VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.11.2007 - 6 S 2223/07
Fundstelle
openJur 2012, 66635
  • Rkr:

Die Vermittlung von Sportwetten von Wettinteressierten in Baden-Württemberg an einen privaten Veranstalter, der (lediglich) im Besitze einer von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft erteilten Konzession ist, kann in Baden-Württemberg derzeit ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch gegenüber einem privaten Betreiber eines Wettbüros für Sportwetten untersagt werden, der über eine in der früheren DDR erteilte Gewerbegenehmigung verfügt. Dies gilt auch dann, wenn ein solcher Betreiber die Vermittlung entsprechender Wetten (lediglich) von seinem in der ehemaligen DDR gelegenen Wettbüro aus über das Internet (auch) an Wettinteressierte in Baden-Württemberg anbietet. Die Einstellung entsprechender Wetttätigkeiten in Baden-Württemberg ist einem solchen Betreiber auch weder unmöglich noch unzumutbar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. August 2007 - 3 K 2902/06 - geändert.

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.11.2006 wiederherzustellen und anzuordnen, wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass jene lediglich insoweit wiederherzustellen und anzuordnen ist, als sie sich auch auf andere Glückspiele als Sportwetten bezieht.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das dortige Verfahren von Amts wegen sowie für das Beschwerdeverfahren jeweils auf EUR 25.000,-- festgesetzt.

Gründe

Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthafte Beschwerde ist zulässig; insbesondere entspricht die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgelegte Beschwerdebegründung entgegen der Auffassung des Antragstellers auch den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.

Soweit der Antragsgegner geltend macht, die dem Antragsteller am 11.04.1990 vom Rat des Kreises L.-Z. erteilte Gewerbegenehmigung sei - was das Verwaltungsgericht nicht erkannt habe - nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig, lässt dieses Vorbringen durchaus erkennen, inwiefern die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung abzuändern wäre, sollte diese Rechtsauffassung zutreffen. Denn die Vermittlungstätigkeit des Antragstellers wäre dann ungeachtet der Frage, ob sich die Gewerbegenehmigung überhaupt auf die Vermittlung von Sportwetten bezieht, die von einem Wetthalter außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Genehmigungsbehörde angeboten werden, in ganz Deutschland unerlaubt, sodass er auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darauf verwiesen werden könnte, bei etwaiger fehlender praktischer Umsetzbarkeit der angefochtenen Verfügung eben sein gesamtes Internetangebot (...) vom Markt zu nehmen (vgl. BA, S. 7 f.).

Die Beschwerdebegründung genügt auch insoweit den Darlegungsanforderungen, als der Antragsgegner den vom Verwaltungsgericht geäußerten ernsthaften Zweifeln entgegentritt, ob dem Antragsteller das ihm aufgegebene Verhalten überhaupt möglich und zumutbar sei, insbesondere ausschließlich Spieler in Baden-Württemberg von seinem Internetwettangebot auszuschließen. So lässt sein Beschwerdevorbringen ohne weiteres erkennen, warum er anders als das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Antragsteller der Untersagungsverfügung entsprechen kann (vgl. insbes. S. 4, 10 f.).

Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben auch Anlass, die vom Verwaltungsgericht zum Nachteil des Antragsgegners getroffene Abwägungsentscheidung zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe abzulehnen.

Das Verwaltungsgericht hat bei der von ihm nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, der angefochtenen Untersagungsverfügung vom 17.11.2006 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig keine Folge leisten zu müssen, zu Unrecht Vorrang vor dem - nach § 80 Abs. 3 VwGO formell ordnungsgemäß begründeten - besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben. Mit dieser Verfügung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller, in Baden-Württemberg Glücksspiel und insbesondere Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1) und gab ihm auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen (Ziff. 2); gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziff. 3) und dem Antragsteller für den Fall, dass er seinen Verpflichtungen binnen zweier Wochen nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 EUR angedroht (Ziff. 4). Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung nicht zu erkennen.

1. Derzeit spricht auch bei Berücksichtigung der umfangreichen Ausführungen des Antragstellers mehr dafür, dass das Regierungspräsidium ihm ohne Rechts- und Ermessensfehler die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten untersagt, die Einstellung der untersagten Tätigkeiten aufgegeben und für den Fall, dass er dem nicht fristgemäß nachkomme, ein Zwangsgeld angedroht hat. Soweit sich die Verfügung darüber hinaus auf die Untersagung jeglichen Glücksspiels bezieht, dürfte sie demgegenüber mangels eines entsprechenden Erfordernisses rechtswidrig sein.

Voraussichtlich zu Recht dürfte das Regierungspräsidium seine Verfügung auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (vgl. GBl. BW 2004, 274) - LottStV - gestützt haben, wonach die zuständige Behörde die Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels untersagen kann. Maßgeblich für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist insoweit, wie regelmäßig bei Dauerverwaltungsakten, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.03.2005, Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 zu § 15 Abs. 2 Satz 2 GewO m. N.); steht diese - wie hier - noch aus, ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.

Das Regierungspräsidium dürfte auch zutreffend angenommen haben, dass unter jene, sich nach dem eindeutigen Wortlaut nicht nur auf Lotterien beziehende Vorschrift auch das Vermitteln von Wetten sowie die Unterstützung solcher Tätigkeiten fällt (vgl. zu § 284 Abs. 1 StGB bereits Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181; auch BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, BVerwGE 126, 149). Auch wenn dies aufgrund des systematischen Zusammenhangs zu § 14 LottStV zu verneinen sein sollte, wäre die Untersagungsverfügung gleichwohl zu Recht gegenüber dem Antragsteller ergangen, da dieser durch das Bereitstellen entsprechender Einrichtungen (vgl. § 284 Abs. 1 3. Alt. StGB; hierzu inzwischen BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 -) - hier durch sein auch an Wettinteressenten in Baden-Württemberg gerichtetes Vermittlungsangebot im Internet - zumindest als (Mit-) Verursacher der Veranstaltung eines (dort unerlaubten) Glücksspiels i. S. des ergänzend heranzuziehenden § 6 Abs. 1 u. 3 PolG anzusehen wäre (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 09.10.2006 - 6 S 1765/06 -). Dass der Antragsteller sein Wettbüro in Sachsen betreibt und die angenommenen Sportwetten ins EG-Ausland (Gibraltar) vermittelt, ändert nichts daran, dass durch sein auch an Wettinteressenten in Baden-Württemberg gerichtetes Angebot, den Abschluss entsprechender Spielverträge auch von dort aus zu vermitteln, jene letztlich auch in Baden-Württemberg veranstaltet werden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14.03.2002, NJW 2002, 2175, Urt. v. 01.04.2004, NJW 2004, 2158). Insoweit ist daher auch eine örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe gegeben.

Zutreffend wird in der angefochtenen Verfügung von einem Glücksspiel i.S. des § 3 Abs. 1 LottStV ausgegangen. Bei den vermittelten Sportwetten handelt es sich ersichtlich nicht um Geschicklichkeitsspiele (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2002, GewArch 2003, 352; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181 m.w.N.).

Voraussichtlich zu Recht wurde in der angefochtenen Verfügung auch angenommen, dass die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB erfolgt sei (vgl. Senat, Beschl. v. 28.07.2006, VBlBW 2006, 424), nachdem hierfür zu keiner Zeit eine Erlaubnis für Baden-Württemberg erteilt worden sei. Die Geltung jenes Repressivverbots hat das Bundesverfassungsgericht auch in seinem Urteil vom 28.03.2006 (NJW 2006, 1261) nicht in Frage gestellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 -). Ob letztlich - auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG - von einer Strafbarkeit auszugehen wäre, ist demgegenüber in vorliegendem Zusammenhang unerheblich (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.07.2006, a.a.O.); insofern ist auch nicht von Belang, dass, worauf der Antragsteller hinweist, der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.11.2006 - 2 StR 55/06 - ein Verfahren wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Veranstaltung eines Glücksspiels gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt hat.

Auch die der in Gibraltar ansässigen Veranstalterin, der ..., dort - im EG-Ausland - am 21.03.2006 erteilte, bis 31.03.2007 befristete Erlaubnis, die inzwischen wohl verlängert worden sein dürfte, änderte an dem objektiven Verstoß nichts. Inwiefern eine solche kraft derzeitigen europäischen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen können sollte, lässt sich auch den Ausführungen des Antragstellers nicht entnehmen (gegen eine unmittelbare Geltung auch BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; NdsOVG, Beschl. v. 17.03.2005, GewArch 2005, 282; BGH, Urt. v. 01.04.2004, a.a.O.; anders wohl OLG München, Urt. v. 26.09.2006 - 5 St RR 115/05 -). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen. Dem entsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178 v. 17.07.2000, S. 1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwägungsgrund 16 u. Art. 1 Abs. 5 Buchst. d 3. Spiegelstrich). Inwiefern einem solchen Repressivverbot unabhängig von einer nach nationalem Recht vorgesehenen Erlaubnisfähigkeit Gemeinschaftsrecht entgegenstehen sollte, ist nicht zu erkennen (vgl. BGH, Urt. 01.04.2004, a.a.O.). Die vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vom 16.05.2006 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - vertretene Auffassung, wonach Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u. a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich schließlich nicht mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (NJW 2005, 139 ) zugrunde liegenden Annahmen vereinbaren, wo den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt wird; hierauf ist zu Recht auch in der angefochtenen Verfügung hingewiesen worden. Dem entsprechend hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - jene Ausführungen auch nicht zu Eigen gemacht. Vielmehr hat er auf seine bisherige Rechtsprechung verwiesen, die eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses anerkannt habe, aus denen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt seien (Rdnr. 45 f.), und ausdrücklich klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. auch das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (Rdnr. 48); die vorgeschriebenen Beschränkungen müssten allerdings den sich aus seiner Rechtsprechung ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen (Rdnr. 48). Auch ein Konzessionssystem könne dabei ein wirksamer Mechanismus sein, um die im Bereich der Glücksspiele tätigen Wirtschaftsunternehmer mit dem vom jeweiligen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziel zu kontrollieren (Rdnr. 57). Ob die nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im jeweiligen Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenze (hier: das staatliche Wettmonopol), tatsächlich dem von dem Mitgliedstaat geltend gemachten - und vom Gerichtshof anerkannten - Ziel entspreche, sei von dem nationalen Gericht zu prüfen (Rdnr. 72). Insofern hat sich mit diesem Urteil die Rechtsposition privater Vermittler von Sportwetten nicht verbessert (vgl. Senat, Beschl. v. 29.03.2007 - 6 S 1972/06 -; ebenso OVG Hamburg, Beschl. 09.03.2007 - 1 Bs 378/06 -; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07.OVG -). Auf die Frage der Zulässigkeit der Verhängung von - hier ersichtlich nicht in Rede stehenden - Sanktionen gegen sie (vgl. Rdnr. 63) kommt es demgegenüber in vorliegendem Zusammenhang nicht an. Vor diesem Hintergrund kann hier auch dahinstehen, ob die der ... erteilte Glücksspiellizenz im Hinblick auf Ziff. 11 des Licence-Agreements überhaupt zu den hier in Rede stehenden Wettaktivitäten berechtigte (vgl. hierzu HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006 - 1 Bs 496/04 - sowie die im Ergebnis eher zweifelhafte Auslegung durch das maltesische Finanzministerium v. 06.02.2007). Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann insoweit nicht allein auf die europäischen Grundfreiheiten abgehoben werden.

Auch die dem Antragsteller vom Gewerbeamt des Rates des Kreises L.-Z. unter dem 11.04.1990 erteilte Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten ändert ungeachtet der Frage, ob diese überhaupt die Vermittlung von außerhalb des Zuständigkeitsbereichs dieser Behörde angebotenen Sportwetten erfasst, nichts daran, dass diese jedenfalls in Baden-Württemberg nicht erlaubt sind. So hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21.06.2006 (a.a.O.) entschieden, dass es eine von einem Hoheitsträger in der früheren DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten nicht rechtfertige, solche auch in den alten Bundesländern zu veranstalten und zu vermitteln. Davon, dass diese Entscheidung insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnete und gar einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhielte, vermag der Senat nicht zu erkennen (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 2136/06 -). Auch wenn im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Erfolgsaussichten insoweit noch als offen anzusehen wären, führte dies noch auf kein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006 - 1 BvR 2399/06 -).

Die Untersagung der weiteren Ausübung der gewerblichen Tätigkeit Vermittlung von Sportwetten begegnet auch nicht deshalb Ermessensfehlern, weil die derzeitige (gesetzliche) Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols auch in Baden-Württemberg mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, da das hier maßgebliche Gesetz über staatliche Lotterien, Wetten und Ausspielungen (Staatslotteriegesetz - StLG) vom 14.12.2004 (BW S. 894) insoweit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. In der Tat fehlt es bislang an gesetzlichen Regelungen, die eine konsequente und aktive Ausrichtung des in Baden-Württemberg zulässigen Sportwettangebots am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 138/05 -; Urt. v. 28.03.2006, a.a.O., S. 1264 ff.). Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtslage bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe für anwendbar erklärt, dass das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Land (Baden-Württemberg) veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden darf, sofern das Land (Baden-Württemberg) unverzüglich damit beginnt, das staatliche Sportwettmonopol konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten (vgl. Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.; Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O., der klarstellt, dass aufgrund dieses Urteils die Rechtslage auch in Baden-Württemberg entsprechend verbindlich geklärt ist; hierzu Senat, Beschl. v. 09.11.2006 - 6 S 2100/06 -).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, unter denen die bisherige Rechtslage bis zu einer (verfassungskonformen) gesetzlichen Neuregelung in Baden-Württemberg weiter anwendbar ist, erfüllt. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) unter Verweis auf entsprechende Erklärungen der zuständigen öffentlichen Stellen des Landes entschieden. Danach werden die vom Land veranstalteten Sportwetten schon während der Übergangszeit an den Zielen der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht und nicht (mehr) an der Erzielung von Einnahmen ausgerichtet; so werden künftig das Wettangebot begrenzt, Vertrieb und Werbung eingeschränkt und die Spielscheine mit einem Hinweis auf die Suchtgefahr versehen (vgl. insbes. die Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 07.04.2006). Diese Maßnahmen hat für die Übergangszeit - in authentischer Interpretation seines Urteils vom 28.03.2006 (a.a.O.) - ausdrücklich auch das Bundesverfassungsgericht als ausreichend angesehen (vgl. Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O., BA, S. 8). Dies muss um so mehr gelten, als inzwischen bereits eine Vielzahl von Maßnahmen zum Spielerschutz bzw. zur Suchtprävention tatsächlich umgesetzt ist (vgl. LT-Drs. 14/43 S. 2 f.); von bloßen Absichtserklärungen kann insofern nicht die Rede sein (vgl. auch die inzwischen bekannt gemachten Teilnahmebedingungen für die vom Land veranstalteten Ergebniswetten, GABl. 2006, 533 ff., 540 ff.). Dass die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor nicht erfüllt wäre, auch in der Übergangszeit jede Werbung zu unterlassen, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten auffordere, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die vom Antragsteller angeführten Werbebeispiele betreffen überwiegend schon nicht Baden-Württemberg bzw. nicht den hier in Rede stehenden Bereich der Sportwetten, auf den nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts indes allein abzustellen ist, sondern andere Glücksspiele, mag Oddset auch unter derselben Dachmarke (Lotto) vertrieben werden. Dass von der andere Glücksspiele betreffenden Werbung gleichwohl verfassungsrechtlich bedenkliche Ermunterungs- bzw. Anreizwirkungen zur Betätigung des Spieltriebs im Sportwettenbereich ausgingen (vgl. insoweit BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 -), ist nicht zu erkennen. Auch die Vertriebswege sind inzwischen beschränkt worden. So gibt es einen ungehinderten - direkten - Internetzugang zur staatlich veranstalteten Oddset-Wette seit 05.03.2007 nicht mehr. Auch wenn es über die gewerblichen Spielevermittler noch indirekte Spielmöglichkeiten über Internet geben mag, sind Minderjährige nach den vorerwähnten Teilnahmebedingungen jedenfalls von einer Spielteilnahme ausgeschlossen. Auch wurden 30 baden-württembergische Verkaufsstellen der Toto-Lotto GmbH geschlossen und Planungen zu weiteren Vertriebswegen eingestellt. Durch die Einführung einer Kundenkartenpflicht bzw. eines Kundenidentifizierungssystems wird nunmehr auch eine anonyme Spielteilnahme Jugendlicher verhindert. Insofern vermag auch der Hinweis des Antragstellers auf eine Testaktion - zumal in Bayern - auf keine andere Beurteilung zu führen.

Auch die Feststellungen des Bundeskartellamts in seinem Beschluss vom 23.08.2006, die sich unmittelbar nur zu den von den staatlichen Lotteriegesellschaften veranstalteten Lotterien verhalten, rechtfertigen keine andere Beurteilung; sie lassen insbesondere nicht den Schluss zu, dass der vorliegend allein in Rede stehenden Maßgabe für die Übergangszeit nicht entsprochen würde.

Im Übrigen führten etwaige Defizite bei der Umsetzung der in der Übergangszeit zu beachtenden Maßgabe - etwa bei der Überwachung der Erfüllung der entsprechenden Verpflichtungen der gewerblichen Spielevermittler (vgl. § 14 Abs. 3 LStV) - zumal solche in anderen Bundesländern - noch nicht dazu, dass das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten deswegen nicht mehr ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfte; vielmehr ist es einer Übergangszeit gerade wesensimmanent, dass die in dieser Zeit zu erfüllenden Maßgaben erst nach und nach erfüllt werden können (vgl. HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006, a.a.O.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (a.a.O.) auch nur bestimmt, dass bereits damit begonnen werden muss, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Vor diesem Hintergrund hat es auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auffassung zurückgewiesen, der zufolge die derzeitige Rechtslage und Verwaltungspraxis in Bayern, die mit derjenigen in Baden-Württemberg vergleichbar sind, den Anforderungen genügten, die das Bundesverfassungsgericht f ü r d i e Ü b e r g a n g s z e i t bis zu einer gesetzlichen Neuregelung aufgestellt habe (vgl. Beschl. v. 19.10.2006 - 2 BvR 2023/06 -; für NRW Beschl. v. 07.12.2006, NVwZ 2007, 1521).

Die vom Antragsteller vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken rechtfertigen keine andere Beurteilung. Aufgrund der Parallelität zum Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.) ist zwar davon auszugehen, dass die derzeitige (gesetzliche) Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Baden-Württemberg auch mit Art. 43 bzw. 49 des EG-Vertrages - EG - nicht vereinbar ist. Jedoch ist die darin liegende Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit bei Berücksichtigung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, denen insoweit die Bedeutung von gesetzesvertretendem Übergangsrecht zukommt, nunmehr aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls als gerechtfertigt anzusehen, nachdem diese auch durch einen entsprechenden Maßnahmenkatalog des Finanzministeriums erfüllt wurden. Dementsprechend hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass damit auch den Anforderungen genügt wird, die der Europäische Gerichtshof insbesondere im Urteil vom 06.11.2003 (a.a.O.) konkretisiert hat (ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 04.05.2006 - 1 M 476/05 -; BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.). Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs werden ersichtlich auch nicht in diskriminierender Weise angewandt (EuGH, a.a.O., Rdnr. 65). Insbesondere wird durch die Reduzierung der Werbetätigkeit und die beschriebenen Maßnahmen zur Suchtprävention und zum Jugendschutz kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beigetragen (a.a.O., Rdnr. 67) und jedenfalls seit April 2006 keine Politik der starken Ausweitung des Spielens und Wettens zum Zweck der Einnahmenerzielung (mehr) verfolgt (a.a.O., Rdnr. 68). Vielmehr dienen jene Beschränkungen nunmehr jedenfalls wirklich dem Ziel, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (a.a.O., Rdnr. 62), und halten sich im Rahmen des Ermessens, über den die staatlichen Stellen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (a.a.O., Rdnr. 63). Angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten tragen diese auch tatsächlich den Zielen Rechnung, die sie rechtfertigen können (a.a.O., Rdnr. 76), ohne dass es einstweilen weiterer Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen bedürfte (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 13.11.2003 - Rs. C-42/02 -, EuGHE I 2003, 13519 ; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O.); dies gilt um so mehr, als es hier allein um die Abwehr von - auch von den hier in Rede stehenden Sportwetten ausgehenden, nicht unerheblichen (vgl. Hayer/Meyer, a.a.O., S. 214 ff.; Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.) - Gefahren geht und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich eine summarische Prüfung geboten ist.

Zwar besteht weiterhin das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte gesetzliche Regelungsdefizit (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.), doch führt dieses allein nicht dazu, dass nach wie vor von einer grundsätzlich mit Gemeinschaftsrecht unvereinbaren Beschränkung der Niederlassungsfreiheit bzw. des freien Dienstleistungsverkehrs auszugehen wäre (ebenso BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; anders HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006, - 11 TG 1465/06 -; OVG NW, Beschl. v. 28.06.2006, - 4 B 961/06 -). Auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2003 (a.a.O.) vermag der Senat nicht zu entnehmen, dass die dortigen Anforderungen an eine nationale Regelung (vorübergehend) nicht auch durch ergänzende gesetzesvertretende Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts und sich an diesen orientierende Maßnahmen der Exekutive erfüllt werden könnten. Überhaupt müssen nicht sämtliche Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine gesetzliche Neuregelung gestellt hat, kraft Gemeinschaftsrechts sofort umgesetzt werden; gemeinschaftsrechtlich existiert insoweit kein zwingender Maßgabenkatalog (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.). Auch etwaige (im Land Baden-Württemberg) noch bestehende Vollzugsdefizite führten nicht ohne weiteres dazu, dass die derzeit bestehende nationale (Übergangs)Regelung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstieße (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.); auf etwaige Vollzugsdefizite sowie neue Spielmöglichkeiten in anderen Bundesländern kommt es schließlich - ungeachtet der die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat treffenden Verpflichtungen - für den Bestand des mit dem baden-württembergischen Staatslotteriegesetz fortgeschriebenen staatlichen Wettmonopols nicht an.

Zu einer anderen gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung besteht auch nicht deshalb Anlass, weil - worauf der Antragsteller abhebt - die Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Schreiben vom 04.04.2006 zu der Auffassung gelangt ist, dass Deutschland durch die Beschränkung der Veranstaltung und der Bewerbung von öffentlichen Glücksspielen sowie durch die Bestimmung, dass Einrichtungen für solche Glücksspiele nur mit behördlicher Genehmigung bereitgestellt werden dürfen, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen habe (vgl. auch das ergänzende Aufforderungsschreiben Vertragsverletzung-Nr. 2003/4350). Vielmehr lässt sich auch dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.03.2007 (a.a.O., Rdnr. 48) nicht entnehmen, dass ein staatliches W e t t monopol - wovon der Antragsteller im Anschluss an die Kommissionsschreiben ausgeht - nur dann vor dem Gemeinschaftsrecht Bestand hätte, wenn die nationalen Beschränkungen auf dem gesamten Gebiet der Glücksspiele den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügten. Ebenso wenig folgt aus diesem Urteil, dass von einem kohärenten und systematischen Beitrag zur Begrenzung der W e t t tätigkeiten (vgl. EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O.) dann nicht mehr ausgegangen werden könnte, wenn andere - nicht monopolisierte - Glücksspiele mit höherem Suchtpotential - nämlich die sog. Geldspielautomaten und kasinotypischen Glücksspiele - nicht gleichermaßen beschränkt würden (vgl. allerdings EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 14.03.2007 - Case E-1/06 -, Rdnr. 43 ff.). Auch von einer widersprüchlichen bzw. willkürlichen - und insofern auch nach Art. 3 Abs. 1 GG erheblichen - Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann aufgrund der zwischen den jeweiligen Glückspielmärkten bestehenden Unterschiede nicht gesprochen werden (vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O.). Zwar sind auch Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen von Pferden nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz vom 08.04.1922 (RGBl. I 1922, S. 335, 393; zul. geänd. durch Art. 119 V v. 31.10.2006, BGBl. I, S. 2407) erlaubnisfähig (vgl. § 2 Abs. 1 RennwLottG), doch ist nicht ersichtlich, dass Rennwetten aufgrund ihrer Bedeutung und der mit ihnen einhergehenden Gefahren mit den hier in Rede stehenden Sportwetten vergleichbar und deshalb gleichermaßen regelungsbedürftig wären. Für eine Anbieter aus dem EG-Ausland diskriminierende Anwendung ist nach wie vor nichts ersichtlich. Dass sich die angegriffene Beschränkung des Sportwettangebots durchaus zur Spielsuchtbekämpfung eignet, folgt im Übrigen bereits aus dem begrenzten - weil monopolisierten - Angebot (vgl. bereits OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O.; hierzu Hayer/Meyer, Das Suchtpotenzial von Sportwetten, Sucht 49 (2003), S. 212 ff. ); eine beschränkte Zulassung privater Wettanbieter wäre im Hinblick auf die dann erforderliche staatliche Aufsicht zudem weit weniger effektiv (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.07.2000, BVerfGE 102, 197). Sportwettangebote nach festen Quotenvorgaben bringen schließlich nach vorliegenden Untersuchungen durchaus ein nicht unerhebliches Suchtpotenzial mit sich (vgl. Hayer/Meyer, a.a.O., S. 214 ff.; Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.), dem zu begegnen Anlass besteht. Ob dies im Hinblick auf die vom Antragsteller nunmehr im Auszug vorgelegte Studie der Harvard Medical School anders zu beurteilen sein könnte, deren Projekt von ... mit 1,4 Millionen EUR finanziert wurde, wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein.

Soweit sich der Antragsteller noch auf öffentliche Erklärungen des EU-Kommissars für den Binnenmarkt beruft (vgl. Der Spiegel Nr. 43/2006, S. 90), in welchem dieser Beschränkungen des Glücksspielmarkts nur dann für nicht diskriminierend hält, wenn sie für private und staatliche Anbieter gleichermaßen gälten, übersieht er, dass ein staatliches Monopol in Rede steht, bei dem, so es für erforderlich gehalten wird, private Wettunternehmer generell von der Veranstaltung von (Sport-)Wetten ausgeschlossen werden dürfen. Die Zulässigkeit einer Monopolisierung erlaubten Spielbetriebs hat indes auch der Europäische Gerichtshof nicht grundsätzlich in Frage gestellt (vgl. Urt. v. 21.09.1999 - Rs. C-124/97 -).

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen es das im deutschen wie im europäischen Gemeinschaftsrecht (vgl. Art. 231 Abs. 2 EG) geltende allgemeine Prinzip der Rechtssicherheit geböte, die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem (Gemeinschafts)Recht zu beschränken, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden (vgl. hierzu HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006, a.a.O.; OVG NW, Beschl. v. 28.06.2006, a.a.O.).

Verstößt die derzeitige Praxis damit auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, kann der Antragsgegner die derzeit jedenfalls unerlaubte Vermittlung von Sportwetten wegen der anderenfalls drohenden Gefahren ungeachtet des einstweilen noch vorhandenen (gesetzlichen) Regelungsdefizits ermessensfehlerfrei untersagen, zumal ungeachtet der vom Antragsteller erhobenen Bedenken mit einer Neuregelung nach Ablauf der Übergangsfrist zu rechnen ist; dass diese im Hinblick auf den inzwischen beschlossenen und von allen Ländern ratifizierten Entwurf eines neuen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen jedenfalls gemeinschaftswidrig wäre, vermag der Senat entgegen der vom Antragsteller im Anschluss an die Stellungnahmen der Europäischen Kommission vertretenen Auffassung einstweilen nicht zu erkennen. Ein milderes Mittel, das das Spielangebot gleichermaßen wie eine zur Durchsetzung des Wettmonopols ausgesprochene Untersagung zu begrenzen geeignet wäre, ist nicht ersichtlich. Insofern bedurfte es in der angefochten Verfügung - zumal vor dem Hintergrund der vom Regierungspräsidium im Zusammenhang mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung angestellten Erwägungen - keiner weiteren Ausführungen.

Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Anschluss an das Antragsvorbringen vertretenen Auffassung ist es dem Antragsteller auch keineswegs unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung nachzukommen. Dabei mag auf sich beruhen, ob die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden technischen Möglichkeit zur Geolokalisierung zutreffen. Denn die ihm ersichtlich mit hinreichender Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) untersagten Tätigkeiten kann der Antragsteller unabhängig von den vom Verwaltungsgericht erörterten technischen Möglichkeiten, die ungeachtet der Ausführungen des Antragsgegners im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 4 der Antragserwiderung) in der Verfügung jedenfalls nicht vorgegeben waren, ohne Weiteres dadurch einstellen, dass er seine Wettangebote ausdrücklich und eindeutig dahin einschränkt, dass diese sich künftig nicht mehr an Wettinteressierte in Baden-Württemberg richten, darauf hinweist, dass Wetten aus Baden-Württemberg von ihm auch nicht vermittelt würden, er tatsächlich auch so verfährt und durch eine entsprechende Gestaltung der von ihm zu verantwortenden Internetseite zunächst entsprechende Erklärungen der Wettinteressierten einfordert (anders wohl BayVGH, Beschl. v. 07.05.2007 - 24 CS 07.10 -, BA S. 10). Insofern könnte etwa nach entsprechenden Hinweisen im Rahmen der erforderlichen Registrierung - ähnlich wie zum Zwecke des Ausschlusses Minderjähriger und der Kenntnisnahme bzw. Akzeptanz von AGB bzw. Teilnahmebedingungen - zum Ausfüllen bestimmter Pflichtfelder bzw. Setzen von Haken bzw. Anklicken von Buttons aufgefordert werden. So wird im Übrigen auch verfahren, wenn Inhalte einer Internetseite einer ausländischen Domain im Widerspruch zur deutschen Rechtsordnung stehen (vgl. auch BGH, Urt. v. 30.30.2006, NJW 2006, 2630 zur Einschränkung des Verbreitungsgebiets einer Werbung im Internet durch sog. Disclaimer). Insofern mussten in der angefochtenen Verfügung auch keine weiteren Vorgaben gemacht werden. Dass derartige Zugangserschwernisse bereits durch entsprechende Falschangaben von Wettinteressierten in Baden-Württemberg überwunden werden können, ändert daran nichts; dies führt insbesondere nicht dazu, worauf zu Recht die Beschwerde hinweist, dass jene ungeeignet wären (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.206, a.a.O., Rn. 114). Ist danach eine Einschränkung des bislang auch Wettinteressierten in Baden-Württemberg unterbreiteten Angebots möglich, kommt es im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch nicht mehr auf die - allerdings wenig überzeugenden und im Widerspruch zur bisherigen Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis stehenden - Ausführungen des Antragsgegners zur Nichtigkeit der dem Antragsteller erteilten Gewerbegenehmigung an.

2. Schließlich besteht auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung. Dieses folgt - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat und worauf auch in der angefochtenen Verfügung abgehoben wird - daraus, dass auch vorübergehend bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die schädlichen Auswirkungen vermieden werden sollen, die den Gesetzgeber zur Einführung des staatlichen Monopols im Lotteriewesen bewogen haben. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse muss das Interesse des Antragstellers zurücktreten, seine aus freien Stücken unter Inkaufnahme des Risikos (straf-) rechtswidrigen Verhaltens begonnene und auch in der Folge nicht aufgegebene Tätigkeit vorläufig fortsetzen und daraus Gewinn ziehen zu dürfen (vgl. schon Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O.); daran ändern auch die vom Antragsteller geltend gemachten, angeblich die Existenz seines Betriebs gefährdenden Auswirkungen nichts, zumal er zu keiner Zeit darauf vertrauen konnte, seine Wettaktivitäten aufgrund der ihm bzw. der Veranstalterin erteilten Genehmigungen auch in Baden-Württemberg entfalten zu dürfen. Wenn die unerlaubte Vermittlung gewerblich veranstalteter Sportwetten gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Übergangszeit trotz festgestellter Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG - und europäischem Gemeinschaftsrecht - als ordnungsrechtlich verboten angesehen werden darf, ergibt sich aus diesem Verbot auch unabhängig von einer etwaigen Strafbarkeit ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O.). An dieser Beurteilung ändert - wie ausgeführt - auch die verfassungsgerichtlich noch nicht geklärte Frage einer Erstreckung der unter dem 11.04.1990 erteilten DDR-Erlaubnis auf das bisherige Bundesgebiet nichts (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006, a.a.O.). Eine andere Entscheidung wäre schließlich auch dann nicht angezeigt gewesen, wenn die Erfolgsaussichten aufgrund der erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken oder des beim Bundesverwaltungsgericht noch anhängigen Revisionsverfahrens - BVerwG 6 C 40.06 - noch als offen anzusehen wären (anders OVG Saarland, Beschl. v. 04.04.2007 - 3 W 23/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 02.01.2007 - 3 MB 38/06 -). Ob mit Rücksicht darauf vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren wäre, beurteilte sich grundsätzlich nach nationalem Recht (vgl. EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - Rs. C-432/05 - Unibet Ltd.). Vor dem Hintergrund der bereits vom Bundesverfassungsgericht getroffenen - der Sache nach auch die Dienstleistungsfreiheit berücksichtigenden - vorläufigen Maßgaben bestünde jedoch einstweilen kein Anlass, in der Übergangszeit nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO weitere vorläufige Maßnahmen zu treffen, bis im Rahmen des Hauptsacheverfahrens über die Vereinbarkeit des Verbots mit europäischem Gemeinschaftsrecht abschließend entschieden sein wird.

Hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG) Zwangsgeldandrohung besteht danach ebenfalls kein Anlass zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Jene entspricht auch den gesetzlichen Anforderungen (vgl. §§ 2, 20, 23 LVwVG). Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlichen Rahmen und erscheint angesichts der jährlich zu erwartenden Gewinne verhältnismäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1. 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 u. Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG. Der vom Verwaltungsgericht festgesetzte Streitwert erscheint für das Hauptsacheverfahren im Hinblick auf das zugleich festgesetzte Zwangsgeld angemessen (vgl. Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs i.d.F. vom 07./08.07.2004 (NVwZ 2004, 1327). Dieser Streitwert ist im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtschutzverfahrens jedoch zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs; Senat, Beschl. vom 12.01.2005, a.a.O.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.