VG Köln, Urteil vom 12.04.2011 - 7 K 4284/09
Fundstelle
openJur 2012, 79478
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid vom 09.08.1996 durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilten Zulassung für das Arzneimittel "Q. -SB Creme" (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) mit dem alleinigen arzneilich wirksamen Bestandteil "Q. " 10,0 mg/1g Creme. Das Anwendungsgebiet des als verschreibungspflichtig deklarierten Präparates wurde im Zulassungsbescheid wie folgt beschrieben:

"Q. -SB Creme wird zur Beschleunigung der Krustenbildung beim natürlichen Heilungsverlauf von akuten Episoden leichter Formen wiederholt auftretender Lippenbläschen (rezidivierender Herpes labialis) eingesetzt."

Mit Änderungsanzeige vom 18.05.2005 zeigte die Klägerin beim BfArM die Änderung der Bezeichnung des Präparats im "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" an. Daneben wurden u.a. auch Änderungen der Beschriftungen und Informationstexte, der Anwendungsdauer sowie des Verkaufsstatus von "verschreibungspflichtig" in "apothekenpflichtig" auf der Grundlage der 53. Verordnung zur Änderung der Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel vom 17.12.2004 (BGBl. I S. 3526) angezeigt.

Mit Bescheid vom 07.07.2005 lehnte das BfArM die angezeigte Änderung der Anwendungsdauer ab, akzeptierte aber die in

"Zur lindernden Therapie von Schmerzen und Juckreiz sowie zur Beschleunigung der Krustenbildung beim natürlichen Heilungsverlauf von akuten Episoden leichter Formen wiederholt auftretender Lippenbläschen (rezidivierender Herpes labialis)."

geänderte Indikation.

Unter "Weitere Hinweise" teilte das BfArM außerdem mit, dass die beabsichtigte Änderung des Arzneimittelnamens nicht akzeptiert werde, da der Wirkstoff Dimetinden des Arzneimittels "G. " in dem Produkt nicht enthalten sei, eine entsprechende Wirkung durch ein Antihistaminikum, die nicht gegeben sei, jedoch suggeriert werde. Für die zugelassene dermatologische Indikation sei ein Antihistaminikum zudem deplaziert.

Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Das Arzneimittelgesetz stelle an die Produktbezeichnung keine bestimmten Anforderungen, sodass der pharmazeutische Unternehmer in seiner Wahl grundsätzlich frei sei. Die gewählte Bezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" entspreche den Vorgaben der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG, wonach der Name entweder ein nicht zu Verwechselungen mit gebräuchlichen Namen führende Phantasiebezeichnung oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein könne. Mit der Bezeichnung "Q1. " werde der Wirkstoff in abgekürzter Form übernommen und eine für den Patienten unnötig lange Bezeichnung vermieden. Sie gewährleiste zudem die Unterscheidbarkeit zu dem Wirkstoff des eingeführten Produkts "G. ". Die Verwendung der Dachmarke "G. " sei für den Patienten verständlich und geläufig. Die Forderung des BfArM, dass jedes unter dieser Bezeichnung vertriebene Produkt den Wirkstoff "Dimetindenmaleat" enthalten müsse, sei nicht nachvollziehbar, zumal ein Wirkstoff in verschiedene ATC-Klassifizierungen fallen könne - die Klägerin verwies in diesem Zusammenhang auf "B. " - und gleichwohl unter der identischen Dachmarke ("A. ") vertrieben werde.

Mit Bescheid vom 04.06.2009 wies das BfArM den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Behörde verwies auf § 25 Abs. 3 und § 8 Abs. 1 Satz 2 AMG. Eine Zulassung unter einer einheitlichen Bezeichnung sei nur möglich, wenn die Zusammensetzung der wirksamen Bestandteile der Arzneimittel nach Art und Menge identisch sei. Die einzige gesetzlich zugelassene Ausnahme bestehe darin, dass bei gleicher Art der wirksamen Bestandteile bei unterschiedlichen Darreichungsformen die Wirkstoffmenge unterschiedlich sein dürfe. Der Markenname "G. " werde in Deutschland wenigstens seit 1978 für das Antihistaminikum "Dimetindenmaleat" verwendet. Unter der Bezeichnung "G. " seien eine Injektionslösung sowie die Produkte "G. Gel", "G. Drageés", "G. Sirup", "G. Tropfen" sowie Retard-Kapseln unter der Bezeichnung "G. -24-Stunden" zugelassen. Allgemein werde daher von einem Produkt, das den Namen "G. " trage, erwartet, dass es den Wirkstoff "Dimetindenmaleat" enthalte. Diesem Leitbild entspreche auch die Sicht des Gesetzgebers im Ausschussbericht zum 2. AMG-Änderungsgesetz, wonach Ärzte, Apotheker und Verbraucher unter einer einheitlichen Bezeichnung Arzneimittel mit identischer Zusammensetzung erwarteten. Auch verstoße die Bezeichnungsänderung gegen das Irreführungsverbot. Unter gleicher Hauptbezeichnung vermarktete Arzneimittel erzeugten auch dann die Verbrauchererwartung, sie enthielten denselben Wirkstoff, wenn sie einen unterscheidenden Bezeichnungszusatz führten. Der Verbraucher gehe aufgrund der Bezeichnung "G. " davon aus, dass das Präparat den Wirkstoff der übrigen Präparate der G. -Gruppe enthalte. Durch den Zusatz "Q1. " werde suggeriert, dass zusätzlich ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Gleiche Produktbezeichnungen bei unterschiedlichen Wirkstoffen führten zu einer Verwechselungsgefahr. Auch der Hinweis auf "A. " verfange nicht, da für den Wirkstoff "B. " zwar unterschiedliche ATC-Codes bestünden, der Verbraucher sich aber darauf verlassen könne, dass in "A. " stets "B. " enthalten sei.

Die Klägerin hat am 02.07.2009 Klage erhoben.

Sie verteidigt die Bezeichnungsänderung und führt aus: Zwar unterschieden sich die zugelassenen Anwendungsgebiete für die einzelnen unter der Dachmarke "G. " zugelassenen Produkte. Ihnen sei jedoch gemein, dass sie überwiegend zur symptomatischen Behandlung (z.B. von Juckreiz) bestimmt seien. Im Óbrigen seien auch diejenigen G. -Produkte, die "Dimetindenmaleat" enthielten, in Bezug auf ihre pharmakotherapeutische Gruppe durchaus unterschiedlich. Eine Verwechselungsgefahr sei theoretisch nur denkbar zwischen "G. (r) Gel" und "G. (r) Q1. bei Lippenherpes", da deren Darreichungsformen ähnlich seien. Eine Verwechselung sei aber auch beim medizinischen Laien unwahrscheinlich, da durch den Bezeichnungsbestandteil "bei Lippenherpes" das Anwendungsgebiet hinreichend verdeutlicht werde. Das Verbraucherleitbild des EuGH gehe von einem "interessierten, informierten und aufmerksamen" Verbraucher aus. Dieser sei in der Lage, aus einer Arzneimittelbezeichnung, die ein konkretes Anwendungsgebiet nenne, die Zweckbestimmung des Präparats abzuleiten. Maßgebend für den Verbraucher seien Bezeichnung und Indikation eines Arzneimittels. Von den Wirkstoffen habe der medizinische Laie in der Regel keine Vorstellung. Wenn über einen Wirkstoff aber keine Vorstellung bestehe, könne auch nicht getäuscht werden. Die Marke "G. (r)" stehe für allergiebedingte Haut- und andere Reaktionen des menschlichen Körpers und nun auch für virusbedingte Hautreaktionen. Obwohl das Arzneimittel bereits seit 2005 unter der geänderten Bezeichnung vertrieben werde, seien bislang keine Beschwerden oder Verwechselungsfälle bekannt geworden. Mit dem Bezeichnungszusatz "Q1. " werde dem Verbraucher ein leicht gekürzter Hinweis auf den Wirkstoff gegeben, der auch mit einem Monopräparat assoziiert werde, da andernfalls Zusätze wie "plus" oder "mit" üblich seien. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG finde keine Anwendung, da es kein anders zusammengesetztes Arzneimittel mit derselben Bezeichnung gebe. Denn die Bezeichnung laute "G. (r) Q1. bei Lippenherpes". Ein anderes Arzneimittel dieser Bezeichnung existiere nicht. Bezeichnungszusätze seien auch in der "Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Instituts über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen" vom August 1991 als hinreichendes Unterscheidungsmerkmal anerkannt. Ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG lasse die Bekanntmachung Namenskombinationen als Arzneimittelbezeichnung zu. Dachmarkenkonzepte könnten für einen bestimmten Wirkstoff stehen; zwingend sei dies jedoch nicht. Der Patient assoziiere mit einer Dachmarke nicht zwingend einen bestimmten Wirkstoff. Namentlich der Wirkstoff "Dimetindenmaleat" sei außerhalb der Fachkreise unbekannt. Vielmehr seien für Erwerb und Anwendung die Indikation oder das Therapiegebiet maßgebend.

Auch sei zu berücksichtigen, dass bei der Anzeige einer Bezeichnungsänderung der Zulassungsbescheid zwingend zu ändern und eine Zustimmung des BfArM nicht erforderlich sei. Der Spielraum für die Behörde, Einwände gegen die Änderung vorzubringen, sei dadurch erheblich eingeschränkt, zumal die Bekanntmachung aus dem Jahre 1991 eine Selbstbindung der Verwaltung beinhalte. Bei der Entscheidung über die Änderung des Zulassungsbescheides seien der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der Besitzstand des pharmazeutischen Unternehmers zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 07.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2009 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 09.08.1996 (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) in "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" zu ändern

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Bezeichnung eines Arzneimittels sei unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung. Da diese bei einer nachträglichen Bezeichnungsänderung entsprechend anzupassen sei, könne sie nur ihm Rahmen der durch das AMG gezogenen Grenzen erfolgen. Diese seien hier überschritten. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG stelle den Grundsatz auf, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zugelassen werden dürften, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung nach Art und Menge identisch sei. Dem Wortlaut nach unterscheide die Norm nicht zwischen Bezeichnungen, die nur aus einem Wort bestünden, und zusammengesetzten Bezeichnungen. Ginge man aber mit der Klägerin davon aus, dass die zusammengesetzte Bezeichnung in ihrer Gesamtheit die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG sei, liefe die Vorschrift weitgehend leer, da jeder noch so geringfügige Namenszusatz zu einer Hauptbezeichnung die Verwendung völlig unterschiedlicher Wirkstoffe unter der Gesamtbezeichnung ermöglichen würde.

Die Bezeichnungsänderung sei auch irreführend im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, beim Verbraucher unrichtige Vorstellungen über die Art, die Qualität, die therapeutische Wirksamkeit oder über sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels wie Zusammensetzung oder Anwendungsart auszulösen. Gerade in Fällen nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel komme der Bezeichnung für den Patienten besondere Bedeutung zu. Hierbei gebiete es der hohe Rang des betroffenen Rechtsgutes Gesundheit, an die Bezeichnung strenge Anforderungen zu stellen. Der Verbraucher erwarte von einer Arzneimittelserie, die unter gleicher Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Zusatzbezeichnungen den gleichen Wirkstoff. Zumindest verbinde er mit der Verwendung der Hauptbezeichnung "G. " die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein auf Hautkrankheiten bezogenes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, verbunden mit einem irgendwie gearteten "Mehr" in Bezug auf das Anwendungsgebiet "bei Lippenherpes". Genau dies sei von der Klägerin auch beabsichtigt, wenn sie das gewonnene Vertrauen auf das neue Präparat übertragen wolle. Tatsächlich sei aber der Wirkmechanismus gänzlich unterschiedlich, da das streitgegenständliche Präparat auf die Beeinflussung der Symptome einer durch Viren verursachten Hauterkrankung ziele. Der bei den anderen Präparaten im Mittelpunkt stehende Juckreiz sei hierbei nur eines von mehreren Symptomen. Der Wirkstoff sei ein Virustatikum mit direkter antiviraler Wirkung, kein Antihistaminikum. Er sei also nicht ein "Mehr", sondern ein aliud. Die hierdurch bedingte Täuschung werde auch nicht durch den Zusatz "Q1. " entkräftet. Dieser sei für den Gesamteindruck nicht so prägend, dass der bekannte Name "G. " zurückträte.

Aus dem von ihr herangezogenen "Leitfaden für Dachmarkenkonzepte" der Pharmaverbände von 2002 könne die Klägerin nichts für ihre Auffassung herleiten. Dieser könne keine Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben rechtfertigen und sei überdies nicht mehr aktuell. Ungeachtet dessen fordere der Leitfaden - zumindest bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln - zumindest teilweise Wirkstoffidentität. Die Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes gebe allenfalls Anhaltspunkte und sei ungenau formuliert. Zudem verweise sie selbst wiederholt auf die gesetzlichen Vorgaben.

In der Marktpraxis habe die von der Klägerin gewählte Bezeichnung bereits zu Irritationen geführt. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf eine entsprechende Internet-Fundstelle aus der Schweiz.

Die entsprechende Anpassung der Bezeichnung des Doubletten-Präparats (ehemals "W. ") werde von ihr gleichfalls nicht akzeptiert. Dies gelte auch für die Bezeichnung "G. (r) I. " dreier weiterer Präparate der Klägerin, die nicht den Wirkstoff "Dimetindenmaleat", sondern Hydrocortison enthielten.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Variante VwGO statthaft. Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer vom Inhaber der Zulassung angezeigten Änderung der Arzneimittelbezeichnung der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Die Bezeichnung ist damit notwendiger Bestandteil nicht lediglich der Zulassungsunterlagen, sondern auch der Zulassungsentscheidung selbst und teilt deren Rechtscharakter. Sowohl die Entscheidung über die Ablehnung einer Bezeichnungsänderung - ungeachtet der hier vorgenommenen Rubrizierung unter "Weitere Hinweise" - als auch die der Anzeige folgende Änderung der Zulassungsentscheidung erfolgen deshalb durch Verwaltungsakt. Das hierauf gerichtete Begehren ist folglich im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009 - 13 A 2147/06 -, A & R 2009, 239-240 =

DVBl. 2009, 1327 (jeweils nur Leitsatz); Beschluss vom 28.02.1008 - 13 A 3273/07 -, A & R 2008, 142; Urteil vom 23.05.2007 - 13 A 3657/04 -, juris; VG Köln, Urteil vom 07.04.2004 - 24 K 8164/01 -, PharmR 2004, 225-230; BVerwG, Urteil vom 13.04.1989 - 3 C 11.86 -, BVerwGE 82,7 = PharmR 1989, 229.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Ablehnung der Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels von "Q. -SB Creme" in "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" im Bescheid vom 07.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf eine entsprechende Änderung des Zulassungsbescheides (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Ein solcher Anspruch folgt nicht schon allein daraus, dass im Fall der Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG entsprechend zu ändern ist. Wenn auch der Wortlaut der Vorschrift auf eine gebundene Entscheidung der Zulassungsbehörde zu weisen scheint, so gebietet doch bereits die Gesetzesbindung der Verwaltung ein eigenständiges Prüfungsrecht der zuständigen Bundesoberbehörde in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der gewählten Arzneimittelbezeichnung. Die Bestimmung ist damit als das Gebot an die Behörde zu verstehen, die als rechtmäßig erkannte Bezeichnung durch Änderung des Zulassungsbescheides umzusetzen. Ist die gewählte Bezeichnung hingegen rechtswidrig, hat eine Änderung des Zulassungsbescheides zu unterbleiben. Nur ein materielles Prüfungsrecht der Zulassungsbehörde gewährleistet, dass der Zulassungsbescheid den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.05.2007 - 13 A 3657/04 -, juris, m.w.N.

In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Beantwortung der Frage, ob der Inhaber der Zulassung bereits mit der Änderungsanzeige berechtigt ist, das Arzneimittel mit der neuen Bezeichnung in den Verkehr zu bringen oder aber er verpflichtet ist, eine Bestätigung der Behörde vom Eingang der Änderungsanzeige oder gar die Änderung der Zulassungsentscheidung und deren Bekanntmachung abzuwarten.

Vgl. hierzu: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht - Kommentar, Losebl. (Stand August 2010, § 29 AMG, Erl. 26); Sander, Arzneimittelrecht, Losebl. (Stand Januar 2010) § 29 AMG Erl. 4.

Die materiellrechtlichen Entscheidungsparameter für die gebotene behördliche Prüfung ergeben sich in erster Linie aus § 25 Abs. 3 AMG und § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 AMG. Vor diesem Hintergrund begegnet die Entscheidung des BfArM, die Änderung der Bezeichnung in "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" im Zulassungsbescheid zu versagen, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Nach Satz 2 der Vorschrift ist ein Unterscheid in der Wirkstoffmenge unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden. Zwar betrifft § 25 Abs. 3 AMG schon seiner systematischen Stellung nach unmittelbar nur die Versagungsgründe im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren. Der Bestimmung ist jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Wertung in Bezug auf die Gestaltung von Arzneimittelbezeichnungen zu entnehmen. Zutreffend weist die Beklagte auf die gesetzgeberischen Motive der Regelung hin, wie sie schon in der Begründung des Entwurfs zum Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24.08.1976 (AMG 1976) zum Ausdruck kommen. Bereits in der seinerzeitigen Fassung sollte § 25 Abs. 3 zur Óbersichtlichkeit des Arzneimittelmarktes beitragen und verhindern, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung, jedoch unterschiedliche Wirkstoffe aufweisen.

Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.01.1975, BT-Drs. 7/3060.

Die Neufassung des § 25 Abs. 3 AMG 1976 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 16.08.1986 (BGBl. I S. 1296) war demgegenüber überwiegend redaktioneller Natur. Sie verknüpft den Versagungsgrund sprachlich nicht mehr mit der Person des pharmazeutischen Unternehmers und fasst den Versagungsgrund präziser. Ebenso wie die ursprüngliche Fassung bringt sie unzweideutig zum Ausdruck, dass Bezeichnung und Wirkstoff in einer festen Verbindung stehen. Solange ein Wirkstoff unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung zugelassen oder im Verkehr ist, darf ein anderer Wirkstoff nicht unter gleicher Bezeichnung zugelassen werden. Hiermit ist erkennbar das gesetzgeberische Ziel verbunden, Verwechselungen vorzubeugen und damit die Arzneimittelsicherheit zu stärken. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Frage der Bezeichnung im Rahmen eines (Erst)Zulassungsverfahrens, eines Nachzulassungsverfahrens, eines Verfahrens auf Verlängerung einer bestehenden Zulassung oder eben im Rahmen einer Änderung einer Zulassung nach einer Anzeige nach § 29 Abs. 2 AMG stellt. In allen Fällen bezieht sich die von der zuständigen Behörde zu treffende Entscheidung über die Bezeichnung auf den Inhalt der Zulassung und gestaltet deren Inhalt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.05.2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn 34 ff.

Mit der an sich einfachen gesetzlichen Grundregel ist auch ausgesagt, dass eine Verwechselungsgefahr gleicher Bezeichnungen bei abweichenden Wirkstoffen von Gesetzes wegen im Sinne einer abstrakten Gefahr angenommen wird. Hiermit verbietet sich das Vorbringen, im konkreten Einzelfall bestehe trotz gleicher Bezeichnung keine Verwechselungsgefahr. Es ist daher im hier fraglichen Zusammenhang unerheblich, wenn die Klägerin darauf verweist, dass es nach ihren Marktbeobachtungen auch nach längerer Marktpräsenz unter der Bezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" nicht zu Verwechselungen mit den Antihistaminika-Produkten der G. -Gruppe gekommen sei. Maßgebend ist angesichts der eindeutig abweichenden Wirkstoffart (Antihistaminikum - Virustatikum) allein die Frage, ob die Bezeichnung im Sinne der gesetzlichen Bestimmung "gleich" mit derjenigen der anderen Produkte ist.

Das AMG enthält keine eigenständige Definition des Begriffs der Bezeichnung, verwendet ihn aber in unterschiedlichen Zusammenhängen. Eine auch für das innerstaatliche Recht maßgebliche Begriffsbestimmung ist jedoch Art 1 Nr. 20 der RL 2001/83/EG in seiner durch die Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004 (ABl. EU vom 30.04.2004 L 136/34) zu entnehmen. Angesprochen ist hier der "Name" des Arzneimittels, der entweder ein nicht zu Verwechselungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Hiermit ist zunächst die Berechtigung des pharmazeutischen Unternehmers ausgedrückt, die Bezeichnung eines Arzneimittels - die Begriffe "Name" und "Bezeichnung" sind hier synonym zu verstehen - in den gesetzlich gezogenen Grenzen frei zu wählen. Gleichzeitig ist klargestellt, dass die Bezeichnung nicht aus einem Wort, sondern auch aus zusammengesetzten Begriffen, resp. Haupt- und Nebenbegriffen oder Begriffszusätzen bestehen kann. Hieraus ist jedoch nicht mit der Klägerin zu folgern, dass Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die Gesamtbezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" sei. Ein solches Begriffsverständnis liefe dem Schutzzweck der Norm, wie er in den zitierten Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommt, zuwider. Ginge man nämlich vom Gesamtbegriff aus, verbliebe für die Norm nur noch im Fall zweier vollständig identischer Arzneimittelbezeichnungen ein (kaum praxisrelevanter) Anwendungsbereich. Jeder Bezeichnungszusatz zu einer Hauptbezeichnung wäre auch bei fehlender Wirkstoffidentität zulässig. Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG kann folglich auch dann vorliegen, wenn die zu vergleichenden Arzneimittelbezeichnungen zwar nicht wortlautidentisch sind, aber eine identische Hauptbezeichnung verwenden, sich im übrigen aber nur durch die Bezeichnungszusätze unterscheiden. Ein entsprechendes Begriffsverständnis bringt auch der Gesetzeswortlaut selbst zum Ausdruck. Dort ist eben nicht von Arzneimittel mit derselben, mithin identischen, Bezeichnung die Rede, sondern von Arzneimitteln "gleicher Bezeichnung".

Vor diesem Hintergrund ist die von der Klägerin gewählte Bezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Sie besteht aus der alle übrigen Zusätze überragenden Hauptbezeichnung "G. ", die seit Jahren als Antihistaminikum in unterschiedlichen Darreichungsformen eine erhebliche Marktpräsenz besitzt und als Markenzeichen eingetragen ist. Dies wird u.a. durch die von der Beklagten vorgelegte Óbersicht "Top Ten Nonprescription and OTC Selfmedication Skincare Brands in Europe" sinnfällig, die das Produkt "G. " ohne differenzierende Bezeichnungszusätze als Antihistaminikum unter den "Top-Ten" der Hautarzneimittel in Europa aufführt. Die Zusätze "Q1. " und "bei Lippenherpes" treten hinter dieser Hauptbezeichnung deutlich zurück. Sie sind ergänzender, aber keineswegs prägender Natur. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass genau dies auch der Intention der Klägerin entspricht. Mit der Bezeichnungsänderung soll das Vertrauen, das sich im Laufe der Jahre durch werbliche Anstrengungen und die Marktpräsenz der im einzelnen unterschiedlichen, aber stets wirkstoffgleichen G. -Präparate gebildet hat, auf ein neues, nicht wirkstoffgleiches Präparat übertragen werden. Damit steht auch aus Sicht der Klägerin die Marke "G. " in entscheidender Weise im Vordergrund. Die gewählte Bezeichnung ist in diesem Sinne "gleich" derjenigen der bisherigen G. -Produkte.

Eine Rechtfertigung der Bezeichnungsgleichheit ergibt sich auch nicht aus den verschiedenen, von der Klägerin zitierten Marketingkonzepten. Hierbei handelt es sich durchgängig um Meinungsäußerungen privater Interessenverbände, denen im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung keinerlei Relevanz zukommt. Dies gilt namentlich für die unterschiedlichen "Dachmarkenkonzepte", die aus anderen Bereichen als dem Arzneimittelmarkt entlehnt sind und sich darauf richten, verschiedene Produkte unter einer gemeinsamen Produktlinie zu vermarkten und so den bestimmten etablierten Marken entgegengebrachten "goodwill" für die gesamte Linie fruchtbar zu machen. Sie sind mit der Formenstrenge des Arzneimittelrechts jedenfalls dann unvereinbar, wenn - wie vorliegend - gänzlich unterschiedliche Wirkstoffe unter einer überragenden Hauptbezeichnung geführt werden. Denn es kann auch im Rahmen des § 25 Abs. 3 AMG unterstellt werden, dass die Erwartung im Arzneimittelmarkt in aller Regel darauf gerichtet ist, unter einer einheitlichen Hauptbezeichnung auch einen einheitlichen Wirkstoff zu erhalten.

In diesem Sinne: Kloesel/Cyran, a.a.O., § 8 AMG Erl. 22; zu § 25 Abs. 3 AMG als Konkretisierung des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 AMG: OVG NRW, Urteil vom 23.05.2007 a.a.O.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie im Fall G. - mit der Hauptbezeichnung wenn nicht schon der Wirkstoff Dimetindenmaleat, so doch dessen antihistamines Wirkkonzept verbunden wird. Die Bezeichnungszusätze, die - abgekürzt - auf den Wirkstoff und auf das Anwendungsgebiet weisen, begründen keine Unterscheidung in der Weise, dass ein anderes als das bisherige "G. " assoziiert werden könnte.

Unerheblich ist, dass die Verwaltungspraxis des BfArM sich in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, möglicherweise anders dargestellt hat,

vgl. hierzu Schraitle, in Fuhrmann u.a. (Hrsg.), Arzneimittelrecht-Handbuch, 1. Auflage 2010, § 6 Rn. 76 f.; hierzu wiederum Kösling a.a.O., § 10 Rn. 78 ff.

Denn eine wie auch immer geartete Selbstbindung der Zulassungsbehörde kann hier schon deshalb nicht eingetreten sein, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellen und kein Anspruch auf Perpetuierung eines erkannten Rechtsfehlers bestehen kann. Schon deshalb kann die Klägerin auch aus der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 22.08.1991,

Bekanntmachung über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen, BAnz vom 22.08.1991, S. 6971,

für ihren Rechtsstandpunkt nichts herleiten. Dessen ungeachtet ist der Bekanntmachung eine klare Aussage zu der hier entscheidungserheblichen Fragen nicht zu entnehmen. Sie erschöpft sich im Wesentlichen in der Aussage, dass eine Arzneimittelbezeichnung keine unzutreffenden Vorstellungen über Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige erhebliche Merkmale des Präparats auslösen dürfe und sich die Bezeichnung von derjenigen eines anderen Arzneimittels deutlich unterscheiden müsse. Je größer die Unterschiede der Arzneimittel seien und je höher das Anwendungsrisiko bei Gefahr der Verwechselung, desto deutlicher sollen hiernach die Unterschiede in der Arzneimittelbezeichnung sein. Ein Bezeichnungszusatz sei in der Regel geeignet und zweckdienlich, wenn er die Fachkreise und Verbraucher hinreichend deutlich darauf hinweise, dass bzw. in welchen Punkten sich die verschiedenen Arzneimittel mit gleicher Hauptbezeichnung unterschieden. Der inzwischen annähernd 20 Jahre alten Bekanntmachung lagen dabei die heute aktuellen Dachmarkenkonzepte noch nicht erkennbar zugrunde.

Vgl. ferner Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralized procedure, rev. 5, CPMP/328/98 (für zentral zugelassene Arzneimittel).

Die Bezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" ist auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar. Hiernach ist es verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die in anderer Weise als in den in Nr. 1 und Nr. 1a der Vorschrift genannten Fällen mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Bezeichnung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, beim Verbraucher unrichtige Vorstellungen über die Art, die Qualität, die therapeutische Wirksamkeit oder über sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels wie seine Zusammensetzung oder Anwendungsart auszulösen. Irreführung ist ein objektiver Begriff. Nicht erforderlich ist deshalb, dass die Hervorrufung einer Fehlvorstellung vom pharmazeutischen Unternehmer bezweckt oder dass sie ihm bekannt ist. Maßgeblich zur Bewertung ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten. Bei der Prüfung des Tatbestandmerkmals gelten mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und wegen der hohen Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen besonders strenge Anforderungen an den Ausschluss einer Irreführung.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009 - 13 A 2147/06 -, A & R 2009, 239-240 = DVBl. 2009, 1327; vom 23.05.2007, a.a.O., Beschlüsse vom 19.12.2007 - 13 A 1178/05 -, A & R 2008,88 und vom 28.02.2008 - 13 A 3273/07 -, A & R 2008, 142; Kloesel/Cyran, a.a.O., § 8 Anm. 22; Sander, a.a.O., § 8 Anm. 5.

Verbraucher und Adressat einer Arzneimittelbezeichnung sind die angesprochenen Verkehrskreise. Soweit sich die Bezeichnung eines Arzneimittels (auch) an fachlich informierte Personengruppen wie Ärzte und Apotheker sowie an die mit der Arzneimittelzulassung und -überwachung betrauten Behörden richtet, ist eine Irreführung allein durch die Bezeichnung des Präparats in der Regel nicht zu erwarten. Denn diese Berufsgruppen sind gehalten, sich über die Eigenschaften eines Arzneimittels anhand anderer Quellen, insbesondere über die Gebrauchs- und Fachinformation kundig zu machen.

OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009, a.a.O.

Ob es sich im Einzelfall anders verhalten kann und im Fall der Bezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" auch anders verhält - hierfür lieferten die Ausführungen der Vertreterin der Fachabteilung des BfArM in der mündlichen Verhandlung durchaus anschauliche Anhaltspunkte - bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Bezeichnung eines Arzneimittels richtet sich auch und gerade an den Patienten. Ihre Funktion liegt aus der Sicht des pharmazeutischen Unternehmers gerade darin, durch die Bezeichnung, die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG auch auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen angegeben werden muss, auf das Arzneimittel aufmerksam zu machen. Dies gilt umso mehr bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Hier erfolgt eine hinreichende Korrektur möglicher Fehlvorstellungen auch nicht generell durch den Apotheker. Ungeachtet neuer Vertriebswege wie dem Versand über Internet-Apotheken findet regelmäßig kein oder nur ein sehr eingeschränktes Informationsgespräch zwischen Käufer und Apotheker statt.

OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009 a.a.O. unter Hinweis auf OLG Köln, Urteil vom 28.05.2008 - 6 U 27/08-, PharmR 2009, 37.

Fehlvorstellungen über den Wirkstoff und seine Anwendung sind folglich nicht allein deshalb mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, weil ein Arzneimittel apothekenpflichtig ist. Auch in der Arzneimittelwerbung wird in aller Regel der Name eines Präparats als maßgebliches Kriterium für die Wiedererkennung durch den Verbraucher in den Vordergrund gestellt. Gerade hierum geht es der Klägerin mit der Bezeichnungsänderung. Mit der neuen Bezeichnung soll das für die Marke "G. (r)" begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen und eine Markenfamilie begründet werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden G. enthält das "neue" G. jedoch einen anderen Wirkstoff und weist einen vollständig anderen Wirkmechanismus auf. Es kann nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen dem antihistamin und dem virustatischen G. ohne weiteres erschließt. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass mit "G. (r) Gel" ein in der Anwendungsart verwandtes, im Óbrigen aber vollständig anderes Arzneimittel auf dem Markt ist. Angesichts dessen liegt die Annahme nahe, dass Patienten versucht sein könnten, "G. (r) Gel" zur Bekämpfung der Lippenherpes einzusetzen.

Die Verwechselungsgefahr zwischen verschiedenen Präparaten derselben Produktfamilie wird auch nicht durch den Bezeichnungszusatz "Q1. bei Lippenherpes" ausgeschlossen. Hierdurch ist zwar für sich genommen ein unzweideutiger Hinweis auf das Anwendungsgebiet gegeben. Eine Abgrenzung zu den übrigen Präparaten der Dachmarke fehlt jedoch. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden wird, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlichen Wirkstoff enthalten. In einer Vielzahl von Arzneimittelbezeichnungen, die auch dem Verbraucher bekannt sind, wird dies mit dem Zusatz des Wortes "mit" oder "plus" verdeutlicht. Obgleich ein derartiger Zusatz hier fehlt, spricht alles dafür, dass dieses Verbraucherverständnis auf das hier streitbefangene Produkt übertragen wird, obwohl es sich um ein Monopräparat handelt, das gerade einen anderen Wirkstoff als das überkommene "G. " enthält.

Auch der Hinweis der Klägerin, der Verbraucher orientiere sich in aller Regel nicht an dem Wirkstoff, sondern am Anwendungsgebiet des Arzneimittels, verfängt nicht. Anders als in früheren Jahrzehnten ist vielen Patienten ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Namentlich durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel sind Patienten gewohnt, mit "wirkstoffgleichen" preiswerteren Alternativprodukten umzugehen. Sie spielen sowohl im ärztlichen Beratungsgespräch als auch im Verkaufsgespräch mit dem Apotheker eine nicht unbeträchtliche Rolle. Es ist der Beklagten daher in der Aussage beizupflichten, der Verbraucher erwarte, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung im Verkehr seien, dass sie auch den gleichen Wirkstoff enthielten. Hierbei bedarf es auch nicht einer genauen Kenntnis der Bezeichnung des Wirkstoffs oder seiner Zusammensetzung. Kaum ein Verbraucher wird ohne Weiteres wissen, dass G. herkömmlicherweise "Dimetindenmaleat" enthält. Es kann aber unterstellt werden, dass dem durchschnittlich informierten Verbraucher, der "G. " einmal angewendet hat oder mit den Präparaten dieser Hauptbezeichnung auf sonstige Weise vertraut ist, wenigstens in Umrissen bekannt ist, dass der Wirkstoff auf irgendeine Art und Weise die Histaminwirkungen und damit allergische Reaktionen hemmt, in diesem Sinne also "gut" für die Bekämpfung verschiedener allergischer Reaktionen ist. Mit dieser Verbrauchererwartung ist auch der überdurchschnittlich bekannte Markenname "G. (r)" verbunden. Mit ""G. (r) Q1. bei Lippenherpes" wird dieser Verbrauchererwartung ein antiviraler Wirkstoff gleichsam "untergeschoben" und damit das gesetzgeberische Ziel einer klaren Unterscheidbarkeit von Arzneimitteln anhand der Bezeichnung unterlaufen. Die Bezeichnung eines Arzneimittels stellt jedoch kein Marketinginstrument, sondern eine rechtliche Kategorie eigener Art im Interesse der Arzneimittelsicherheit dar.

Aus dem gleichen Grunde kann der Verbraucher auch nicht darauf verwiesen werden, dass sich der Wirkstoff und das Anwendungsgebiet ohne weiteres aus den beigefügten Texten, insbesondere der Gebrauchsinformation erschließen lassen. Aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG ergibt sich, dass die Bezeichnung als solche Gegenstand der rechtlichen Óberprüfung ist. Die Bezeichnung ist damit als eigenständiges Schutzobjekt des Arzneimittelgesetzes identifiziert. Der Umstand, dass sich der Verbraucher an anderer Stelle die notwendigen Informationen über das Produkt verschaffen kann, ist unerheblich.

Die Ablehnung einer Bezeichnungsänderung verletzt die Klägerin auch nicht in ihrer grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit oder in ihren wohlerworbenen Rechten. Denn die Zulassung des Arzneimittels lautet auf die Bezeichnung "Q. -SB Creme". Das Inverkehrbringen des Präparats unter der neuen Bezeichnung "G. (r) Q1. bei Lippenherpes" vor einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Änderung seit 2005 erfolgte daher auf eigenes Risiko der Klägerin. Der Umstand des Inverkehrbringens allein begründet keine schützenswerte rechtliche Position. Denn diese kann nur im Umfang der konkreten arzneimittelrechtlichen Zulassung bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Berufung gegen das Urteil war nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage der Zulässigkeit arzneimittelrechtlicher Bezeichnungen im Rahmen sog. "Dachmarkenkonzepte" und die damit verbundene Frage der Zulässigkeit der Zusammenfassung wirkstoffverschiedener Arzneimittel unter einer einheitlichen Hauptbezeichnung ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.