SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 21.12.2011 - S 13 AS 3059/11
Fundstelle
openJur 2012, 67551
  • Rkr:

Erfolgt wegen eines befristeten Zuschlags nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 SGB II a.F.) keine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, ist die Differenz zwischen den Rundfunkgebühren und dem niedrigeren Zuschlag nicht vom SGB-II-Leistungsträger als unabweisbarer laufender Bedarf zu tragen bzw. zu erstatten.

Weist der SGB-II-Leistungsträger den Leistungsempfänger nicht auf die Möglichkeit eines Verzichts auf den Zuschlag hin, liegt darin keine Verletzung der (Spontan-)Beratungspflicht. Eine Erstattung der Differenz zwischen den Rundfunkgebühren und dem niedrigeren Zuschlag ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht möglich.

Hat sich ein Verwaltungshandeln bereits vor Klageerhebung erledigt, besteht kein Interesse an der Feststellung dessen Rechtswidrigkeit unter dem Aspekt der Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für die Jahre 2005 und 2006 die Gewährung des Differenzbetrags zwischen dem ihm nach § 24 SGB II a.F. gewährten Zuschlag und den vom ihm entrichteten Rundfunkgebühren.

Der Kläger stand (u.a.) in den Jahren 2005 und 2006 bei der Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Er erhielt einen befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld i.H.v. 2 EUR vom 01.01.2005 bis 30.11.2005, i.H.v. 1,44 EUR für Dezember 2005, i.H.v. 1 EUR vom 01.01.2006 bis 30.11.2006 sowie i.H.v. 0,43 EUR für Dezember 2006.

Unter dem 16.10.2009 stellte er einen (wiederholten) Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X für alle ergangenen Bescheide. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.10.2009 ab, die Bescheide seien nicht zu beanstanden. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2010 zurück.

Der Kläger hat am 26.04.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 13 AS 1751/10) erhoben. Er beantragt die Feststellung von Mängeln in der Beratungs- und Auskunftspflicht. Aufgrund des Zuschlags nach § 24 SGB II a.F. sei sein Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht abgelehnt worden. In der mündlichen Verhandlung hat er insoweit vorgetragen, dass der Ausgangsbescheid im Januar, der Widerspruchsbescheid im April 2006 ergangen sei. Bei korrekter Beratung durch die Beklagte hätte er auf den Zuschlag verzichtet und wäre dann von der Rundfunkgebührenpflicht befreit worden. Er sei so zu stellen, als hätte er rechtzeitig die entsprechenden Anträge gestellt. Daneben hat er zunächst auch geltend gemacht, dass die damals verfügte Leistungskürzung infolge der Anrechnung von Verpflegung während eines stationären Klinikaufenthalts rechtswidrig gewesen sei.

Mit Urteil vom 19.07.2011 hat das Gericht dem Überprüfungsantrag hinsichtlich der Leistungskürzung stattgegeben und das Verfahren getrennt, soweit der Antrag auf die Feststellung von Mängeln in der Beratungs- und Auskunftspflicht gerichtet gewesen ist. Das Verfahren wird seitdem unter dem aktuellen Aktenzeichen geführt.

Der (nach mündlicher Verhandlung bestellte) Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt ergänzend vor, dass eine verfassungsrechtlich gebotene Kompensation über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erfolgen müsse und der Differenzbetrag zwischen dem Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. und der Rundfunkgebührenpflicht als Sonderbedarf zu gewähren sei. Vor dem Verwaltungsgericht X sei eine Klage gegen den X (die Rundfunkanstalt) unter dem Aktenzeichen XXX anhängig.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2006 diejenigen Beträge zu zahlen, die er abzüglich des im selben Zeitraum erhaltenen Zuschlags nach § 24 SGB II für Rundfunkgebühren habe zahlen müssen

sowie festzustellen, dass die Beklagte ihre Beratungspflichten verletzt hat, als sie ihn nicht darauf hingewiesen hat, dass er durch Verzicht auf den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II eine Rundfunkgebührenbefreiung erreichen könne.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Kläger fehle das Feststellungsinteresse. Eine Stellungnahme zu dem zunächst nicht ausdrücklich geltend gemachten Leistungsbegehren ist nicht erfolgt.

Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Am 21.12.2011 ist unter Anwesenheit (nur) des Klägers ein Erörterungstermin durchgeführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorliegende Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet nach Anhörung der Beteiligten und im Einverständnis mit ihnen durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs. 1 SGG), da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Zugunsten des Klägers wird der auf die Überprüfung aller ergangenen Bescheide gerichtete und unter dem 16.10.2009 gestellte Antrag nach § 44 SGB X dahingehend ausgelegt, dass er auch gerichtet gewesen ist auf die Überprüfung der Bewilligungsbescheide und die nachträgliche Gewährung des geltend gemachten Differenzbetrags zwischen dem Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. und den gezahlten Rundfunkgebühren (im Folgenden nur: Differenzbetrag). Insoweit ist der Antrag daher von der Beklagten bereits beschieden worden und die Leistungsklage (sachdienlich kombiniert mit der Aufhebung der Bescheide vom 20.10.2009 und 24.03.2010 sowie der Verpflichtung zur Abänderung der früheren Leistungsbescheide) grundsätzlich zulässig. Zugunsten des Klägers wird weiterhin davon ausgegangen, dass er - wie zunächst geltend gemacht - den Differenzbetrag für 2005 und 2006 haben möchte und es sich bei dem 31.10.2006, den er im Schriftsatz vom 16.12.2011 genannt hat, um einen Schreibfehler handelt. Welche Folgen die Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X hat - im Unterschied zu dem Urteil vom 19.07.2011, hinsichtlich dessen Streitgegenstands weitere Überprüfungsanträge vorgelegen haben -, kann offen bleiben, da die Klage unabhängig davon keinen Erfolg hat.

Hinsichtlich des Leistungsantrags ist sie jedenfalls unbegründet.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die für die Jahre 2005 und 2006 ergangenen Bewilligungsbescheide (vom 08.12.2004, 07.06.2005, 13.12.2005 und 12.06.2006, jeweils unter Außerachtlassung von Änderungsbescheiden) sind nicht rechtswidrig gewesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gehabt, den Differenzbetrag als Sonderbedarf gewährt zu bekommen.

Die Vorschrift des § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II, nach der ein Mehrbedarf anerkannt wird, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht, ist erst mit Wirkung vom 03.06.2010 eingefügt worden aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09). Für die Zeit ab der Verkündung des Urteils bis zum Inkrafttreten von § 21 Abs. 6 SGB II haben Leistungen bei einem solchen Bedarf aufgrund einer entsprechenden Anordnung des Bundesverfassungsgerichts erbracht werden können. Für die - hier zu beurteilende - Zeit davor ist eine Leistungsgewährung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteile vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R und vom 19.08.2010, B 14 AS 13/10 R) nach § 73 SGB XII durch den Sozialhilfeträger in Betracht gekommen. Aber auch wenn man der Auffassung wäre, dass ein solcher Anspruch bereits 2005 und 2006 gegenüber der Beklagten hätte geltend gemacht werden können (vgl. zu den verschiedenen Lösungswegen Münder in: Ders., SGB II, 3. Aufl. 2009, § 23 Rn. 4 ff.) fehlt es an den Voraussetzungen:

Es fehlt bereits an der Atypik eines solchen Bedarfs, der einen Bezug zu Grundrechten aufweisen muss (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010, B 14 AS 47/09 R). Zwar gewährleistet das Grundrecht der Informationsfreiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen, und damit insbesondere Hörfunk- und Fernsehsendungen ungehindert zu unterrichten (allg. Meinung; vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.01.2005, 1 BvR 1953/00). Gerade die besondere Bedeutung der Informationsfreiheit und die nahezu jeden Haushalt erfassende Verbreitung von Rundfunkgeräten machen jedoch deutlich, dass die Zugangsgewährleistung unter dem Aspekt der Atypik nicht gleichgesetzt werden kann mit dem Hygienemehrbedarf eines HIV-Infizierten oder der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem minderjährigen getrennt lebenden Kind, sondern eher mit vom Bundessozialgericht für die Jahre 2005 und 2006 gerade nicht zugesprochenen Aufwendungen für Schulbücher.

Unabhängig davon besteht aber auch deshalb kein Bedarf, weil nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (u.a.) Empfänger von Arbeitslosengeld II einschließlich von Leistungen nach § 22 ohne Zuschläge nach § 24 SGB II auf Antrag befreit werden. Insoweit teilt das Gericht die Auffassung des Klägers, dass unter Verzicht auf den Zuschlag nach § 24 SGB II von ihm die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht hätten geschaffen werden können. Es ist jedoch nicht ersichtlich, woraus sich das von seinem Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Wahlrecht ergeben könnte zwischen dem Verzicht auf den Zuschlag und der Rundfunkgebührenbefreiung einerseits sowie der Gewährung des Differenzbetrags zusätzlich zum Zuschlag durch die Beklagte andererseits. Insbesondere gebietet auch die Informationsfreiheit kein solches Wahlrecht; es genügt, dass überhaupt eine allgemeine Zugangsmöglichkeit besteht.

Hat demnach keine rechtliche Grundlage bestanden, aufgrund der die Beklagte - damals - den Differenzbetrag hätte bewilligen müssen, scheidet ein Anspruch nach § 44 SGB X aus.

Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kommt aus diesen Gründen nicht in Betracht. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre ... Der Herstellungsanspruch darf nicht zu Ergebnissen führen, die mit dem Gesetz nicht übereinstimmen. Dabei geht es nicht um die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Amtshandlung als Mittel zur Herstellung des gewünschten Zustandes, sondern um diesen Zustand selbst, also um das Ziel, das durch die Amtshandlung herbeigeführt werden soll (BSG, Urteil vom 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R). Bestehen aber wie dargelegt keine Anspruchsgrundlagen, nach denen der Differenzbetrag - damals - als Sonderbedarf hätte geleistet werden dürfen, kommt auch seine Zusprechung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht in Betracht.

Eine Erstattung des Differenzbetrags ist allenfalls in Form des Schadensersatzes aus Amtspflichtverletzung (wegen fehlerhafter Beratung) gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG denkbar. Dieser fällt jedoch in die Zuständigkeit der Landgerichte (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG). Zwar entscheidet nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Da nach Satz 2 der Vorschrift (u.a.) Art. 34 Satz 3 GG unberührt bleibt - wonach für den Anspruch auf Schadensersatz bei Amtspflichtverletzung der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden darf -, besteht insoweit jedoch eine Ausnahme von der Gesamtzuständigkeit, die Entscheidung liegt (ausschließlich) bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. Wittschier in: Musielak, ZPO, 8. Auflage 2011, § 17 GVG Rn. 11).

Eine Verweisung nach § 202 SGG, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zuständige Landgericht ist jedoch unterblieben. Der Kläger hat ausdrücklich einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend gemacht, der in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fällt. Er hat daher einen Anspruch auf eine Entscheidung über sein ausdrückliches Begehren, ohne dass der Rechtsstreit - gegen seinen Willen - in eine andere Gerichtsbarkeit zu verweisen wäre, nur weil dieser die Entscheidung über eine (andere) Anspruchsgrundlage obliegt, nach der möglicherweise das Begehren Erfolg hätte. Es liegt daher kein Fall der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs vor; lediglich ist der zulässigerweise vor dem Sozialgericht geltend gemachte Anspruch unbegründet.

Im Übrigen fehlt es nach Auffassung des Gerichts aber auch an einer Verletzung der Beratungspflicht, wie sie sowohl für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch als auch einen Amtshaftungsanspruch erforderlich gewesen wäre.

In dem vom Kläger im Erörterungstermin zitierten Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.10.2007 (B 14/11b AS 63/06 R) hat dieses ausgeführt (zitiert nach juris):

Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht in Form einer Hinweispflicht sind §§ 14, 15 SGB I. Eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers bzw des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten ... . Wie der 7. Senat des BSG ... entschieden hat, besteht ausnahmsweise jedoch auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung dem jeweiligen Mitarbeiter eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre ... . Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen.

Diese und die weiteren Ausführungen - auch zu der gesteigerte(n) Beratungs- und Hinweispflicht - geben jedoch nichts für die Auffassung des Klägers her, dass der Beklagten auch oblegen hätte, auf die Möglichkeit eines Verzichts auf den Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. zur Erlangung der Rundfunkgebührenbefreiung hinzuweisen. Ein ausdrückliches Beratungsbegehren hat der Kläger auch nach Ablehnung seines Antrags auf Rundfunkgebührenbefreiung nicht an die Beklagte gerichtet, wie er im Erörterungstermin erklärt hat. Die Beratungs- und Auskunftspflicht bezieht sich jedoch zunächst nur auf Rechte und Pflichten bzw. soziale Angelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch (§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 SGB I). Schon eine Auskunftspflicht erstreckt sich nach § 15 Abs. 2 SGB I (nur) auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist. Die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rundfunkgebührenbefreiung besteht, wenn der Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. niedriger ist als die Rundfunkgebühren, ist 2005 und 2006 nicht durch die Rechtsprechung geklärt gewesen. Mehrere Verwaltungsgerichte haben dies bejaht. (vgl. etwa VG Sigmaringen, Urteil vom 27.04.2006, 2 K 155/06; VG Regensburg, Urteil vom 01.08.2006, RO 2 K 05.1472; VG Berlin, Urteil vom 28.03.2007, 27 A 126.06). Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte selbst bei einem konkreten Auskunftsverlangen des Klägers zu den Erfolgsaussichten seines Antrags auf Befreiung von den Rundfunkgebühren trotz niedrigeren Zuschlags nach § 24 SGB II fehlende Kompetenz geltend machen können und müssen. Erst recht ist sie nicht zur Spontanberatung über Ansprüche nach fremden (und sogar in die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit fallenden) Regelwerken verpflichtet gewesen. Die Aushändigung von Formularen zur Rundfunkgebührenbefreiung ändert daran nichts.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist obendrein - auch im Wege der geltend gemachten Zwischenfeststellungsklage - unzulässig, da kein nach § 55 SGG erforderliches Feststellungsinteresse vorliegt. Eine Wiederholungsgefahr ist ausgeschlossen, da ein befristeter Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld vom Gesetz nicht mehr vorgesehen ist und im Übrigen ein erneuter Beratungsbedarf zu den Auswirkungen auf die Rundfunkgebührenbefreiung nicht denkbar ist. Ein Feststellungsinteresse ist auch nicht mit Rücksicht auf den erlittenen wirtschaftlichen Nachteil anzuerkennen. Zwar kann die Absicht, eine Schadensersatz- oder Amtshaftungsklage zu erheben, ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse begründen, um die Partei nicht um die Früchte des bisherigen Prozesses zu bringen und ihre Stellung in dem angestrebten Zivilverfahren zu verbessern. Diese Überlegung rechtfertigt jedoch nicht ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes oder sonstigen Verwaltungshandelns, das sich ... bereits vor Klageerhebung erledigt hat. In diesem Fall bedarf es keines Rechtsschutzes durch die (allgemeinen oder besonderen) Verwaltungsgerichte. Vielmehr kann - und muss - der Betroffene wegen des von ihm erstrebten Schadensersatzes sogleich das zuständige Zivilgericht anrufen, das auch die öffentlich-rechtlichen Vorfragen zu klären hat (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.02.2008, L 12 AL 57/05). So ist der Fall hier, da ein entsprechender Beratungsbedarf allenfalls während des Bezugs des Zuschlags 2005 und 2006 bestanden hat, die Klage jedoch erst 2010 erhoben worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Da der Kläger - neben der Feststellung einer Beratungspflichtverletzung - wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt, ist die Berufung zulässig (§ 105 Abs. 2 Satz 1, §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) .

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