BVerfG, Beschluss vom 29.05.2008 - 1 BvR 1438/07
Fundstelle
openJur 2012, 133524
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Niedersachsen hat die Hälfte der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerinnen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und das Verfassungsbeschwerdeverfahren festgesetzt auf jeweils € 16.000 (in Worten: sechzehntausend Euro).

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, denn die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist nicht angezeigt.

1. Das Begehren nach Aufhebung der Anordnung des Vorsitzenden hat sich erledigt. Das Verfahren ist mittlerweile beendet. Für eine fortwirkende Beschwer ist nichts erkennbar. Den Beschwerdeführerinnen war eine ungehinderte Fertigung von Fernsehaufnahmen möglich. Auch die Voraussetzungen, unter denen das Rechtsschutzbedürfnis trotzt Erledigung des verfolgten Begehrens fortbesteht, liegen nicht vor. In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist mittlerweile hinreichend geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Rundfunkfreiheit Fernsehaufnahmen von Gerichtsverfahren rechtfertigt (vgl. BVerfGE 91, 125 <133 ff.>; 103, 44 <61 ff.>, BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 -, NJW 2008, S. 977 <979 ff.>). Nach Klärung dieser Maßstäbe kommt der Verfassungsbeschwerde eine grundsätzliche Bedeutung nicht mehr zu. Auch eine Wiederholungsgefahr ist nicht ersichtlich. Der Vorsitzende hat zugesagt, er werde die verfassungsrechtlichen Anforderungen künftig beachten.

2. Den Beschwerdeführerinnen sind die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten (vgl. dazu BVerfGE 33, 247 <264 f.>; 85, 109 <115 f.>).

Der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses folgt aus einer nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einem parallel gelagerten Verfahren (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 -, NJW 2008, S. 977 ff.). Nach den dort aufgezeigten Maßstäben hätte die Verfassungsbeschwerde voraussichtlich insoweit Erfolg gehabt, als sie auf Aufhebung der Anordnung des Vorsitzenden gerichtet ist. Der Vorsitzende hat eine Anfertigung von Fernsehaufnahmen in Befolgung der Eilanordnung des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht und sodann mitgeteilt, er werde den aus der Eilanordnung ersichtlichen Anforderungen auch künftig und in vergleichbar gelagerten Fällen uneingeschränkt nachkommen. Damit hat die öffentliche Gewalt die Berechtigung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Rüge einer Verletzung ihrer von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Rundfunkfreiheit auch selbst anerkannt.

Die Beschränkung der Auslagenerstattung auf die Hälfte der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerinnen berücksichtigt, dass die von ihnen hierzu selbständig erhobene Rüge eines Fehlens von Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Anordnungen des Vorsitzenden nicht in einer dem Substantiierungserfordernis aus § 23 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz, § 92 BVerfGG genügenden Weise begründet worden ist.

3. Die Entscheidung über den Gegenstandswert beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. dazu BVerfGE 79, 365 <366 ff.>) und berücksichtigt, dass im Falle der Vertretung mehrerer Beschwerdeführer, die gemeinschaftlich Verfassungsbeschwerde erheben, die Werte der jeweiligen subjektiven Interessen zusammengerechnet werden (vgl. BVerfGE 96, 251 <258>).

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung über die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.