Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. März 1997 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 254/96 - teilweise abgeändert. Die Klage gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) wird abgewiesen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin hat die in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 3) und 4) zu tragen. Von den erstinstanzlichen Gerichtskosten haben die Klägerin 82% und die Beklagte zu 1) 18% zu tragen. Die Beklagte zu 1) hat 18% der erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Von den im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklag-ten zu 1) trägt die Klägerin 30%. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 75% und die Beklagte zu 1) 25%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren trägt die Beklagte zu 1) 25%. Im übrigen tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1) ihre in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Be-klagten zu 2) , 3) und 4) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 23.000,- DM und durch die Beklagte zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung jeweils in entsprechender Höhe Sicherheit leisten. Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 112.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet. Allen Parteien bleibt vorbehalten, Sicherheit auch in Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen deutschen Kreditinstituts zu leisten.
Mit der Klage nimmt die am 4. Juli 1969 geborene Klägerin die
Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines
Unfalles in Anspruch, der sich am 2. August 1994 in der Inneren
Abteilung des von der Beklagten zu 1) betriebenen Krankenhauses
ereignete.
Die Klägerin wurde in der Nacht auf den 2. August 1994 gegen
1.30 Uhr dort von dem Beklagten zu 2), der damals seit einem Jahr
Arzt im Praktikum war, als Notfall stationär aufgenommen. Sie hatte
am Abend zuvor gegen 22.00 Uhr auf der Autobahn A3, Fahrtrichtung
Köln, einen Autounfall gehabt und war den Polizeibeamten der
Autobahnpolizeistation, zu der sie sich nach dem Unfall gemeinsam
mit ihrem Freund und Beifahrer zu Fuß begeben hatte, dadurch
auffällig erschienen, daß sie auf Fragen der Polizeibeamten nicht
antwortete. Diese hatten deshalb den Notarzt hinzugerufen, welchem
gegenüber der Freund der Klägerin angab, daß die Klägerin am frühen
Abend zwischen 16.00 und 19.00 Uhr eine halbe Tablette LSD zu sich
genommen habe. Nach dem Untersuchungsbefund des Notarztes hatte die
Klägerin nur zeitweise auf Ansprache reagiert. Ihre Pupillen waren
beidseits weit, ohne daß sich Anzeichen für eine weitergehende
neurologische oder allgemeinmedizinische Beeinträchtigung ergaben.
Der Notarzt vermerkte in seinem Einsatzprotokoll als Diagnose
"Rauschzustand nach LSD- Einnahme". Sein Versuch, die Klägerin in
der R. in B. unterzubringen, scheiterte, da ihm dort erklärt wurde,
daß die Aufnahme wegen zu hoher Belegung nicht möglich sei. Die
diensthabende Ärztin bat, die Klägerin anderweitig unterzubringen,
falls sie nicht agitiert und aggressiv sei, woraufhin der Notarzt
sie in die Innere Abteilung des Krankenhauses der Beklagten zu 1)
verbrachte.
In seinem Aufnahmebericht und dem Befundbogen vermerkte der
Beklagte zu 2), daß die Klägerin geschlafen habe, aber
kontaktierbar gewesen sei. Auf Ansprache habe sie kurz die Augen
geöffnet und ihren Namen genannt. Auf weitere Fragen habe sie
mißmutig geäußert, man solle sie schlafen lassen. Im Befundbogen
notierte der Beklagte zu 2) ferner, daß die Klägerin "high"
erscheine, daß sie nicht aggressiv und nicht agitiert sei und daß
keine Eigen- oder Fremdgefährdung zu bestehen scheine. Zum
körperlich- neurologischen Status hielt er fest, daß die Pupillen
isokor und eng seien und auf Licht beidseits reagierten. Das
Vorliegen pathologischer Reflexe verneinte der Beklagte zu 2). Eine
ausdrückliche Aufnahmediagnose wurde von dem Beklagten zu 2) nicht
niedergelegt. Auf Anordnung des Beklagten zu 2) wurde die Klägerin
in ein Bett gelegt und in das sogenannte Karrée unmittelbar vor das
Fenster des Schwesternzimmers geschoben, wo sie auf Anordnung des
Beklagten zu 2) von den Nachtschwestern zu beobachten war. Gegen
2.00 Uhr sah sich der als verantwortlicher Dienstarzt eingeteilte
Beklagte zu 3), der damals Assistenzarzt im dritten Jahr der
Weiterbildung zum Facharzt war, die Klägerin an, die in ihrem Bett
lag und schlief. Der Beklagte zu 3) wies die Nachtschwestern an,
die Klägerin weiter zu beobachten, und kontrollierte die Klägerin
bis 4.30 Uhr selbst weitere drei Male. Jedesmal vermerkte er im
Krankenblatt inhaltlich gleichlautende Befunde, wonach die Klägerin
jeweils friedlich schlafe, kein Anhalt für Eigen- oder
Fremdgefährdung und auch kein Hinweis auf Suizidalität bestehe.
Gegen 6.00 Uhr wurde die Klägerin von der Beklagten zu 4)
übernommen, die zusammen mit zwei weiteren Schwestern in dieser
Schicht tätig war. Nach der Schilderung der Beklagten zu 4) ergab
sich sodann folgender Ablauf: Es wurde ihr mitgeteilt, daß die
Klägerin LSD genommen und die Nacht über ruhig geschlafen habe.
Weitere Mitteilungen erfolgten nicht. Die Beklagte zu 4) fuhr die
weiterhin schlafende Klägerin in ihrem Bett in das als sog.
Notfallzimmer dienenden Zimmer Nr. 151, wo sich noch eine weitere
Patientin im Bett befand und schlief. Das Zimmer war mit einer in
Türnähe befindlichen Notrufanlage ausgestattet. Nachdem die
Beklagte zu 4) die Klägerin in das Notfallzimmer gebracht hatte,
verließ sie es für kurze Zeit, um die Stationsschwester zu
informieren. Als sie in das Zimmer zurückkehrte, fand sie die
Klägerin dort nicht mehr vor. Bei der Suche nach der Klägerin kam
ihr diese aus Richtung des Treppenhauses entgegen und ging mit
tänzelnden Schritten und starrem Blick lächelnd an der Beklagten zu
4) vorbei in das Notfallzimmer, wohin diese ihr folgte. Auf
Ansprache der Beklagten zu 4) reagierte die Klägerin nicht. Sie
ging auf die schlafende Mitpatientin zu, ergriff sie an den
Schultern und schüttelte sie, woraufhin die andere Patientin
aufschrie. Sodann ließ die Klägerin von ihr ab, ging an ihrem Bett
vorbei zum Fenster und öffnete dieses, was ihr jedoch nur einen
kleinen Spalt breit gelang, da es sich um ein Kippfenster handelte
und davor ein Gerüst aufgebaut war. Die Beklagte zu 4), die der
Klägerin weiter gefolgt war und sich nun neben ihr befand,
versuchte, beruhigend auf die Klägerin einzureden. Die Klägerin
setzte sich sodann auf ihr Bett, wobei ihr Blick weiterhin starr
blieb. Plötzlich sprang die Klägerin auf und stürzte aus dem
Zimmer, dessen Tür die ganze Zeit über offen gestanden hatte. Im
Flur vor dem Notfallzimmer befand sich an der gegenüberliegenden
Wand, die zu einem ca. 9m tiefer gelegenen Innenhof lag, ein
geöffnetes Oberlichtfenster. Darunter standen ein Tisch und ein
Stuhl. Die Beklagte zu 4) hörte einen hellen, lang anhaltenden
Schrei. Sie schaute daraufhin zunächst im Treppenhaus nach der
Klägerin. Gemeinsam mit der Stationsschwester, die den Schrei
ebenfalls gehört hatte und herbeigelaufen war, kletterte die
Beklagte zu 4) sodann auf den Tisch und schaute aus dem
Oberlichtfenster, von wo aus sie die Klägerin im Innenhof liegen
sahen. Offensichtlich hatte sich die Klägerin durch das
Oberlichtfenster in den Innenhof gestürzt. Unter der Zeitangabe
6.10 Uhr notierte die Beklagte zu 4) diese Vorkommnisse in dem
Pflegebericht.
Bei dem Sturz zog sich die Klägerin eine Berstungsfraktur des 6.
Halswirbelkörpers mit akutem hohen Querschnittssyndrom, eine
Skapulahalsfraktur rechts, eine Ulnarfraktur rechts sowie eine
Lungenkontusion beidseits zu. Außerdem bestand der Verdacht auf
eine Commotio cerebri. Nach der unmittelbar nach dem Auffinden der
Klägerin einsetzenden Notfallversorgung und - diagnostik wurde die
Klägerin in die neurochirurgische U. verlegt. Dort wurde noch am
selben Tag ein Wirbelkörperersatz mit Beckenkamm- Interponat und
Spondylodese HWK 5 nach HWK 7 mit ventraler Plattenosteose
vorgenommen. Die Lungenkontusion machte postoperativ eine
verlängerte Beatmung der Klägerin erforderlich. Die Unterarmfraktur
rechts wurde konservativ versorgt, die Scapulafraktur erforderte
keine gesonderte Behandlung. Am 11. August 1994 wurde die Klägerin
in die R. verlegt und von dort am 19. August 1994 in die
Orthopädische U H. Bis zum 14. März 1995 verblieb die Klägerin dort
stationär zu einer ersten rehabilitativen Behandlung.
Bei der Klägerin besteht eine motorisch komplette, sensibel
inkomplette Tetraplegie unterhalb C7/TH4, wodurch im wesentlichen
der Rumpf und die Extremitäten betroffen sind. Die Beine der
Klägerin sind gelähmt. Es bestehen erhebliche Unterschenkel- und
Fußödeme, die einer ständigen Behandlung bedürfen.
Gefühlswahrnehmungen sind nur eingeschränkt nachweisbar. Die
motorischen Funktionen der Arme sind erhalten. Links besteht keine
Fingerfunktion, rechts ist der Klägerin aktiv etwas Fingerstreckung
und - beugung möglich, der Daumen läßt sich etwas bewegen.
Greiffunktionen bestehen beidseits nicht. Eine willkürliche
Kontrolle über Blase und Mastdarm hat die Klägerin nicht mehr. Zur
Zeit befindet sich die Klägerin, bei der eine Einschränkung der
geistigen Funktionen nicht feststellbar ist, in einer Umschulung
zur Industriekauffrau.
Die Klägerin, die angesichts ihrer Beeinträchtigungen ein
Schmerzensgeld von 350.000,- DM für angemessen gehalten hat, hat
den Beklagten vorgeworfen, den Unfall nicht mit den möglichen und
zumutbaren Mitteln verhindert zu haben. Sie hat dazu behauptet, daß
die Beklagten mit geeigneten Maßnahmen, wie zum Beispiel einer
Fixierung, hätten sicherstellen müssen, daß sich die bei einer LSD-
Intoxikation bestehende Selbstgefährdung bei ihr nicht realisierte.
Dieser Óberwachungspflicht seien die Beklagten schuldhaft nicht
nachgekommen. Die Beklagte zu 1) habe es versäumt, ausgebildetes
Personal zur Verfügung zu stellen, das unter den gegebenen
Umständen die richtigen Maßnahmen hätte ergreifen können. Die
Beklagten zu 2) und 3) hätten versäumt, die zuständigen
Krankenschwestern hinreichend über die für sie, die Klägerin,
bestehende Gefahr zu belehren. Der Beklagten zu 4) hat die Klägerin
zum Vorwurf gemacht, daß sie sie nicht daran hinderte, das
Notfallzimmer zu verlassen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu
verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in
das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4% Zinsen seit dem
20.8.1995 zu zahlen,
4. festzustellen, daß die Beklagten als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle materiellen
und derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden, die auf das
Unfallereignis vom 2.8.1994 zurückzuführen sind, zu ersetzen,
soweit Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger
übergegangen sind oder noch übergehen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die gegen sie gerichteten Vorwürfe zurückgewiesen und
behauptet, daß von den Beklagten zu 2) und 3) angeordnet gewesen
sei, die Klägerin ständig zu überwachen. Anzeichen einer
Selbstgefährdung seien nicht vorhanden gewesen. Aufgrund des seit
der Drogeneinnahme verstrichenen Zeitraumes und der Tatsache, daß
die Klägerin die Nacht über friedlich geschlafen habe, habe mit dem
plötzlichen Geschehen gegen 6.00 Uhr nicht gerechnet werden können.
Trotz der Anwesenheit der Beklagten zu 4) habe es keine Chance
gegeben, rechtzeitig einzugreifen und den Sturz der Klägerin zu
verhindern. Darüber hinaus haben die Beklagten bestritten, daß die
Klägerin zum Zeitpunkt ihres Sprunges aus dem Fenster noch unter
Drogeneinfluß gestanden habe und nicht bereits bei vollem
Bewußtsein gewesen sei.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß seinem Beschluß vom 21.
Oktober 1996 (Bl. 145-146 d.A.) durch Einholung eines schriftlich
erstatteten und mündlich erläuterten Gutachtens des
Sachverständigen Dr. med. Sch.. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 22. Januar
1997 (Bl. 171- 220 d.A.) sowie das Sitzungsprotokoll vom 12.
Februar 1997 (Bl. 232- 250 d.A.) Bezug genommen.
Mit seinem am 27. März 1996 verkündeten Urteil hat das
Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die
Klägerin ein Schmerzensgeldkapital von 100.000,- DM nebst 4% Zinsen
seit dem 21. August 1995 sowie beginnend mit dem 1. März 1997 eine
lebenslange Schmerzensgeldrente von 600,- DM monatlich zu zahlen.
Außerdem hat es festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner
verpflichtet seien, der Klägerin alle materiellen und derzeit nicht
vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 2.
August 1994 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind
bzw. noch übergehen werden. Das Landgericht hat sich dabei auf den
Standpunkt gestellt, daß den Beklagten zu 2), 3) und 4) vorwerfbare
Versäumnisse im Hinblick auf die notwendige Verhinderung von
Selbstgefährdungshandlungen der Klägerin unterlaufen seien, für die
neben den gesamtschuldnerisch nach § 823 BGB haftenden Beklagten zu
2), 3) und 4) die Beklagte zu 1) aus positiver Vertragsverletzung
und aus § 831 BGB aufzukommen habe. Die Beklagten zu 2) und 3)
hätten den ihnen in Kenntnis der Verdachtsdiagnose einer LSD-
Intoxikation obliegenden Pflichten zur Instruktion des
nachgeordneten Pflegepersonals nicht genügt. Die Beklagte zu 4) sei
den in ihrer Gegenwart zutage tretenden Fremd- und
Eigengefährdungstendenzen der Klägerin nicht in der gebotenen Weise
begegnet. Nachdem sie bereits zuvor die Gelegenheit zum
rechtzeitigen Eingreifen versäumt habe, wäre es zumindest ihre
Pflicht gewesen, die Klägerin am Verlassen des Notfallzimmers zu
hindern bzw. der Klägerin nachzueilen und sie festzuhalten. Wegen
aller Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen dieses ihnen am 11. April 1997 zugestellte Urteil haben
die Beklagten am Montag, den 12. Mai 1997 Berufung eingelegt und
ihr Rechtsmittel mit einem am 4. August 1997 eingegangenen
Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf
ihre rechtzeitigen Anträge bis zu diesem Tag verlängert worden
war.
Mit ihrer Berufung machen die Beklagten geltend, daß den
Beklagten zu 2), 3) und 4) Pflichtverletzungen nicht zur Last zu
legen seien. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten, so tragen sie vor,
keine weitergehenden Instruktionen als geschehen erteilen müssen.
Nach den Darlegungen des Sachverständigen seien die für die Nacht
gegebenen Instruktionen ausreichend gewesen. Insbesondere habe der
Beklagte zu 2) auch die Schwestern darauf hingewiesen, daß es zu
"bad trips" und Stimmungsumschwüngen bei der Klägerin kommen könne.
Es habe auch eine generelle Anweisung bestanden, während einer
Schicht erteilte Instruktionen an das Personal der nächsten Schicht
weiterzuleiten. Darüber hinaus habe das Pflegepersonal gewußt, wie
es sich im Umgang mit Patienten wie der Klägerin zu verhalten habe;
dies ergebe sich auch aus den Erklärungen der Beklagten zu 4) bei
ihrer informatorischen Anhörung durch das Landgericht. Schließlich
bestreiten die Beklagten, daß das Unterlassen von Instruktionen
durch die Beklagten zu 2) und 3) für den Unfall der Klägerin kausal
geworden sei. Im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten zu 4)
machen die Beklagten geltend, daß deren Verhalten nicht
pflichtwidrig gewesen sei. Dies gelte insbesondere auch im Hinblick
auf den letzten Abschnitt des tragischen Geschehens. Angesichts der
potentiellen Gefährlichkeit der Situation sei es der Beklagten zu
4) nicht zuzumuten gewesen, ihre Gesundheit oder ihr Leben dadurch
zu gefährden, daß sie allein ohne Unterstützung anderer
Pflegekräfte versuchte, die Klägerin mit körperlicher Gewalt
festzuhalten. Die Beklagte zu 4) habe nicht damit rechnen können,
daß die Kläger unmittelbar aus dem gegenüber dem Notfallzimmer
befindlichen Oberlichtfenster springen würde. Im übrigen wäre die
Zeit zur Reaktion auch zu knapp gewesen, da sich der Unfall in
Sekundenschnelle ereignet habe. Ferner berufen sich die Beklagten
auf die Haftungserleichterungen des § 680 BGB und machen dazu
geltend, daß mit der nicht bei normalem Bewußtsein befindlichen
Klägerin kein Behandlungsvertrag zustande gekommen sei, so daß die
stationäre Aufnahme der Klägerin rechtlich als Geschäftsführung
ohne Auftrag- mit den dafür geregelten Haftungserleichterungen-
einzuordnen sei. Schließlich berufen sich die Beklagten noch auf
ein nach ihrer Ansicht zu berücksichtigendes hälftiges
Mitverschulden der Klägerin, welches sie in dem LSD- Konsum der
Klägerin begründet sehen.
Die Beklagten beantragen,
das angefochtene Urteil teilweise
abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
hilfsweise,
ihnen zu gestatten, Sicherheit auch
durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-
rechtlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
der Klägerin nachzulassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die auch
in Form einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft eines
als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen deutschen Kreditinstituts
geleistet werden kann.
Die Klägerin tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten
entgegen und verteidigt das angefochtenen Urteil, soweit es ihr
günstig ist.
Wegen aller Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie
frist- und formgerecht eingelegt und in prozeßordnungsgemäßer Weise
begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise
Erfolg und führt zur Abweisung der Klage gegenüber den Beklagten zu
2), 3) und 4). Im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten zu 1)
ist die Berufung nicht begründet.
1. Eine Einstandspflicht der Beklagten zu 4) besteht nicht, da
es an dem für eine Haftung nach §§ 823 Abs. 1, 847 BGB - welcher
hinsichtlich der Beklagten zu 4) als einzige Anspruchsgrundlage in
Betracht käme- erforderlichen Verschulden fehlt. Subjektiv
vorwerfbare Pflichtverstöße sind der Beklagten zu 4) nicht zur Last
zu legen.
Allerdings ist auch der Senat der Auffassung, daß die Beklagte
4) in der Lage gewesen wäre, den Sprung der Klägerin aus dem
Fenster zu verhindern, wenn sie unmittelbar hinter der Klägerin
hergeeilt und die Klägerin festgehalten hätte, als bzw. nachdem
diese das Notfallzimmer verließ. Daß die Beklagte zu 4) der
Klägerin tatsächlich nicht mit der gebotenen Eile folgte, ist
bereits dem Umstand zu entnehmen, daß die Beklagte zu 4) nach ihrer
eigenen Schilderung, die sie bei ihrer informatorischen Anhörung
durch das Landgericht gegeben hat, der Klägerin hinterhergegangen,
nicht aber gelaufen ist und sich noch mitten in dem ca. sechs Meter
langen Zimmer befunden haben will, als sie den Schrei der Klägerin
hörte. Das Bett der Klägerin, neben dem die Beklagte zu 4)
gestanden hatte, als die Klägerin unvermittelt aufsprang, befand
sich nach den Beschreibungen der Beklagten zu 4) im hinteren Teil
des Raumes am Fenster, so daß die Beklagte zu 4) zu dem Zeitpunkt,
als der Schrei der Klägerin zu vernehmen war, auf der Grundlage
ihrer Darstellung ca. 3 Meter zurückgelegt hatte. Hieraus wird
deutlich, daß bei einer schnelleren Reaktion der Beklagten zu 4)
der Sprung der Klägerin aus dem Fenster zu verhindern gewesen wäre.
Selbst wenn nämlich die Klägerin das geöffnete Oberlichtfenster
bereits bei dem erstmaligen Verlassen des Notfallzimmers
wahrgenommen haben sollte , so daß sie nun zielstrebig dorthin
geeilt sein mag, ist für den Zeitablauf zu berücksichtigen, daß die
Klägerin sich in dem ca. 2 m breiten Flur (vgl. dazu die Skizze Bl.
167 d.A.) jedenfalls kurz orientiert haben mußte, bevor sie sich
entschloß, aus einem der geöffneten Oberlichtfenster zu springen.
Dazu mußte die Klägerin zumindest auf den unter dem Fenster
befindlichen Stuhl, eventuell auch noch auf den Tisch klettern, um
durch die verhältnismäßig kleine (nach der Skizze Bl. 166 d.A. 75cm
x 45 cm), in 1,45 m Höhe beginnende (Skizze Bl. 166 d.A.) Öffnung
des Oberlichtfensters hindurchzugelangen, wobei angesichts der auch
auf dem Lichtbild Bl. 165 a d.A. erkennbaren verhältnismäßigen Enge
der Fensteröffnung davon auszugehen ist, daß dies nicht im Wege
eines spontanen, mit einem Schritt vom Stuhl oder auch Tisch zu
bewerkstelligenden Sprunges geschehen sein konnte, sondern nur als
ein Hindurchzwängen bzw. Hinausschieben aus dem Fenster vorstellbar
ist. In Anbetracht aller dieser Umstände ist nach Auffassung des
Senats auszuschließen, daß der Vorfall nur so kurze Zeit gedauert
haben kann, daß es der Beklagten zu 4) bei einer schnelleren
Reaktion - auch unter Berücksichtigung einer Schrecksekunde- nicht
mehr möglich gewesen wäre, die Klägerin einzuholen und sie an dem
Sprung aus dem Oberlichtfenster zu hindern. Zu einem solchen
Verhalten war die Beklagte zu 4) als Angehörige des Behandlungs-
und Pflegepersonals, dem die Klägerin anvertraut war, auch objektiv
verpflichtet. Ungeachtet der später noch näher auszuführenden
Tatsache, daß zwischen der Beklagten zu 1) und der Klägerin kein
Behandlungsvertrag zustande gekommen war, begründete die Aufnahme
der nach der Verdachtsdiagnose unter Drogeneinfluß stehenden
Klägerin auf Behandlerseite Obhutspflichten, die sich insbesondere
auch darauf richteten, die Klägerin vor drogenbedingten
Selbstschädigungen zu bewahren.
Wie die Beklagte zu 4) bei ihrer informatorischen Anhörung durch
das Landgericht eingeräumt hat, war ihr auch bewußt, daß unter dem
Einfluß von LSD generell eine Suizidgefahr bestehen kann; ferner
war ihr, wenn sie auch im übrigen nicht viel über die Wirkung der
Droge wußte, nach ihrem eigenen Eingeständnis bekannt, daß die
Einnahme der Droge bei dem Betreffenden zu der Wahnvorstellung
führen kann, er sei in der Lage zu fliegen. Nachdem kurz zuvor
durch den Versuch der Klägerin, das Fenster in dem Notfallzimmer zu
öffnen, eine Eigengefährdungstendenz deutlich erkennbar geworden
war, war es naheliegend, daß die Klägerin sich in höchster Gefahr
befand, als sie das Notfallzimmer abrupt verließ.
Der objektive Pflichtverstoß gereicht der Beklagten zu 4)
gleichwohl nicht zum Schuldvorwurf. Die Beklagte zu 4) war mit der
Situation offensichtlich überfordert, wie sich daran zeigt, daß sie
in den Geschehensabschnitten zuvor bereits objektiv nicht
angemessen reagiert und insbesondere unterlassen hat, rechtzeitig
Hilfe herbeizuholen. Ein Schuldvorwurf ist der Beklagten zu 4)
allerdings auch insoweit nicht zu machen. Zu berücksichtigen ist
zunächst, daß die Beklagte zu 4) keinerlei Instruktionen erhalten
hatte, wie mit der Klägerin, die - wie der Beklagte zu 3) bei
seiner informatorischen Anhörung unwidersprochen erklärt hat, die
erste LSD- Patientin auf der Station war- zu verfahren war. Von
daher ist es nicht als schuldhaftes Versagen anzusehen, daß die
Beklagte zu 4) versuchte, mit der Situation allein fertig zu
werden. Um, wie von dem Sachverständigen Dr. Sch. als
situationsadäquates Verhalten gefordert, Hilfe über die
Notrufanlage herbeizuholen, hätte die Beklagte zu 4), die die
Klägerin nach dem Angriff auf die Mitpatientin im Blick behalten
mußte, rückwärts zur Tür gehen müssen, dies noch dazu möglichst
langsam und unauffällig, um die Klägerin nicht zu irritieren. Daß
der Beklagten zu 4) offensichtlich nicht auf diesen Gedanken
gekommen ist, erscheint unter den gegebenen Umständen entschuldbar.
Sich durch Schreien bemerkbar zu machen, wäre nicht angezeigt
gewesen , galt es doch nach den überzeugenden Darlegungen des
Sachverständigen Dr. Sch. gerade, eine beruhigende Atmosphäre um
die Klägerin zu verbreiten. Ob diese Forderung auch noch vorrangig
zu beachten war, als die Klägerin aus dem Zimmer eilte, oder ob die
Beklagte zu 4) jedenfalls jetzt hätte Hilfe herbeirufen müssen,
kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Beklagte zu 4)
tatsächlich - so ihre Angaben vor dem Landgericht- zumindest hinter
der Klägerin hergerufen hat. Denn jedenfalls ist keineswegs sicher
davon auszugehen, daß von dem übrigen Pflegepersonal rechtzeitig
jemand hätte herbeikommen und Hilfe leisten können. Sich allein in
eine körperliche Auseinandersetzung mit der Klägerin einzulassen
und diese um jeden Preis - womöglich unter Einsatz ihrer
Gesundheit- festzuhalten, war der Beklagten zu 4) nicht zuzumuten.
Wie bereits aus den Äußerungen der Beklagten zu 4) bei ihrer
informatorischen Anhörung durch das Landgericht deutlich geworden
ist, befürchtete die Beklagte zu 4) unkontrollierbare Aggressionen
der unter Drogeneinfluß stehenden Klägerin. Der Sachverständige hat
denn auch das Verhalten der Beklagten zu 4) als "eher
selbstschützend" bezeichnet. Eine solche Sorge um die eigene Person
erschien, insbesondere, nachdem die Klägerin bereits die schlafende
Mitpatientin attackiert hatte, durchaus nicht abwegig. Von daher
war der Beklagten subjektiv nicht abzuverlangen, sich auf eine
mögliche körperliche Auseinandersetzung mit der Klägerin
einzulassen, auch wenn- wie es den insoweit nicht angegriffenen
Feststellungen des Landgerichts (Bl. 321 d.A.) zu entnehmen ist-
die Beklagte aufgrund ihrer körperlichen Konstitution in der Lage
gewesen wäre, die Klägerin zu umfassen und festzuhalten. Immerhin
wäre nach den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen in jedem
Fall ein gemeinsamer Sturz mit der Klägerin in Rechnung zu stellen
gewesen. Auch dabei bestand eine Verletzungsgefahr, die die
Beklagte zu 4) nicht auf sich zu nehmen brauchte. In dieser
rechtlichen Würdigung sieht sich der Senat in Einklang mit der aus
den Erfahrungen in der Klinikpraxis gewonnene Einschätzung des
Sachverständigen, wonach das Verhalten der Beklagten zu 4) zwar im
Rahmen einer Supervision "sehr eingehend besprochen" , jedoch nicht
Anlaß für Disziplinarmaßnahmen gewesen wäre. Es kommt noch hinzu,
daß die von dem Sachverständigen angelegten Maßstäbe ersichtlich
auf die Verhältnisse auf psychiatrischen Stationen zugeschnitten
sind, in denen es ungleich häufiger Zwischenfälle der vorliegenden
Art geben wird, so daß das Pflegepersonal dort weitaus eher über
Erfahrungen auch im körperlichen Einsatz gegenüber Patienten
verfügen wird. An das Personal auf einer Station für Inneres, auf
denen solche Vorkommnisse zur Ausnahme gehören dürften, können
nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden (vgl. dazu auch
BGH VersR 84, 60,62 bezüglich der arbeitsteilig unterschiedlichen
Anforderungen an das ärztliche Personal), so daß auch von daher
deutlich wird, daß der Beklagten zu 4) kein Schuldvorwurf zu machen
ist.
2. Die Beklagten zu 2) und 3) haben der Klägerin gleichfalls
nicht für den Unfall und dessen Folgen gemäß § 823 BGB einzustehen.
Auch soweit sie der Vorwurf unzureichender Instruktionen an das
Pflegepersonal trifft, scheitert ihre Haftung jedenfalls an dem
erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen ihren Versäumnissen und
der Gesundheitsschädigung der Klägerin.
Aus dem vom Landgericht eingeholten schriftlichen Gutachten des
Sachverständigen Dr. Sch. und seinen mündlichen Erläuterungen
ergibt sich zwar, daß die ärztlichen Instruktionen unzureichend
waren. In Anbetracht der bei der Klägerin vorauszusetzenden LSD-
Intoxikation, die zwar nicht gesichert war, für die es aber zum
Teil durch die fremdanamnestischen Angaben, zum Teil durch die
während der Nacht von den Beklagten zu 2) und 3) gemachten
Beobachtungen triftige Anhaltspunkte gab, hatten die Beklagten zu
2) und 3) nach den eingehenden Darlegungen des Sachverständigen
unter der Voraussetzung einer Drogeneinnahme zwischen 18.00 und
19.00 Uhr (so ist es in dem Krankenblatt Bl. 74 d.A. auch - wohl
von dem Beklagten zu 3)- notiert worden) davon auszugehen, daß es
bei der zunächst friedlich erscheinenden Klägerin noch über geraume
Zeit zu akuten Eigen- oder Fremdgefährdungstendenzen kommen konnte.
Für die psychischen Wirkungen der Droge, die sich nach der
eingehenden Darstellung des Sachverständigen in seinem
schriftlichen Gutachten in einer Vielzahl von bizarren und einander
widersprechenden Sinneswahrnehmungen und Stimmungsschwankungen
einschließlich panikartiger Zustände (sog. bad trips) äußern
können, war von einem zeitlichen Rahmen von bis zu 24 Stunden
auszugehen. Von daher bedurfte es nicht nur der allerdings nach den
mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen ausreichenden
Anweisung, daß die Klägerin über Nacht im sog. Karrée unter die
Beobachtung der Nachtschwestern zu stellen sei. Die Unterbringung
in dem Notfallzimmer war unter der Annahme eines fortbestehenden
Intoxikationszustandes nur bei Gewährleistung einer ausreichenden
Beobachtung sachgerecht; ferner mußten auch Instruktionen mit
Rücksicht auf den Schichtwechsel erteilt und dafür gesorgt werden,
daß auch der Tagdienst über weiterhin mögliche Stimmungsumschwünge
der Klägerin und die erforderlichen Reaktionen informiert wurde.
Hieran hat es gefehlt. Der Beklagte zu 2) hat bei seiner mündlichen
Anhörung eingeräumt, lediglich die Nachtschwester um 2.00 Uhr
angewiesen zu haben, daß sie die Klägerin weiterhin beobachten
solle. Dies genügte als Weisung für den Tagdienst nicht, und zwar
selbst dann nicht, wenn, wie die Beklagten nun behaupten, die
generelle Anweisung bestanden haben sollte, daß die während einer
Schicht erteilten Instruktionen an die nächste Schicht
weiterzuleiten seien. Wie lange und vor allem wie intensiv die
Beobachtung der Klägerin noch weitergeführt werden sollte, war aus
der Weisung des Beklagten zu 3) nicht erkennbar, so daß zu besorgen
war, daß der unauffällige Eindruck, den die Klägerin bis zum
Schichtwechsel gemacht hatte, dazu verleiten konnte, keine weitere
Gefahr mehr für die Klägerin zu sehen, und der Tagdienst von den
Nachtschwestern nicht aufgefordert wurde, die Klägerin weiterhin
kontinuierlich zu beobachten. Dies hat die Beklagte zu 4)
tatsächlich auch versäumt, indem sie nach der Verlegung der
Klägerin in das Notfallzimmer - die offenbar, wie den Angaben des
Beklagten zu 2) bei seiner informatorischen Anhörung zu entnehmen
ist, beim Schichtwechsel routinemäßig erfolgt- diese, wenn auch
nach ihren Angaben für kurze Zeit, unbeobachtet ließ. Auch die
Informationen über mögliche Verhaltensumschwünge, die der Beklagte
zu 2) nach seiner vor dem Landgericht erfolgten informatorischen
Anhörung anläßlich der Aufnahme der Klägerin an die Nachtschwestern
gegeben haben will, waren unzureichend, weil auch daraus nicht
erkennbar wurde, für wie lange mit einer solchen Gefährdung bei der
Klägerin zu rechnen und wie dieser zu begegnen sei. Auch die
Behauptung, das Personal und insbesondere auch die Beklagte zu 4)
habe gewußt, wie mit Patienten wie der Klägerin umzugehen sei,
hilft nicht weiter. Das Verhalten der Beklagten zu 4) hat gezeigt,
daß es offensichtlich doch an den richtigen Vorstellungen zur
Bewältigung einer solchen Krisensituation gefehlt hat.
Ob neben dem Beklagten zu 3) auch der Beklagte zu 2), der nach
den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts nur mit der
Aufnahme der Klägerin befaßt war, verpflichtet war, Vorsorge für
den Schichtwechsel zu treffen, mag zweifelhaft erscheinen. Dies
bedarf jedoch keiner Klärung. Denn jedenfalls fehlt es an dem für
die Einstandspflicht beider Beklagten erforderlichen
Kausalitätsnachweis. Es läßt sich nämlich nicht mit der gemäß § 286
ZPO für eine Verurteilung der Beklagten zu 2) und 3) erforderlichen
Gewißheit feststellen, daß die Klägerin nicht zu Schaden gekommen
wäre, wenn die Beklagten zu 2) und 3) die von dem Sachverständigen
geforderten Instruktionen erteilt hätten. Ob die Beklagte zu 4)
sich etwa umsichtiger verhalten und insbesondere frühzeitig über
die Notrufanlage Hilfe herbeigeholt hätte, wenn sie besser
informiert worden wäre, erscheint durchaus zweifelhaft. Die
Tatsache, daß die Beklagte zu 4) trotz des Erlebnisses mit der
Klägerin vor dem Notfallzimmer, bei dem sie bereits einen Eindruck
von deren Unberechenbarkeit erhalten hatte, nicht auf den Gedanken
gekommen ist, unmittelbar den Notruf zu betätigen, spricht sogar
eher dagegen. Die verbleibenden Kausalitätszweifel gereichen der
Klägerin zum Nachteil, da sie nach allgemeinen Grundsätzen für die
anspruchsbegründenden Voraussetzungen ihres Klagebegehrens
beweispflichtig ist. Eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin
kommt nicht in Betracht. Das Fehlverhalten der Beklagten zu 2) und
3) gibt keinen Anlaß, die vom BGH entwickelten Grundsätze zur
Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern (vgl. dazu BGH VersR
82, 1193; VersR 89, 80) zur Anwendung zu bringen. Ein im Sinne
dieser Rechtsprechung schwerer Behandlungsfehler liegt nur dann
vor, wenn das Verhalten des Arztes gegen elementare Erkenntnisse
der Medizin verstößt und aus objektiver ärztlicher Sicht
unverständlich ist (vgl. dazu Steffen, aaO, S. 198 m.w.N.), was
sich vorliegend weder für das Verhalten des Beklagten zu 2) noch
des Beklagten zu 3) bejahen läßt. Daß die Anordnung, die Klägerin
im Karrée unter die Beobachtung der Nachtschwestern zu stellen,
nicht ausreichte, weil nach dem Schichtwechsel eine weiterhin
kontinuierliche Beobachtung nicht mehr gewährleistet war, lag in
Anbetracht der verhältnismäßig diskreten Anzeichen einer
Intoxikation im Zeitpunkt der Aufnahme der Klägerin und des
unauffälligen Verlaufs der Nacht keineswegs auf der Hand, so daß
von einer gänzlich unverständlichen Fehlleistung der Beklagten zu
2) und 3) nicht die Rede sein kann.
Die Beklagten zu 2) und 3) haften auch nicht wegen eines sog.
Óbernahmeverschuldens, weil sie nicht vor bzw. aus Anlaß der
Aufnahme der Klägerin den Oberarzt zu Rate gezogen haben. Die
Einstandspflicht eines noch als Berufsanfänger tätigen Arztes unter
diesem Gesichtspunkt setzt voraus, daß sich ihm nach den bei ihm
angesichts seines Ausbildungsstandes zu erwartenden Kenntnissen und
Erfahrungen Bedenken gegen sein Tätigwerden sowie hinsichtlich
möglicher Gefahren für den Patienten aufdrängen mußten (vgl. dazu
Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, Rdn. 79). Dies ist für beide
Beklagte aus den gleichen Gründen, die ihr Verhalten nicht als grob
fehlerhaft erscheinen lassen, zu verneinen.
3. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten zu 1) nicht
gerechtfertigt. Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin gemäß §§ 831
Abs. 1 S. 1, 847 BGB wegen des objektiv pflichtwidrigen Verhaltens
der Beklagten zu 4) auf Ersatz der materiellen und immateriellen
Schäden; daneben schuldet sie Ersatz der materiellen Schäden der
Klägerin auch aus sog. positiver Forderungsverletzung. Mit der in
ihrem Bewußtsein getrübten Klägerin war zwar kein
Behandlungsvertrag zustande gekommen, § 105 Abs. 2 BGB, jedoch
erfolgt die Behandlung eines solchen Notfallpatienten nach den
Regeln der erlaubten Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683 BGB
(vgl. dazu Steffen, aaO, S. 24), die als schuldrechtliche
Sonderverbindung zur Anwendung der Haftungs- und Zurechnungsnormen
Den ihr in Bezug auf ihre deliktsrechtliche Inanspruchnahme nach
§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB möglichen Entlastungsbeweis hat die Beklagte
zu 1) erstinstanzlich nicht geführt. Auch ihr Vorbringen in der
Berufungsinstanz genügt zur Exkulpation der Beklagten zu 1) nicht,
so daß dieser Punkt keiner Klärung bedurfte. Wie oben bereits
ausgeführt, waren bereits die Anweisungen und Informationen, die
die Beklagten zu 2) und 3) den Nachtschwestern erteilt hatten,
unzureichend, so daß es nicht darauf ankommt, ob diese hätten
weitergeleitet werden müssen oder nicht. Die Beklagte zu 1) kann
sich auch nicht damit entlasten, daß der Beklagten zu 4) nach deren
Angaben bei ihrer informatorischen Anhörung auch so bewußt war, daß
sie auf besondere Reaktionen achten mußte und daß eine generelle
Suizidgefahr bestand. Eine vollständige Exkulpation nach § 831 Abs.
1 S. 2 BGB kann der Beklagten zu 1) schon deshalb nicht gelingen,
weil ihr im Zusammenhang mit der Versorgung und Unterbringung von
Notfallpatienten wie hier der Klägerin auch grundlegende
Organisationsmängel zur Last fallen.
Die Sicherheit des suizidgefährdeten Patienten ist bei seiner
stationären Behandlung oberstes Gebot (BGH AHRS 3060/2), dem durch
die Bewachung des Patienten und durch begleitende organisatorische
Maßnahmen im Rahmen des Erforderlichen und des für das
Krankenhauspersonal und den Patienten Zumutbaren Rechnung zu tragen
ist (vgl. dazu OLG Köln VersR 93, 1156; OLG Braunschweig OLGR 94,
67).
Diesen Erfordernissen war in mehrfacher Hinsicht nicht genügt.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Hinblick auf die
Besonderheit des hier in Rede stehenden Notfalles- immerhin
handelte es sich um die erstmalige Notaufnahme einer LSD-
Patientin- nicht hätte gewährleistet sein müssen, daß der Oberarzt
zu Rate gezogen wurde. Denn jedenfalls war die Station auch
ansonsten nicht ausreichend für die Aufnahme von Notfallpatienten
wie der Klägerin gerüstet, bei denen mit überraschenden kritischen
Situationen, insbesondere auch mit plötzlich auftretenden Fremd-
oder Eigengefährdungstendenzen, gerechnet werden muß. Insoweit ist
zunächst noch einmal darauf zu verweisen, daß in dem Notfallzimmer
nicht für eine hinreichende Aufsicht gesorgt war. Der
Sachverständige hat bei seiner mündlichen Anhörung durch das
Landgericht ferner einen Notruf unmittelbar am Bett der Klägerin
vermißt. Auch dem Senat erscheint die Ausstattung des Zimmers
lediglich mit einer Alarmanlage unzureichend, noch dazu, da für
diese mit ihrer Anbringung an der Zimmertür ein denkbar ungünstiger
Standort gewählt war. Dies hat sich tatsächlich auch nachteilig
ausgewirkt, indem die Beklagte zu 4) keinen Gebrauch von der
Notrufanlage gemacht hat. Bedenklich erscheint es auch, einen
Patienten mit Fremd- und Eigengefährdungsverdacht gemeinsam in
einem Raum mit einem anderen Patienten unterzubringen. Dies gilt
nicht nur im Hinblick auf die Notrufausstattung, die in solchen
Fällen nach Auffassung des Senats an jedem Bett vorhanden sein muß.
Auch das von dem Sachverständigen als- in psychiatrischen
Abteilungen- üblich geschilderte Vorgehen zur Beruhigung des
Notfallpatienten, bei dem versucht wird, den Ausgang zu blockieren
und dem Patienten soviel Freiraum wie möglich zu lassen, ist unter
solchen Voraussetzungen nicht denkbar, da sonst der Mitpatient
gefährdet würde. Hinzu kommt noch ein weiterer Mangel: Tisch und
Stuhl wie hier haben auf einer Station, die suizidgefährdete
Patienten aufnimmt, unter einem geöffneten bzw. leicht zu öffnenden
Fenster nichts zu suchen; zumindest ist anzuordnen, daß solche
Gegenstände wegzuräumen sind, wenn und solange sich Patienten in
Suizidgefahr auf der Station befinden.
Auf die in § 680 BGB geregelten Haftungserleichterungen kann
sich die Beklagte nicht berufen. Für die Berufshaftung des Arztes
sind diese Haftungserleichterungen, die darauf zugeschnitten sind,
daß jemand unvorbereitet in einer Gefahrenlage handeln muß, nicht
passend (Frahm/Nixdorf, aaO Rdn. 6). Dem Umstand, daß die
Behandlerseite auf einen bestimmten Notfall nicht eingerichtet ist,
mit dem sie konfrontiert wird, ist in der Weise Rechnung zu tragen,
daß sich die Sorgfaltsanforderungen lediglich nach dem Standard des
Krankenhauses richten, das den Notfallpatienten aufgenommen hat,
solange dieser vertretbar ist (Steffen aaO S. 25). An den obigen
Beanstandungen ändert dies allerdings nichts, da die Innere
Abteilung des von der Beklagten zu 1) unterhaltenen Krankenhauses
gerade darauf eingerichtet war, auch Notfälle aufzunehmen und die
Durchführung der erforderlichen Sicherungs- und
Verbesserungsmaßnahmen für die Beklagte zu 1) keineswegs unzumutbar
oder undurchführbar gewesen wäre.
Auch der Mitverschuldenseinwand der Beklagten verschlägt nicht.
Wenn sich wie hier der Patient gerade wegen möglicher
Eigengefährdung in stationärer Behandlung befindet, kann die
Behandlerseite ihm die wegen ihrer Versäumnisse gelungene
Selbstschädigung nach Treu und Glauben nicht als Mitverschulden
entgegensetzen, unabhängig davon, ob die Ursache für die
Eigengefährdung- hier die Drogeneinnahme- ursprünglich
selbstverschuldet war (BGH NJW 1986, 775). Eine andere
Betrachtungsweise würde dem Schutzzweck des Behandlungsvertrages
widersprechen.
Die Höhe des der Klägerin zugesprochenen Schmerzensgeldes
einschließlich seiner Aufteilung in ein Kapital und eine Rente hat
das Landgericht unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzungen
und des noch jungen Lebensalters der Klägerin zum Zeitpunkt des
Unfalles zutreffend bemessen. Rechtlich fehlerfrei sind auch die
Ausführungen des Landgerichts zu dem Feststellungsbegehren der
Klägerin. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf die
insoweit keiner Ergänzung bedürftigen Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Wert des Berufungsverfahrens : 280.000,- DM
Beschwer der Klägerin und der Beklagten zu 1): Jeweils 280.000,-
DM