OLG Köln, Urteil vom 09.06.1993 - 11 U 245/92
Fundstelle
openJur 2012, 73837
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14. August 1992 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 477/91 - wird, soweit nicht der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, mit

der jetzt noch die Bewilligung der Eintragung einer

Grunddienstbarkeit bezüglich eines Fußweges bzw. hilfsweise die

Einräumung eines entsprechenden Notweges angestrebt wird, ist

unbegründet.

Es läßt sich nicht feststellen, daß das

Grundstück der Beklagten aus der Zeit vor dem 1. Januar 1900

zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstükkes 989/61 mit

einer Grunddienstbarkeit belastet ist, die gegebenenfalls gemäß

Artikel 187 EGBGB auch ohne eine Eintragung fortbestände.

Eine derartige Dienstbarkeit bleibt

nicht nur für die von dem Kläger angestrebte Breite eines Weges

zweifelhaft, sondern auch für die jetzt vorhandenen Ausmaße.

Selbst wenn, wie der Kläger behauptet

und meint beweisen zu können, der Weg schon seit langem über das

Grundstück der Beklagten verläuft, so folgt daraus noch nicht, daß

dem eine Dienstbarkeit zugrundeliegt. Ein Wegerecht, das nach dem

maßgeblichen Code Zivil eine nicht fortwährende Servitut ist

(Artikel 688 Abs. 3), bedarf zu seiner Begründung eines Titels

(Artikel 691 Abs. 1); die Inanspruchnahme des Grundstücks reicht

für sich allein nicht aus. Es sind ein Vertrag zwischen den

Eigentümern (Artikel 639) oder eine besondere Anerkennung von

seiten des Eigentümers des belasteten Grundstücks (Artikel 695)

erforderlich; diese Anerkennung ist ein einseitiger

rechtsgeschäftlicher Akt des Eigentümers (vgl. Dehner, Nachbarrecht

im Bundesgebiet, 6. Aufl., Seite 704).

Zutreffend hat schon das Landgericht

darauf hingewiesen, daß bei dem jedenfalls überwiegend auf dem

gegenüberliegenden Grundstück angelegten Weg aus dessen Verlauf

nicht entnommen werden kann, welche bestimmten Eigentümer ihn

begründet haben. Daß der Streifen auf dem Grundstück der Beklagten

an dem einen Ende 0,30 m und an dem anderen Ende 1,20 m breit ist,

deutet, wenn dieser Zustand schon vor 1900 vorhanden gewesen sein

sollte, eher auf einen mehr zufallsbedingten Richtungsverlauf

hin.

Es kommt hinzu, daß keines der

Wegerechte, die zu Lasten der am Weg liegenden Grundstücke

bestehen, in Anerkennung einer altrechtlichen Dienstbarkeit

eingetragen worden ist. Das gilt schon für den Vergleich von 1913

und ebenso für die Wegerechte, die zugunsten des früheren

Grundstücks des Klägers und des Grundstücks der Beklagten an dem

Flurstück 3780 der Frau B. bestehe (Grundbuch Bl. 5081). Entgegen

der Ansicht des Klägers ist zugunsten seiner früheren Flurstücke

keine Dienstbarkeit an den Flurstücken 2157 bis 2159 der Eheleute

Bl. eingetragen (Grundbuch Bl. 2362). Vor allem ist auch die Stadt

B. bei Abschluß des Kaufvertrages mit den Beklagten am 8. Oktober

1975 gerade nicht davon ausgegangen, es bestehe zugunsten der

Flurstücke des Klägers eine altrechtliche Dienstbarkeit. Sie hat

vielmehr Vereinbarungen getroffen, die zum Inhalt haben, daß unter

bestimmten Voraussetzungen eine Grunddienstbarkeit neu begründet

werden soll.

Der Klageanspruch kann aber auch nicht

mit Erfolg auf die Klausel im Vertrag vom 8. Oktober 1975 gestützt

werden, wonach die Beklagten verpflichtet sind, den sonstigen

Anliegern des Privatweges auf Verlangen der Verkäuferin an dem Weg

über das Kaufgrundstück ein dingliches Wegerecht einzuräumen,

sofern das erforderlich und noch nicht geschehen ist.

Allerdings hat die Stadt B. am 24. Juli

1991 ein derartiges Verlangen an die Beklagten gerichtet und hat

sie die sich hieraus ergebenden Ansprüche am 6. August 1992 an den

Kläger abgetreten. Da der Kläger die Rechte nicht seinerseits an

die jetzige Eigentümerin, die Firma O. GmbH, abgetreten hat, kann

er sie weiter geltend machen, ohne daß dazu § 265 ZPO herangezogen

werden müßte.

Die Erforderlichkeit, die nach dem

Vertrag Anspruchsvoraussetzung ist, kann jedoch nicht bejaht

werden. Das alte Gebäude, das auf dem Grundstück gestanden hat, ist

abgebrochen worden, und es ist zwischen den Parteien nicht

streitig, welche Bebauung nunmehr vorgesehen ist. Diese ist

vollkommen auf die Straße I. ausgerichtet. Es mag eine gewisse

Annehmlichkeit für den Erwerber des Hauses Nr. 6 bedeuten, wenn er

den Weg zur Straße St. benutzen kann. Eine Notwendigkeit besteht

aber nicht. Den Erwerbern der vorgesehenen Häuser 1 bis 5 käme ein

Fußweg ohnehin nur zugute, wenn über sämtliche neuen Pazellen ein

Fußweg geführt würde. Eine derartige Planung ist nicht

ersichtlich.

Erst recht besteht kein Bedürfnis für

einen Notweg (§ 917 BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§

91, 97 Abs. 1 und 91 a ZPO. Dem Kläger sind die Kosten auch

insoweit aufzuerlegen, als die Parteien den Rechtsstreit in der

Hauptsache für erledigt erklärt haben. Das entspricht dem Sach-

und Streitstand.

Der erste, auf den Vertrag vom 8.

Oktober 1975 gestützte Hilfsantrag des Klägers war bis August 1992

unbegründet, weil der Kläger nicht Inhaber eines etwaigen Anspruchs

war. Zutreffend hat das Landgericht dargelegt, daß die Stadt B. es

sich selbst vorbehalten hatte, das "Verlangen" auszusprechen.

Zur Zeit der Abtretung war der Anspruch

unbegründet, weil eine Grunddienstbarkeit nicht erforderlich war.

Der Abbruch des alten Hauses und die neue Bebauung waren schon in

absehbarer Zeit zu erwarten; der Verkauf des Grundstücks ist am 13.

August 1992 beurkundet worden.

Eine andere Beurteilung ist auch dann

nicht gerechtfertigt, wenn aufgrund eines früheren Verhaltens des

Beklagten ein Bedürfnis bestanden haben sollte, vorübergehend noch

die Benutzung des Weges sicherzustellen. Eine Grunddienstbarkeit

dient der langfristigen Absicherung. Die angestrebte Eintragung

sollte nach dem Stande vom August 1992 der Firma O. zugute

kommen.

Die Entscheidung über die vorläufige

Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Beschwer des Klägers: 8.000,00 DM.

Streitwert des Berufungsverfahrens bis

zum 12. Mai 1993: 20.000,00 DM.

Gebührenstreitwert des obigen Urteils:

zwischen 14.000,00 DM und 15.000,00 DM.

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