AG Schleswig, Beschluss vom 23.06.2008 - 4 XVI W 15/06
Fundstelle
openJur 2012, 72057
  • Rkr:
Tenor

In dem Adoptionsverfahren betreffend ...

wird der Antrag der Antragstellerin, die am 05.10.2005 durch den Obersten Gerichtshof von Kenia in Bungoma ergangene Adoptionsentscheidung nach dem Adoptionswirkungsgesetz in Deutschland anzuerkennen, zurückgewiesen.

Gründe

Die Antragstellerin hat einen Beschluss des Obersten Gerichtshofes von Kenia in Bungoma vom 05.10.2005 (Aktenzeichen Nr. 256/2005), nach der sie die Genehmigung erhält, das minderjährige Kind J S W zu adoptieren, vorgelegt mit dem Antrag, diese Entscheidung nach dem Adoptionswirkungsgesetz in Deutschland anzuerkennen.

Die Republik Kenia ist dem Haager Adoptionsübereinkommen vom 29.05.1993 am 12.02.2007 beigetreten; in Kraft getreten ist das Übereinkommen in Kenia am 01.06.2007. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Kenia war das Haager Adoptionsübereinkommen noch nicht in Kraft getreten, so dass eine vereinfachte Anerkennung nach dem Übereinkommen nicht in Betracht kommt.

Gemäß § 16 a FGG war daher zu prüfen, ob Ausschlussgründe einer Anerkennung der Entscheidung entgegenstehen.

Die Antragstellerin ist kenianische Staatsangehörige. Sie lebt seit vielen Jahren in Deutschland. Seit 1984 ist sie mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Die Eheleute W besitzen in Kenia ein Haus.

Bei einem Besuch ihrer Schwester in Kenia hat die Antragstellerin im Wald zwei Kinder im Alter von ca. 3 Wochen gefunden. Die herbeigerufene Polizei in Kimilili/Kenia hat diese Zwillinge der Antragstellerin und ihrer Schwester in Obhut gegeben. Ein Zwilling ist nach kurzer Zeit verstorben. Die Antragstellerin ist jeweils über längere Zeiträume in Kenia gewesen und hat das zweite Kind dort betreut. Während sie sich in Deutschland aufgehalten hat, ist das Kind von ihrer Schwester betreut worden. Die leiblichen Eltern der Kinder haben nicht ausfindig gemacht werden können. Die Antragstellerin hat sich daraufhin entschlossen, das überlebende Kind zu adoptieren.

Durch die Entscheidung vom 05.10.2005 ist der Antragstellerin erlaubt worden, das Kind zu adoptieren.

Maßgebendes Kriterium einer Adoption nach deutschem Recht ist das Wohl des zu adoptierenden Kindes. Bei der in Kenia getroffenen Entscheidung hat nach unseren Maßstäben keine ausreichende am Kindeswohl orientierte Prüfung stattgefunden. Die Anerkennung der kenianischen Entscheidung würde danach zu einem Ergebnis führen, das mit den wesentlichen Grundsätzen des Deutschen Adoptionsrechts nicht vereinbar wäre.

Die Antragstellerin hat angegeben, dass sie in ihrem Haus in Kenia zweimal Besuch einer Mitarbeiterin des dortigen Jugendamtes hatte, die mit ihr über das Kind gesprochen hat.

Die Antragstellerin hat weiter angegeben, dass den kenianischen Behörden bekannt war, dass sie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und mit ihrem Mann in Deutschland lebt.

Nach dem neuen Kindschaftsrecht, das in Kenia am 01.03.2002 in Kraft getreten ist, verlangt das kenianische Gericht nicht nur die Beibringung eines Sozialberichtes aus dem Heimatland der Adoptiveltern, sondern darüber hinaus auch einen Bericht einer zugelassenen Adoptionsvermittlungsagentur. Vor der Adoptionsentscheidung ist ein Sozialbericht in Deutschland nicht erstellt worden. Es ergibt sich auch keinen Hinweis auf die Einschaltung einer Adoptionsvermittlungsstelle.

Auch wenn der Ehemann der Antragstellerin, wie die Antragstellerin angibt, vor der Entscheidung in Kenia seine Zustimmung zur Adoption durch seine Ehefrau erteilt hat, bestehen danach Zweifel an einer ausreichenden Kindeswohlprüfung.

Grundsätzlich kann auch eine nachträglich erfolgte Prüfung der Elterneignung und des Kindeswohls für die Adoption zur Anerkennungsfähigkeit führen. Aber auch der nachträglich eingeholte Bericht des Jugendamtes des Kreises Segeberg sieht die Antragstellerin und ihren Ehemann als nicht geeignet für die Adoption eines jetzt 4-jährigen Kindes an.

Die Antragstellerin ist 55 Jahre alt, ihr Ehemann 64 Jahre; er befindet sich im Vorruhestand.

Die Eheleute W haben keinerlei Erfahrung in der Erziehung von Kindern. Der Ehemann der Antragstellerin hat das Kind bisher persönlich nicht kennengelernt; nach eigenen Angaben kennt er es nur von Bildern, da er aus Kostengründen schon längere Zeit nicht mehr in Kenia gewesen sei.

Nach den bisherigen Planungen der Antragstellerin und ihres Mannes soll das Adoptivkind die Grundschule in Deutschland besuchen, die höhere Schule in Kenia. Wie das Kind in Kenia betreut werden soll, darüber haben sich die Eheleute W noch keine Gedanken gemacht. Wie sich auch aus dem Bericht des Jugendamtes ergibt, haben sich die Eheleute W kaum Gedanken über den täglichen Umgang mit dem Kind in Deutschland gemacht.

Es bestehen danach weiter erhebliche Zweifel an der Eignung der Antragstellerin und ihres Ehemannes als Eltern für das Kind.

Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin, wie sie angibt, alles getan hat, was im Rahmen des Verfahrens in Kenia von ihr erwartet worden ist, und es ihr Wunsch ist, gemeinsam mit dem Kind jetzt mit ihrem Ehemann als Familie in Deutschland zu leben, reicht für die Anerkennungsfähigkeit nach Artikel 16 a FGG nicht aus.

Dem Antrag konnte daher nicht entsprochen werden.

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