KG, Beschluss vom 13.06.2012 - 5 W 102/12
Fundstelle
openJur 2012, 69325
  • Rkr:

Die Berechnung der Gebühr für die Eintragung einer Sicherungshypothek in das Grundbuch nach dem Nennbetrag der Schuld gemäß § 23 Abs. 2 KostO ist mit der Verfassung auch dann vereinbar, wenn der Wert des Grundstückes deutlich unterhalb des Nennbetrags der Schuld liegt.

Tenor

Die Beschwerde des Kostenschuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mitte (Grundbuchamt) vom 23. April 2012 - 144 WI-7142-20 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die von dem Kostenschuldner gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO i.V.m. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG zulässig eingelegte Beschwerde ist nicht begründet, § 3 Nr. 4, § 62 Abs. 1, § 32 Abs. 2, § 23 Abs. 2 Halbsatz 1 KostO.

1.

Die in Rechnung gestellte Gebühr ist mit der Bestellung der Sicherungshypothek entstanden, § 62 Abs. 1, § 32 Abs. 2 KostO. Sie ist - den zu Grunde gelegten Geschäftswert als richtig unterstellt - der Höhe nach auch zutreffend berechnet worden. Der Kostenschuldner haftet für die Kostenforderung gemäß § 3 Nr. 4 KostO, denn er ist ein für die Kosten der Vollstreckung Verpflichteter. Einwendungen hierzu werden nicht erhoben.

2.

Der zu Grunde gelegte Geschäftswert in Höhe von 3.145.929,11 € ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Er entspricht dem Nennbetrag der eingetragenen Sicherungshypothek. Dieser Wert ist gemäß § 23 Abs. 2 Halbsatz 1 KostO allein maßgeblich. Anders als in § 23 Abs. 1, Abs. 2 Halbsatz 2 KostO kommt es nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bei der Bestellung eines Grundpfandrechts gerade nicht auf einen etwaigen geringeren Wert des Grundstücks an.

3.

Die Anknüpfung der Höhe der Gebühr allein an den Nennbetrag des bestellten Grundpfandrechts verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

a)

Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit der Frage der Vereinbarkeit von Wertgebühren mit dem Grundgesetz beschäftigt (vgl. BVerfGE 50, 117, 225 ff; 80, 103, 106 f; 85, 337, 346 f; 97, 332, 334 ff; NJW 1999, 3550, juris Rn. 16 ff; NJW-RR 2000, 946, juris Rn. 15 ff; vgl. auch BayObLG, Rpfleger 2001, 269, juris Rn. 12 ff; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 235, juris Rn. 8 ff). Nach den hierzu entwickelten Grundsätzen muss eine Verknüpfung zwischen der Gebühr und den Kosten der öffentlichen Leistung bestehen mit dem Zweck, die Kosten ganz oder teilweise zu decken; die Gebühr darf diese Kosten jedoch übersteigen oder unterschreiten (BVerfGE 50, 217, 226) und neben der Deckung der anfallenden Kosten auch andere Ziele verfolgen (BVerfG, NJW 1999, 3550, juris Rn. 17). In diesem Zusammenhang darf der Gesetzgeber auch dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners Bedeutung zumessen, um dem verfassungsrechtlich abgesicherten Sozialstaatsprinzip und dem Justizgewährungsanspruch Rechnung zu tragen (BVerfGE 80, 103, 107). Aus der Zweckbindung der Gebühr ergibt sich keine verfassungsrechtlich begründete Begrenzung der Gebührenhöhe durch die tatsächlichen Kosten einer staatlichen Leistung; das Kostendeckungsprinzip und ähnliche gebührenrechtliche Prinzipien sind keine Grundsätze mit verfassungsrechtlichem Rang (BVerfG, NJW-RR 2000, 946, juris Rn. 17). Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist nur dann überschritten, wenn die Gebühr völlig unabhängig von der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt wird und kein vernünftiger Gesichtspunkt vorhanden ist, unter dem die Verknüpfung von Gebühr und Leistung sachgerecht erscheint (BVerfGE 50, 217, 227).

b)

Das OLG Zweibrücken hat in der Berechnung der Gebühr für die Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch mit einem Geschäftswert nach dem Nennbetrag der Schuld weder einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gesehen, mithin § 23 Abs. 2 Halbsatz 1 KostO als verfassungsgemäß angesehen (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 235, juris Rn. 7 ff; ebenso Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage, § 23 KostO Rn. 9; Korintenberg/Schwarz, KostO, 18. Auflage, § 23 Rn. 10; Rohs/Wedener, KostO, § 23 Rn. 1; Filzek, KostO, 4. Auflage, § 23 Rn. 1).

Im Ausgangspunkt zutreffend verweist der Kostenschuldner allerdings darauf, dass die vorgenannte Entscheidung des OLG Zweibrücken sich näher nur mit dem Bezug zwischen dem die Höhe der Gebühr bestimmenden Geschäftswert und dem für die Eintragung anfallenden Aufwand des Grundbuchamtes befasst (OLG Zweibrücken, a.a.O., juris Rn. 9). Vorliegend hat der Kostenschuldner den Umstand beanstandet, dass allein der Nennbetrag der Schuld zur Wertfestsetzung herangezogen wird und nicht auch ein etwaig niedriger Wert des Sicherungsgegenstandes (hier des Grundstücks), wie Letzteres etwa für bewegliche Sachen als Sicherungsgut nach § 23 Abs. 1 KostO gilt. Hierzu verhält sich die Entscheidung des OLG Zweibrücken nicht.

c)

Von der Bindung des Geschäftswertes für die Eintragung eines Grundpfandrechts an einen geringeren Wert des Grundstücks ist der Gesetzgeber 1957 ausdrücklich abgegangen. Hintergrund waren die häufigen Fälle, in denen durch eine nachfolgende Bebauung der Wert des Grundstücks kurzfristig in den Wert des Nennbetrages des Grundpfandrechts hinein wuchs (vgl. amtliche Begründung bei Rohs/Wedener, a.a.O., § 23 Rn. 1; Filzek, a.a.O., § 23 Rn. 1). Es ist dann ohne weiteres sachgerecht, angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung für die Beteiligten und die Verantwortung des Grundbuchamtes allein auf den Nennbetrag des Grundpfandrechtes abzustellen.

Bei der Bestellung eines Grundpfandrechtes für ein bereits bebautes Grundstück (etwa zur Absicherung eines restlichen Kaufpreises) wird typischerweise eine hinreichende wertmäßige Beziehung zwischen dem Wert des Grundstücks und den Nennbetrag des Grundpfandrechts bestehen. Denn regelmäßig wird der Kaufpreis dem Wert des Grundstücks entsprechen.

Wenn sonstige Forderungen mit einem Grundpfandrecht gesichert werden sollen, kann zwar eine solche wertmäßige Entsprechung nicht ohne weiteres erwartet werden. Derartige Sicherungsgeschäfte liegen aber schon eher außerhalb des typischen Bereichs der Bestellung von Grundpfandrechten, die regelmäßig der Absicherung eines Baudarlehens oder einer Restkaufpreisforderung dienen. Grundsätzlich genügt es, wenn pauschalierende Gebühren in ihrem typischen Anwendungsbereich angemessen sind.

Unabhängig davon entspricht es einem berechtigten Sicherungsinteressen eines Gläubigers, das Grundpfandrecht in Höhe der Schuld und nicht allein in Höhe des Grundstückswertes zu bestellen. Abgesehen von den Unwägbarkeiten der Berechnung des Grundstückswertes unterliegt dieser Wert (regelmäßig anders als der Wert einer beweglichen Sache) vielfältigen Möglichkeiten einer Werterhöhung. So kann bei Bestellung des Grundpfandrechts oft nicht sicher abgesehen werden, inwieweit zukünftig Wert erhöhende Ausbaumaßnahmen ergriffen oder auch nur Modernisierungen oder Reparaturen durchgeführt werden. Darüber hinaus kann der Grundstückswert allein infolge einer Geldentwertung erheblich ansteigen. Dementsprechend wird auch die wirtschaftliche Bedeutung der (oftmals einen längeren Zeitraum überdauernden) Grundschuldbestellung für die Parteien und die Verantwortung des Grundbuchamtes mit dem Ablauf der Zeit häufig erheblich ansteigen. Dies legt es nahe, den daran orientierten Geschäftswert auf den Nennbetrag der Schuld zu beziehen und nicht auch auf den aktuellen Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Bestellung des Grundpfandrechts. Dabei kann auch regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Gläubiger - als Kostenschuldner nach § 2 Nr. 1 KostO - im eigenen Kosteninteresse ein gewisses Verhältnis zwischen Grundstückswert und Nennbetrag des Grundpfandrechts wahren wird. Dies gilt umso mehr bei der Eintragung eines Grundpfandrechts im Wege der Zwangsvollstreckung, wenn mit einer unzureichenden persönlichen Leistungsfähigkeit des Vollstreckungsschuldners gerechnet werden muss. Soweit im Einzelfall ein Gläubiger hierauf keine Rücksicht nehmen sollte, kann dies angesichts des pauschalierenden Charakters der Gebühr und im Interesse einer einfachen und klaren Gebührenerhebung hingenommen werden. Selbst in derartigen Ausnahmefällen bleibt der Schuldner nicht schutzlos. Denn § 32 Abs. 2 KostO sieht eine starke Degression bei ansteigenden Geschäftswerten vor und setzt damit einer Überforderung des Kostenschuldners Grenzen.

III.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 14 Abs. 9 KostO.

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