OLG Köln, Urteil vom 30.03.1994 - 26 U 56/92
Fundstelle
openJur 2012, 74221
  • Rkr:

Zur Beweislast bei der Auskunftsklage eines nichtehelichen Kindes gegen die Kindesmutter auf Nennung des Namens seines Erzeugers, wenn die Kindesmutter behauptet, den Namen nicht (mehr) zu wissen.

Sachverhalt:

Der Kläger ist 1957 nichtehelich geboren und kurz nach der Geburt von der Beklagten - der Kindesmutter - in ein Heim gegeben worden. Nach etwa 14 Jahren kam es auf Initiative des Klägers zu einem ersten Kontakt zwischen den Parteien, bei dem es dem Kläger u.a. darum ging, den Namen seines Vaters zu erfahren.

Die Beklagte hat behauptet, sie sei seinerzeit von dem Kindesvater - einem Koch in einem Hotelbetrieb, in dem auch sie damals als Serviererin beschäftigt gewesen sei - vergewaltigt worden. Seinen Namen wisse sie nicht. Ob sie seinen Nachnamen überhaupt je gekannt habe, könne sie nicht mehr sagen. Man habe sich im Hotel nur mit Vornamen angeredet. Diesen habe sie vergessen. Unmittelbar nach der Vergewaltigung habe sie fluchtartig das Hotel verlassen.

Das LG hat der Klage des Klägers auf Auskunft stattgegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist es davon ausgegangen, daß die Beklagte entgegen ihrer Behauptung den Namen des Kindesvaters kenne.

Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage nach erneuter Beweisaufnahme abgewiesen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 17. September 1992 - 13 0 403/91 - dahin abgeändert, daß die Klage abgewiesen wird. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache

Erfolg.

Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, daß der

Kläger grundsätzlich ein Recht hat auf Auskunft über seine

Abstammung, welches allein Gegenstand des Berufungsverfah- rens

ist. Ein solches Recht ist Ausfluß des allgemeinen Persönlich-

keitsrechts und überlagert den Anspruch der Beklagten auf Schutz

ihrer Intimsphäre (vgl. LG Passau NJW 1988, 144 und BVerfG NJW

1988, 3010; NJW 1989, 891, 892). Dies stellt die Beklagte im

übrigen nicht mehr in Zweifel, so daß sich wei- tergehende

Vertiefungen zu diesen einschlägigen Rechtsfra- gen erübrigen.

Der Senat stimmt desweiteren dem Landgericht auch darin zu, daß

die Erklärung der Beklagten, sie wisse nicht, wer der Vater des

Klägers sei, noch nicht die Erfüllung der geschuldeten Auskunft

enthält. Dieser Einwand der Beklagten betrifft vielmehr die

subjektive Unmöglichkeit, das kläge- rische Begehren zu

erfüllen.

Der vom Kläger begehrten Verurteilung der Beklagten, ihm

Auskunft über die Person seines leiblichen Vaters - dessen Namen

und Adresse - zu erteilen, steht hier aber entgegen, daß nicht

erwiesen ist, daß die Beklagte in der Lage ist, die geforderten

Angaben zu machen. Die Beklagte bestreitet, auch nur den Namen des

Erzeugers des Klägers zu kennen. Die Beweisaufnahme erster und

zweiter Instanz hat nicht mit der zur Verurteilung erforderlichen

Sicherheit ergeben, daß die Beklagte ihre Kenntnis wahrheitswidrig

in Abrede stellt.

Im einzelnen läßt sich der Senat von folgenden Erwägungen

leiten:

Der Senat folgt nicht der Beurteilung des Landgerichts, das

ausgehend von der Prämisse, daß eine Mutter in der Regel den Namen

des Vaters ihres Kindes kenne, dies im Falle der Beklagten durch

die Aussage der Zeugin St. (Schwester C. ) bestätigt sieht. Denn

der Senat hält diese Prämisse durch die Aussage der Zeugin St.

nicht für bestätigt.

Zwar ist die Aussage der Zeugin als durchaus glaubhaft, sie

selbst als glaubwürdig zu erachten. Gleichwohl ist damit nicht

bewiesen, daß die Beklagte den Namen des Erzeugers ihres Kindes -

des Klägers - tatsächlich noch kennt. Die Zeugin St. hat zwar

durchgängig, sowohl in ihren schriftli- chen Angaben als auch vor

dem Landericht, erklärt, daß sie - anläßlich des ersten

Zusammentreffens der Parteien Anfang der siebziger Jahre - von der

Kenntnis der Beklagten fest überzeugt gewesen sei. Sie hat diese

Óberzeugung indessen nicht aus einer entsprechenden Erklärung der

Beklagten, daß diese den Namen des Kindesvaters kenne, gewonnen,

sondern nur aus eigenen Rückschlüssen aus dem Verhalten der Beklag-

ten. Die Zeugin spricht selbst von einer (bloßen) Vermutung

ihrerseits. Ihr Rückschluß mag zutreffend sein, ist es jedoch nicht

zwingend in der Weise, daß damit die Kenntnis zur Gewißheit des

Senats feststände. Denn außer der per- sönlichen Óberzeugung der

Zeugin St. fehlt es an weiteren tragfähigen Indizien.

Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang als Indiz gewertet

hat, daß die Beklagte dem Kläger nach Aussage der Zeugin St.

gedroht habe, sie gehe gegen ihn gerichtlich vor, wenn er weiter

nach seinem Vater forsche, vermag der Senat sich dem nicht

anzuschließen. Das Landgericht schließt aus dieser Drohung, daß sie

ausgebracht worden ist, um den Kläger von weiteren Nachforschungen

nach seinem Vater abzuhalten. Dem stimmt der Senat zu. Nicht zu

folgen ist aber der weiteren Folgerung des Landgerichts, zu der

Drohung hätte keine Veranlassung bestanden, wenn der Beklagten die

Person des Vaters unbekannt gewesen wäre. Dieser Rückschluß ist vor

dem Hintergrund des damaligen Geschehens nicht zwingend. Der

Beklagten ging es bei ihrer Drohung ganz offensichtlich darum , daß

ihr Ehemann, dem zum damaligen Zeitpunkt die Existenz des Klägers

noch nicht bekannt war, nichts von diesem ihrem zweiten

nichtehelichen Kind erfuhr. Nachforschungen des Klägers brachten

die Gefahr der Aufdeckung. Dabei ist nicht erkennbar, inwiefern es

eine Rolle gespielt haben sollte, ob sie selbst den Na- men des

Erzeugers kannte oder nicht.

Die weitergehenden Behauptungen des Klägers zu bestimmten

Erklärungen der Beklagten, aus denen er folgert, daß diese den

Namen (und die Anschrift) seines Erzeugers doch kenne, sind durch

die Zeugenvernehmung nicht bestätigt worden. Die einzelnen

Beweisfragen folgen aus dem Beweisbeschluß des Landgerichts vom

14.10.1991 und des Senats vom 03.11.1993. Die Zeugen P., H. W. und

G. haben diese entwe- der verneint oder sinngemäß in einen anderen

Zusammenhang gestellt. Die Bekundung des Zeugen K. ist zu

unbestimmt ge- halten, so daß sich alleine hieraus kein tragfähiger

Schluß auf die Richtigkeit der Darlegung des Klägers herleiten

läßt. Insbesondere läßt sich auch nichts daraus gewinnen, daß die

Beklagte gegenüber der Zeugin St. geäußert habe, wenn der Kläger

glaube, er könne ein großes Erbe machen, dann müsse sie (die

Beklagte) ihn enttäuschen, der Vater sei sehr arm gewesen ... und

habe sie heimlich verlassen (Bl. 8, 168, 349 GA). Diese im übrigen

von der Beklagten bestrittenen Äußerungen können ebenso wie die

behaupteten Drohungen, den Kläger von weiteren Nachforschungen bei

Meidung gerichtli- cher Schritte abzuhalten, als Ausdruck der

Abwehr von Ver- letzungen ihrer Intimspähre verstanden werden.

Selbst wenn derartige Äußerungen gefallen sein sollten, läßt sich

hieraus kein zwingender Schluß auf den behaupte- ten Kenntnisstand

der Beklagten ziehen.

Auch aus weiteren Indizien läßt sich nicht mit einer zur

Verurteilung erforderlichen Sicherheit herleiten, daß die Beklagte

den Namen des Kindesvaters kennt.

Soweit Gegenteiliges aus der Formulierung der eidesstattli- chen

Versicherung der Beklagten vom 28.03.1990 (Bl. 11 d. A.), "niemand,

außer mir, weiß, wer der Vater des Kindes ist" , zu entnehmen sein

könnte, hat die Beklagte diese Erklärung von Beginn des Verfahrens

an wie folgt interpre- tiert: Sie wisse zwar, wer der Kindesvater

sei, habe seinen Namen jedoch nicht mehr in Erinnerung. In diesem

Sinne kann die Urkunde, ohne daß ihr Gewalt angetan würde,

verstanden werden: Die Beklagte kennt die Person des Erzeugers; sie

weiß , daß es der damalige Koch an ihrem Arbeitsplatz war, sie

kennt seine Identität. In diesem Zusammenhang ist auch zu

berücksichtigen, daß die Erklärung von der Prozeßbevoll- mächtigten

der Beklagten aufgesetzt wurde und so eine miß- verständliche

Formulierung entstanden ist. Die Beklate hat diese Erklärung selbst

vorgelegt, was nahe legt, daß sie in dem von ihr schon vor dem

Amtsgericht Rheinbach dargelegten Sinne aufzufassen ist, nämlich

dahin- gehend, daß sie davon ausgehe, den Vornamen des Mannes ge-

kannt zu haben, sie diesen heute jedoch nicht mehr wisse.

Schließlich muß nach Auffassung des Senats auch dem Umstand

Rechnung getragen werden, daß das Verhalten der Beklagten sich

durchaus nicht zwingend als vollständige Blockade gegenüber den

Bemühungen des Klägers, seine blutmäßige Ab- stammung aufzuklären,

darstellt. Sie hat durch Vorlage der Versicherungskarte betr. ihr

da- maliges Beschäftigungsverhältnis in dem Hotel-Restaurant T. in

W. dem Kläger Möglichkeiten zu weitergehenden Nachfor- schungen

eröffent. Sie hat im übrigen im Termin am 24.03.1993 vor dem Senat

- wenn auch erst nach deutlicher Vorhaltung - erklärt, sie wolle

dem Kläger durchaus Hilfe im Bereich des ihr Möglichen geben und

diese Absicht gemäß dem Schreiben vom 02.04.1993 an die Zeugin T.

auch umgesetzt. All dies paßt nicht unbedingt zu der Annahme, sie

ver- schweige dem Kläger der Wahrheit zuwider den Namen seines

Erzeugers.

Soweit sich ein Indiz für die Kenntnis der Beklagten vom Namen

des Kindesvaters daraus ergeben könnte, daß sie im Verlaufe des

Verfahrens die Vorgänge um die Zeugung des Klägers unrichtig

dargestellt hätte - weil dies möglicher- weise den Rückschluß

zuließe, auch ihr Bestreiten der Na- menskenntnis sei

wahrheitswidrig -, so haben sich auch da- für keine Anhaltspunkte

ergeben. Die vom Senat durchgeführ- te Beweisaufnahme zu den

Örtlichkeiten im Hotel T. durch Vernehmung der Zeugin P. K.-T., der

damaligen Mitinhaberin des Hotels, in dem die Beklagte und der

Kindesvater zur fraglichen Zeit gearbeitet haben, hat nichts

ergeben, was die Richtigkeit der Angaben der Beklagten in Frage

stellt.

Es gibt insbesondere - entgegen der Behauptung des Klägers - ein

Zimmer in dem Hotel entsprechend den Angaben der Beklagten zu ihrer

damaligen Unterbringung, nämlich eine Notunterkunft neben der

Wäschekammer. Nach der Bekundung der Zeugin K.-T. hat das Personal

zwar damals nicht im Ho- tel gewohnt und sei es mangels sanitärer

Anlagen unmöglich gewesen, daß dort ein Hotelangestellter über 4

Wochen ge- schlafen habe. Andererseits hat die Zeugin eingeräumt,

daß der Raum in Sonderfällen durchaus als Schlafraum benutzt worden

sei - sogar für Hotelgäste -, so daß es jedenfalls nicht

ausgeschlossen erscheint, daß auch die Beklagte dort - kurzzeitig -

untergebracht war und daß sich die heute 78 Jahre alte Zeugin daran

nach über 35 Jahre nur nicht mehr erinnern kann.

Was die Schilderung der Beklagten anlangt, wie der Kindes- vater

in ihrem Schlafraum gekommen sei, nämlich durch das Oberlicht, so

hat die Zeugin K.-T. das Vorhandensein eines solches Oberlichtes

bestätigt, es allerdings von den Maßen her für nicht möglich

gehalten, daß ein erwachsener Mann hindurchgelangen konnte.

Entgegen der Auffassung der Zeugin erscheint dem Senat nach den

Maßangaben der Zeugin ein Durchstieg indessen als durchaus möglich

, nämlich dann, wenn das Oberlichtfenster ausgehängt worden ist. Im

übrigen kommt es darauf letztlich nicht an, da die Angaben der

Beklagten zum Einstieg des Kindesvaters in ihr Zimmer nur

Schlußfolgerungen sind - sie hat ihn erstmals gesehen, als er

bereits im Zimmer stand . Es ist also auch möglich, daß er durch

die Tür gekommen ist, wenn sie diese - ihr mögli- cherweise nicht

bewußt - nicht verschlossen hatte.

Auch die Vernehmung der Stiefschwester des Klägers , der Zeugin

I.Sch. , hat nichts ergeben, was als Indiz für die Kenntnis der

Beklagten vom Namen des Kindesvaters spräche. Unstreitig kennt die

Beklagte den Erzeuger I. namentlich; unstreitig ist der Zeugin der

Name ihres Vaters nicht be- kannt. Soweit der Kläger behauptet hat,

die Zeugin habe die Beklagte danach gefragt, ohne eine positive

Antwort erhal- ten zu haben, so hat die Zeugin dies nicht

bestätigt. Sie hat vielmehr bekundet, zwar nach ihrem Vater gefragt

und darauf auch Auskunft bekommen zu habe; sie habe aber nicht

dessen Namen wissen wollen.

Anhaltspunkte, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zwei- feln,

sieht der Senat nicht, wenngleich es nach der allge- meinen

Lebenserfahrung eher ungewöhnlich anmutet, daß ein Kind nicht

Genaueres über seine Herkunft erfahren und nicht die Person seines

Vaters kennenlernen möchte. Indessen sind dies derart persönliche

Dinge, die von Mensch zu Mensch in jedem Fall unterschiedlich

gehandhabt werden, so daß daraus keine allgemeingültigen

Rückschlüsse abzuleiten sind, was die Glaubhaftigkeit einer Aussage

und die Glaubwürdigkeit der Zeugin anlangt. Im vorliegenden Fall

kommt hinzu, daß die Zeugin I.Sch. gegenüber der streng bis

zuweilen sogar herrisch wirkenden Beklagten möglicherweise bisher

nicht den Mut zu näheren Fragen dieser Art aufgebracht hat aus dem

Gefühl heraus, der Beklagten seien derartige Fragen nicht

recht.

Mangels näherer Substantiierung des Klägers, wann die Zeu- gin

Schreck ihm gemäß seiner Behauptung Gegenteiliges ge- sagt habe,

daß sie nämlich nach dem Namen ihres Vaters ge- fragt habe, bestand

für den Senat auch keine Veranlassung, weiter in die Zeugin zu

dringen, zumal auch die Parteien weitere Fragen nicht an die Zeugin

gestellt haben.

Schließlich haben sich auch aus der Bekundung der vom Senat

nochmals vernommenen Zeugin H. W., der älteren Schwester der

Beklagten, keine Anhaltspunkte ergeben, aus denen der Senat die zu

einer Verurteilung notwendige Óberzeugung gewinnen vermochte, die

Beklagte behaupte wahrheitswidrig, den Namen des Vaters des Klägers

nicht zu kennen. Für den Senat neu ergibt sich zwar aus dieser

Aussage, daß die Weg- gabe des Klägers in ein Heim und seine

Freigabe zur Adop- tion nicht auf einem eigenen Entschluß der

Beklagten beruh- te, sondern durch die Zeugin W. veranlaßt worden

war, weil diese das Aufziehen zweier nichtehelicher Kinder

angesichts der häuslichen und beruflichen Umstände, in denen die

Schwestern lebten, für zu belastend hielt. Die Zeugin hat dazu

weiterhin bekundet, die Beklagte sei nicht begeistert gewesen und

habe das Kind eher behalten wollen. Die daraus ersichtliche

positive Einstellung der Beklagten zum Kläger harmoniert -

jedenfalls auf den ersten Blick - nicht mit ihren Angaben bei der

vorangegangenen persönlichen Befra- gung durch den Senat , bei der

sie den "Vorgang" - gemeint ist die Schwangerschaft mit dem Kläger

- als schwere Schan- de bezeichnet hatte, an die sie nicht mehr

erinnert werden möchte. Indessen läßt sich der Widerspruch,

einerseits das Kind behalten zu wollen, andererseits es als Makel

zu empfinden, durch den Ablauf des Geschehens erklären. Die

Beklagte mag das von ihr ausgetragene Kind - unter welchen

Umständen es auch immer gezeugt worden ist - zunächst als ihr Kind

akzeptiert und deshalb den Wunsch gehabt haben, es behalten zu

wollen. Durch den Einfluß ihrer älteren Schwester, mit der sie

zusammenwohnte, ist sie sodann entgegen ihren eigenen Vorstellungen

veranlaßt worden, sich von dem Kind zu trennen. Die Rechtfertigung

vor sich selbst dafür, das eigene Kind wegzugeben, kann durch die

Betonung der Schande, die dieses Kind als (zweites) nichteheliches

bedeutete, erfolgt sein, so daß diese Einstellung fortan im

Vordergrund gestanden haben mag.

Dem Senat ist bewußt, daß dieser Erklärungsversuch keines- wegs

zwingend ist; gleichwohl führt er dazu, daß der oben aufgezeigte

Widerspruch jedenfalls nicht mit Sicherheit darauf schließen läßt,

die Beklagte habe unrichtige Angaben zum Verlauf des früheren

Geschehens gemacht mit der weite- ren - weitergehenden - Folgerung,

auch ihre Angaben, den Namen des Erzeugers nicht zu kenenn, seien

unwahr.

Auch ist aus der Tatsache als solcher, daß es eine Zeit gab, in

der die Beklagte dem Kläger nicht ablehnend gegenüberstand, nicht

sicher zu schließen, daß sie dann auch den Namen des Kindesvaters

in Erinnerung haben müßte - dies etwa deshalb, weil sie die

Schwangerschaft insofern jedenfalls partiell nicht als negativ

erlebt hat und daher auch keine Veranlassung gehabt hätte, den

damit verbundenen Namen des Kindesvates zu verdrängen. Eine solche

Deduktion als zwingend anzunehmen, steht zum einen schon das oben

Ausgeführte entgegen: Durch Einflußnahme der Schwester hat sich die

positive Einstellung der Beklagten zum Kläger möglicherweise

gewandelt. Zum anderen ist der Zeitablauf als solcher zu

berücksichtigen: Die Beklagte ist vom Kläger erstmalig mit der

Namensfrage konfrontiert worden, als dieser 14 Jahre alt war. Es

erscheint dem Senat nicht ausgeschlossen, daß sie den Namen in der

Zwischenzeit durch intensive, langjährig praktizierte

Verdrängungsmechanissmen vergessen hat. Soweit das Landgericht

angenommen hat, daß eine Mutter in der Regel den Namen des Vaters

ihres Kindes kennt bzw. behält, wenn sie ihn einmal gekannt hat,

ist solch ein Regelfall nicht unumstößlich, zumal es sich um innere

und daher nicht überprüfbare Vorgänge handelt. Neben dem bereits

genannten Fall des Verdrängens bei negativen Erlebnissen ist auch

die Möglichkeit des bloßen Vergessens zu berücksichtigen: Das

Verlöschen der Erinnerung an einen Vorgang, der als erledigt

betrachtet wird. Mit der Weggabe des Klägers in ein Heim und der

Freigabe zur Adoption - warum diese nicht erfolgt ist, ist offen,

was der Beklagten aber erst bekanntgeworden ist, als sich der

Kläger vier- zehnjährig an sie gewandt hat - konnte sich der

Vorgang der zweiten Schwangerschaft als für sie und ihr weiteres

Leben abgeschlossen darstellen.

Die Nichtaufklärung der Frage , ob die Beklagte den Namen des

Kindesvaters kennt oder nicht, geht zu Lasten des Klä- gers; ihn

trifft die Beweislast.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich dies schon daraus

ergibt, daß bei einer Klage auf Auskunft über Namen und Adresse

einer Person die Kenntnis der gewünschten Angaben bzw. deren

zumutbare Kenntniserlangung bereits ein klage- begründender Umstand

ist. Denn zu einem anderen Ergebnis gelangt man auch dann nicht,

wenn die Frage der Kenntnis bzw. Unkenntis als ein Umstand

einzuordnen ist, der die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit der zu

erbringenden Leistung betrifft, wovon das Landgericht

offensichtlich ausgegangen ist. Zwar trifft grundsätzlich den, der

für sich gegenüber dem Erfüllungsanspruch Rechte aus der

Unmöglichkeit herlei- ten will, die Beweislast. Das wäre hier die

Beklagte, die sich darauf beruft, zur Auskunft nicht in der Lage zu

sein. Indessen ist hier zu berücksichtigen, daß die Beklagte dann -

wegen des non liquet des Beweisergebnisses - zur Abgabe einer

Erklärung gezwungen würde, von der nicht feststeht, daß sie

tatsächlich in ihrem Kenntnisbereich steht. Die Si- tuation ist in

gewisser Weise der beim Widerruf unrichtiger Behauptungen

vergleichbar: Entsprechend dem dazu vom Bun- desgerichtshof (BGHZ

37, 187, 190) entwickelten Grundsatz, daß niemand durch

Richterspruch verpflichtet werden kann, etwas als unrichtig zu

bezeichnen, was möglicherweise wahr ist, gilt für den vorliegenden

Fall , daß die Beklagte nicht zur Abgabe einer Erklärung gezwungen

werden darf, die sie möglicherweise nicht abgeben kann. Wie im Fall

des Wi- derrufs müßte das Gericht auch im vorliegenden Fall bei der

Vollstreckung, da es sich um unvertretbare Handlungen im Sinne von

§ 888 ZPO handelt, durch Geldstrafe oder Haft zur Abgabe der

Erklärung anhalten. Ein solcher Rechtszwang aber wäre bei

Verurteilung zur Auskunft ohne Kenntnis dessen, worüber Auskunft zu

erteilen ist, ebenso wenig wie in dem vom Bundesgerichtshof

entschiedenen Fall zum Widerruf mit Art. 1 und 2 GG vereinbar, auf

die der Bundesgerichtshof bei seiner Entscheidung abgestellt

hat.

Ein Anscheinsbeweis scheidet aus, weil es bei der Frage der

Kenntnis von Namen und Adresse des Erzeugers des Klägers um eine

innere Tatsache geht, auf die mangels typischen Ge- schehensablaufs

die Regeln des Anscheinsbeweises grundsätz- lich nicht anwendbar

sind (vgl. Stein-Jonas-Leipold, ZPO 20.Aufl., § 286 Rz. 117;

Zöller-Greger, ZPO, 18.Aufl., Rz. 31 vor § 284). Die Frage der

Kenntnis des Erzeugers steht hier im Zusammenhang mit einmaligen,

vom individuellen Be- reich geprägten Vorgängen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO (281 III ZPO), die

Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10,

713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren, zugleich Wert der

Beschwer für den Kläger: 4.000,-- DM