VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.1994 - 7 S 2632/93
Fundstelle
openJur 2013, 9175
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1. Der nach § 34 SGB-VIII (SGB 8) bestellte Betreuer ist nach § 38 Abs 1 Nr 3 SGB-VIII (SGB 8) berechtigt, den Personensorgeberechtigten bei Widersprüchen gegen die Versagung - weiterer - Betreuungspauschale im Sinne von § 39 Abs 3 S 1 SGB-VIII (SGB 8) F. 1990 zu vertreten.

2. Die Betreuungspauschale im Sinne von § 39 Abs 3 S 1 SGB-VIII (SGB 8) F 1990 bildet einen Annex zu der gemäß § 27 Abs 1 SGB-VIII (SGB 8) bewilligten Hilfe zur Erziehung und hängt von deren Bestand ab. Nach bestandskräftiger Versagung - weiterer - Hilfe zur Erziehung besteht deshalb auch kein Anspruch auf Betreuungspauschale mehr.

3. Allein der Personensorgeberechtigte ist Inhaber des aus § 27 Abs 1 SGB-VIII (SGB 8) folgenden Anspruchs auf Hilfe zur Erziehung (ebenso Beschluß des Senats vom 04.08.1992 - 7 S 1364/92 -). § 38 SGB-VIII (SGB 8) ermöglicht der Betreuungsperson eine Vertretung in der Ausübung der elterlichen Sorge grundsätzlich nur bei Alltagsgeschäften einschließlich der dem Unterhalt dienenden Sozialleistungen. Dazu gehört nicht die Fortsetzung oder Einstellung von Hilfe zur Erziehung für den Jugendlichen.

4. Es bleibt offen, ob der Jugendliche oder der Betreuer zur Geltendmachung von Betreuungskosten befugt ist.

5. Der Anspruch auf Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB-VIII (SGB 8) hat eine andere Zielrichtung und einen anderen Rechtscharakter als der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs 1 SGB-VIII (SGB 8). Deshalb bedarf es für eine weitere Hilfe nach Vollendung des 18. Lebensjahres einer eigenen Antragstellung durch den jungen Volljährigen selbst.

6. Auch im Jugendhilferecht ist ein sog Herstellungsanspruch nicht anzuerkennen.

Tatbestand

Der 1974 geborene Kläger ist das zweitälteste von sechs Kindern, die aus der 1988 geschiedenen Ehe seiner Eltern stammen. Das Personensorgerecht für den Kläger wurde dem Vater übertragen, welcher am 25.1.1990 beim Beklagten Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 5, 6 JWG für den Kläger stellte. Diese wurde ohne weiteren Bescheid aufgrund einer Entscheidung vom 23.2.1990 ab dem 3.3.1990 durch Übernahme von Kosten durch den Beklagten gewährt. Der Kläger nahm ab 1.6.1990 ein Zimmer im Hause des Herrn B. in Schorndorf, der sich des Klägers persönlich annahm. Mit Bescheid vom 28.12.1990 bewilligte der Beklagte Herrn B. ab 1.6.1990 bis zunächst 31.7.1991 für seinen Betreuungsaufwand eine Betreuungspauschale von monatlich 1.305,-- DM, welche durch formlose Mitteilung vom 25.1.1991 ab 1.1.1991 auf 1.351,-- DM erhöht wurde. Daneben wurden dem Kläger für den Monat Juni 1990 900,-- DM, von Juli 1990 bis April 1991 931,50 DM und von Mai bis Juli 1991 708,-- DM - jeweils monatlich - zum Lebensunterhalt und zu den Unterkunftskosten geleistet.

Mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 28.6.1991 hob der Beklagte mit Ablauf des Monats Juli 1991 die seit dem 1.6.1990 "durch eigenständiges Wohnen und intensive Einzelbetreuung im Haushalt des Herrn B." gewährte Hilfe zur Erziehung auf. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Kläger sei nicht bereit, am Erfolg der auf Ausgleich vorhandener erzieherischer Defizite und Absolvierung einer seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten entsprechenden Schul- oder Berufsausbildung mitzuwirken. Die Hilfe zur Erziehung könne kein sorgloses Leben finanzieren, ihre Weiterführung sei zur Sicherstellung des Lebensunterhalts allein nicht erforderlich, weshalb sie aufzuheben sei. Dieser Bescheid wurde unter dem 1.7.1991 auch dem Vater des Klägers zur Kenntnisnahme übermittelt, wobei eine Rechtsmittelbelehrung angeschlossen war.

Mit am 31.7.1991 beim Kreisjugendamt des Beklagten eingegangenem Schreiben vom 30.7.1991 legte Herr B. gegen den Aufhebungsbescheid vom 28.6.1991 Widerspruch ein, "da dazu nicht in der Lage ist". Hierauf teilte ihm der Beklagte mit Schreiben vom 6.8.1991 mit, sein Widerspruch greife nicht, da er weder gesetzlicher Vertreter noch Bevollmächtigter des Klägers und auch kein Verfahrensbeteiligter sei.

Am 22.11.1991 beantragte der frühere prozeßbevollmächtigte des Klägers, über den von Herrn B. eingelegten Widerspruch zu entscheiden; hilfsweise legte er erneut Widerspruch ein und beantragte für den Kläger hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Es liege auf der Hand, daß Herr B. einerseits für sich, andererseits für den Kläger habe Widerspruch einlegen wollen. Der Beklagte habe Herrn B. bisher immer als Bevollmächtigten und Vertreter des Klägers angesehen. Die Aufhebung der Maßnahme sei auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Der fachärztlich bestätigten und gut anlaufenden Einbindung und Stabilisierung des Klägers werde der Boden entzogen.

Am 20.12.1991 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Untätigkeitsklage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 28.6.1991 aufzuheben und denBeklagten zu verpflichten, für die Zeit vom 1.8.1991 bis zum17.2.1992 eine monatliche Betreuungspauschale in Höhe von1.351,-- DM an den Kläger zu Händen von Herrn B. zu gewähren,und ferner den Beklagten zu verpflichten, für die Zeitvom 18.2.1992 bis 26.8.1993 eine monatliche Betreuungspauschalevon 1.545,-- DM dem Kläger zu Händen von Herrn B. zugewähren.Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und geltend gemacht, Herr B. sei immer nur als Betreuer des Klägers informiert worden, ohne dessen Bevollmächtigter zu sein. Damit sei innerhalb der Widerspruchsfrist kein Widerspruch eingegangen und der Bescheid vom 1.7.1991 gegenüber dem gesetzlichen Vertreter des Klägers bestandskräftig geworden. Eine Wiedereinsetzung scheide aus, weil der gesetzliche Vertreter des Klägers nicht gehindert gewesen sei, fristgerecht Widerspruch einzulegen. In der Sache wurde geltend gemacht, der Kläger habe sich sämtlichen Betreuungsmaßnahmen entzogen und sei mit Mitteln der Hilfe zur Erziehung nicht mehr zu erreichen; gegen seinen Willen zur Mitwirkung bestehe nicht einmal geringe Erfolgsaussicht für Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung. Die Sicherstellung seines Lebensunterhalts erfolge im Rahmen der Hilfegewährung nach dem BSHG.

Das Verwaltungsgericht hat Herrn B. als Zeugen gehört und die Klage mit Urteil vom 26.8.1993 abgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Zeitraums vom 1.8.1991 bis zum 17.2.1992, in dem der Kläger noch minderjährig gewesen war, sei die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe durch Herrn B., der mit Schreiben vom 30.7.1991 ersichtlich im Namen des Klägers gehandelt habe, rechtzeitig Widerspruch eingelegt. Jedoch stehe dem Kläger selbst kein Hilfeanspruch zu. Nach § 27 Abs. 1 des am 1.1.1991 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendhilfegesetzes sei dessen Inhaber der Personensorgeberechtigte, hier der Vaters des Klägers. Da dieser den an ihn gerichteten Bescheid vom 1.7.1991 habe bestandskräftig werden lassen, stehe fest, daß dieser gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung für den Kläger habe; dann könne schon deshalb keine Betreuungspauschale als bloße Annexleistung mehr gewährt werden. Außerdem sei der Kläger hinsichtlich der Betreuungspauschale nicht aktivlegitimiert, da sie nicht seinen eigenen Rechtskreis zum Inhalt habe. Es könne dahinstehen, ob Inhaber eines etwaigen Anspruchs auf Betreuungspauschale der Vater als Personensorgeberechtigter oder Herr B. als Betreuer sei. Hinsichtlich des Zeitraums von 18.2.1991 bis 26.8.1993 sei die Klage unzulässig. Insoweit erstrebe der Kläger Hilfe für junge Volljährige nach § 41 KJHG. Dafür habe er jedoch weder einen Antrag beim Beklagten gestellt noch habe der Beklagte hierzu bisher eine Entscheidung getroffen.

Gegen das ihm am 14.9.1993 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.10.1993 Berufung eingelegt. Er hat vorgetragen, aus den Formulierungen im Bescheid vom 28.6.1991 sei klar erkennbar, daß der Beklagte den Kläger selbst als Anspruchsinhaber aus § 27 KJHG und den Rechtskreis des Vaters als nicht betroffen angesehen habe. § 27 KJHG müsse entgegen seinem Wortlaut dahin verstanden werden, daß dem Minderjährigen "über den Personensorgeberechtigten" ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung eingeräumt werde; das gelte dann auch für die Betreuungspauschale als Annexleistung. Der Bescheid vom 28.6.1991 sei nicht bestandskräftig geworden, denn jedenfalls sei der vom Kläger eingelegte Widerspruch dahin auszulegen, daß er als vollmachtloser Vertreter für seinen Vater gehandelt habe; spätestens durch die Erteilung der Prozeßvollmacht vom 29.1.1992 habe dieser den Mangel der Vertretungsmacht geheilt. Für die Zeit ab 18.2.1992 werde der inhaltlich gleiche Anspruch wie für die davor liegende Zeit verfolgt, weshalb der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Kläger zu unverzüglicher Antragstellung auf Hilfe für junge Volljährige zu veranlassen bzw. die Weiterverfolgung des Klageziels als entsprechende Antragstellung zu werten. Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantragzu erkennen.Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

Dem Senat liegen 1 Heft Akten des Beklagten sowie die Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (12 K 3605/91) vor.

Gründe

Diese Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluß. Der Senat hält die zulässige Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich (vgl. § 130a VwGO). Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, daß der Kläger weder für den Zeitraum bis zur Erlangung der Volljährigkeit am 18.2.1992 (1) noch für den anschließenden Zeitraum (2) die Verpflichtung des Beklagten zu den begehrten Hilfeleistungen verlangen kann.

1. Die auf Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Betreuungskosten in der Zeit zwischen dem 1.8.1991 und dem 17.2.1992 gerichtete Klage ist zulässig (1.1), aber nicht begründet (1.2).

1.1. Der Kläger hat gegen die im Bescheid vom 28.6.1991 erfolgte Versagung der hier streitgegenständlichen weiteren Betreuungspauschale fristgerecht Widerspruch eingelegt. Er hat den Widerspruch allerdings nicht selbst eingelegt. Der Kläger wurde aber von Herrn B. vertreten. Wenn dieser im Schreiben vom 30.7.1991 ausgeführt hat,

"da nicht dazu in der Lage ist, erhebe ichhiermit Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom28.06.1991"folgt daraus, daß Herr B. diesen Widerspruch für den Kläger eingelegt hat. Und ungeachtet dessen, daß der Kläger diese Widerspruchseinlegung jedenfalls mit der nach Erlangung der Volljährigkeit weitergeführten Klage konkludent genehmigt hat, war Herr B. als der vom Beklagten durch den Bescheid vom 28.12.1990 nach § 34 SGB-VIII (in der bis zum 31.3.1993 geltenden Fassung vom 26.6.1990, BGBl. I S. 1163) - a.F. - bestellte Betreuer jedenfalls gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 SGB-VIII a.F. berechtigt, den Personensorgeberechtigten insoweit zu vertreten. Bei dem Widerspruch gegen die streitgegenständliche Einstellung der Betreuungspauschale geht es nämlich um eine Sozialleistung für den Kläger. Das verleiht dem Betreuer die vertretungsweise Befugnis zur Ausübung der elterlichen Sorge. Da der Kläger damals noch minderjährig war, konnte ihn Herr B. anstelle des personensorgeberechtigten Vaters hinsichtlich der Widerspruchseinlegung wirksam vertreten.

Der Widerspruch ist auch fristgemäß eingelegt worden. Der Bescheid vom 28.6.1991 kann gemäß § 37 Abs. 2 SGB-X als frühestens am 1.7.1991 zugegangen gelten, sodaß der am 31.7.1991 eingegangene Widerspruch die Monatsfrist wahrt. Damit hat der Kläger gegen die streitgegenständliche Einstellung der Betreuungspauschale wirksam Widerspruch eingelegt. Da sich der Beklagte geweigert hat, über diesen Widerspruch zu entscheiden, ist die am 20.12.1991 erhobene Klage gemäß § 75 VwGO zulässig.

1.2. Allerdings ist die Klage unbegründet. Dem Vater des Klägers gegenüber ist durch den Bescheid vom 1.7.1991 - weitere - Hilfe zur Erziehung für den Kläger bestandskräftig versagt worden. Da die hier maßgebliche Betreuungspauschale einen Annex zu der gemäß § 27 Abs. 1 SGB-VIII a.F. bewilligten Hilfe zur Erziehung bildet (vgl. hierzu Reg.Begr., BT-Drucks. 11/5948 zu § 38 Abs. 1 des Entwurfs; Schellhorn/Wienand, Ktr., Anm. 1 und 3 zu § 39 SGB- VIII; Jans/Happe/Saurbier, Ktr., Anm. 2 zu § 39 SGB-VIII), hängt sie von deren Bestand ab. Deshalb kann nach bestandskräftiger Versagung - weiterer - Hilfe zur Erziehung folgerichtig auch kein Anspruch auf Betreuungspauschale mehr bestehen.

Die in dem an den Vater des Klägers gerichteten Bescheid vom 1.7.1991 enthaltene Versagung weiterer Hilfe zur Erziehung für den Kläger ist bestandskräftig geworden, weil weder der Vater des Klägers selbst noch der Kläger oder Herr B. namens des Vaters des Klägers innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides Widerspruch eingelegt haben. Zwar richtet sich das von Herrn B. gefertigte Widerspruchsschreiben vom 30.7.1991 ohne Einschränkungen gegen den Bescheid vom 28.6.1991 insgesamt, damit auch gegen die darin vorrangig erfolgte Versagung weiterer Hilfe zur Erziehung. Jedoch wird aus dem Widerspruchsschreiben nicht erkennbar, daß der Rechtsbehelf nicht nur für den Kläger, sondern zugleich auch für seinen Vater eingelegt sein soll. Das wäre aber erforderlich gewesen, nachdem die Hilfe zur Erziehung auf den Antrag des Vaters hin geleistet worden ist und dieser allein als Inhaber des Personensorgerechts Berechtigter des aus § 27 Abs. 1 SGB-VIII a.F. folgenden Anspruchs auf Hilfe zur Erziehung für seinen Sohn ist (vgl. Beschluß des Senats vom 4.8.1992 - 7 S 1364/92 - mwN.). Ob der Beklagte bei Abfassung des Bescheides vom 28.6.1991 den Kläger selbst als Anspruchsinhaber aus § 27 SGB-VIII a.F. angesehen hat, ist jedenfalls angesichts der gesonderten Bescheidabfassung vom 1.7.1991 an den Vater des Klägers, dessen Empfang dieser auch nicht mehr in Abrede stellt, ohne Belang. Und anders als hinsichtlich der Geltendmachung von sonstigen Sozialleistungen für das Kind gibt die bereits angesprochene Regelung in § 38 Abs. 1 Nr. 3 SGB-VIII a.F. Herrn B. keine Befugnis, den Vater des Klägers bei der Geltendmachung der Hilfe zur Erziehung des Klägers zu vertreten. Denn diese Regelung ist auf Sozialleistungsansprüche des Kindes selbst beschränkt, erfaßt also nicht den dem Personensorgeberechtigten zustehenden grundsätzlichen Anspruch auf die Hilfe zur Erziehung für das Kind. Der Betreuungsperson wird durch § 38 SGB-VIII a.F. eine Vertretung in der Ausübung der elterlichen Sorge nur bei Alltagsgeschäften einschließlich der dem Unterhalt dienenden Sozialleistungen oder allgemein bei Gefahr im Verzuge ermöglicht; in allen den Lebensweg betreffenden Grundsatzangelegenheiten besteht dagegen keine Entscheidungsbefugnis der Betreuungsperson (so Krug-Grüner-Dalichau, Kinder- und Jugendhilferecht, Ktr., II 1 zu § 38; und Münder u.a., Frankfurter Lehr- und Praxis-Kommentar zum KJHG, Anm. 10 zu § 38). Angesichts der für den Vater des Klägers laufenden Monatsfrist für die Einlegung eines Widerspruchs kann von Gefahr im Verzuge keine Rede sein. Und die Entscheidung über die Fortführung oder Einstellung von Hilfe zur Erziehung für den Kläger ist d i e grundsätzliche Frage. Von ihr hängen nicht nur alle weiteren Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten, sondern u.a. auch die Fortdauer der Betreuereigenschaft des Herrn B. ab. Damit kommt insoweit eine vertretungsweise Ausübung mit Wirkung für und gegen den Vater des Klägers durch Herrn B. nicht in Betracht.

Erst recht ist vom Kläger selbst im Namen seines Vaters kein Widerspruch eingelegt worden, und auch für eine zur Wiedereinsetzung berechtigende unverschuldete Fristversäumung durch den Vater ist nichts glaubhaft gemacht. Weitere Hilfe zur Erziehung ist damit bestandskräftig versagt worden.

Angesichts dieser Umstände kann der Senat offen lassen, ob dem Verwaltungsgericht auch insofern zu folgen wäre, als es den Kläger für den erhobenen Anspruch auf Betreuungspauschale als nicht aktivlegitimiert erachtet. Immerhin bestimmt § 39 Abs. 3 Satz 1 SGB-VIII a.F., daß der - zweifellos dem Kind oder Jugendlichen selbst zustehende Anspruch auf - Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen in Vollzeitpflege den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten der Erziehung, also auch der hier maßgeblichen Betreuungskosten, umfaßt (vgl. hierzu das vom Verwaltungsgericht zitierte Urteil des Senats vom 18.2.1993 - 7 S 2019/92 -). Und in der ab dem 1.4.1993 geltenden Fassung des § 39 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB-VIII (BGBl. I S. 637) - n.F. - ist ebenfalls bestimmt, daß bei Hilfegewährung nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 der sicherzustellende notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen auch die Kosten der Erziehung umfaßt. Hierzu ist in der Reg.Begr. (BT-Drucks. 12/2866/1922) ausgeführt, die Kosten der Erziehung seien immer Teil des notwendigen Unterhalts eines Kindes oder Jugendlichen, das bzw. der außerhalb des Elternhauses betreut werde. Gleichgültig, ob der Kläger zur Geltendmachung der Betreuungskosten legitimiert ist oder nicht, kann er deren Leistung hier deshalb nicht erreichen, weil der vorrangige und allein seinem Vater zustehende Anspruch auf weitere Hilfe zur Erziehung bestandskräftig abgelehnt worden ist.

2. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die den Zeitraum 18.2.1992 bis 26.8.1993 betreffende Klage unzulässig ist, weil es an dem für diese Verpflichtungsklage erforderlichen vorherigen Antrag beim Beklagten fehlt. Mit Erreichen der Volljährigkeit endet der Anspruch - des bis dahin Personensorgeberechtigten - auf Hilfe zur Erziehung und kommt nur noch ein Anspruch des Betreffenden selbst auf Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB-VIII a.F. bzw. n.F. in Betracht. Dieser Anspruch hat eine ganz andere Zielrichtung und einen ganz anderen Rechtscharakter als derjenige auf Hilfe zur Erziehung (vgl. Münder, aaO., Anm. 3 zu § 41). Wie bereits dargelegt, besteht eine wesensverschiedene Anspruchsberechtigung. Es kommt hinzu, daß auf die Hilfe zur Erziehung ein Rechtsanspruch besteht, während die Hilfe für junge Volljährige gemäß Art 10 KJHG -jedenfalls bis zum 31.12.1994 - lediglich als Kannleistung nach pflichtgemäßem Ermessen geleistet wird. Außerdem wird eine frühere Hilfeleistung nicht vorausgesetzt und kommt es hier auf das Einverständnis des Betroffenen an. Dies alles schließt es aus, einen seinerzeit vom personensorgeberechtigten Elternteil gestellten Antrag auf Hilfe zur Erziehung nach Erreichen der Volljährigkeit als vom jungen Volljährigen gewissermaßen fortgeführt anzusehen. Vielmehr bedarf es einer eigenen Antragstellung bei der Behörde durch den jungen Volljährigen, will er auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres noch "erweiterte Hilfeleistung" erhalten (ebenso Schellhorn/ Wienand, aaO., Anm. 6 zu § 41).

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Kläger zu unverzüglicher Antragstellung zu veranlassen. Aus dem Unterlassen einer derartigen Verpflichtung kann der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf die begehrte Leistung herleiten. Der Senat hat in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. hierzu etwa Beschluß vom 16.6.1986, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 160; Urteil vom 24.3.1988, BVerwGE 79, 192 (194); Urteil vom 9.3.1990, Buchholz 11 Art 20 GG Nr. 118 = NWVBl 1990, 373 (374)) bereits mehrfach entschieden, daß ein sog. Herstellungsanspruch in der Verwaltungsrechtsprechung nicht anzuerkennen ist (vgl. zuletzt Urteil vom 21.2.1994 - 7 S 758/93 - mwN.). Auch das Jugendhilferecht als Teil des Sozialleistungsrechts gewährt keine rentenähnliche Dauerleistung (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 18.2.1993 - 7 S 2019/92 - und vom 6.12.1993 - 7 S 799/93 -) und ist ebenso wie das Ausbildungsförderungsrecht wesensverschieden vom Recht der Sozialversicherung, von dem ausgehend das Bundessozialgericht den Herstellungsanspruch entwickelt hat. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung, der eine ausreichende Grundlage für den Ausgleich von Nachteilen bietet (ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 21.2.1985, NVwZ 1985, 579), wäre i.ü. im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).