Wendet sich der Kläger gegen einen durch notarielle Urkunde geschaffenen Zahlungstitel, dem ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis zugrunde liegt, aus dem der Kläger die Unwirksamkeit des Titels herleitet, so ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Landgerichts Köln vom 14. Juli 1992 (5 O 101/91), mit dem der Rechtsstreit an das Verwaltungsge-richt verwiesen worden ist, wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
I.
Mit notariellem Schuldanerkenntnis vom
29.02.1984 unterwarf sich der aus U. stammende Kläger der
sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen wegen
eines Betrages von 16.750,00 DM zuzüglich Zinsen, den er am Tage
seiner erwarteten Einbürgerung an die Beklagte zahlen sollte. Die
Erklärung diente aus Sicht der Beklagten der Rückführung der
Ausbildungsbeihilfen, die der Kläger Mitte der 70er Jahre von der
Beklagten erhalten hatte, und war von ihr zur Voraussetzung für die
im Jahre 1987 erfolgte Einbürgerung des Klägers gemacht worden. Mit
Schreiben vom 13.03.1992 forderte die Beklagte den Kläger zur
Zahlung des o. g. Betrages bis zum 31.03.1992 auf und drohte die
zwangsweise Einziehung an.
Der Kläger hat darauf hin am 30.03.1992
beim Landgericht Vollstreckungsgegenklage erhoben und desweiteren
beantragt, die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig einzustellen. Er macht geltend, das von der Beklagten zur
Vorbedingung für seine Einbürgerung gemachte Schuldanerkenntnis
verstoße gegen das im öffentlichen Recht geltende Koppelungsverbot,
denn er habe einen unbedingten Anspruch auf Einbürgerung gehabt.
Das Schuldanerkenntnis sei deshalb nichtig.
Das Landgericht hat den ordentlichen
Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das
Verwaltungsgericht verwiesen. Es hat die Auffassung vertreten,
jedenfalls bei einem Titel der vorliegenden Art sei es nicht
gerechtfertigt, allein auf dessen Rechtsnatur ohne Rücksicht auf
seinen sachlichen Regelungsgehalt abzustellen. Die
Rückzahlungsverpflichtung des Klägers stehe im untrennbaren
Zusammenhang mit seiner Einbürgerung und sei deshalb nach
öffentlichem Recht zu beurteilen.
Gegen diesen ihm am 29.07.1992
zugestellten Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des
Klägers, die am 12.08.1992 bei Gericht eingegangen ist. Er ist der
Auffassung, bei der Entscheidung über den Rechtsweg sei zum einen
auf die zivilrechtliche Natur des Vollstreckungstitels und zum
anderen auch darauf abzustellen, daß der mit dem Titel geregelte
Anspruch, nämlich die Rückzahlungsverpflichtung, ebenfalls
Zivilrechtlicher Natur sei. Maßgeblich sei auch, daß sich die
Beklagte durch ihr Bestehen auf einem notariellen
Schuldanerkenntnis von den öffentlich- rechtlichen Beziehungen
losgelöst habe und einen neuen, privatrechtlichen Haftungsgrund
habe schaffen wollen.
II.
Die nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG in
Verbindung mit § 577 ZPO statthafte und fristgerecht eingelegte
sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der Senat
teilt die Auffassung des Landgerichts, daß der vorliegende
Rechtsstreit nach § 40 VWGO den Verwaltungsrechtsweg zuzuweisen
ist.
Nach der herrschenden, sogenannten
modifizierten Sonderrechtstheorie (vgl. Kopp, VWGEO, 9. Aufl. 1992,
Rn 11 zu § 40) liegt eine öffentlich- rechtliche Streitigkeit vor,
wenn aus der streitentscheidenden Norm allein ein Rechtsträger
öffentlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet wird. Bei Klagen
auf der Grundlage schuldrechtlicher Verträge erfolgt die Abgrenzung
nach dem Gegenstand und Zweck des Rechtsgeschäfts, d. h. danach, ob
die von den Beteiligten getroffene Regelung einen vom bürgerlichen
Recht oder vom öffentlichen Recht geordneten Sachbereich
betrifft.
Liegt dagegen ein Titel vor, wird
vertreten, daß sich der Rechtsweg für das Vollstreckungsverfahren
grundsätzlich nach der Rechtsnatur des Titels richtet, aus dem die
Zwangsvollstreckung betrieben wird, gleichgültig, ob der zu
vollstreckende Anspruch dem öffentlichen oder dem bürgerlichen
Recht zuzuordnen ist (so OVG Münster, NJW 84, 2484; VGH München,
NJW 83, 1992). Danach wäre gegen das vorliegende notarielle
Schuldanerkenntnis die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO i.
V. m. §§ 795, 794 Nr. 5 ZPO gegeben. Der Senat ist jedoch der
Auffassung, daß im vorliegenden Fall die rein formale Anknüpfung an
die Rechtsnatur des Titels nicht ausschlaggebend sein kann.
Bei dem vorliegenden Rechtsstreit geht
es im Kern um die materiell- rechtliche Frage, ob die Beklagte die
Einbürgerung des Klägers von der Abgabe eines auf Rückzahlung von
Ausbildungsbeihilfe gerichteten Schuldanerkenntnisses abhängig
machen durfte. Streitentscheidend ist dabei, ob das
Schuldanerkenntnis deshalb nichtig ist, weil der Kläger einen
Anspruch auf Einbürgerung nach den Vorschriften des Rechs- und
Staatsangehörigkeitsgesetzes gehabt haben könnte und die Beklagte
deswegen gegen das im § 56 VerwVG enthaltene Koppellungsverbot
verstoßen habe. Das notarielle Schuldanerkenntnis diente aus Sicht
der Parteien der Regelung der Einbürgerung des Klägers. Der BGH hat
im Urteil vom 10.12.1987 ausgesprochen, daß Ansprüche aus einem
Schuldanerkenntnis dem Verwaltungsrechtsweg zugewiesen sind, soweit
das Schuldanerkenntnis an die Stelle einer sonst möglichen Regelung
druch Verwaltungsakt getreten ist (BGHZ 102, 343). Diese
Entscheidung betraf indes eine unmittelbar auf dem (nicht notariell
beurkundeten) Schuldanerkenntnis beruhende Zahlungsklage, während
es vorliegend um die Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einem
zivilrechtlichen Titel in Form einer notariellen Urkunde geht. In
dieser Konstellation hat der BGH - soweit ersichtlich - die
Rechtswegfrage bisher noch nicht entschieden. Das Kriterium der
Sachnähe, auf das der GBH (a.a.O.) abgestellt hat, greife jedoch
auch im vorliegenden Fall durch. Dabei wird nicht verkannt, daß in
den Fällen der Vollstreckungsabwehrklage gegen die
Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde die rein formale
Anknüpfung an den Titel eine einfache Lösung der Rechtswegfrage
wäre. Gleichwohl vermag der Senat dieser Auffassung für den
vorliegenden Fall nicht zu folgen. Denn die
Vollstreckungsabwehrklage unterscheidet sich von den übrigen
vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln
maßgeblich dadurch, daß materiell- rechtliche Einwendungen
ausdrücklich zugelassen werden. Diese Klageart steht damit dem
Erkenntnisverfahren sehr nahe, sie stellt praktisch die Fortsetzung
des Erkenntnisverfahrens dar. Dem trägt die Zivilprozeßordnung
Rechnung, in dem sie nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das
Prozeßgericht für zuständig erklärt (§ 767 Abs. 1 ZPO). Das
Prozeßgericht gilt somit von Gesetzeswegen als dasjenige Gericht,
das die größere Sachnähe besitzt und deshalb zur Entscheidung über
die materiellen Einwendungen gegenüber dem titulierten Anspruch
berufen ist. Der Sachnähe kommt bei der Abgrenzung der Rechtswege
besondere Bedeutung zu (BGH a. a. O., Seite 347). Die größere
Sachnähe und nicht die abstrakte Natur des Titels sollte nach
Auffassung des Senats auch für den Rechtsweg der
Vollstreckungsabwehrklage gegenüber der Zwangsvollstreckung aus
notariellen Urkunden maßgeblich sein. Da sich der vorliegende
Rechtsstreit - wie dargestellt - in seinem Kern an öffentlich-
rechtlichen Normen entscheiden wird, hält der Senat deshalb mit dem
Landgericht die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für
gegeben.
Damit ist dem Beschwerdeführer entgegen
dessen Ansicht die Möglichkeit einer Abwehr der
Zwangsvollstreckung nicht genommen. Er kann sich mit der
Feststellungsklage auch im Verwaltungsrechtsweg gegen die
Zwangsvollstreckung wehren und ggfs. auch dort vorläufigen
Rechtsschutz bewirken.
Ob der Senat unabhängig von der Frage
des Rechtsweges in Anwendung von § 769 ZPO jetzt schon eine
Entscheidung über eine vorläufig Einstellung der
Zwangsvollstreckung treffen könnte, kann offenbleiben, weil
zumindest seit Erhebung der Vollstrekkungsgegenklage keine
Anhaltspunkte mehr dafür bestehen, daß dem Kläger konkrete
Vollstreckungsmaß-nahmen drohen.
Die sofortige Beschwerde war deshalb
mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Der Senat hat die weitere Beschwerde
nach § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG zugelassen, weil die hier zur
Entscheidung stehende Frage des Rechtsweges von grundsätzlicher
Bedeutung erscheint. Diese Zulassung der weiteren Beschwerde ist
nicht an eine neue Beschwer im Sinne von § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO
gebunden, denn § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG stellt eine spezielle
Regelung für die Zulassung dar, (vgl. Zöller-Gummer, § 17 a GVG, Rn
16; Thomas/Putzo, § 17 a GVG Anm. 5 b). Der nicht näher begründeten
anderweitigen Auffassung (Baumbach/Lauterbach/Albert/Hartmann, §
17 a GVG, Anm. Cb) folgt der Senat nicht.
Beschwerdewert: 16.750,00 DM