Die Abstufung der Lohngruppenmerkmale in
Ziff. 2.0.12, 2.0.15 und 2.0.19 des Lohntarif-
vertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe
in NRW (Separatwachmann im Pförtnerdienst)
rechtfertigt die Vergütung nach der Gruppe
2.0.19 nicht erst dann, wenn der Arbeitgeber
entsprechend der Gruppe 2.0.15 "eine Ausbil-
dung in Erster Hilfe, sowie Brand- und
Katastrophenschutz verlangen kann".
1.) Die Beschwerde der Antragstellerin
gegen den Beschluß des Arbeits-
gerichts Köln vom 21.10.1994 - 2 BV
165/94 - wird zurückgewiesen.
2.) Die Rechtsbeschwerde wird zuge-
lassen.
I. Die Antragstellerin, ein Sicherheits- und
Bewachungsunternehmen, hat die Arbeitnehmerin Gabriele
H. für den Pförtnerdienst in dem Gebäude der
L. Köln mit Zustimmung des Betriebsrates einge-
stellt; nachdem der Betriebsrat zuletzt mit Schreiben
vom 09.09.1994 die beantragte Zustimmung zu der Ein-
gruppierung der Arbeitnehmerin H. in die Lohn-
gruppe 2.0.12 mit der Begründung verweigert hatte,
richtigerweise sei in die Lohngruppe 2.0.19 einzugrup-
pieren, hat die Antragstellerin mit dem vorliegenden
Antrag die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates
anhängig gemacht.
Die Arbeitnehmerin H. ist in dem Empfang
des Objektes L. für folgende Tätigkeiten einge-
setzt: Ständiger Telefondienst, Einlassung und Überwa-
chung der ein- und ausgehenden Besucher sowie die
Überwachung verschiedener Bildschirme, auf denen mit-
tels Videokamera die Außenanlagen überwacht werden.
Ferner ist eine Brandmeldeanlage zu überwachen, die
einen eventuellen Brandherd über ein Schaltschema lo-
kalisiert, schließlich eine Alarmanlage, die auf einer
entsprechenden Meldeeinrichtung Unregelmäßigkeiten in-
nerhalb des Gebäudes anzeigt. Die Auftraggeberin Luft-
hansa verlangt keine besondere Ausbildung in Erster
Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz von den Mit-
arbeitern der Antragstellerin; diese erhalten jedoch
die Möglichkeit der Teilnahme an entsprechenden Aus-
bildungsmaßnahmen, welche die L. für ihre eige-
nen Mitarbeiter anbietet und durchführt; die Arbeit-
nehmerin H. hat, wie in der Beschwerdeinstanz
unstreitig geworden ist, zumindest an einer Ausbildung
in Erster Hilfe teilgenommen.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertre-
ten, die Lohngruppe 2.0.19 komme deshalb nicht in Be-
tracht, weil es sich um eine Aufbaufallgruppe handele
und die Mitarbeiterin H. die nach dem Tarifauf-
bau erforderliche Voraussetzung der Lohngruppe 2.0.15
nicht erfülle. Es fehle an dem Merkmal, daß der Ar-
beitgeber im Hinblick auf die übertragene Tätigkeit
eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Kata-
strophenschutz verlangen könne. Da die L. nach
dem zugrundeliegenden Auftrag von der Arbeitgeberin
den Einsatz entsprechend ausgebildeter Wachleute nicht
verlangen könne und auch tatsächlich nicht verlange,
müsse die Vergütung der Arbeitnehmerin H. auf
die unterste einschlägige Lohngruppe 2.0.12 des Lohn-
tarifvertrages beschränkt bleiben, obwohl die tatsäch-
lich ausgeübten Tätigkeiten den Merkmalen der Lohn-
gruppe 2.0.19 im übrigen entsprächen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu
der Eingruppierung der Arbeitnehmerin Gabriele
H. in die Lohngruppe 2.0.12 des allge-
meinverbindlichen Lohntarifvertrages für das
Bewachungsgewerbe Nordrhein-Westfalen zu er-
setzen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, weder das tat-
sächliche Vorhandensein einer Ausbildung in Erster
Hilfe oder Brand- und Katastrophenschutz könne aus-
schlaggebend sein noch die Frage, ob der Arbeitgeber
eine derartige Ausbildung tatsächlich verlange oder
zumindest verlangen könne. Entscheidend sei vielmehr,
daß die Tätigkeit den in der Lohngruppe 2.0.19 genann-
ten Heraushebungsmerkmalen entspreche.
Das Arbeitsgericht Köln hat mit dem am
21.10.1994 verkündeten Beschluß - 2 BV 165/94 - den
Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen und zur Be-
gründung unter anderem festgestellt: Die Tätigkeiten
der Arbeitnehmerin H. seien tatsächlich solche,
die in die Lohngruppe 2.0.19 gehörten. Da die Tarif-
vertragsparteien das bei der Lohngruppe 2.0.15 gere-
gelte Ausbildungsverlangen in dieser Lohngruppe nicht
mehr erwähnten, komme es für die Eingruppierung in
diese Tarifgruppe nicht darauf an, ob der Arbeitgeber
die Sonderausbildung verlangen könnte. Selbst wenn
dies jedoch der Fall wäre, sei nicht darauf abzustel-
len, ob eine derartige Ausbildungsqualifikation von
dem Mitarbeiter tatsächlich verlangt werde. Vielmehr
müsse ein Mitarbeiter bereits dann in die Lohngruppe
2.0.15 eingruppiert werden, wenn er nach dem Inhalt
des Arbeitsvertrages zur Teilnahme an der entsprechen-
den Ausbildung verpflichtet sei, wenn mit anderen Wor-
ten der Arbeitgeber im Hinblick auf die übertragene
Tätigkeit berechtigt wäre, die Ausbildung zu verlan-
gen.
Auf den weiteren Inhalt des Beschlusses vom
21.10.1994 (Bl. 61 - 70 d. A.) wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat gegen den ihrem Prozeß-
bevollmächtigten am 16.12.1994 zugestellten Beschluß
die vorliegende Beschwerde am 11.01.1995 eingereicht
und am 09.02.1995 schriftsätzlich begründet.
Sie wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz
und kritisiert die angefochtene Entscheidung im we-
sentlichen wie folgt: Wenn nach dem Tarifwortlaut in
der Lohngruppe 2.0.19 nur der Separatwachmann im
Pförtnerdienst erfaßt sei, der sich durch näher be-
stimmte Merkmale von der Lohngruppe 2.0.15 abhebt,
dann sei damit gleichzeitig festgelegt, daß der Sepa-
ratwachmann im Pförtnerdienst gemäß der Lohngruppe
2.0.15 sich von der niedrigsten Lohngruppe unter ande-
rem dadurch abhebt, daß der Arbeitgeber eine Ausbil-
dung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophen-
schutz verlangen kann. Erst wenn alle Voraussetzungen
der weniger qualifizierten Lohngruppe erfüllt seien,
komme es auf die in der höheren Lohngruppe genannten
weiteren Qualifizierungen an. Entscheidend müsse daher
geprüft werden, ob der Mitarbeiter die genannten Aus-
bildungen absolviert habe und für den konkreten Ein-
satz auch benötige. Das Verlangen einer entsprechenden
Ausbildung durch den Arbeitgeber sei nur dann gerecht-
fertigt, wenn diese zur aushilfsgemäßen Erfüllung der
arbeitsvertraglichen Pflichten erforderlich sei. Die
zweifellos unglückliche Formulierung des Tarifvertra-
ges könne nur unter Berücksichtigung des wirklichen
Willens der Tarifvertragsparteien über den Wortlaut
hinaus in dem erforderlichen Maße geklärt werden. Je-
denfalls müsse die in der Ziffer 2.0.15 geforderte
Ausbildung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der
konkreten Tätigkeit des Mitarbeiters stehen. Bei der
Tätigkeit im Pförtnerdienst bei der L. sei dies
nicht der Fall. Dieses Ergebnis entspreche auch dem
Sinn und Zweck der tariflichen Regelung.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin be-
antragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses
nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu er-
kennen.
Der Betriebsrat und Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des Sachstandes im übrigen wird auf den
weiteren Akteninhalt Bezug genommen. Das Gericht hat
gemäß dem Beweisbeschluß vom 04.05.1995 Beweis erhoben
durch schriftliche Zeugenvernehmung; auf die schrift-
lichen Aussagen Blatt 138 ff. (Kever) und Blatt 160 f.
(Stein) wird verwiesen.
II. Die Beschwerde ist an sich statthaft und auch
im übrigen zulässig, in der Sache selbst jedoch er-
folglos.
Die vom beteiligten Betriebsrat in gesetzlicher
Form und Frist verweigerte Zustimmung zur Eingruppie-
rung der Arbeitnehmerin H. in die Lohngruppe
2.0.12 des Lohntarifvertrages konnte, wie das Arbeits-
gericht zu Recht und mit zutreffender Begründung fest-
gestellt hat, nicht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt
werden, weil die von der Antragstellerin beabsichtigte
Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG
gegen den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag ver-
stößt; die Tätigkeit der Arbeitnehmerin Gabriele Hein-
rich erfüllt vielmehr die Voraussetzungen der Lohn-
gruppe 2.0.19 des Lohntarifvertrages.
Die der Arbeitnehmerin H. zugewiesene Tä-
tigkeit umfaßt den Separatwachdienst als Pförtnerin im
L.-Verwaltungsgebäude, und zwar mit der Beson-
derheit, daß sie die ein- und ausgehenden Besucher
einzulassen und zu überwachen hat; ferner hat sie ver-
schiedene Bildschirme zu überwachen, mit deren Hilfe
die Außenanlagen durch eine Videokamera überwacht wer-
den; außerdem ist eine Brandmeldeanlage zu überwachen,
die über ein Schaltschema einen eventuellen Brandherd
lokalisiert. Weiterhin obliegt ihr die Überwachung ei-
ner Alarmanlage, die innerhalb des L.-Gebäudes
aufgetretene Unregelmäßigkeiten, beispielsweise im
Computerbetrieb, über eine entsprechende Meldeeinrich-
tung anzeigt. Schließlich sind außer dem ständigen Te-
lefondienst auch Aufgaben im Rahmen des Empfangsdien-
stes wahrzunehmen.
Nach dem insoweit unbestrittenen Sachverhalt
steht damit, weil auch die Beteiligten in dieser Be-
wertung übereinstimmen, für das Gericht fest, daß die
Tätigkeiten der Arbeitnehmerin H. alle tarifli-
chen Merkmale der Lohngruppe 2.0.19 erfüllen, und daß
es somit im vorliegenden Fall entscheidend nur darauf
ankommt, ob gleichzeitig auch sämtliche Voraussetzun-
gen für eine Lohnzahlung nach der Lohngruppe 2.0.15
vorliegen bzw. vorliegen müssen.
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage,
ob ein "Separatwachmann im Pförtnerdienst", der in den
ausgeübten Tätigkeiten alle zusätzlichen Merkmale der
Lohngruppe 2.0.19 erfüllt, einen tariflichen Lohnan-
spruch in Höhe dieser Lohngruppe nur dann haben kann,
wenn - entsprechend den Voraussetzungen der Lohngruppe
2.0.15 der Arbeitgeber von ihm eine Ausbildung in Er-
ster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlan-
gen kann, ist zu verneinen.
Dies ergibt sich durch die an dieser Stelle ge-
botene Auslegung des Tarifvertrages, wobei in tatsäch-
licher Hinsicht auch dahinstehen kann, ob die von dem
Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit so beschaffen ist,
daß der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes
die Absolvierung einer entsprechenden Ausbildung hätte
verlangen können.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarif-
vertrages, um die es auch hier zwischen den Parteien
geht, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundes-
arbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen
geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwort-
laut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklä-
rung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften.
Soweit der Tarifwortlaut jedoch nicht eindeutig ist,
ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit-
zuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen
einen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist fer-
ner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil die-
ser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarif-
vertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck
der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt
dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann
können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an
eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entste-
hungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die
praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die
Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es
zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Ta-
rifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen,
sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauch-
baren Regelung führt (BAG Urteil vom 14.12.1994
- 4 AZR 865/93 - m.w.N. und dem Hinweis auf Schaub,
Auslegung und Regelungsmacht von Tarifverträgen, NZA
1994, 597 ff.).
Die für den vorliegenden Fall zu prüfenden
Lohngruppen des Lohntarifvertrages haben folgenden
Wortlaut:
2.0.12 Separatwachmann, der ... und Separat-
wachmann im Pförtnerdienst mit regel-
mäßiger Telefon-, Auskunfts- und
Registriertätigkeit.
2.0.15 Separatwachmann im Pförtnerdienst, der
sich von 2.0.11 und 2.0.12 dadurch ab-
hebt, indem ihm verantwortlich Ein-
und Ausgangskontrollen von Personen und
Kraftfahrzeugen obliegen und von dem der
Arbeitgeber eine Ausbildung in Erster
Hilfe sowie Brand- und Katastrophen-
schutz verlangen kann.
2.0.19 Separatwachmann im Pförtnerdienst, der
sich von der Lohngruppe 2.0.15 dadurch
abhebt, indem er im Empfangsdienst tätig
ist und dem die Ein- und Ausgangs-
kontrolle des Publikums sowie auch die
Personalkontrolle der Dienststelle,
Überwachungsfunktion von technischen
Anlagen und die Bedienung der Telefon-
zentrale obliegt.
Die Auslegung des Tarifvertrages bietet an die-
ser Stelle zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Fall-
gruppen 2.0.12, 2.0.15 und 2.0.19 als drei "echte Auf-
baufallgruppen" im Sinne der Rechtsprechung des BAG zu
der Eingruppierung von technischen Angestellten nach
dem BAT zu betrachten mit der Folge, daß für die Zu-
ordnung zu der höchsten Gruppe 2.0.19 alle Merkmale
der niederen Gruppen erfüllt sein müssen, also auf das
Merkmal der Möglichkeit eines Ausbildungsverlangens
des Arbeitgebers in 2.0.15, oder aber es handelt sich
um jeweils getrennte Lohngruppen mit der Besonderheit,
daß allein die Tätigkeitsbeschreibung für die jeweils
höhere Gruppe an die Tätigkeitsbeschreibung der voran-
gestellten und ausdrücklich zitierten Gruppe an-
schließt. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, daß die
Formulierung "dadurch abhebt" nur als ergänzende Tä-
tigkeitsbeschreibung gemeint ist, und daß der Wort-
laut, wonach sich die höher entlohnte Tätigkeit "von
2.0.11 und 2.0.12" oder im vorliegenden Zusammenhang
"von der Lohngruppe 2.0.15" abheben müßte, nur eine
sprachliche und redaktionelle Ungenauigkeit darstellt.
Daß die sprachliche Fassung der hier umstrittenen
Lohngruppen auch im übrigen wenig geglückt und undeut-
lich geraten ist, läßt sich unschwer erkennen.
Die vom Gericht festgestellte Auslegung gibt
dem Tarifvertrag erst einen dem Sinn und Zweck der
Lohngruppen entsprechenden Sinn, und sie verdient des-
halb den Vorzug, weil sie auch praktischen Anforderun-
gen eindeutig besser gerecht wird.
Würde man, wie es die Antragstellerin befürwor-
tet, die Ziffer 2.0.19 wörtlich nehmen, also so ver-
stehen, daß aus den Merkmalen der Lohngruppe 2.0.15
auch die Anforderung "von dem der Arbeitgeber eine
Ausbildung ... verlangen kann" erfüllt sein müßte, kä-
me man zu dem Ergebnis, daß die Separatwachleute im
Pförtnerdienst unter Verstoß gegen den Gleichheits-
grundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) willkürlich ungleich ent-
lohnt würden. Separatwachleute im Pförtnerdienst mit
Tätigkeit und Verantwortung nach 2.0.15, die sich au-
ßerdem durch alle Qualifikationen nach 2.0.19 "abhe-
ben", würden ebenso belohnt wie diejenigen Separat-
wachleute im Pförtnerdienst, denen nur eine regelmäßi-
ge Telefon-, Auskunfts- und Registriertätigkeit
(2.0.12) obliegt. Das effektive Ausmaß dieser Schlech-
terstellung im Stundenlohn plus Zuschlag (11,54 DM
statt 13,45 DM), bliebe dann ebenso unbeachtet wie der
Umstand, daß den betroffenen Wachleuten außer der ge-
nannten Tätigkeit nach 2.0.12 "verantworltiche Ein-
und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeu-
gen" obliegen (2.0.15) und der weitere Umstand, daß
sie "im Empfangsdienst tätig sind, die Ein- und Aus-
gangskontrolle des Publikums, die Personenkontrolle
der Dienststelle und die Überwachungsfunktion von
technischen Anlagen und Bedienung der Telefonzentrale"
wahrzunehmen haben. Dies wäre eine willkürliche und
sachlich nicht zu rechtfertigende Differenzierung, die
man vernünftigerweise den Tarifvertragsparteien nicht
als Vertragswillen unterstellen oder zurechnen kann.
Der allgemeine Sinn und Zweck unterschiedlicher Lohn-
gruppen kann ebenso wie der erkennbare Wille der kon-
kreten Tarifvertragsparteien nur in einer leistungsge-
recht differenzierten Entlohnung liegen. Der übrige
Inhalt des konkreten Lohntarifvertrages liefert für
diesen Willen der Tarifvertragsparteien nicht nur ein
Indiz, sondern den klaren Beweis. Die nach alledem auf
den ersten Blick unzulässige Differenzierung des be-
trächtlichen Lohnsprunges, die allein darauf beruhen
würde, ob ein Arbeitgeber "eine Ausbildung in Erster
Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz" verlangen
kann, läßt sich auch dann nicht sachlich rechtferti-
gen, wenn man in Übereinstimmung mit den Feststellun-
gen der Vorinstanz eine ergänzende Auslegung in dem
Sinne befürwortet, daß es ausreicht, wenn ein Verlan-
gen des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrech-
tes nach billigem Ermessen gerechtfertigt wäre. Dies
würde voraussetzen, daß Feststellungen über die tat-
sächlich ausgeübte Tätigkeit und den im Einzelfall zu-
gewiesenen Arbeitsplatz getroffen werden. Auch wenn
jedoch feststeht, daß die beim konkreten Auftraggeber
auszuübende Tätigkeit eines Separatwachmannes im
Pförtnerdienst das (absichtlich unterbliebene) Ausbil-
dungsverlangen des Arbeitgebers nach billigem Ermessen
gerechtfertigt hätte, bliebe, wie es gerade die vor-
liegenden Streitigkeiten hinreichend beweisen, eine
höchst unpraktische Regelung übrig, die auch mit dem
Zweck eines Tarifvertrages (Kartellwirkung im Preis-
wettbewerb der Unternehmer einerseits und zwingender
Mindestschutz für die Arbeitnehmer andererseits) nicht
zu vereinbaren wäre: Der Anspruch auf die beträchtlich
höhere Entlohnung einer beträchtlich höher qualifi-
zierten Tätigkeit hinge dann von einer einseitigen Be-
stimmung des Arbeitgebers ab, die zwar offensichtlich
an billiges Ermessen gebunden sein müßte, aber immer-
hin durch Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen ei-
ner noch weitergehenden Beliebigkeit geöffnet werden
können. Außerdem müßte in jedem Streitfall die im Auf-
tragsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und seinem
Auftraggeber vereinbarte Bewachungstätigkeit überprüft
und dahin bewertet werden, ob das Verlangen einer Aus-
bildung in dem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber
und Wachmann sachlich gerechtfertigt werden kann.
Selbst unter Berücksichtigung einer weiteren rechtli-
chen Überlegung, daß auch die Unterlassung des Ausbil-
dungsverlangens als Element der einseitigen Leistungs-
bestimmung über Arbeitsplatz und Lohnhöhe dem billigen
Ermessen nach § 315 BGB entsprechen muß, könnte man
selbst dann nur mit einem beträchtlichen Aufwand, der
auch die Auftragsverhältnisse belasten würde, zu eini-
germaßen gerechten Einzelfallergebnissen kommen, wenn
man bei fehlender Kooperationsbereitschaft des Arbeit-
gebers möglicherweise die zu seinen Lasten bestehende
Beweislast für die Billigkeit der Leistungsbestimmung
heranziehen könnte. Mit dieser Feststellung ist hin-
reichend belegt, daß eine andere als die genannte und
vom Beschwerdegericht befürwortete Auslegung zu einem
äußerst unzweckmäßigen Ergebnis führen würde.
Bestätigt wird das hier gefundene Auslegungser-
gebnis auch dadurch, daß dem Tarifwortlaut eindeutig
zu entnehmen ist, daß die Tarifvertragsparteien kei-
nesfalls den Willen hatten, ein Tätigkeitsmerkmal in
dem Sinne zu schaffen, daß die auszuübende Tätigkeit
objektiv eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand-
und Katastrophenschutz erfordert hätte. Dies haben
auch die angefochtenen Entscheidungen zutreffend er-
kannt.
Schließlich könnten, wie es sich im vorliegen-
den Fall gezeigt hat, die unmittelbare und zwingende
Wirkung eines Tarifvertrages durch Absprachen zwischen
dem Arbeitgeber (Unternehmer) und dem Auftraggeber un-
terlaufen werden, wenn diese, wie es im vorliegenden
Fall unstreitig ist, aus bestimmten Gründen, auf deren
Fortbestand sie lediglich beiderseits subjektiv ver-
trauen, einfach darauf verzichten, eine entsprechende
Ausbildung der Separatwachleute im Pförtnerdienst für
die Aufnahme der Tätigkeit oder für die dementspre-
chende Beschäftigung als verbindlich festzuschreiben,
weil nach aller Erfahrung davon auszugehen ist, daß
selbst für den Brand- oder Katastrophenfall die drin-
gend notwendige Ausbildung und Fertigkeit für die Er-
füllung des Katastrophenplanes vorhanden wäre. Zwei-
fellos haben die Tarifvertragsparteien nicht die Mög-
lichkeit eröffnen wollen, auf diesem Wege, nämlich
durch ein verabredetes Stillschweigen, qualifizierte
Arbeitsplätze mit Billiglöhnern zu besetzen oder dem-
entsprechende Wachdienste günstig einzukaufen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen
und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die
Rechtsbeschwerde gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG
zuzulassen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluß kann von der Antragstel-
lerin Rechtsbeschwerde eingelegt werden; für den An-
tragsgegner ist gegen diesen Beschluß kein Rechtsmit-
tel gegeben. Die Rechtsbeschwerde muß innerhalb einer
Notfrist (eine Notfrist ist unabänderlich und kann
nicht verlängert werden) von einem Monat nach der Zu-
stellung dieses Beschlusses schriftlich beim Bundesar-
beitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 3, 34119 Kassel,
eingelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist gleichzei-
tig oder innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
schriftlich zu begründen. Die Rechtsbeschwerdeschrift
und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen von einem
bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt
unterzeichnt sein.
(Dr. Esser) (Schulte) (Mitrenga)