OLG Köln, Urteil vom 09.08.1995 - 19 U 246/94
Fundstelle
openJur 2012, 74871
  • Rkr:

Auftragserteilung durch den Architekten 1. Ein Bauunternehmer kann ohne Vorliegen besonderer Umstände nicht davon ausgehen, daß der planende und bauleitende Architekt ihm gegenüber als Auftraggeber im eigenen Namen auftritt. 2. Ein Untervertreter haftet im Rahmen des § 179 BGB nur für Mängel der Untervollmacht, wenn klargestellt ist, daß er seine Vollmacht von einem Hauptvertreter ableitet. Ob dieser seinerseits eine Vollmacht des Vertretenen hatte, ist dann unerheblich.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der

Beklagte ist weder als persönlicher Auftraggeber noch als

vollmachtloser Vertreter (§ 179 BGB) verpflichtet, die Rechnung der

Klägerin vom 9.9.1992 zu bezahlen.

1. Der Senat hat keinen Zweifel daran, daß der Beklagte nicht im

eigenen Namen aufgetreten ist. Dazu ist es nicht einmal

erforderlich, auf eine zugunsten des Architekten sprechende

Vermutung, er sei nicht selbst Auftraggeber, zurückzugreifen.

Unstreitig war der Beklagte bei dem Bauvorhaben Sch.straße 4 - 8

hinsichtlich der ebenfalls von der Klägerin ausgeführten

Dacharbeiten nur als Architekt tätig gewesen und wird insoweit auch

von der Klägerin nicht als Auftraggeber angesehen. Das gleiche gilt

für ein früheres Bauvorhaben, bei dem die Parteien

zusammengearbeitet haben. Von vornherein war also der Beklagte

der

Klägerin trotz des von ihr für ihre Ansicht herangezogenen

Briefkopfes "Wohnbau, Geschäftsbau, Industriebau" in seiner

Eigenschaft als Architekt und nicht als Bauherr bekannt. Im übrigen

bezeichnen die drei Tätigkeitsbereiche im Zusammenhang mit dem

weiteren Briefkopfteil "G. Architekten" nicht mehr als die

Fachgebiete, auf denen der Beklagte als Architekt speziell tätig

wird. Die Klägerin kann keinen plausiblen Grund dartun, warum der

Beklagte die Malerarbeiten im eigenen Namen in Auftrag gegeben

haben sollte. Die Korrespondenz im Zusammenhang mit der

Auftragserteilung gibt dafür nichts Óberzeugendes her. Der Beklagte

hat deutlich gemacht, daß er der Klägerin den Auftrag "nach

Rücksprache mit dem Bauherrn" erteile. Gerade aufgrund der

vorangegangenen Erfahrungen konnte das keinesfalls eine

Auftragserteilung im eigenen Namen bedeuten. In diesem Zusammenhang

kann die Klägerin sich nicht darauf berufen, Dach- und

Malerarbeiten seien bei ihr von verschiedenen Abteilungen

bearbeitet worden; in allen Fällen war Vertragspartner die Klägerin

und nicht eine ihrer Abteilungen; das Wissen der für sie jeweils

Handelnden muß sie sich zurechnen lassen (vgl. § 166 I BGB). In

allen seinen Schreiben hat der Beklagte auch vermerkt, daß die A.

eine Durchschrift erhalte. Das Landgericht hat ferner zutreffend

das Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Sinne verwertet. Seinen

Ausführungen ist nichts hinzuzufügen; der Senat schließt sich ihnen

ausdrücklich an. Eine Inanspruchnahme des Beklagten als

Vertragspartner scheidet aus.

2. Der Beklagte haftet auch nicht nach § 179 I BGB als

vollmachtloser Vertreter. Er ist gegenüber der Klägerin für "den

Bauherrn" aufgetreten. Es stellt sich die Frage, als wessen

Vertreter der Beklagte damit der Klägerin gegenüber erschien. Bei

den vorangegangenen Dacharbeiten war die A. nicht in Erscheinung

getreten, vielmehr die Bauherren- bzw. Eigentümergemeinschaft

(BHG). Der Beklagte hat ausdrücklich vorgetragen (Bl. 156 d.A.), er

habe schon durch das Fax vom 6.12.1990 (Bl. 162 d.A.) zu erkennen

gegeben, daß er für die BHG, diese vertreten durch die "Treuhänder

etc.", handeln wolle. In dem Fax wird nicht die A. genannt, sondern

der Zeuge von B. als Vertreter der BHG. Der Zugang des Faxes ist

nur vorsorglich durch die Anwälte der Klägerin ohne Rücksprache mit

ihr bestritten worden (Bl. 188 d.A.), später ist die Klägerin

darauf nicht zurückgekommen. Unstreitig ist jedenfalls, daß die BHG

auch nach Kenntnis der Klägerin nicht unmittelbar durch ihre

einzelnen Mitglieder, sondern durch einen Vertreter handelte, der

nicht der Beklagte war. Wenn also der Beklagte einen Auftrag für

den Bauherrn erteilte, dann mußte es sich dabei aus der Sicht der

Klägerin um die BHG handeln, die aber ihrerseits durch einen

Vertreter handelte. Damit wurde gleichzeitig deutlich, daß der

Beklagte seine Vollmacht zum Auftrag an die Klägerin von einem

Vertreter der BHG ableitete. Ob die Klägerin aus dem

Verteilerhinweis auf die A. schließen mußte, daß diese die BHG

vertrat, kann dahinstehen. Entscheidend ist nur, daß der Beklagte

auch aus der Sicht der Klägerin ein Untervertreter war. Der

Untervertreter haftet im Rahmen des § 179 BGB für Mängel der

Untervollmacht; für Mängel der Hauptvollmacht nur dann, wenn er

ohne Offenlegung der mehrstufigen Vertretung für den Vertretenen

aufgetreten ist, nicht aber, wenn klargestellt ist, daß er seine

Vollmacht von einem Hauptvertreter ableitet (Palandt/Heinrichs, BGB

53. Aufl., § 179 Rn. 3 m.N.). Letzteres war hier, wie oben

ausgeführt, der Klägerin bekannt. Damit kommt es nicht darauf an,

ob die A. eine Vollmacht der BHG hatte, sondern allein darauf, ob

der Beklagte von der A. bevollmächtigt war. Das ist zu bejahen. Es

war die A., die nach der Aussage des Zeugen Sch., der bei A.

"Mädchen für alles" war, die Aufträge an die Klägerin erteilte. Der

bei A. maßgebende Zeuge F. habe entschieden, notwendige

Modernisierungsarbeiten in Auftrag zu geben, was dem Beklagten

gesagt worden sei. Das ist im Ergebnis von dem Zeugen F. bestätigt

worden. Auch die Aussage des Zeugen von B. widerspricht dem nicht.

Dementsprechend war es die A., mit der der Beklagte sich abstimmte,

und die jeweils Durchschriften der Korrespondenz mit der Klägerin

erhielt. Aus den Zeugenaussagen ergibt sich ebenso, daß der

Beklagte von A. zwar keine generelle Vollmacht hatte, aber doch zur

Auftragsvergabe an die Klägerin bevollmächtigt war. Anders ist die

schon erwähnte Aussage des Zeugen Sch. nicht zu verstehen, dem

Beklagten sei mitgeteilt worden, notwendige Arbeiten sollten in

Auftrag gegeben werden.. Entsprechend hat der Zeuge weiter

bekundet, der Beklagte habe die Auftragserteilungen der A.

ausgeführt, wofür das Auftragsschreiben vom 4.11. 1991 typisch sei,

und zwar habe dabei für den Beklagten kein betragsmäßiges Limit

bestanden. Letzteres hat der Zeuge von B. bestätigt, indem er

bekundet hat, das Risiko einer Óberschreitung des Kostenrahmens

habe die A. getragen. Der Zeuge F. hat sich zwar - ebenso wie der

Zeuge von B. - aus naheliegenden Gründen sehr zurückhaltend

geäußert, hat aber jedenfalls eingeräumt, falls eine Vollmacht für

den Beklagten existiere, habe das seine Richtigkeit, mit anderen

Worten, das habe der Sachlage entsprochen. Anders wäre auch nicht

zu erklären, daß A. dem Handeln des Beklagten zu keiner Zeit

widersprochen hat. Der Zeuge von B. hat die Rechnung der Klägerin

auch nicht deshalb nicht beglichen, weil der Beklagte keinen

wirksamen Auftrag habe erteilen können, sondern weil der

Kostenrahmen überschritten gewesen sei; daran war aber der Beklagte

im Verhältnis zu A. nicht gebunden, weil er ihr gegenüber keinem

Limit unterlag. Er hat somit nicht als vollmachtloser Vertreter

gehandelt. Die Klägerin muß sich entweder an die BHG oder ggf. an

die A. als deren vollmachtlosen Vertreter halten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 I, 101 I ZPO. Das

Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig

vollstreckbar.

Wert der Beschwer der Klägerin: 155. 243,89 DM.

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