OLG Köln, Urteil vom 06.11.1997 - 7 U 52/97
Fundstelle
openJur 2012, 77235
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.02.1997 - 5 O 283/96 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar.

Gründe

Die Berufung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. In

der Sache selbst hat sie auch Erfolg.

I.

1. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH

NJW 1986, 2700) und auch des Senats (Urteil vom 04.05.1995 - 7 U

209/94 -), daß bei einer irrtümlichen Eigenleistung des

Haftpflichtversicherers als leistender Dritter das vom ihm an den

Geschädigten Geleistete gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB von dem

(wahren) Schuldner bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (vgl.

dazu BGH a.a.O.) kondiziert werden kann, wenn dieser durch die

Leistung des Haftpflichtversicherers von einer ihm obliegenden

Verbindlichkeit befreit worden ist.

2. Eine Inanspruchnahme der Beklagten kommt im Streitfall jedoch

deshalb nicht in Betracht, weil sie durch die Leistung der Klägerin

nicht ungerechtfertigt bereichert ist.

Zwar hat die beklagte Bundesrepublik für Schäden, die ein

Zivildienstleistender in Ausübung des Ersatzdienstes Dritten

schuldhaft zugefügt hat, regelmäßig nach Amtshaftungsgrundsätzen (§

839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) einzustehen. Dies gilt selbst dann, wenn

der Zivildienstleistende, wie hier, für eine privatrechtlich

organisierte Beschäftigungsstelle (§ 4 ZDG) tätig wird und dabei

privatrechtliche Aufgaben wahrnimmt (BGHZ 118, 304 (308)). Ist der

Schaden jedoch nicht nur durch hoheitliches Unrecht entstanden,

sondern haben bei der Entstehung des Schadens auch andere (private)

Schädiger mitgewirkt, so haben anderweitige Ersatzmöglichkeiten den

Vorrang vor dem Amtshaftungsanspruch (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB). So

liegt der Fall hier.

Dem geschädigten J. steht nämlich gegenüber dem D., der

Beschäftigungsstelle des Zivildienstleistenden W. und der

Versicherungsnehmerin der Klägerin, ein Schadensersatzanspruch aus

positiver Vertragsverletzung zu. Zwischen dem Geschädigtem und dem

D. besteht unstreitig ein Heimunterbringungsvertrag. Der

Zivildienstleistende W. ist innerhalb des durch diesen

Heimunterbringungsvertrag begründeten Schuldverhältnisses für das

D. tätig geworden und hat dabei fahrlässig das Eigentum des

Heimbewohners J. verletzt, indem er beim Aufräumen gegen den Laptop

stieß, so daß dieser zu Boden fiel und der Bildschirm zerbrach.

Dieses schuldhafte Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen hat sich das

D. über § 278 BGB zurechnen zu lassen, so daß sie dem Heimbewohner

gegenüber für den entstandenen Schaden einzustehen hat.

Auf die rechtliche Beziehung zwischen dem Schuldner

(Beschäftigungsstelle) und der Hilfsperson (Zivildienstleistender)

kommt es nicht an. Dementsprechend wird auch die Anwendung des §

278 BGB nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Hilfsperson

hoheitlich handelt (vgl. BGH NJW 1974, 692 f. und 1984, 1748 f. -

beide zur Haftung des mit der Vertragsabwicklung beauftragten

Notars). Auch die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur

Amtshaftung der Bundesrepublik Deutschland für Schäden, die ein

Zivildienstleistender in Ausübung des Ersatzdienstes Dritten

zugefügt hat (BGHZ 118, 304), stehen dem nicht entgegen. Der

Bundesgerichtshof hat den Zivildienstleistenden als

Verrichtungsgehilfen der Beschäftigungsstelle qualifiziert (BGHZ

87, 253, 258). Dann kann dieser bei Bestehen einer Sonderverbindung

i.S.d. § 278 BGB zwischen dem Geschädigten und der

Beschäftigungsstelle erst recht deren Erfüllungsgehilfe sein.

3. Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, der Anregung der

Klägerin zu folgen und die Revision gemäß § 546 Abs. 2 Nr. 1 ZPO

zuzulassen. Die Rechtslage hat keine grundsätzliche Bedeutung, da

es nicht um Rechtsfragen geht, die noch nicht oder die noch nicht

klar entschieden sind und die wichtige Problemkreise betreffen, zu

denen divergierende Ansichten vertreten werden oder vertretbar

sind.

Die Anwendbarkeit des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB auf Ansprüche, die

wegen Amtspflichtverletzungen von Zivildienstleistenden gegen die

Bundesrepublik erhoben werden, steht außer Frage. Der Beschluß des

Bundesgerichtshofs vom 26.3.1997 (III ZR 295/96), auf den sich die

Klägerin - zu Unrecht - beruft, bestätigt das. Ebenso ist

hinreichend geklärt, daß es im Rahmen des § 278 BGB auf die

rechtliche Beziehung zwischen dem Schuldner und der von ihm

eingesetzten Hilfsperson nicht ankommt, vielmehr entscheidend ist,

daß die Hilfsperson mit dem Willen des Schuldners in dessen

Pflichtenkreis tätig geworden ist, dieser sich also der Hilfsperson

zur Erfüllung eigener Pflichten bedient hat.

Die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom

20.10.1997 beruhen auf einem Mißverständis der Erörterung im Termin

vom 25.9.1997. Der Senat hat nicht erklärt, daß der

Zivildienstleistende auch in einem Privatrechtsverhältnis zu seiner

Beschäftigungsstelle stehe, sondern, daß zwischen dem Geschädigten

(J.) und der Beschäftigungsstelle ein Vertrag = Sonderbeziehung

i.S. des § 278 BGB bestanden habe und die Beschäftigungsstelle, da

sie sich des Zivildienstleistenden zur Erfüllung eigener

Vertragspflichten bedient habe, sich dessen Verschulden zurechnen

lassen müsse. Der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 26.3.1997

besagt nichts zu Gunsten der Klägerin. Im dort zu beurteilenden

Fall bestand gerade keine rechtliche Sonderverbindung zwischen dem

Geschädigten und der Beschäftigungsstelle.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung

über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713

ZPO.

Streitwert und zugleich Wert der Beschwer: 1.950,00 DM

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