findet, mit eben dieser Abweichung nicht gerechnet habe. Diese Argumentation fußt zwangsläufig darauf, dass sich der Kläger das, was er am 05.11.2008 unterzeichnet hat, überhaupt nicht (mehr) angeschaut hat. Die aus einer solchen Verhaltensweise resultierenden Konsequenzen hat er selbst zu vertreten. Das mag im Einzelfall anders zu beurteilen sein, wenn der Verwender eine Abweichung von einem zuvor zur Verfügung gestellten Mustertext in einem längeren Text verbirgt, ohne hierauf hinzuweisen. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor.

(cc) Auch inhaltlich ist die Klausel nicht überraschend.

Das gilt auch und gerade bei Berücksichtigung des Zusammenhangs mit dem Arbeitsvertrag und den sog. Firmenfahrzeugrichtlinien der Beklagten, wobei es im Hinblick auf letztere wiederum nicht entscheidend darauf ankommt, ob dem Kläger auch die Seite 4 und der darauf befindliche Satz bekannt war, wonach er schon nach dem Inhalt der sog. Firmenfahrzeugrichtlinien verpflichtet sein sollte, die Mehrkosten bis zum Ablauf des Leasingvertrages zu übernehmen, falls das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Leasingvertrages endet. Immerhin heißt es unter Nr. 14 des Arbeitsvertrages, dass die Leasingkosten für Sonderwünsche vom Kläger zu übernehmen sind. Und auch auf der vom Kläger unstrittig zur Kenntnis genommenen Seite 3 der sog. Firmenfahrzeugrichtlinien findet sich der Satz, dass er die Mehrkosten zu tragen habe, wenn die Leasingrate des bestellten Fahrzeugs aufgrund seiner Ausstattungswünsche über dem gruppenspezifischen Richtwert liege. Angesichts dessen kann nach allen verwendeten Textvarianten kein Zweifel bestehen, dass der Kläger grundsätzlich die durch seine Sonderwünsche bedingten Mehrkosten tragen sollte. Das Berufungsgericht übersieht nicht, dass es einen erheblichen Unterschied darstellt, ob diese Verpflichtung nur für die Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses oder auch darüber hinaus bestehen soll. Dieser Unterschied wird noch näher zu beleuchten sein. Das ändert aber nichts daran, dass die im Antrag vom 05.11.2008 zu findende Festschreibung einer über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinausgehenden Kostentragungspflicht für die durch Sonderwünsche bedingten Leasing-Mehrkosten, als konkreter Regelungsinhalt der sich über den Geschäftsgegenstand "Dienstwagengestellung" verhaltenden Vereinbarungen nach den Umständen keinesfalls so ungewöhnlich war, dass der Kläger mit ihr nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht zu rechnen brauchte.

bb) Die damit unter den Parteien zustande gekommene Vereinbarung ist jedoch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

(1) Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall gelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (LAG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2007 - 21 Sa 1770/07, dokumentiert bei juris, Rn. 37 unter Hinweis auf BAG vom 14. August 2007 - 9 AZR 18/07, dokumentiert bei juris).

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit der vorgenannten Entscheidung vom 05. Dezember 2007 darauf erkannt, dass es sich bei der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehenen Berechtigung der Arbeitgeberin, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Eigenanteil an den Leasingraten für das von ihm während des Dienstverhältnisses genutzte, mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch zurückzugebende Dienstfahrzeug in einer Summe vom Mitarbeiter erheben zu können, um eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt.

(3) Dem folgt die erkennende Kammer auch für die hier gegebene Sachlage. Sie teilt die vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Rückgriff auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09. September 2003 im Einzelnen dargelegten Erwägungen. In der bereits erwähnten, allerdings das bis zum 31. Dezember 2001 geltende und deshalb von der Bereichsausnahme des ehemaligen § 23 Abs. 1 AGBG geprägte Schuldrecht betreffenden Entscheidung vom 09. September 2003 hat das Bundesarbeitsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall darauf hingewiesen, dass sich die Arbeitgeberin durch die Erhebung des verbleibenden Restbetrags eines Eigenanteils des Arbeitnehmers an den Leasingkosten für ein Dienstfahrzeug "in einer Summe" zusätzliches Kapital verschaffe, der Kläger im Ergebnis also verpflichtet werde, ihr insoweit ein unverzinsliches Darlehen zu gewähren. Eine solche Risikoabwälzung lasse sich nicht mit den Besonderheiten der gegebenen Situation rechtfertigen. Die Möglichkeit der Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs sei aus näher dargelegten Gründen regelmäßig ein attraktives Angebot an Arbeitnehmer, ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder aufrechtzuerhalten. Das gelte auch für die Bereitschaft des Arbeitgebers, auf Wunsch des Arbeitnehmers über die an sich geplanten Kosten hinaus ein teureres Fahrzeug zu beschaffen. Da es den Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich frei stehe, die sich aus einem solchen Wunsch ergebenden finanziellen Folgen zu regeln, sei eine Vereinbarung, mit der sich der Arbeitnehmer zur Übernahme der entstehenden Mehrkosten verpflichte, für die Dauer des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht zu beanstanden. Der Arbeitnehmer übernehme zwar anteilig Betriebskosten des Arbeitgebers, erhalte aber im Gegenzug die Befugnis, das höherwertige Fahrzeug auch privat zu nutzen. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem dadurch bedingten Wegfall der Privatnutzungsmöglichkeit werde dieses Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gestört. Im Leasingrecht wäre eine Klausel, die den Leasinggeber zur Rücknahme der Leasingsache berechtigte, den Leasingnehmer gleichwohl zur Entrichtung der für die restliche Laufzeit des Leasingvertrags anfallenden Leasingraten verpflichte, wegen der mit dem Leitbild des Leasingvertrags unvereinbaren Äquivalenzstörung unwirksam. Für die Zahlungspflicht des Arbeitnehmers bei Wegfall der Nutzung des Dienstfahrzeugs gelte nichts anderes. Auch im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endeten grundsätzlich die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Rechte und Pflichten. Zahlungspflichten des Arbeitnehmers, die an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses knüpften, bedürften deshalb einer besonderen Rechtfertigung. Allein der Wunsch des Arbeitnehmers nach einem höherwertigen Fahrzeugmodell liefere eine solche jedoch nicht. Dessen Vorteile beschränkten sich auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses; die Begünstigung der Arbeitgeberin wirke dagegen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu seinen Lasten fort (BAG vom 09.09.2003 - 9 AZR 574/02, dokumentiert bei juris, Rn. 32 ff.).

(4) Aus diesen Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg für die nunmehr geltende Rechtslage die zutreffende Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Kostentragungspflicht im Ergebnis als übermäßige Beeinträchtigung der arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) auswirkt, weil eine von ihm beabsichtigte Kündigung mit einer Zahlungsverpflichtung verknüpft und der Arbeitnehmer damit für die Dauer des Leasingvertrags über das von ihm gewünschte Dienstfahrzeug mit Sonderausstattung an den Arbeitgeber gebunden wird. Die erkennende Berufungskammer teilt die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, dass der Arbeitnehmer durch eine solche Zahlungsverpflichtung erheblich in seiner beruflichen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird.

(5) Für den hier zu entscheidenden Fall kommt verstärkend hinzu, dass die hiesige Zahlungsverpflichtung anders als in dem der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zugrunde liegenden Sachverhalt nicht nur im Falle einer sog. Eigenkündigung des Arbeitnehmers, sondern uneingeschränkt in allen Fällen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten soll. Das heißt, sie würde sogar bei einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung greifen. Gerade diese Möglichkeit führt deutlich vor Augen, dass darin eine unausgewogene Risikoverteilung der Kosten für ein Arbeitsmittel zu Lasten des Arbeitnehmers liegt.

(6) Da eine Vertragsklausel der hier verwendeten Art somit nach den Grundsätzen des Rechtes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen generell unzulässig ist, vermag die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis hier nicht durch Kündigung, sondern durch einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung beendet wurde, am Ergebnis nichts zu ändern. Die Klausel ist unwirksam. Mangels sonst eingreifender Anspruchsgrundlagen hat die Beklagte keine Forderung, die sie aufrechnen könnte.

c) Der Zinsanspruch rechtfertigt sich dem Grunde und der Höhe nach aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286, 288 Abs. 1, 247 BGB).

2. Die Widerklage ist hinsichtlich Haupt- und Hilfsantrag gleichermaßen unbegründet, weil der Beklagten der mit der Widerklage verfolgte (Rest-) Zahlungsanspruch aus den dargelegten Gründen nicht zusteht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Fragestellungen des Rechtes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zuzulassen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361-2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

MailänderSmochZeise

10 Sa 108/11

1 Ca 1864/10

Arbeitsgericht Mönchengladbach

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

des Herrn I. H., H. str. 4, L.,

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwältin C. N.-M.,

H. breite 1, S.,

g e g e n

die E. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer H. T. und N. C., C. Str. 77, I.,

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte X., N., T.,

N.-M.-L.-Str. 1, I.,

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 24.08.2011

ohne mündliche Verhandlung

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Mailänder

als Vorsitzenden

b e s c h l o s s e n:

Der Tenor des Urteils des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.07.2011 - 10 Sa 108/11 - wird berichtigt. Der Satz: "Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.786,70 nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen", muss vollständig lauten:

"Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.786,70 nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen".