VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2010 - 11 S 541/10
Fundstelle
openJur 2012, 63139
  • Rkr:

Aus einem Abschiebungsverbot folgt nicht zwingend, dass eine Ausweisung generell unzulässig ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2010 - 11 K 3543/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet sowie gegen eine Aufenthaltsbeschränkung und eine Meldeauflage.

Der am ... 1956 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Im Jahr 1976 lernte er während des Studiums in Ankara Abdullah Öcalan kennen und schloss sich 1978 der neu gegründeten PKK an. Zusammen mit Abdullah Öcalan und weiteren PKK-Mitgliedern verließ er 1978 Ankara, um von einem anderen Ort aus besser gegen den türkischen Staat und das Militär agieren zu können. 1980 wurde er wegen seiner Aktivitäten festgenommen und inhaftiert sowie nach seinen Angaben gefoltert. Er war für mehr als 20 Jahre in Haft, bevor er am 3.9.2000 auf Bewährung entlassen wurde. Auch in seiner Haftzeit trat er für die Rechte des kurdischen Volkes und die Ziele der PKK ein; er nahm beispielsweise an Hungerstreiks und dem sog. Todesfasten teil, unterstützte verschiedene Aufrufe und verfasste Artikel sowie sonstige Schriften.

Der Kläger reiste am 4.1.2002 mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet ein. Zunächst bemühte sich die HADEP - letztlich erfolglos - um eine langfristige Aufenthaltserlaubnis für ihn, da er die Betreuung eines Büros der Partei in Deutschland übernehmen solle.

Am 3.2.2003 beantragte der Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter. Mit Urteil vom 30.4.2004 - A 3 K 12874/03 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge festzustellen, dass beim Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG in Bezug auf die Türkei vorliege. Dieser gerichtlichen Verpflichtung entsprach das Bundesamt mit Bescheid vom 1.7.2004.

Am 21.3.2005 erteilte die Landeshauptstadt ... dem Kläger eine bis zum 20.3.2006 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, die am 12.5.2006 bis zum 11.05.2007 verlängert wurde.

Am 8.8.2006 wurde der Kläger aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 7.8.2006 festgenommen. Mit Rechtshilfeersuchen vom 10.12.2007 an die Bundesrepublik Deutschland beantragte die Türkei seine Auslieferung aufgrund eines Haftbefehls des Schwurgerichts in Diyarbakir vom 11.08.2006. In diesem Ersuchen wurde dem Kläger zur Last gelegt, er sei als Mitglied des Führungskomitees der PKK innerhalb Europas und der damit verbundenen Leitungsfunktionen für von der PKK auf dem türkischen Staatsgebiet durchgeführte Terroranschläge verantwortlich. Im Anschluss daran ordnete das OLG Frankfurt/Main mit Beschluss vom 13.3.2008 - 2 AuslA 16/08 - die Auslieferungshaft gegen den Kläger an. Die Bundesregierung lehnte die Auslieferung des Klägers in die Türkei durch Verbalnote vom 14.5.2009 ab. Am 22.5.2009 wurde der Kläger aus der Auslieferungshaft entlassen.

Mit Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 10.4.2008 - 5 - 2- StE 8/06 -6 - 1/07 wurde der Kläger wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei von Juni 2005 bis zu seiner Festnahme am 8.8.2006 verantwortlicher Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland gewesen. Die Sektorleiter seien in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht worden. Als Sektorverantwortlicher habe der Kläger die typischen Leitungsaufgaben erledigt und die organisatorischen, finanziellen, persönlichen sowie propagandistischen Angelegenheiten in seinem Zuständigkeitsbereich geregelt. Er habe in regelmäßiger Verbindung zu den ihm nachgeordneten Gebietsleitern gestanden, habe deren Arbeit kontrolliert, ihnen Anweisungen gegeben und sich über Entwicklungen und Probleme in den Gebieten und Institutionen berichten lassen. Über Veranstaltungen und Versammlungen in den angeschlossenen Gebieten habe er sich regelmäßig unterrichten lassen und bestimmenden Einfluss auf deren Organisation und Ablauf genommen. Der Kläger habe auch mit den beiden anderen Sektorleitern in Deutschland zusammengearbeitet. Den Weisungen der Mitglieder der Europaführung sei er pflichtgemäß und dem hierarchischen Aufbau der Organisation entsprechend nachgekommen. Der Kläger sei Verbindungsmann zwischen der Europaführung und den Sektorleitern in Deutschland gewesen. Außerdem sei er für sektorübergreifende Angelegenheiten zuständig gewesen. Als Verantwortlicher eines Sektors sei er über die Ziele der Partei und über deren interne Strukturen, Vorhaben und Arbeitsmethoden in Deutschland und Europa unterrichtet gewesen. Dies gelte auch für die Hintergründe, Vorhaben und organisatorischen Abläufe im Zusammenhang mit unerlaubten grenzüberschreitenden Reisen sowie den Umgang mit Bestrafungsfällen und Spendengelderpressungen. Durch seine enge Zusammenarbeit mit der Europaführung, den anderen Sektorleitern und den Gebietsverantwortlichen seien ihm die Zielvorstellungen und die insoweit geübten Praktiken der Organisation und des führenden Funktionärskörpers in Deutschland bekannt gewesen. Er habe gewusst, dass innerhalb des führenden Funktionärskörpers eine Vereinigung bestanden habe, die im Rahmen der Ausübung von Strafgewalt Straftaten veranlasst und durchgeführt habe. Durch seine Amtsführung habe er den organisatorischen Zusammenhalt dieser Vereinigung gefestigt, habe bei deren Aktivitäten bestimmend mitgewirkt und sei mit illegalen Einreisen und dem Erschleichen von Aufenthaltstiteln befasst gewesen.

Nach Aufhebung dieses Urteils im Strafausspruch durch Beschluss des BGH vom 10.11.2008 - 3 StR 425/08 - wurde der Kläger mit Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 9.3.2009 - 4 - 2 StE 8/06 - 6 - 1/08 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt.

Mit Bescheid vom 14.8.2009 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus, beschränkte seinen Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Haftentlassung auf das Stadtgebiet ... und verpflichtete ihn, sich ab dem Folgetag seiner Haftentlassung einmal täglich zwischen 11.00 Uhr und 13.00 Uhr bei einem bestimmten Polizeirevier zu melden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger habe im Bundesgebiet kein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB 1/80 erworben. Aufgrund der Urteile des OLG Frankfurt/Main vom 10.4.2008 und vom 9.3.2009 seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Nr. 1, 1. Alt. AufenthG erfüllt. Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei nicht betroffen. Eine Verwurzelung des Klägers im Bundesgebiet habe nicht stattgefunden. Bis zu seiner Festnahme habe er im Bundesgebiet einen privaten Wohnsitz nicht begründet. Persönliche, gesellschaftliche oder kulturelle Beziehungen zu Deutschen seien nicht erkennbar. Er spreche weder die deutsche Sprache noch verstehe er diese. In den Jahren 2005 und 2006 habe der Kläger Sozialhilfe erhalten. Jedenfalls sei ein Eingriff durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung sei gesetzlich vorgesehen und stelle eine Maßnahme dar, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig sei. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei auch von Bedeutung, dass eine Entwurzelung des Klägers in der Türkei nicht festgestellt werden könne. Sein gesamter Werdegang sei geprägt von dem Kampf um die Rechte des kurdischen Volkes. Auch im Bundesgebiet sei er für die kurdische Sache eingetreten. Alle Familienangehörigen hielten sich in der Türkei auf. In Anbetracht der Schwere und der Art der Verurteilung wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt. Zudem liege der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG vor. Die PKK sei bis in die Gegenwart eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze. Gewalt werde nach wie vor als wichtiges Ziel zur Durchsetzung der Ziele und zum eigenen Schutz angesehen. Dissidenten würden weiterhin verfolgt. Die PKK sei im Anhang zu Art. 1 des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der EU vom 27.12.2001 als terroristische Vereinigung aufgeführt. Der persönliche Werdegang des Klägers dokumentiere seine andauernde objektive und subjektive Zugehörigkeit zur PKK und begründe eine gegenwärtige Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die Voraussetzungen einer Regelausweisung nach § 54 Nr. 5a AufenthG seien gleichfalls gegeben. Die PKK verübe politische und gewalttätige Aktionen auch auf deutschem Boden. Der Kläger sei nicht nur Mitglied der PKK, sondern habe von Juni 2005 bis August 2006 eine herausragende Funktionärstätigkeit ausgeübt. Die vom Kläger ausgehende Sicherheitsgefahr sei als hoch einzuschätzen. Im Falle des Klägers liege zudem der Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 7 AufenthG vor. Selbst wenn eine Ausweisung des Klägers nur nach Ermessen möglich sei, sei diese unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten und erforderlich. Es bestehe ein sehr gewichtiges sicherheitsrechtlich begründetes öffentliches Interesse, die vom Kläger ausgehende schwerwiegende Gefahr für höchste Rechtsgüter durch den Entzug des Aufenthaltsrechts sowie die Verhängung eines Wiedereinreiseverbots abzuwehren. Aufgrund des bisherigen konsequenten Verhaltens und der beharrlichen Handlungen sowie gefestigten inneren Überzeugung von der Richtigkeit und Notwendigkeit des Einsatzes für den bewaffneten Kampf und für die Ziele der PKK sei die Gefahr als äußerst konkret einzuordnen. Der Kläger habe sich schon in jungen Jahren uneingeschränkt zur PKK und deren Ideologie bekannt, deren Gründung miterlebt und sich während seiner langen Haftzeit in der Türkei aktiv für die kurdische Sache eingesetzt. Seine Ausweisung verfolge general- und spezialpräventive Zwecke. Allen an terroristischen und kriminellen Strukturen und Verbindungen beteiligten Ausländern müsse aufgezeigt werden, dass den hiervon ausgehenden Gefahren konsequent begegnet werde und die Ausweisung und Aufenthaltsbeendigung die zwangsläufige Folge solchen Verhaltens sei. Aufgrund der Identifizierung des Klägers mit der PKK sei auch von einer gesteigerten Wiederholungsgefahr auszugehen. Der Kläger sei im Bundesgebiet keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen, sondern sei journalistisch und politisch für die PKK tätig gewesen. Zwar bestehe ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Dies stehe einer Ausweisung indes nicht entgegen. Seit der Feststellung des Abschiebungsverbots im Jahr 2004 seien kontinuierliche Verbesserungen und Reformen in der Türkei im Bereich der Strafverfolgung und des Justizvollzuges zu verzeichnen. Gegen eine Gefährdung des Klägers im Falle einer Rückkehr in die Türkei spreche, dass seine Geschwister und andere Personen sich im Heimatland aufhielten und diese sich seiner im Falle einer Rückkehr annehmen würden. Vom ihm könne erwartet werden, dass er diese Personen von seiner Rückkehr vorab in Kenntnis setze, so dass sie für einen anwaltlichen Beistand sorgen könnten. Weiter könne als gesichert gelten, dass die PKK oder andere prokurdische Organisationen sein Schicksal nach einer Abschiebung aufmerksam verfolgen und rechtswidrige Übergriffe publik machen würden. Im Falle einer Abschiebung sei folglich durch Herstellen von Öffentlichkeit ausreichend Schutz gegeben. Das gegenwärtig noch bestehende Abschiebungsverbot überwiege somit nicht das schwerwiegende öffentliche Sicherheitsinteresse an der Ausweisung. Die angeordneten Überwachungsmaßnahmen seien gemäß § 54a AufenthG aus Gründen der inneren Sicherheit erforderlich. Gemäß § 54a Abs. 2 AufenthG sei der Aufenthalt auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde beschränkt. Nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG unterliege der Kläger der gesetzlichen Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden. Im Falle des Klägers seien besondere Umstände gegeben, die eine tägliche Meldepflicht erforderten. Nur bei einer täglichen Meldepflicht könnten Reisebewegungen des Klägers zum Zwecke weiterer Mitgliedschafts- und Unterstützungshandlungen für die PKK unterbunden oder zumindest erschwert werden. Angesichts der Gefährlichkeit des Klägers sei die tägliche Meldepflicht zumutbar und insgesamt verhältnismäßig.

Am 16.9.2009 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden. Eine derartige Verurteilung erfülle jedoch nicht die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG. Bei der PKK handele es sich nicht um eine terroristische Vereinigung. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die PKK eine terroristische Organisation sei, habe der Beklagte nicht genannt. Zwar sei die PKK auch auf der Liste des Rates der EU aufgeführt. Dies allein erfülle indes nicht die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.1.2010 - zugestellt am 4.2.2010 - abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Rechtliche Grundlage der Ausweisungsverfügung sei § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach werde ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen vor, da der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden sei. Der zwingenden Ausweisung des Klägers stünden höherrangiges Recht und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht entgegen. Als zu berücksichtigender Belang des Klägers liege hier allein sein Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem Jahr 2002 vor. Dieser Belang sei jedoch nicht von Gewicht, da Integrationsleistungen nicht feststellbar seien. Für eine Verwurzelung im Bundesgebiet und eine Entwurzelung im Herkunftsstaat fehlten jegliche Anhaltspunkte. Dem Erlass der Ausweisungsverfügung stehe das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht entgegen. Der Ausweisung komme, auch wenn eine Abschiebung in die Türkei unmöglich sei, eine selbstständige Bedeutung zu. Dies zeige etwa das in § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG enthaltene Verbot der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Das Regierungspräsidium sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt sei. Die PKK sei jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 eine Vereinigung gewesen, die den Terrorismus unterstützt habe. Sie sei seit dem Jahr 2002 im Verzeichnis der Personen, Vereinigungen und Körperschaften im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (EU-Terrorliste) aufgeführt. Der Gemeinsame Standpunkt sei allerdings nur an die Mitgliedstaaten gerichtet; eine rechtliche Bindungswirkung komme ihm nicht zu. Die Aufnahme der PKK in die EU-Terrorliste besage somit nur, dass die PKK nach Auffassung des Europäischen Rates eine terroristische Organisation sei. Auch wenn einer solchen Feststellung nicht unerhebliches Gewicht zukomme, sei dieser Umstand gleichwohl nicht geeignet, eine eigenständige Prüfung seitens der Gerichte (und Behörden) anhand der vorliegenden Erkenntnismittel entbehrlich zu machen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009 des Rates vom 22.12.2009 zur Durchführung von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2009 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 501/2009 (ABl. L 346 v. 23.12.2009 S. 39). Ausländerrechtliche Maßnahmen wie beispielsweise die Ausweisung seien in dieser Verordnung nicht geregelt. Die danach gebotene eigenständige Prüfung führe zu dem Ergebnis, dass die PKK zu terroristischen Handlungen in dem maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 angestiftet bzw. diese gefördert habe. In den Jahren 2005 und 2006 habe die PKK nach langer Zeit wieder Bombenattentate gegen touristische Ziele in der Türkei verübt: am 16.7.2005 in Kusadasi mit 5 Todesopfern, am 2.4.2006 in Istanbul und bei einer Anschlagsserie am 27. und 28.8.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya mit drei Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Diese terroristischen Handlungen hätten sich fortgesetzt. Am 22.5.2007 habe ein der PKK zugerechneter Bombenanschlag im Zentrum Ankaras zu mehreren Todesopfern und zahlreichen Verletzten unter der Zivilbevölkerung geführt. Bei einem der PKK zugerechneten Autobombenanschlag in Diyarbakir am 3.1.2008 seien 7 Personen getötet und 67 weitere Personen zum Teil schwer verletzt worden. Daneben setzte die PKK auch Selbstmordattentäter ein. Bei einem solchen Anschlag im Stadtzentrum von Ankara seien am 22.5.2007 9 Personen gestorben, 88 weitere Personen seien teilweise schwer verletzt worden. Schließlich habe die PKK am 8.7.2008 drei deutsche Staatsangehörige am Berg Ararat entführt. Bei diesen Anschlägen und Übergriffen handele es sich unzweifelhaft um Praktiken des Terrorismus. Dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK, soweit sie im Bundesgebiet agiere, mit Blick auf ihre politisch-strategische Neuausrichtung nicht mehr als terroristische Vereinigung ansehe und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejahe, ändere hieran nichts. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stelle weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB. Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG sei zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handele.

Der Kläger habe der PKK von Juni 2005 bis August 2006 als führender Funktionär angehört. In dieser Zeit sei er verantwortlicher Leiter des PKK-Sektors Süd in Deutschland gewesen. Als Sektorverantwortlicher habe er die typischen Leitungsaufgaben erledigt und die organisatorischen, finanziellen, persönlichen sowie propagandistischen Angelegenheiten in seinem Zuständigkeitsbereich geregelt. Ein Nachweis, dass eine bestimmte terroristische Aktion konkret gefördert werde, sei ebenso wenig erforderlich wie eine subjektive Vorwerfbarkeit. Die Aktivitäten des Klägers in den Jahren 2005 und 2006 begründeten auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Für einen Persönlichkeitswandel oder eine Distanzierung vom Einsatz terroristischer Mittel sei weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger erfülle darüber hinaus auch den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG. Die PKK stelle nach wie vor eine Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Sie schrecke nicht davor zurück, Parteiabweichler und sonstige Verräter zu verfolgen und zu töten. Durch dieses Verhalten maße sich die PKK eine eigene Strafgewalt in Deutschland an und verletze und gefährde dadurch die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund seiner hochrangigen Funktionärstätigkeit im Zeitraum 2005 und 2006 trage der Kläger eine qualifizierte Mitverantwortung an den kriminellen Aktivitäten der PKK in Deutschland. Es bestehe auch noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit. Im Hinblick auf seine hochrangige Funktionärstätigkeit und der sich hieraus ergebenden Identifizierung mit den Zielen und Zwecken dieser Vereinigung reiche für die Annahme einer fortbestehenden Gefahr aus, dass der Kläger sich von den kriminellen/terroristischen Handlungen der PKK bislang nicht distanziert habe.

Im Hinblick auf den Ist-Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG komme es nicht darauf an, ob atypische Umstände in Bezug auf die Regelausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG vorlägen. Deshalb sei unerheblich, dass die vom Regierungspräsidium Stuttgart angestellten Erwägungen bei der für den Fall der Annahme eines Ausnahmefalles vorsorglich getroffenen Ermessensentscheidung rechtlich zu beanstanden seien. Es sei davon ausgegangen, dass im Falle einer Rückkehr in die Türkei eine Gefährdung des Klägers nicht bestehe. Damit setze sich der Beklagte in rechtswidriger Weise über die Bindungswirkung des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 1.7.2004 hinweg (§ 42 AsylVfG). Auch die weiteren Erwägungen des Regierungspräsidiums zur fehlenden Rückkehrgefährdung des Klägers im Falle einer Abschiebung in die Türkei gingen fehl. Der Kläger müsse als Aktivist der PKK, der in der Türkei mit Haftbefehl gesucht werde, im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanten Übergriffen rechnen.

Auch die nach § 54a AufenthG getroffenen Überwachungsmaßnahmen seien rechtmäßig. Eine nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderliche wirksame vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG bestehe. Unmittelbare gesetzliche Folge der vollziehbaren Ausweisung sei die räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf den Bezirk der Ausländerbehörde (§ 54a Abs. 2 AufenthG). Ob es sich bei der in Ziffer 3 des Bescheids ausgesprochenen räumlichen Beschränkung lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage handele oder der Beklagte ein sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebendes Gebot für den Einzelfall konkretisiert und die Rechtslage nochmals in verbindlicher Weise klargestellt habe, könne dahingestellt bleiben. Die Meldeverpflichtung in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids beruhe auf § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung unterliege ein Ausländer, gegen den eine vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5, Nr. 5a AufenthG oder eine vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG bestehe, der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimme. Mit der Anordnung einer täglichen Meldepflicht habe der Beklagte von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit einer anderweitigen Bestimmung Gebrauch gemacht. Diese Festlegung eines kürzeren Meldeintervalls (täglich) sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe diese Anordnung rechtsfehlerfrei mit der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit einer effektiven, engmaschigen Überwachung der Aufenthaltsbeschränkung des Klägers begründet und festgestellt, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen die berücksichtigungswürdigen individuellen Belange des Klägers überwögen. Die tägliche Meldeverpflichtung stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Klägers auf Achtung seines Privatlebens und in das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) dar.

Der Kläger hat am 4.3.2010 Berufung eingelegt, die er am 6.4.2010 - dem Dienstag nach Ostermontag - wie folgt begründet hat: Das Verwaltungsgericht beziehe sich ausschließlich auf Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die sich wiederum auf Auswertungen der türkischen Presse und Verlautbarungen türkischer Regierungsstellen und Sicherheitsorgane stützten. Objektive Erkenntnisse, dass die genannten Anschläge tatsächlich von der PKK initiiert und verantwortet worden seien, würden nicht genannt. Bei dieser Sachlage könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie von der PKK zu verantworten seien. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der politischen Interessenlage in der Türkei. Vor allem innerhalb der militärischen Strukturen gebe es Organisationszusammenhänge, die mit Staat im Staate umschrieben würden. Diesen Strukturen würden zahlreiche terroristische Anschläge wie u.a. der Vorfall von Semdinli vom 9.11.2005 und ein Anschlag im Herbst 2007 in Sirnak verantwortlich gemacht. Gleiches gelte für einen Bombenanschlag im September 2006. Hinzu komme, dass belastende Aussagen, insbesondere in politischen Verfahren, unter Folter erwirkt worden seien, ihnen somit kein Beweiswert zukomme. Stehe nicht fest, dass die vom Verwaltungsgericht erwähnten Anschläge der PKK zuzuschreiben seien, sei nach den Maßstäben der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht belegt, dass es sich bei der PKK um eine Vereinigung handle, die den Terrorismus unterstütze. Die PKK/KONGRA-GEL habe sich von den vom Verwaltungsgericht aufgeführten Anschlägen, die teilweise der Organisation TAK zugeschrieben worden seien, distanziert. Unabhängig davon sei für die Zurechnung der Unterstützung terroristischer Aktivitäten nicht die Einbindung in die Organisation in irgendeiner Art und Weise ausreichend, insbesondere dann nicht, wenn derartige Aktivitäten im Ausland erfolgt seien. In Bezug auf § 54 Nr. 5a AufenthG könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Klägers bestehe, nicht gefolgt werden. Die Vorwürfe gegen den Kläger, auf die sich das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Strafurteil gestützt habe, lägen vier bis fünf Jahre zurück. Seither seien keine Aktivitäten des Klägers behauptet oder nachgewiesen, die die Kriterien des § 54 Nr. 5a AufenthG erfüllten. Es seien keine Gründe für eine fortbestehende Gefährlichkeit angegeben. Ohne konkrete Anhaltspunkte in der Gegenwart könne ausschließlich aus in der Vergangenheit liegenden Verhaltensweisen nicht auf eine konkrete, gegenwärtige Wiederholungsgefahr geschlossen werden. Mithin fehlten auch die Voraussetzungen für die vom Beklagten angeordneten Maßnahmen nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Die Ausweisung des Klägers sei auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Der Kläger sei vor seiner Flucht aus der Türkei dort langjährig inhaftiert gewesen und während seiner Inhaftierung gefoltert worden. Ihm drohten bei einer Rückkehr/Abschiebung in die Türkei erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen, möglicherweise mit Todesfolge, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.1.2010 abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.08.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend: Die PKK stelle eine Vereinigung dar, die den Terrorismus unterstütze. Sie sei nach wie vor als terroristische Organisation in der EU-Terrorliste genannt. Dieser Listung komme eine Bindungswirkung zu. Aus dem verwaltungsgerichtlichen Urteil gehe zudem hervor, dass die PKK im maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 terroristische Handlungen begangen habe, die sich in der Folgezeit fortgesetzt hätten. Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes seien auf der Grundlage sämtlicher vor Ort zu Verfügung stehender zuverlässiger Quellen - wie etwa auch den Erkenntnissen lokaler Menschenrechtsgruppen, vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen, Oppositionskreise, internationaler Organisationen wie UNHCR - erstellt worden. Hieraus gehe die Zurechnung der darin aufgeführten Anschläge zur PKK hervor. Selbst wenn diese Anschläge den Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) zuzuschreiben seien, ändere dies nichts daran, dass die PKK die Anschläge zu verantworten habe, da die TAK eine Splittergruppe der PKK sei. Die TAK habe in ihrem Bekennerschreiben zu dem Anschlag in Marmaris im August 2006 aufgeführt, dass, solange sich der Führer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, in Gefangenschaft befinde, überall in der Türkei Bomben hochgehen würden. Deutlich gehe dieser inhaltliche Zusammenhang auch aus dem Bekennerschreiben der TAK zu dem Bombenattentat in Antalya im August 2006 hervor, wonach der Anschlag ein Racheakt für die Angriffe des türkischen Staates auf die kurdische Bevölkerung und seine Widerstandskämpfer sei. Eine mögliche Distanzierungserklärung der PKK, welche im übrigen nicht näher ausgeführt und nachgewiesen worden sei, sei daher als bloß verbale und nicht glaubwürdige Abstandnahme der PKK aus taktischen Gründen zu beurteilen. Die Verfassungsschutzberichte des Innenministeriums Baden-Württemberg 2003 bis 2009 belegten die Charakterisierung der PKK als terroristische Vereinigung. Der Kläger sei hochrangiges Funktionärsmitglied gewesen. Bei einer derartigen Kaderfunktion könne vor dem Hintergrund des persönlichen Werdegangs des Klägers und angesichts des internationalen Netzwerks der PKK von einer entsprechenden Unterrichtung über jedwede Aktivitäten der PKK im In- und Ausland ausgegangen werden.

Mit Schriftsatz vom 30.6.2010 hat das Regierungspräsidium Stuttgart ergänzend ausgeführt: An dem Übergewicht des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung des Klägers ändere sich auch dadurch nichts, dass eine Beendigung seines Aufenthalts derzeit nicht möglich sei. Auch unter Berücksichtigung eines strikten Abschiebungsverbotes könne eine Ausweisung ermessensfehlerfrei ausgesprochen werden, wenn die Behörde das Abschiebungsverbot in die Ermessenserwägungen einstelle. In Anwendung dieser Grundsätze werde das in das Ausgangsverfügung ausgeübte Ermessen gemäß § 114 Satz 2 VwGO wie folgt ergänzt: Da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestandskräftig festgestellt habe, dass Abschiebungshindernisse des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 bzw. des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK gegeben seien, lägen die Voraussetzungen einer Duldung vor. Einer Gefahrenlage, die ein zwingendes Abschiebungshindernis darstelle, sei eine erhöhte Bedeutung beizumessen. Diese Wertung werde bestätigt durch den vorliegenden Sachverhalt, wonach der Kläger seit 1978 wegen seiner politischen Aktivitäten für die PKK in der Türkei verfolgt, verurteilt und inhaftiert worden sei und seine auf Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe mit einem lebenslangen politischen Betätigungsverbot verbunden sei. Er habe sich aufgrund des Verfolgungsdrucks zur Ausreise aus der Türkei entschlossen und werde seitdem für weitere Anschläge der PKK in der Türkei verantwortlich gemacht und mit einem türkischen Haftbefehl gesucht; die türkischen Behörden hätten schon erfolglos seine Auslieferung beantragt. Trotz Reformen innerhalb des Strafvollzugs seien in der Türkei immer noch Fälle von Folter durch staatliche Kräfte zu verzeichnen, ohne dass es dem türkischen Staat bislang gelungen sei, dies wirksam zu unterbinden. Die Gefahr von Folter und menschenrechtswidriger Behandlung und die daraus folgende Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit einer Rückkehr in die Türkei werde im Zusammenhang mit der Ausweisung des Klägers nicht verkannt. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass den drohenden Nachteilen und Gefahren auch mit einer lediglich vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung Rechnung getragen werden könne. Aus der derzeitigen Gefährdungslage folge noch nicht, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Türkei an einem Beitritt zur Europäischen Union interessiert sei, sei zu erwarten, dass sie die dort für die Rechtsprechung und den Strafvollzug sowie für die Achtung der Menschenrechte geltenden Standards allmählich in vergleichbarer Weise in die eigene Rechtsordnung übernehmen werde. Der Kläger habe die schwerwiegenden Ausweisungsgründe der §§ 53 Nr. 1 und 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG durch seine hochrangige Funktionärstätigkeit für die terroristische, kriminelle und verbotene PKK verwirklicht. Darüber hinaus habe er auch nach Erlass der Ausweisung weitere Unterstützungs- und Mitgliedschaftshandlungen zugunsten der PKK begangen und damit auch gegen die in der Ausweisungsverfügung festgelegten Auflagen verstoßen. Nach Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg hätten am 4.4.2010 im PKK-nahen Mesopotamischen Kulturverein e.V. ... etwa 300 Personen den Geburtstag des PKK-Gründers Abdullah Öcalan gefeiert; hierbei habe der Kläger eine Rede gehalten, in der er ausgeführt habe, dass die Kurden und APO (gemeint ist Abdullah Öcalan) zu einem einheitlichen Ganzen geworden seien, das nicht einzeln bewertet werden könne. In ... solle der Kläger bei einer Solidaritätsveranstaltung für die Eröffnung eines kurdischen Kulturvereins in ... laut einem Artikel in der Yeni Özgür Politika vom 1.6.2010 ausgeführt haben, die Kurden wollten für sich selbst entscheiden, aus diesem Grunde seien die Funktionäre des Freiheitskampfes in den Bergen, Gefängnissen oder im Exil. Des Weiteren berichte die Yeni Özgür Politika vom 14.6.2010 über eine Veranstaltung in Rüsselsheim, bei der der Kläger ebenfalls eine Rede gehalten habe. Er habe gesagt, dass Dersim für die Kurden nach wie vor eine blutende Wunde sei. Auch wenn sich aus diesem Text nur geringe extremistische Bezüge herauslesen ließen, bestätige er doch, dass der Kläger gegen die Auflagen der Ausweisungsverfügung verstoßen habe. Während einer Gedenkveranstaltung für einen im Oktober 2007 getöteten HPG-Kämpfer in einem ... Verein habe der Kläger einer Meldung in der Yeni Özgür Politika vom 15.6.2010 zufolge eine Rede gehalten, in der er ausgeführt habe, kein Staat habe das Recht, Gewalt auf die Völker auszuüben; die Kurden würden Dank des Führers APO und der Märtyrer Kurdistans für ihre nationale Identität eintreten. Am 19.6.2010 habe der Kläger in ... ein Seminar zu seiner Biographie abgehalten. Er verwirkliche demnach auch aktuell weiterhin die schwerwiegenden Ausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG und bestätige damit nachdrücklich seine konkrete gegenwärtige Gefährlichkeit. Deshalb sei es gerechtfertigt, der für ihn bestehenden Gefahrenlage im Rahmen des Ausweisungsermessens ein vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Da selbst bei besonderem Ausweisungsschutz eine Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig sei, könne erst recht bei fehlendem besonderem Ausweisungsschutz davon ausgegangen werden, dass eine verminderte Gewichtung der den Duldungsgründen zugrunde liegenden Gefahrenlage gerechtfertigt sei. Abgesehen davon sei die Ausweisung von Ausländern unter Umständen auch dann zur Erreichung eines spezialpräventiven Zwecks geeignet und erforderlich, wenn ein Abschiebeverbot vorliege und die mit der Ausweisung vordringlich bezweckte Aufenthaltsbeendigung nicht durchgesetzt werden könne. Denn auch die sonst mit der Ausweisung verbundenen Rechtsfolgen trügen dazu bei, die vom Ausländer ausgehenden Gefährdungen zu verringern. Der Erlass einer Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG ermögliche gemäß § 54a AufenthG die Überwachung des ausgewiesenen Ausländers. Zwar habe der Kläger seine Unterstützungshandlungen trotz Erlass der Ausweisungsverfügung fortgesetzt und zudem gegen die angeordneten Auflagen verstoßen. Dies ändere jedoch nichts an der grundsätzlichen Eignung der Ausweisung und der mit ihr verbundenen Auflagen als Instrument der Gefahrenabwehr. Auch wenn seine Aktivitäten in Zukunft nicht vollständig unterbunden werden könnten, werde sein Handlungsspielraum zumindest erheblich eingeschränkt. Die Verstöße gegen die räumliche Beschränkung zeigten die Notwendigkeit der täglichen Meldepflicht, um den Kläger von weiteren Verstößen abzuhalten. Zu berücksichtigen sei auch der generalpräventive Zweck der verwirklichten Ausweisungstatbestände, da gerade die Ausweisung des Klägers als herausragendes Mitglied der PKK mit Führungsfunktionen aufzuzeigen vermöge, dass allen an derartigen terroristischen und kriminellen Strukturen und Verbindungen beteiligten Ausländern mit allen Mitteln des Rechtsstaates konsequent begegnet werde.

Nach den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg nähmen die Auseinandersetzungen zwischen türkischen Sicherheitskräften und Kämpfern der HPG deutlich zu. Medienberichten zufolge seien in den vergangenen zwei Monaten 37 Soldaten getötet und mehr als 60 verwundet worden. Ein Angriff von PKK-Kämpfern mit Raketenwerfern am 31.5.2010 auf einen Marinestützpunkt habe neun Soldaten das Leben gekostet, elf weitere seien verletzt worden. Am 8.6.2010 sei in Istanbul durch die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus des türkischen Militärs mit 15 Verletzten verübt worden. Durch einen Angriff von etwa 250 PKK-Kämpfern auf eine Militärstation am 19.6.2010 in Semdinli (Provinz Hakkari) seien auf Seiten der türkischen Sicherheitskräfte elf Soldaten getötet und 14 verletzt worden. Am 22.6.2010 sei in Istanbul ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus mit Militärangehörigen verübt worden, wodurch fünf Tote und elf Verletzte zu verzeichnen gewesen seien. Die TAK habe sich zu dem Anschlag bekannt.

Der Kläger repliziert mit Schriftsätzen vom 13. und vom 20.7.2010 wie folgt: Das in seinem Fall festgestellte Abschiebungshindernis bestehe nicht nur vorübergehend. Soweit der Beklagte auf Äußerungen des Klägers in jüngster Zeit verweise, sei nicht ersichtlich, worin dabei Mitgliedschafts- und Unterstützungshandlungen oder extremistische Bezüge liegen sollten. Unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer kurdischen Organisation sei Abdullah Öcalan zu einer Symbolfigur der kurdischen Bevölkerung geworden. Der Widerstand der kurdischen Stadt Dersim sei in den Jahren 1924/25 und 1936/37 mit brutaler militärischer Gewalt - es werde von bis zu 70.000 Toten unter der kurdischen Zivilbevölkerung ausgegangen - unterdrückt worden. Objektive Befunde, dass es sich bei der TAK um eine Unter- bzw. Splitterorganisation der PKK handle, würden nicht ausgeführt. Die von der türkischen nationalistischen Presse hergestellt Verbindung mit der PKK den politischen Interessen der türkischen Regierung. Im Zusammenhang mit dem Anschlag in Kusadasi am 10.7.2005 habe die PKK gegenüber der Nachrichtenagentur MHA ausdrücklich erklärt, sie unterhalte keine Verbindung zur TAK. Sie habe eindeutig erklärt, dass sie mit dieser Organisation nichts zu tun habe und Angriffe auf Zivilisten verurteile. Hierüber sei in der Süddeutschen Zeitung vom 17.7.2005 und in der Standard online vom selben Tag berichtet worden. Der Vorsitzende des KKK-Exekutivkomitees habe sich am 20.2.2006 entsprechend geäußert. Der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir sei fälschlicherweise der PKK zugeschrieben worden; in Wahrheit sei er von türkischen Rachebrigaden verübt worden. Es könne ein Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkische Sprache vorgelegt werden, aus dem sich dies ergebe. Auch bei einem der PKK angelasteten Anschlag im Mai 2009 habe sich herausgestellt, dass der Sprengsatz (Landmine) vom türkischen Militär gelegt worden sei.

Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Beklagten (5 Bände) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Verfahrensakten, die Akten des Verfahrens 13 S 523/10 und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart 11 K 3545/09, 11 K 3543/09 und A 3 K 12874/03 verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit kann vorab auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen werden, die sich der Senat zu eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VwGO). Allerdings lässt der Senat im Unterschied zum Verwaltungsgericht nicht offen, ob die Ausweisung des Klägers auch auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt werden kann. Der Senat ist davon überzeugt, dass dies der Fall ist. Lediglich die Frage, ob die Ausweisung zudem auf § 54 Nr. 5a und Nr. 7 AufenthG gestützt werden könnte, kann dahinstehen.

1. Rechtliche Grundlage der Ausweisungsverfügung ist zum einen § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, da der Kläger durch Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 9.3.2009 - 4 - 2 StE 8/06 - 6 - 1/08 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt wurde. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt der Kläger nicht. Keiner der dort genannten Tatbestände liegt vor.

2. a) Zum anderen kann die Ausweisung auch auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt werden. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat; auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Zu den Begriffen des Terrorismus wie auch des Unterstützens kann im einzelnen auf das Senatsurteil vom 21.4.2010 (- 11 S 200/10 - juris, m.w.Nachw.) verwiesen werden.

Dass im Falle des Klägers als früherer führender Funktionär der PKK eine rechtlich relevante Unterstützungshandlung vorliegt, ist evident.

Gegen die ausführlich und schlüssig begründete Annahme des Verwaltungsgerichts, die PKK sei in dem hier insoweit maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 eine Vereinigung gewesen, die den Terrorismus unterstützt hat, bringt der Kläger lediglich vor, es stehe nicht objektiv fest, dass die PKK die ihr zugeschriebenen Anschläge in der Türkei in den Jahren 2005 und 2006 initiiert und zu verantworten habe. Das Verwaltungsgericht habe sich insoweit ausschließlich auf Lageberichte des Auswärtigen Amtes berufen, die sich ihrerseits allein auf Auswertungen der türkischen Presse und Verlautbarungen türkischer Regierungsstellen und Sicherheitsorgane stützten. Hinzu komme, dass belastende Aussagen häufig unter Folter zustande kämen und ihnen somit kein Beweiswert zukomme.

Diese eher abstrakten und wenig fallbezogenen Einwände können die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage stellen. Allein die Tatsache, dass Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte selbständige Beweismittel sind (vgl. Beschluss vom 31.7.1985 - 9 B 71.85 - NJW 1986, 3221 m.w.N.), nur mittelbare Erkenntnisquellen darstellen, nimmt ihnen nicht von vornherein jegliche Aussagekraft. Vielmehr ist jeweils im konkreten Einzelfall eine Würdigung der Erkenntnisse vorzunehmen. Die Tatsachengerichte sind nur dann zu einer näheren Prüfung verpflichtet, wenn durch bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar geworden sind (ebd.). Solche konkreten Zweifel sind hier nicht ersichtlich. Der Kläger unterlässt es, in Bezug auf die vom Verwaltungsgericht angeführten Anschläge in der Türkei substantiiert darzulegen, weshalb sie seiner Ansicht nach nicht der PKK zuzuschreiben sein sollten. Insbesondere nennt er keine Erkenntnisquellen, aus denen sich dies ergeben könnte. Auch daraus, dass andere Organisationen in der Türkei ebenfalls Anschläge begangen haben, folgt nicht, dass die hier strittigen Anschläge nicht der PKK zuzurechnen sind.

Diese Überzeugung wird nicht durch die Ausführungen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 13. und vom 20.7.2010 erschüttert. Zum einen stützt er sich hierbei auf eigene Verlautbarungen der PKK und ihr nahestehender Funktionäre, denen schon von vornherein nur eine äußerst geringe Aussagekraft zukommen kann, da es sich ersichtlich um taktisch bedingte Äußerungen handelt, wie der Beklagte zu Recht ausführt. Zum anderen legt der Kläger dar, der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir sei fälschlicherweise der PKK zugeschrieben worden, denn in Wahrheit sei er von türkischen Rachebrigaden verübt worden; hierzu hat er ein Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkischer Sprache vorgelegt, aus dem sich dies ergeben soll. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn in den einschlägigen Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 11.1.2007, vom 25.10.2007 und vom 11.9.2008 wird dieser Anschlag überhaupt nicht der PKK zugerechnet. Auch der Senat geht - wie schon das Verwaltungsgericht - demzufolge nicht davon aus, dass der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir von der PKK zu verantworten ist.

Nachdem die entsprechenden Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20.7.2010 und das dazu vorgelegte Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkischer Sprache nicht entscheidungserheblich sind, besteht für den Senat kein Anlass, das vorgelegte Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir übersetzen zu lassen oder die Stellungnahme des Beklagten hierzu abzuwarten. Im Übrigen dürfte es sogar ein Beleg für die Objektivität der Lageberichte des Auswärtigen Amtes sein, dass darin der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir nicht der PKK zugerechnet wird, denn dies zeigt, dass das Auswärtige Amt gerade nicht pauschal und ohne nähere Prüfung die PKK für jeden Anschlag in der Türkei verantwortlich macht.

Dass belastende Aussagen nach den Angaben des Klägers in der Türkei häufig unter Folter zustande kommen, besagt ebenfalls nicht, dass die Lageberichte des Auswärtigen Amtes, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, generell unzutreffend sind. Der Kläger legt schon nicht dar, welche Erkenntnisse hier mittelbar auf unter Folter zustande gekommenen Aussagen beruhen könnten. Auch insoweit fehlt jede hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit Inhalt und Zustandekommen der einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes.

Demnach ist der Senat wie schon das Verwaltungsgericht davon überzeugt, dass die PKK in den Jahren 2005 und 2006 Bombenattentate gegen touristische Ziele in der Türkei verübt hat: am 16.7.2005 in Kusadasi mit 5 Todesopfern, am 2.4.2006 in Istanbul und bei einer Anschlagsserie am 27. und 28.8.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, die drei Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderte (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.1.2007).

Auch eine fortdauernde Gefährlichkeit der PKK besteht, denn die terroristischen Handlungen haben sich in der Folgezeit fortgesetzt. Am 22.5.2007 hat ein der PKK zugerechneter Bombenanschlag im Zentrum Ankaras zu mehreren Todesopfern und zahlreichen Verletzten unter der Zivilbevölkerung geführt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007). Bei einem der PKK zugerechneten Autobombenanschlag in Diyarbakir am 3.1.2008 wurden 7 Personen getötet und 67 weitere Personen zum Teil schwer verletzt. Daneben setzt die PKK auch Selbstmordattentäter ein. Bei einem solchen Anschlag im Stadtzentrum von Ankara starben am 22.5.2007 9 Personen, 88 weitere Personen wurden teilweise schwer verletzt. Zudem hat die PKK am 8.7.2008 drei deutsche Staatsangehörige am Berg Ararat entführt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.9.2008). Auch neuerdings sind Splittergruppen der PKK wie die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) für Anschläge mit Todesopfern verantwortlich (zuletzt ein Anschlag auf einen Bus mit Militärangehörigen in Istanbul am 22.6.2010 mit fünf Todesopfern, darunter auch die 17-jährige Tochter eines Militärs; vgl. Internetauftritt der Badischen Zeitung vom 22.6.2010).

Ist hiernach davon auszugehen, dass die PKK als terroristische Organisation anzusehen ist, kommt es auf die Frage, ob der Listung der PKK im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 Bindungswirkung zukommt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.), nicht an.

Wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausführt, steht der Einordnung der PKK als terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG nicht entgegen, dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK (einschließlich ihrer Nachfolgeorganisationen), soweit sie im Bundesgebiet agiert, nicht mehr als terroristische Vereinigung ansieht und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejaht. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stellt weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 54 Rn. 462; VG München, Urteil vom 16.2.2009 - M 25 K 08.5807 - juris-Rn. 35). Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG ist zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handelt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27.3.2008 - 11 LB 203/06 - InfAuslR 2009, 54).

Weiter meint der Kläger, er könne nicht ausgewiesen werden, denn es bestünden keine Gründe für die Annahme einer gegenwärtigen Gefährlichkeit, da er lediglich in der Vergangenheit während der Jahre 2005 und 2006 eine Funktion innerhalb der PKK innegehabt habe.

Diese Behauptung ist jedoch nicht geeignet, die überzeugend begründete Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Der Kläger war von Juni 2005 bis August 2006 verantwortlicher Leiter des PKK-Sektors Süd in Deutschland. Ist aber jemand wie der Kläger als führender Funktionär einer inkriminierten Organisation tätig gewesen, ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, der bloße Zeitablauf genüge nicht, das zutage getretene Gefahrenpotential als beseitigt anzusehen, ohne Weiteres nachvollziehbar. Insbesondere setzt der Kläger der weiteren Erwägung des Verwaltungsgerichts, ein Persönlichkeitswandel oder eine Distanzierung vom Einsatz terroristischer Mittel sei weder vorgetragen noch ersichtlich, nichts entgegen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.). Die Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz über die neueren Aktivitäten des Klägers - u.a. hat er im Mesopotamischen Kulturverein ... e.V. vor etwa 300 Personen eine Rede zur Feier des Geburtstags vom Abdullah Öcalan gehalten - belegen im Gegenteil, dass er sich nach wie vor mit der PKK identifiziert und sich für deren Ziele einsetzt.

b) Allerdings liegen möglicherweise atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG vor. Denn zugunsten des Klägers hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Abschiebungsverbot nach § 53 Abs. 4 AuslG (heute § 60 Abs. 5 AufenthG) im Hinblick auf den Zielstaat Türkei festgestellt, so das bindend (vgl. § 42 AsylVfG) - und wohl auch in der Sache zu Recht - davon auszugehen ist, dass ihm dort Inhaftierung und Folter drohen. Unter Umständen begründet aber ein solches für einen unüberschaubaren Zeitraum bestehendes Abschiebungsverbot einen atypischen Ausnahmefall (näher: Discher in GK-AufenthG, § 54 Rn. 126 ff.). Auch dies kann jedoch dahinstehen, denn das Regierungspräsidium hat sein insoweit wohl zunächst fehlerhaft hilfsweise ausgeübtes Ermessen nach § 114 Satz 2 VwGO im Laufe des Berufungsverfahrens ergänzt.

Mittlerweile hat es die Gefahr von Folter und menschenrechtswidriger Behandlung und die daraus folgende Unzumutbarkeit einer Rückkehr des Klägers in die Türkei ausdrücklich berücksichtigt und in seine Ermessenserwägungen eingestellt. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, die für eine Ausweisung des Klägers sprechenden Gesichtspunkte überwögen dennoch seine entgegenstehenden Belange. Es hat sich insoweit maßgeblich darauf gestützt, dass aus der derzeitigen Gefährdungslage noch nicht folge, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne; der Kläger habe schwerwiegende Ausweisungsgründe durch seine hochrangige Funktionärstätigkeit für die PKK erfüllt; er habe auch nach Erlass der Ausweisung weitere Unterstützungs- und Mitgliedschaftshandlungen zugunsten der PKK begangen; deshalb sei es gerechtfertigt, der für ihn bestehenden Gefahrenlage im Rahmen des Ausweisungsermessens ein vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne; da selbst bei besonderem Ausweisungsschutz eine Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig sei, müsse dies erst recht bei fehlendem besonderem Ausweisungsschutz gelten; abgesehen davon ermögliche der Erlass einer Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 AufenthG die Überwachung des ausgewiesenen Ausländers; zu berücksichtigen sei auch der generalpräventive Zweck der verwirklichten Ausweisungstatbestände, da gerade die Ausweisung des Klägers als herausragendes Mitglied der PKK aufzuzeigen vermöge, dass allen an derartigen terroristischen und kriminellen Strukturen beteiligten Ausländern konsequent begegnet werde.

Dass diese Erwägungen in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden sein könnten, ist nicht ersichtlich. Aus einem Abschiebungsverbot folgt nicht zwingend, dass eine Ausweisung generell unzulässig ist (vgl. Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.). Dass die Behörde den für den Kläger sprechenden Gesichtspunkten letztlich nur geringeres Gewicht beigemessen hat als den für seine Ausweisung sprechenden spezial- und generalpräventiven Erwägungen, ist rechtlich nicht angreifbar, weil sich diese Entscheidung im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessensspielraums hält. Hierbei ist zu beachten, dass die Gerichte nicht befugt sind, selbst das Ermessen anstelle der Behörde auszuüben und eigene Ermessenserwägungen anzustellen (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Der Behörde steht ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Ermessensspielraum zu. Die Gerichte sind auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde ihr Ermessen ohne Rechtsfehler ausgeübt hat. Unter Beachtung dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis der Gerichte ist die hier vorgenommene Ermessensbetätigung in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; ob auch ein anderes Ergebnis möglich wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden.

Ein solcher Fehler bei der Ermessensausübung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht darin zu sehen, dass das Regierungspräsidium ausgeführt hat, es sei nicht absehbar, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne. Denn die weiteren Erwägungen des Regierungspräsidiums zeigen, dass es keinesfalls davon ausgegangen ist, in naher Zukunft den Aufenthalt des Klägers durch eine Abschiebung in die Türkei beenden zu können. Es hat dargelegt, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Türkei an einem Beitritt zur Europäischen Union interessiert sei, sei zu erwarten, dass sie die dort für die Rechtsprechung und den Strafvollzug sowie für die Achtung der Menschenrechte geltenden Standards allmählich in vergleichbarer Weise in die eigene Rechtsordnung übernehmen werde. Dies zeigt, dass es allenfalls die Möglichkeit einer Besserung auf lange Sicht in Betracht gezogen hat und nicht davon ausgegangen ist, der Kläger könne alsbald in die Türkei zurückkehren oder dorthin abgeschoben werden.

3. Ob der Kläger darüber hinaus auch die Regelausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5a und Nr. 7 AufenthG erfüllt, kann nach alledem dahinstehen.

4. Auch die nach § 54a AufenthG getroffenen Überwachungsmaßnahmen sind rechtmäßig.

Unmittelbare gesetzliche Folge der vollziehbaren Ausweisung ist die räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Klägers auf den Bezirk der Ausländerbehörde (§ 54a Abs. 2 AufenthG). Ob es sich bei der in Nummer 3 des Bescheids ausgesprochenen räumlichen Beschränkung lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf die Rechtslage handelt (so VG München, Beschluss vom 20.4.2009 - M 24 S 09.29 - juris) oder der Beklagte ein sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebendes Gebot für den Einzelfall konkretisiert und die Rechtslage nochmals in verbindlicher Weise klargestellt hat (so VG Ansbach, Urteil vom 29.1.2008 - AN 19 K 05.02515 - juris), kann offen bleiben, da eine solche Konkretisierung jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig wäre (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Meldeverpflichtung in Nummer 4 des angefochtenen Bescheids beruht auf § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung unterliegt ein Ausländer, gegen den eine u.a. vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 AufenthG besteht, der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Mit der Anordnung einer täglichen Meldepflicht hat der Beklagte von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit einer anderweitigen Bestimmung Gebrauch gemacht. Er hat diese Anordnung rechtsfehlerfrei mit der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit einer effektiven, engmaschigen Überwachung der Aufenthaltsbeschränkung des Klägers begründet und festgestellt, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen die berücksichtigungswürdigen individuellen Belange des Klägers überwögen. Angesichts der nicht feststellbaren Abwendung des Klägers von der PKK ist diese Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden; dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass der Kläger mittlerweile weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen und mehrmals gegen die Aufenthaltsbeschränkung verstoßen hat. Er selbst zeigt zudem nicht auf, dass und ggf. weshalb die tägliche Meldeverpflichtung einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Rechte darstellen könnte.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 21. Juli 2010

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.