VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.10.2009 - 6 K 2270/09
Fundstelle
openJur 2012, 62361
  • Rkr:

§ 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV ist seit Inkrafttreten von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/123/EG rechtskonform

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwältin S., beigeordnet.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Eilrechtsschutz gegen eine Verfügung, die ihm das Recht abspricht, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

Der 1984 geborene Antragsteller zog im Jahre 2002 aus Kasachstan nach Deutschland und ließ in der Folge seine kasachische Fahrerlaubnis nach Bestehen einer theoretischen und einer praktischen Fahrprüfung umschreiben. In der sich anschließenden Probezeit für die neu erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B beging der Antragsteller eine Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h) und nahm - nach entsprechender Anordnung - an einem Aufbauseminar für verkehrsauffällige Fahranfänger teil. Im August 2004 beging der Antragsteller eine weitere Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 34 km/h). Mit Strafbefehl vom 14.09.2004 entzog das Amtsgericht R. dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, nachdem er sich der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig gemacht hatte. Auf einen Neuerteilungsantrag hin verlangte das Landratsamt B. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die MPU GmbH Stuttgart - Zentrum für Medizinisch-psychologische Untersuchungen - gelangte in ihrem Gutachten vom 09.08.2005 zu der Bewertung, dass der Antragsteller nicht die geistigen Voraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 (Klasse B) erfülle; es sei insbesondere zu erwarten, dass er erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen oder ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Zur Bearbeitung und stabilen Veränderung des Verhaltens in den ungelösten Problembereichen werde empfohlen, weiterhin psychotherapeutische bzw. verkehrspsychologische Hilfestellung in Anspruch zu nehmen. Hierbei solle sich der Antragsteller für eine stabile Abstinenz oder - wenn möglich - zu einem tragfähigen Trinkkonzept entschließen und das neue Verhalten stabilisieren. Des Weiteren solle er sich mit den Hintergründen seiner Fehleinstellungen bezüglich des Straßenverkehrs auseinander setzen. Der diesbezügliche Erfolg sei durch eine erneute Untersuchung in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung abzusichern. In der Folge nahm der Antragsteller seinen Neuerteilungsantrag zurück. Im Januar 2006 beantragte der Antragsteller erneut die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Das in diesem Zusammenhang mit der neuerlichen Begutachtung beauftragte Medizinisch-Psychologische Institut des TÜV Süd (Stuttgart) kam in seinem Fahreignungsgutachten vom 11.04.2006 zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller trotz der aktenkundigen Verstöße gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen (mit und ohne Alkoholeinfluss) die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klasse erfülle. Es sei insbesondere nicht mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass er auch künftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen oder ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Im Mai 2006 erteilte das Landratsamt B. daraufhin die Fahrerlaubnis neu und wies ihn zugleich darauf hin, dass er mit einer abermaligen medizinisch-psychologischen Untersuchung zu rechnen habe, falls ihm die Fahrerlaubnis erneut entzogen werde oder er erheblich in verkehrs- oder strafrechtlicher Hinsicht auffalle.

Bereits am 16.09.2006 verursachte der Antragsteller unter Alkoholeinfluss (eine Stunde nach der Tat: 1,72 0) einen Verkehrsunfall (zwei schwer verletzte Geschädigte; Sachschaden: ca. 17.000 Euro). Mit Urteil vom 17.01.2007 verurteilte das Amtsgericht R. den Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und entzog dem Antragsteller die Fahrerlaubnis. Zugleich verhängte das AG eine Sperre von 16 Monaten für die Neuerteilung. Mit Schreiben vom 14.02.2007 wies das Landratsamt B. den Antragsteller darauf hin, dass es im Rahmen eines Neuerteilungsantrags eine medizinisch-psychologische Begutachtung verlangen werde. Es empfahl ihm insoweit, die Sperrfrist dazu zu nutzen, problematische Alkoholtrinkverhaltensweisen mit fachkundiger Hilfe aufzuarbeiten und seine Alkoholabstinenz zu belegen.

Am 29.06.2009 legte der Antragsteller im Rahmen einer Verkehrskontrolle eine am 20.04.2009 ausgestellte slowakische Fahrerlaubnis vor. Eine Eintragung zum Wohnsitz des Inhabers ist dort nicht vorhanden. Mit Schreiben vom 28.07.2009 hörte das Landratsamt B. den Antragsteller zum beabsichtigten Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Klarstellung der Rechtslage an. Nachdem die Fahrerlaubnis des Antragstellers rechtskräftig entzogen worden sei, vermittle die ausländische Fahrerlaubnis im Bundesgebiet keine Fahrberechtigung (§ 28 Abs. 4 FeV, Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG). Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers verwies daraufhin auf Art. 13 Nr. 2 der Richtlinie 2006/126/EG.

Mit Bescheid vom 10.08.2009 stellte das Landratsamt B. fest, dass der Antragsteller nicht berechtigt sei, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Nr. 1). Es ordnete weiter die sofortige Vollziehung an (Nr. 2) und forderte den Antragsteller unter Androhung von Vollstreckungsmitteln auf, seinen ausländischen Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen (Nr. 3).

Der Antragsteller legte am 10.09.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen auf eine auszugsweise wiedergegebene Entscheidung des VG Regensburg vom 03.07.2009 - 3 RN 5 S 09.1019 -. Seine slowakische Fahrerlaubnis sei im Bundesgebiet anzuerkennen.

Zugleich hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen um Eilrechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich - sachdienlich gefasst -,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen Nr. 1 des Bescheids des Landratsamts Biberach vom 10.08.2009 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheids anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verweist zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid und die neu in Kraft getretenen Regelungen der Richtlinie 2006/126/EG. Die Regelungen des § 28 Abs. 4 FeV widersprächen danach nicht mehr geltendem EG-Recht. Da der Antragsteller die slowakische Fahrerlaubnis nach Inkrafttreten des Art. 11 der Richtlinie erworben habe, entfalte der slowakische Führerschein im Bundesgebiet kraft Gesetzes keine Wirkung.

Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts B. vor (ein Band). Darauf, wie auch auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Dabei kann dahin stehen, ob dem anwaltlich vertretenen Antragsteller für seinen auf die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beschränkten Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht oder ob zusätzlich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel der vorläufigen gerichtlichen Feststellung seiner Fahrberechtigung erforderlich wäre (vgl. dazu etwa VG Ansbach, Beschluss vom 10.10.2008 - AN 10 S 08.01570 -); in Anbetracht des Umstands, dass der vom Antragsteller begehrte Suspensiveffekt hinsichtlich des angegriffenen - nur deklaratorisch (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 22.06.2009 - 11 CE 09.965 -) die ohnehin bestehende Rechtslage - feststellenden Verwaltungsakts ihm keine positive Fahrberechtigung vermittelt (und wohl allenfalls die Berufung auf einen Verbotsirrtum bei einem Vergehen der Fahrens ohne Fahrerlaubnis ermöglichen kann), bestehen insoweit gewisse Zweifel.

Die in Nr. 1 des Bescheids des Landratsamt B. vom 10.08.2009 enthaltene Feststellung ist jedoch jedenfalls voraussichtlich zutreffend und der Bescheid rechtmäßig. Der Widerspruch des Antragstellers wird daher wahrscheinlich erfolglos bleiben, sodass bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommt.

Rechtsgrundlage für Nr. 1 des angefochtenen Bescheids ist § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. j) und x), § 2 Abs. 11 StVG, § 28 Abs. 4 Satz 2 i.V.m § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV (in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 07.01.2009, BGBl. I, S. 29). § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV ermächtigt die Fahrerlaubnisbehörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts für den Fall, dass eine Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV nicht gilt. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV gilt eine solche Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Amtsgericht R. hatte dem Antragsteller in seinem Urteil vom 17.01.2007 die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen. Diese Maßnahme ist auch im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht getilgt (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV).

Dieses aus der Auslegung des nationalen Rechts folgende Ergebnis ist auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV ist mit den Bestimmungen der hier anzuwendenden Richtlinie 2006/126/EG vom 20.12.2006 (Dritte Führerscheinrichtlinie, ABl. EG v. 30.12.2006, L 403/18) vereinbar. Nach Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG, der gem. Art. 18 Abs. 2 RL 2006/126/EG seit dem 19.01.2009 gilt und folglich im Falle einer - wie hier - danach erteilten Fahrerlaubnis anzuwenden ist, lehnt ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist. Diesen Vorgaben entspricht das in der Auslegung des nationalen Rechts (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV) für die hier zu beurteilende Fallkonstellation gefundene Ergebnis.

Für eine einschränkende Auslegung von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG, insbesondere des Begriffes entzogen, besteht keine Veranlassung (a.A. offenbar Hailbronner / Thoms, NJW 2007, 1089, 1094). Dass die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Maßnahme ist, wonach der Führerschein auch im Sinne von Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG entzogen worden ist, ist nach Wortlaut und Intention der Vorschrift klar (so im Ergebnis auch Geiger, DAR 2007, 126, 127; ebenso in anderen Sprachfassungen der Richtlinie:  withdrawn ,  retrait ,  ritirata ,  retirado ). Die Bestimmung ist nunmehr auch - anders als noch in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG (Zweite Führerscheinrichtlinie, ABl. EG L 237 vom 24.08.1991, S. 1) - nicht mehr als bloße Ermächtigung ( kann es ablehnen, ... einen Führerschein auszustellen ), sondern als unbedingte Verpflichtung formuliert ( Ein Mitgliedstaat lehnt die Anerkennung ... ab ; vgl. dazu etwa die Begründung zur Dritten Verordnung zur Änderung der FeV in BR-Ds 851/08, S. 7 f.; ferner: Zwerger, jurisPR-VerkR 3/2009, Anm. 5; Geiger, a.a.O., S. 128; Thoms, DAR 2007, 287; Janker, DAR 2009, 181, 184; zurückhaltend Hailbronner / Thoms, a.a.O., S. 1093 f. und Riedmeyer, zfs 2009, 422 sowie OVG Saarland, Beschluss vom 23.01.2009 - 1 B 438/08 -).

Dass demgegenüber Art. 11 Abs. 4 UAbs. 3 RL 2006/126/EG für den Fall der Aufhebung ( licence ... cancelled ,  permis [faisant] l'objet d'une annulation ,  patente ... revocata ,  permiso ... anulado ) weiterhin nur eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten ( kann es ferner ablehnen, ... einen Führerschein auszustellen ) vorsieht, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Mit dem Begriff der Aufhebung ist etwa anderes gemeint als die Entziehung der Fahrerlaubnis, auch wenn beiden gemein ist, dass sie einen fortwirkenden Ausschluss der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen bewirken. Die Aufhebung zielt in der Terminologie des nationalen (deutschen) Verwaltungsverfahrensrechts grundsätzlich auf eine Rücknahme oder einen Widerruf, nicht aber den Entzug, was dazu führt, dass die Bestimmung für die Bundesrepublik Deutschland kaum einen Anwendungsbereich haben dürfte (Geiger, DAR 2007, 126, 128; vgl. dazu etwa auch BeckOK VwVfG, 4. Ed., § 48, Rn 10.1; VG Sigmaringen, Urteil vom 10.07.2007 - 4 K 1374/06 -, BeckRS 2007, 25171).

Dass die neuen Bestimmungen in Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG ihrerseits weitere Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts aufwerfen, steht dem dargelegten Verständnis einer zwingenden Versagung der Anerkennung einer Fahrerlaubnis wie der hier in Rede stehenden gleichfalls nicht entgegen. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass mit der Neuregelung beachtliche Beeinträchtigungen der Freizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit hervorgerufen werden können, da Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG es einerseits einem Mitgliedstaat untersagt, einer Person einen Führerschein auszustellen, wenn ihr zuvor in einem anderen Mitgliedstaat derselbe entzogen worden ist, und andererseits der frühere Wohnsitzstaat mangels Zuständigkeit keinen neuen Führerschein mehr ausstellen dürfte (Art. 7 Abs. 1 lit. e RL 2006/126/EG), sodass nicht ohne Weiteres auf der Hand liegt, auf welchem Weg ein Betroffener zu einer Neuausstellung eines Führerscheins nach Wiedererlangung seiner Fahreignung gelangen soll (vgl. zu derartigen Bedenken GAin Kokott, DAR 2006, 604, 610; Hailbronner / Thoms, NJW 2007, 1089, 1094; Riedmeyer, zfs 2009, 422). Jedoch zeigt die Neuregelung in § 20 Abs. 4 FeV n.F. mit der dort verlangten Vorlage einer Bescheinigung des vormaligen Wohnsitzstaates über die Wiedererlangung der Fahreignung Wege zur Neuerteilung auf, die nicht von vorneherein als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen werden können (kritisch insoweit allerdings Riedmeyer, a.a.O.).

Die Statuierung einer zwingenden Pflicht zur Versagung der Anerkennung einer Fahrerlaubnis eines anderen Mitgliedstaats nach vorherigem nationalen Entzug war von den Rechtsetzungsorganen der EU auch beabsichtigt. Ziel der Neuregelung war eine Bekämpfung des sog. Führerscheintourismus. Bereits im Richtlinienvorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 21.10.2003 (KOM (2003) 621 endg., S. 6), der sich insoweit von Art. 8 Abs. 4 der RL 91/439/EWG nicht unterschied, hieß es dazu etwa:

 Schließlich betrifft dieser Vorschlag die Frage der kohärenten, europaweiten Anwendung des Führerscheinentzugs. (...) Heute lassen sich zu viele Bürger in einem anderen Mitgliedstaat nieder, um einen neuen Führerschein zu beantragen, wenn ihnen die Fahrerlaubnis in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, wegen eines schweren Verkehrsverstoßes entzogen wurde. Diese Lage ist im Hinblick auf die Verkehrssicherheit sehr unbefriedigend und läuft auf einen Verstoß gegen die Richtlinie 91/439/EWG hinaus. Dieser Vorschlag besagt ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten keinen neuen Führerschein ausstellen dürfen für eine Person, der der Führerschein entzogen wurde und die somit indirekt immer noch Inhaber eines anderen Führerscheins ist. Mit diesem Vorschlag dürfte daher der sogenannte Führerscheintourismus beseitigt (...) werden, (...) .

Die nunmehr verabschiedete Fassung des Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG in ihrer zwingenden Formulierung beruht auf einem vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments eingebrachten Änderungsantrag (Nr. 57 im Ausschussbericht an das EP vom 03.02.2005, Dok. A6-0016/2005, S. 31 f.). Zur Begründung hieß es dort:

 Der Führerscheintourismus soll so weit wie möglich unterbunden werden. Wird einer Person in einem Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis eingeschränkt, entzogen, ausgesetzt oder aufgehoben, so darf der Mitgliedstaat einen Führerschein, der dieser Person von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde, nicht anerkennen.

Die Mitgliedstaaten dürfen darüber hinaus keine Führerscheine an Personen ausstellen, deren Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen ist (...). Wird der Führerschein in einem Mitgliedstaat aufgehoben, so kann ein anderer Mitgliedstaat die Ausstellung eines Führerscheins verweigern.

Es gibt bereits im Internet viele Angebote, in denen Personen, denen die Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat entzogen wurde (z. B. wegen Fahren unter Einfluss von Alkohol/Drogen), nahe gelegt wird, einen Schein-Wohnsitz im Ausland zu begründen und dort eine Fahrerlaubnis zu erwerben, um damit die Voraussetzungen in Bezug auf die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis zu unterlaufen. Dies führt nicht nur zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, sondern führt auch zu erheblichen Wettbewerbsverzehrungen auf dem Fahrschulsektor. 

Auch in der Begründung der Empfehlungen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments für die Zweite Lesung im Parlament vom 27.11.2006 (Dok. A6-0414/2006, S. 9 f.) wird der Grundgedanke der Bekämpfung des Führerscheintourismus weiter explizit betont. In gleicher Weise stellt auch der Rat der Europäischen Union in der Begründung des Gemeinsamen Standpunkts vom 18.09.2006 (CS/2006/9010/1/06 Rev 1 Add 1, S. 2 u. 5) die Betrugsbekämpfung und die Straßenverkehrssicherheit in den Vordergrund. Dort hieß es:

Führerscheinbetrug ist bei den Polizeibehörden der Mitgliedstaaten ein wohl bekanntes Phänomen. Die Betrügereien reichen vom Handel mit Führerscheinen über die unrechtmäßige Beschaffung von Führerscheinduplikaten bis hin zum Erwerb eines neuen Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat, um das Fahrverbot im eigenen Mitgliedstaat zu unterlaufen. Deshalb unterstützen Parlament und Rat uneingeschränkt den Kommissionsgrundsatz "ein Führerschein pro Person", um derartige Betrügereien in Zukunft zu unterbinden. Der Gemeinsame Standpunkt bestätigt daher den Grundsatz, wonach eine Person nur einen Führerschein besitzen darf. (...)

Die Mitgliedstaaten werden ferner dazu verpflichtet, Personen, deren Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, die Ausstellung bzw. die Anerkennung der Gültigkeit von Führerscheinen zu verweigern. 

Der im Rechtsetzungsverfahren geäußerte Wille zur Bekämpfung des Führerscheintourismus und zur Etablierung einer Pflicht zur Versagung der Anerkennung missbräuchlich erworbener Führerscheine hat auch vielfach seinen Niederschlag in sonstigen Bestimmungen und in der Systematik der Richtlinie 2006/126/EG gefunden. So heißt es bereits im 15. Erwägungsgrund - wie im Übrigen auch schon in der Zweiten Führerscheinrichtlinie -, die Mitgliedstaaten sollten aus Gründen der Verkehrssicherheit die Möglichkeit haben, ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung, die Erneuerung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis auf jeden Führerscheininhaber anzuwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet. Weiter betont die Dritte Führerscheinrichtlinie in Art. 7 Abs. 5 den Grundsatz, dass jede Person nur Inhaber eines einzigen Führerscheins sein darf und statuiert eine mitgliedstaatliche Verpflichtung zur Ablehnung der Ausstellung eines zweiten Führerscheins sowie zur Aufhebung bzw. zum Entzug solcher Führerscheine, falls ein solcher Führerschein ausgestellt worden sein sollte, ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorgelegen haben. Ferner untersagt Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG den Mitgliedstaaten ausdrücklich, Führerscheine Bewerbern auszustellen, die in einem anderen Mitgliedstaat bereits einem Führerscheinentzug unterlagen. In engem systematischem Zusammenhang damit steht die korrespondierende Pflicht zur Versagung der Anerkennung eines gleichwohl - entgegen dieser Bestimmung - ausgestellten Führerscheins durch Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG.

Der nach den vorstehenden Darlegungen nunmehr als zwingend anzusehenden Verpflichtung, die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins nach Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG zu versagen, steht auch nicht Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie und die darin normierte grundsätzliche Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen anderer Mitgliedstaaten entgegen; vielmehr ist Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG als - von den Rechtsetzungsorganen der EU selbst vorgenommene - ausdrückliche Einschränkung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung anzusehen.

Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG (Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 -, Kapper , NZV 2004, 372; Beschluss vom 06.04.2006 - C-227/05 -, Halbritter , DAR 2006, 375; Beschluss vom 28.09.2006 - C-340/05 -, Kremer , NJW 2007, 1863; Urteil vom 26.06.2008 - C-329/06 u.a. - Wiedemann und Funk ; Beschluss vom 03.07.2008 - C-225/07 -, Möginger , NJW 2009, 207; Urteil vom 20.11.2008 - C-1/07 -, Weber , NJW 2008, 3767; Urteil vom 19.02.2009 - C-321/07 -, Schwarz , DAR 2009, 191) ist auf die Dritte Führerscheinrichtlinie nicht übertragbar. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine, der im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit und damit einer der Grundfreiheiten der Römischen Verträge aufgestellt wurde, restriktiv ausgelegt. Andere Mitgliedsstaaten waren danach wegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, und konnten ihre Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG grundsätzlich nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis ausüben. Ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein war somit nach dem Regelungskonzept der Zweiten Führerscheinrichtlinie als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt. Für den Fall, dass auf der Grundlage von Angaben im Führerscheindokument selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass die Fahrerlaubnis unter Missachtung der von der Richtlinie aufgestellten Wohnsitzvoraussetzung erteilt wurde, erkannte der EuGH eine Berechtigung des Aufnahmemitgliedstaat zur Versagung der Anerkennung an (vgl. EuGH, Urteil vom 26.06.2008 - C-329/06 u.a. -, Rn 67 u. 72/73; vgl. zu den damit verbundenen Fragen des Rechtsmissbrauchs ausführlich auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 25.07.2006 - 6 K 924/06 -; Urteil vom 31.07.2008 - 4 K 906/08 -).

Nunmehr gibt die Richtlinie 2006/126/EG einen Spielraum für eine restriktive Auslegung der geschilderten Art nicht mehr her. Die Formulierung in Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 ist zwingend. Die Richtlinie selbst sieht jetzt eine Einschränkung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung vor. Das ist zulässig. Die Rechtsetzungsorgane der EU bestimmen selbst den Umfang der gemeinschaftsweiten Harmonisierung auf dem Gebiet des Führerscheinwesens. Man mag - mit einiger Berechtigung - kritisieren, dass die Harmonisierung auf diesem Gebiet nicht weit genug geht und damit das Unwesen des Führerscheintourismus und den damit verbundenen massenhaften Missbrauch der Grundfreiheiten erst ermöglicht. Es ist dem Richtliniengeber - in Erkenntnis der Problemlage und in dem Bestreben, den Führerscheintourismus zu bekämpfen - aber nicht verwehrt, den Stand der Harmonisierung durch Beschränkungen der grundsätzlichen Anerkennungspflicht teilweise zurückzunehmen, wenn er sich zu einer vollständigen Harmonisierung - einschließlich der Einführung eines gemeinschaftsweit geltenden Führerscheinentzugs - nicht mit den erforderlichen Mehrheiten durchringen kann und erkennt, dass die fehlende Kohärenz der mitgliedstaatlichen Führerscheinsysteme und der dazugehörigen mitgliedstaatlichen Praxis dann einen Rückschritt bei der Harmonisierung gebietet. Primärrecht steht dem nicht entgegen. Soweit mit der eingeschränkten Anerkennung von Führerscheinen Beeinträchtigungen der Freizügigkeit, der Niederlassungsfreiheit oder der (aktiven wie passiven) Dienstleistungsfreiheit verbunden sind, sind diese offenkundig gerechtfertigt. Die Sicherheit des Straßenverkehrs als Gemeingut von überragender Bedeutung und die Bekämpfung von Betrug und Missbrauch auf dem Gebiet des Führerscheinwesens erfordern Beschränkungen der Anerkennungsverpflichtung (vgl. GA Bot, Schlussanträge in den Rs. C-329/06 u.a. vom 14.02.2008, Rn 81 ff.; zum verfassungsrechtlichen Gebot, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit zu schützen, als allgemeinem, den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten gemeinsamem Rechtsgrundsatz iSv Art. 6 EUV vgl. auch VG Sigmaringen, Urteil vom 31.07.2008 - 4 K 906/08 -).

Im Übrigen hält sich die nunmehr etablierte Einschränkung des sekundärrechtlichen Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung sachlich auch im Rahmen dessen, was der EuGH unter Geltung der RL 91/439/EWG bereits für zulässig gehalten hat. Für die Zweite Führerscheinrichtlinie war anerkannt, dass der Aufnahmemitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet auf den Inhaber dieses Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, es unter bestimmten Umständen ablehnen darf, eine Fahrberechtigung anzuerkennen, wenn etwa auf der Grundlage von vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen (EuGH, Urteil vom 26.06.2008 - C-329/06 u.a. - Wiedemann und Funk ) die Rechtswidrigkeit der Erteilung der Fahrerlaubnis festgestellt werden kann. Die Neuregelung in Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG setzt im Zusammenspiel von UAbs. 1 und UAbs. 2 selbst unbestreitbare Information in diesem Sinne voraus; denn ein Verstoß gegen das Erteilungsverbot des Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG ist auch ohne - sonst vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung untersagte - Überprüfung des Erteilungsverfahrens für den Aufnahmemitgliedstaat immer offenkundig, ohne dass es hierfür irgendwelcher Informationen aus dem Ausstellungsstaat bedürfte. Liegt aber - wie hier - ein Verstoß gegen das Erteilungsverbot des Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG vor, so ist der aufnehmende Mitgliedstaat nach UAbs. 2 automatisch verpflichtet, die Anerkennung aufgrund dieses Umstands zu versagen.

Auch Art. 13 Abs. 2 RL 2006/126/EG steht - entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellervertreterin - einer Anwendung von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG hier nicht entgegen. Nach Art. 13 Abs. 2 RL 2006/126/EG darf eine vor dem 19.01.2013 erteilte Fahrerlaubnis aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden. Diese Bestandsschutzklausel erfasst den Regelungszusammenhang von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG nicht. Das ergibt sich zum Einen bereits daraus, dass Art. 13 der Richtlinie gemäß Art. 16 Abs. 2 RL 2006/126/EG erst ab dem 19.01.2013 - dem Zeitpunkt der Aufhebung der RL 91/439/EWG - anzuwenden ist, wohingegen Art. 11 der Richtlinie bereits ab dem 19.01.2009 gilt (Art. 18 UAbs. 2 RL 2006/126/EG). Zum Anderen zeigt der Regelungsstandort der Bestandsschutzklausel in Art. 13 RL 2006/126/EG (amtl. Überschrift:  Äquivalenzen zwischen nicht dem EG-Muster entsprechenden Führerscheinen ) deutlich auf, dass sie sich allein mit der Kompatibilität der alten Führerscheinklassen befasst und sich insoweit auf Art. 7 Abs. 2 lit. a) und b) RL 2006/126/EG bezieht. Dies belegt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die insoweit auf einen Änderungsantrag des EP-Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr zurückgeht (Änderungsantrag 13 im Ausschussbericht vom 03.02.2005, Dok. A6-0016/2005 endg., S. 11). Der damalige Art. 3 Abs. 2b UAbs. 3 des Richtlinienvorschlags lautete danach noch ausdrücklich (Hervorhebung nur hier):

Eine vor Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte Fahrerlaubnis für eine bestimmte Klasse wird nicht aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie entzogen oder in irgendeiner Weise eingeschränkt.

In der dazugehörigen Begründung des Änderungsantrags (a.a.O., S. 11 f.) hieß es dazu:

 (...) Der Umtausch der alten Führerscheine darf jedoch unter keinen Umständen zu einem Verlust oder einer Einschränkung der erworbenen Rechte hinsichtlich der Fahrerlaubnis von Fahrzeugen verschiedener Klassen führen. 

Dass der ausdrückliche Bezug auf bestimmte Klassen in der letztlich verabschiedeten Version von Art. 13 RL 2006/126/EG fehlt, mag Anlass für gewisse Auslegungszweifel gewesen sein, ändert aber nichts am Sinnzusammenhang und an der Intention der Regelung. Dass die Rechtsetzungsorgane der EU mit dieser Vorschrift einen absoluten - und durch nichts zu rechtfertigenden - Schutz von (auch ggf. rechtswidrig erworbenen) Führerscheinen für den Zeitraum bis 19.01.2013 hätten hinnehmen wollen, obwohl sich Rat und Parlament die Bekämpfung des Führerscheintourismus ausdrücklich zum Ziel gesetzt haben und sich der bestehenden Gefahren für die Straßenverkehrssicherheit bewusst waren, kann nicht angenommen werden. Soweit in Rechtsprechung und Literatur - ohne Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift - ein derartiges Verständnis der Bestandsschutzklausel in den Raum gestellt wird (vgl. dazu Geiger, DAR 2007, 126, 128; Schünemann / Schünemann, DAR 2007, 382, 385; unklar Hailbronner / Thoms, NJW 2007, 1089, 1093; offen Riedmeyer, zfs 2009, 422 und OVG Saarland, Beschluss vom 23.01.2009 - 1 B 438/08 -) vermag die Kammer dieses nicht zu teilen (wie hier i.E. auch Thoms, DAR 2007, 287, 288).

Nr. 3 des angefochtenen Bescheids stützt sich auf § 47 Abs. 2 FeV. Rechtliche Bedenken dagegen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.2008 - 10 S 994/07 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht in Anlehnung an Nr. 46.3 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (VBlBW 2004, 467) auf § 52 Abs. 1 GKG. Dem bedürftigen Antragsteller ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, da die hier zu entscheidenden Rechtsfragen bislang höchstrichterlich ungeklärt sind und die beabsichtigte Rechtsverfolgung damit im Sinne von § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mit der vom Gesetz für eine Prozesskostenhilfebewilligung verlangten hinreichenden Erfolgsaussicht ist nicht der - hier verneinte - tatsächliche Erfolg in der Hauptsache gemeint; die Offenheit der Prozesssituation zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs genügt. Sind im gerichtlichen Verfahren schwierige Rechtsfragen zu klären, so ist beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen grundsätzlich Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.11.2004 - 7 S 2219/04 -).