OLG Köln, Urteil vom 12.11.1996 - Ss 491/96 - 172
Fundstelle
openJur 2012, 75901
  • Rkr:
Tenor

I.) Im Schuldspruch wird das angefochtene Urteil geändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Angeklagte ist des Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Störung einer Versammlung schuldig.

-§§ 125 Abs. 1 Nr. 1, 52 StGB, § 21 VersG-

II.) Im Rechtsfolgenausspruch wird das Urteil mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückverwiesen.

Gründe

A.)

Das Amtsgericht (Strafrichter) hat den Angeklagten wegen Störung einer öffentlichen Versammlung (§ 21 VersG) unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Amtsgericht Bonn vom 26.07. 1995 -75 Cs 183/95- zu einer Gesamtgeldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20,-- DM verurteilt. Es hat festgestellt:

Am 31.05.1994 fand ab 18.00 Uhr in B. auf dem M.platz eine angemeldete Kundgebung des "Bundes freier Bürger" zur Europawahl statt. Auf dieser Veranstaltung trat unter anderem der Vorsitzende der österreichischen FPÖ, J. H., als Redner auf. Der Angeklagte nahm an dieser Kundgebung teil und befand sich in einer Gruppe von ca. 80 Gegendemonstranten, die sich vor dem K. ca. 30 Meter vom Rednerpult entfernt aufgestellt hatte. Aus der Gruppe heraus wurden lautstark Sprechchöre gerufen, Trillerpfeifen und Drucklufthupen mit erheblicher Geräuschentwicklung eingesetzt und verschiedene Gegenstände wie Tomaten, Eier oder Farbbeutel in Richtung Rednerpodium geworfen. Einige Tomaten bzw. Eier landeten auf Regenschirmen bzw. Schutzschilden von Polizeibeamten. Der Angeklagte betätigte selbst -zumindest in einem Fall- eine Drucklufthupe und warf wenig später einen Gegenstand in Richtung Podium, der jedoch nicht näher identifiziert werden konnte.

Von der Beteiligung des Angeklagten, der sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen hat, ist das Amtsgericht aufgrund der Aussage des Zeugen B. sowie der eigenen Augenscheinseinnahme betreffend das Videoband und die daraus gefertigten Standfotos überzeugt: B. habe den Angeklagten am Nachmittag des Tattages in der Nähe des Kundgebungsortes auf dem M.platz gesehen und ihn bei Durchsicht der Videoaufnahmen wenige Tage später in seinen Diensträumen zweifelsfrei wiedererkannt. Er habe auch über die von der Gruppe um den Angeklagten ausgehende Geräuschbelästigung (Trillerpfeifen, Drucklufthupen, Sprechchöre) und das Werfen von Gegenständen (Eier, Tomaten) in Richtung Podium glaubhaft berichtet. Die Identifizierung des Angeklagten habe sich durch Inaugenscheinnahme des Videobandes und der Standfotos bestätigt. Dort sei der Angeklagte inmitten der Gruppe von Gegendemonstranten an seinen rötlichblonden, kurz geschnittenen Haaren, den an der Stirn deutlich sichtbaren, auffälligen "Geheimratsecken", der eckigen Gesichtsform und der unauffälligen Goldrandbrille zu erkennen.

Sämtliche dieser Merkmale hätten auch in der Hauptverhandlung bei ihm vorgelegen. Die Videoaufnahmen zeigten ferner, daß der Angeklagte eine Drucklufthupe betätigt und mit ausholender Armbewegung etwas in Richtung Podium geworfen habe, wobei der Gegenstand allerdings nicht erkennbar sei.

Das Amtsgericht hat in dem festgestellten Sachverhalt einen Verstoß gegen § 21 VersG erblickt. Dagegen liege kein Landfriedensbruch gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 StGB vor. Das Bewerfen von Personen mit Tomaten und Eiern stelle keine Gewalttätigkeit dar, weil es sich um ungefährliche Gegenstände handele, die benutzt würden, um Mißachtung kundzutun, Verletzungen aber zu vermeiden.

Selbst wenn man das Werfen von Tomaten und Eiern als Gewalttätigkeit im Sinne von § 125 StGB ansehe, sei die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet gewesen.

Dagegen richtet sich die (Sprung-) Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Sie bemängelt, daß keine tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Landfriedensbruchs erfolgt sei. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei das Werfen von Eiern und Tomaten keineswegs ungefährlich, zumal jederzeit damit gerechnet werden müsse, daß ein solcher Gegenstand Menschen z.B. im Augenbereich treffen und dann, ggf. im Zusammenhang mit einer Beschädigung von Sehhilfen (Brillen, Kontaktlinsen), erhebliche Verletzungen hervorrufen oder infolge vorübergehender Beeinträchtigung der Sicht gegen weitere Angriffe schutzlos machen könne. Ob der Angeklagte selbst Eier oder Tomaten geworfen habe, sei für seine Beteiligung ohne Bedeutung. Das Verhalten der Gegendemonstranten sei durchaus geeignet gewesen, die öffentliche Sicherheit zu gefährden und den als Zielscheibe benutzten Personen Anlaß zu Besorgnis um ihre körperliche Unversehrtheit zu geben.

Die Verteidigung bittet um Verwerfung der Revision, weil jedenfalls in der festgestellten Situation das Schleudern von Eiern und Tomaten keine Gewalttätigkeit sei.

B.)

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs, der um einen tateiheitlich begangenen Landfriedensbruch erweitert wird, und zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.

I.)

Zu Unrecht hat das Amtsgericht eine Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen Landfriedensbruchs (§§ 125 Abs. 1 Nr. 1, 52 StGB) abgelehnt.

1.)

Einen gewalttätigen Landfriedensbruch, der hier allein in Betracht kommt, begeht, wer sich als Täter oder Teilnehmer an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen beteiligt, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden.

a)

Voraussetzung ist zunächst die Begehung von Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen.

Gewalttätigkeit in diesem Sinne ist ein aggressiver, physischer Krafteinsatz von einiger Erheblichkeit gegen Menschen oder Sachen (vgl. BGHSt. 23, 46, 52; BayObLG NStZ 1990, 37, 38; OLG Düsseldorf NJW 1993, 869; OLG Hamburg NJW 1983, 2273; OLG Karlsruhe NJW 1979, 2416; LK-von Bubnoff, StGB, 11. Aufl., § 125 Rn. 47; Schönke/Schröder-Lenckner, StGB, 24. Aufl., § 125 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der Eintritt einer Verletzung (z.B. Körperverletzung, Sachbeschädigung) ist dabei ebensowenig erforderlich (vgl. BGH, BayObLG a.a.O.) wie eine konkrete Gefährdung, denn § 125 StGB enthält ein sog. unechtes Unternehmensdelikt (vgl. Lenckner a.a.O. Rn. 4). Fehlgegangene Steinwürfe (vgl. RGSt. 47, 180; 52, 35) oder durch Schutzschilde abgewehrte Würfe mit Lehmklumpen (vgl. BayObLG a.a.O.) können daher genügen. Die Einwirkung muß allerdings geeignet sein, Menschen körperlich zu verletzen oder Sachen im Sinne des § 303 StGB zu beschädigen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).

Das Amtsgericht hat festgestellt, aus der Gruppe von Gegendemonstranten vor dem K. sei mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln in Richtung auf das ca. 30 Meter entfernte Rednerpodium geworfen worden. Diese Wurfmittel sind entgegen der Auffassung des Amtsgerichts keineswegs "ungefährlich", sondern grundsätzlich durchaus geeignet, Körperverletzungen und/oder Sachbeschädigungen hervorzurufen. Rohe Eier, die -mit Wucht geschleudert- im Kopf- und Augenbereich des Gegners auftreffen, können dort trotz der zerbrechlichen Schale und des flüssigweichen Inhalts beim Aufprall nicht unerhebliche Verletzungen anrichten, namentlich Prellungen verursachen. Das gilt gleichermaßen für die Benutzung von Tomaten als Wurfgeschoß, zumal wenn es sich um noch feste Früchte handelt.

Würfe mit Eiern und Tomaten sind insbesondere für Träger von Sehhilfen (z.B. Brillen, Kontaktlinsen) gefährlich, weil diese Geräte durch die Wucht des Aufpralls zerstört oder beschädigt werden und dabei die Augen des Getroffenen verletzen oder sonst beeinträchtigen können. Ferner kommt in Betracht, daß spitze oder scharfkantige Bruchstücke der beim Aufprall zersplitternden Eierschale ins Auge dringen und dort als Fremdkörper Verletzungen am Augapfel hervorrufen. Selbst weniger gravierende Treffer im Gesichtsbereich können den Betroffenen überdies schutzlos machen, weil er durch die damit gegebenenfalls einhergehenden Beeinträchtigungen zeitweise außer Stande ist, weitere Angriffe zu sehen und ihnen auszuweichen (vgl. BayObLG a.a.O.). Dementsprechend wird auch im Schrifttum das Bewerfen mit faulen Früchten, Eiern und Farbbeuteln zu Recht als Gewalttätigkeit gegen Menschen angesehen (vgl. LK-von Bubnhoff a.a.O. Rn. 50; a.A.: Lenckner a.a.O. § 125 Rn. 6).

Ungeachtet dessen sind Würfe mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln geeignet, die Bekleidung der Getroffenen in erheblichem Maß zu verunreinigen. Flecken von Eiweiß und Tomatenmark sind nur schwer zu entfernen, Farbstoffe erst recht (vgl. OLG Hamburg a.a.O.; Schönke/Schröder-Stree a.a.O. § 303 Rn. 9 m.w.N.). Daher sind Würfe mit den genannten Gegenständen als Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Sachen zu werten. Etwas anderes wäre nur dann anzunehmen, wenn sich den Gegendemonstranten in erreichbarer Nähe kein "Ziel" geboten hätte (vgl. BayObLG a.a.O.; LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 48; Dreher/Tröndle, StGB, 47. Aufl., § 125 Rn. 3). Davon kann nach den Feststellungen nicht ausgegangen werden. Trotz der Distanz von 30 Metern bis zum Rednerpodium waren Personen, die von den Würfen getroffen werden konnten, in erreichbarer Nähe, wie schon die Tatsache zeigt, daß Tomaten und Eier auf Regenschirmen und Schutzschilden von Polizeibeamten landeten. Wären diese Vorkehrungen nicht vorhanden gewesen, hätten die Würfe ein Ziel finden können.

b)

Erforderlich ist ferner, daß die Gewalttätigkeiten aus einer Menschenmenge begangen werden, wobei dies mit vereinten Kräften geschehen muß. Auch diese Merkmale sind hinreichend festgestellt.

Menschenmenge ist eine räumlich vereinigte, der Zahl nach nicht sofort überschaubare Personenvielheit (vgl. BGH NStZ 1993, 538; LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 31 m.w.N.). Das räumliche Beieinander ist ihr ebenso wesentlich wie die große, vom hinzukommenden Beobachter nicht gleich abschätzbare Zahl (vgl. BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf NJW 1990, 2699; Dreher/Tröndle a.a.O. § 124 Rn. 2). Nach der Rechtsprechung bedarf es des räumlichen Zusammenfindens von 15 bis 20 Personen (vgl. BGH NJW 1986, 1116; LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 31 m.w.N.), unter besonderen Umständen kann sogar eine noch geringere Personenanzahl ausreichen (vgl. BGH NStZ 1994, 483). Diese Voraussetzungen sind bei der Gruppe von ca. 80 Gegendemonstranten, die sich dem Urteil zufolge vor dem K. aufgestellt hatten, unzweifelhaft erfüllt. Daß die Gewalttätigkeiten aus der Menschenmenge, d.h. von ihren Mitgliedern gegen Personen oder Sachen außerhalb der Menge, begangen wurden, ergibt sich ebenfalls mit hinreichender Deutlichkeit aus den Feststellungen. Die Gewalttätigkeiten sind darüber hinaus mit vereinten Kräften verübt worden. Die Menge bildete nicht nur die Kulisse, sondern durch ihre feindselige Haltung die Basis für die Ausschreitungen (LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 37; Lenckner a.a.O. Rn. 10). Das folgt schon daraus, daß die Gruppe lautstark Sprechchöre rief, Trillerpfeifen bzw. Drucklufthupen einsetzte und dadurch eine erhebliche, auf eine Vereitelung der Versammlung abzielende Geräuschentwicklung verursachte. Eine Menge, die sich so verhält, bringt ihre feindselige Grundstimmung unmißverständlich zum Ausdruck.

c)

Die Ausschreitungen in Form der Würfe mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln haben schließlich entgegen der Meinung des Amtsgerichts die öffentliche Sicherheit gefährdet. Das ist der Fall, wenn eine unbestimmte Vielzahl von Personen für Leib und Leben, Hab und Gut fürchten muß (vgl. Lenckner a.a.O. Rn. 11). Da die öffentliche Sicherheit auch das allgemeine Rechtssicherheitsgefühl umfaßt, ist eine Gefährdung schon dann gegeben, wenn es sich um Ausschreitungen handelt, bei denen der Eindruck entstehen muß, daß "man" in einem geordneten Gemeinwesen nicht mehr frei von Furcht vor dem Terror gewalttätiger Mengen leben kann (LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 44; Lenckner a.a.O.). Nach dem Inbegriff der Urteilsgründe war eine solche Gefährdung hier gegeben. Die Teilnehmer der angemeldeten Kundgebung des "Bundes freier Bürger" zur Europawahl, die zwar im Urteil nicht eigens erwähnt werden, aber nach dem Zusammenhang der Feststellungen neben Rednern und Ordnungskräften auf dem M.platz anwesend waren, mußten angesichts des Verhaltens der Gegendemonstranten befürchten, bei einem weiteren Verbleiben am Versammlungsort an Gesundheit und Eigentum geschädigt zu werden und ihr Interesse, die Meinung der Redner anzuhören, nur mit dem Risiko einer Verletzung und/oder Sachbeschädigung durchsetzen zu können. Das genügt für die Besorgnis, fremder Willkür ausgesetzt zu sein und ohne durchgreifenden staatlichen Schutz gegen sie zu bleiben (vgl. LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 44). Selbst wenn sich die Gewalttätigkeiten nur gegen den oder die Redner gerichtet hätten, wäre die öffentliche Sicherheit gefährdet worden, weil mit dem anvisierten Opfer ersichtlich nur der Repräsentant einer bestimmten, den Gegendemonstranten mißliebigen politischen Richtung getroffen werden sollte (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.; SK-Rudolphi, StGB, § 125 Rn. 12; noch weitergehend: Lenckner a.a.O. § 125 Rn. 11).

d)

Der Angeklagte hat sich an den Gewalttätigkeiten als Täter oder Teilnehmer beteiligt.

Zwar begründet die bloße Teilnahme an einer Demonstration, die von anderen radikalen Randalierern taktisch zur Durchführung von Gewalttaten ausgenutzt wird, selbst bei innerer Billigung eine Strafbarkeit nach § 125 StGB ebensowenig wie die passive Anwesenheit (Dabeistehen, Mitlaufen, Verbleiben) in einer unfriedlichen Menge (vgl. BGH NJW 1984, 1226, 1236; LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 17). Hier ist jedoch den Feststellungen eindeutig zu entnehmen, daß der Angeklagte die Gewalttätigkeiten zumindest psychisch unterstützt hat, indem er selbst Lärm mit der Drucklufthupe machte und durch die von ihm ausgeführte Wurfbewegung zeigte, daß er solche Aktivitäten billigte und sich mit ihnen solidarisierte (vgl. LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 18). Angesichts der getroffenen Feststellungen liegt sogar eine mittäterschaftliche Teilnahme nahe.

Hiernach belegen die Urteilsgründe den objektiven Tatbestand des § 125 Abs. 1 Nr. 1 StGB.

2.)

Auch die subjektive Tatseite ist ausreichend festgestellt. Es genügt bedingter Vorsatz (vgl. BGHSt. 5, 246; BayObLG a.a.O.; LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 69). Dieser ergibt sich aus der Schilderung des äußeren Sachverhalts von selbst (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., § 267 Rn. 7). Daß die Würfe mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln Kundgebungsteilnehmer, die nicht durch Schilde oder Regenschirme geschützt waren, treffen und sie verletzen oder beschmutzen konnten, hat der Angeklagte ersichtlich für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen.

Der (bedingte) Vorsatz umfaßt auch das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung öffentlicher Sicherheit, weil es auf der Hand liegt, daß der Angeklagte durch seine Beteiligung an derartigen Aktivitäten das Sicherheitsgefühl der Kundgebungsteilnehmer untergraben wollte.

3.)

Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens steht außer Zweifel, weil die Beteiligung an Gewalttätigkeiten jenseits der Schranken der Art. 5 und 8 GG liegt (vgl. LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 63).

4.)

Die Subsidiaritätsklausel des § 125 Abs. 1 StGB greift nicht ein, weil keine anderen Vorschriften die Tat mit schwererer Strafe bedrohen. § 21 VersG enthält denselben Strafrahmen.

II.)

Die Feststellungen des Amtsgerichts belegen darüber hinaus einen Verstoß des Angeklagten gegen § 21 VersG in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Nach dieser Vorschrift macht sich u.a. strafbar, wer in der Absicht, die Durchführung von nicht verbotenen Versammlungen zu vereiteln, Gewalttätigkeiten verübt oder grobe Störungen verursacht. Der Angeklagte selbst hat jedenfalls eine grobe Störung vorgenommen, als er die Drucklufthupe betätigte (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 11. Aufl., § 21 VersG Rn. 10). Daß er Vereitelungsabsicht hatte, kann in Anbetracht der vom Tatrichter beschriebenen Geräuschkulisse, an deren Aufrechterhaltung der Angeklagte mitgewirkt hat, nicht ernsthaft bezweifelt werden.

§ 125 StGB trifft mit dem Verstoß gegen § 21 VersG tateinheitlich zusammen (vgl. LK-von Bubnoff a.a.O. Rn. 75; Dietel/Gintzel/Kniesel a.a.O. Rn. 16).

III.)

Die vom Amtsgericht vorgenommene, gemäß § 301 StPO auch zugunsten des Angeklagten nachzuprüfende Beweiswürdigung deckt materiellrechtlich keine Rechtsfehler auf.

Dem Inbegriff der Urteilsgründe kann entnommen werden, daß der Zeuge B. ein Polizeibeamter ist, der zur Tatzeit vor Ort im Einsatz war und den Angeklagten vom Ansehen kannte. Die Identifizierung des Angeklagten durch den Zeugen ist daher nicht zu beanstanden.

Überdies hat das Amtsgericht den Angeklagten anhand der Videoaufnahmen ebenfalls mit hinreichender Gewißheit als Beteiligten am Landfriedensbruch und Störer der Kundgebung wiedererkannt. Zwar hat es auf die Videoaufnahmen und -prints nicht gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO verwiesen (vgl. BGHSt. 41, 376), was nähere Ausführungen entbehrlich gemacht hätte. Das ist jedoch unschädlich, weil das Urteil Angaben über charakteristische Identifizierungsmerkmale enthält, die dem Senat die Prüfung ermöglichen, daß der Tatrichter zur Identifizierung generell geeignetes Bildmaterial verwendet hat (vgl. BGH a.a.O.; BayObLG DAR 1996, 411, 412; SenE vom 30.01. 1996 -Ss 532/94 B-).

IV.)

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Störung einer Versammlung (§§ 125 Abs. 1 Nr. 1, 52 StGB, § 21 VersG) strafbar gemacht. Dementsprechend ist der Schuldspruch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin zu ändern.

V.)

Da nicht auszuschließen ist, daß der Tatrichter, der die Würfe mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln nicht als Gewalttätigkeiten, sondern lediglich als Mißachtung gewertet hat, auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine andere, dem Angeklagten weniger günstige Entscheidung über das Strafmaß getroffen hätte, ist der Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an die Vorinstanz zurückzuverweisen.