OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.10.2007 - 8 W 388/07
Fundstelle
openJur 2012, 60496
  • Rkr:
Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 20.7.2007 wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 512,70 EUR

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten, die der in Ulm ansässigen Beklagten dadurch entstanden sind, dass sie für den vor dem Landgericht Ulm geführten Rechtsstreit einen Weimarer Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigten beauftragt hat.

Der Kläger kaufte bei der Beklagten in Ulm gemäß schriftlichem Kaufvertrag vom 21.9.2005 einen noch zu liefernden Pkw. Auf dem Kaufvertragsformular ist neben dem Vordruck ... Unternehmensgruppe handschriftlich die Beklagte als ...Center ...GmbH mit Adresse in ... eingetragen.

Im Rechtsstreit begehrte der Kläger die Wandlung des gelieferten Pkw s, weil dieser nicht die aus Sicht des Klägers vorausgesetzte Eigenschaft Vollautomatik aufweise.

Die Beklagte, die unstreitig keine eigene Rechtsabteilung hat, wurde im Rechtsstreit durch einen Weimarer Bevollmächtigten und durch Ulmer Unterbevollmächtigte vertreten.

Mit Urteil des Landgerichts Ulm vom 25.4.2007 wurde die Klage nach Beweisaufnahme kostenpflichtig abgewiesen. Der Streitwert wurde auf insgesamt 25.800,-- EUR festgesetzt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr zuzüglich Auslagenpauschale für ihren Weimarer Hauptbevollmächtigten sowie die Festsetzung einer 0,65-Verfahrensgebühr, einer 1,2-Terminsgebühr und einer weiteren Auslagenpauschale für ihre Ulmer Unterbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 2.427,70 EUR beantragt.

Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.7.2007 lediglich insgesamt 1.915,50 EUR gegen den Kläger festgesetzt und den weitergehenden Festsetzungsantrag der Beklagten abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit von Kosten infolge Outsourcing sei auf die Ulmer Beklagte nicht anwendbar. Diese sei als juristische Person mit Sitz in Ulm und als dort geschäftsansässiges Unternehmen verpflichtet gewesen, sich durch einen in Ulm ansässigen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

Mit ihrer fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Festsetzung der nicht berücksichtigten Kosten von 512,70 EUR weiter.

Sie ist der Auffassung, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit von Kosten infolge Outsourcing sei auch im Fall der Beklagten einschlägig und führe zur Anerkennung der Erstattungsfähigkeit der weitergehenden Kosten. Die Beklagte gehöre zu einer Unternehmensgruppe von mehr als 10 rechtlich selbstständigen Unternehmen im Bundesgebiet, die ganz oder teilweise im Eigentum ihrer Geschäftsführer stünden bzw. als juristische Personen letztlich durch diese vertreten würden. Bei dem im vorliegenden Rechtsstreit als Hauptbevollmächtigter zugezogenen Weimarer Prozessbevollmächtigten handle es sich um den Hausanwalt ihrer Geschäftsführer, den diese als Vertrauensanwalt in Rechtsstreitigkeiten auch anderer Unternehmen der Unternehmensgruppe beauftragen würden und entsprechend auch im vorliegenden Fall beauftragt hätten. Die hier entstandenen Mehrkosten durch die Beauftragung von Ulmer Unterbevollmächtigten hätten die auf jeden Fall erstattungsfähigen Reisekosten des Weimarer Hauptbevollmächtigten der Beklagten zu zwei Gerichtsterminen in Ulm nicht wesentlich überstiegen.

Der Kläger ist der Beschwerde der Beklagten entgegengetreten. Er erachtet die Entscheidung der Rechtspflegerin im ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss für zutreffend.

Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und hat sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Sie verweist hierbei ergänzend darauf, dass die Beklagte in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Ulm einen Ulmer Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertreter beauftragt habe.

II.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg.

1. Die Rechtspflegerin des Landgerichts ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte als juristische Person mit Sitz in Ulm und dortiger Geschäftstätigkeit verpflichtet war, sich im vorliegenden Rechtsstreit durch einen in Ulm ansässigen Prozessbevollmächtigten als Hauptbevollmächtigten vertreten zu lassen. Dies entspricht der Grundsatzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß dessen Beschluss vom 12.12.2002 (NJW 03, 901).

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattung von Mehrkosten infolge zulässigen Outsourcings für ein überörtlich bzw. bundesweit tätiges Unternehmen (BGH, Beschluss vom 28.6.2006 = NJW 06, 3008; Beschluss vom 2.12.2004 = MDR 05, 417 und Beschluss vom 11.11.2003 = MDR 04, 539) ist auf die Beklagte nach Auffassung des Senats nicht anzuwenden.

Anders als im Fall des Bundesgerichtshof handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um ein überörtlich tätiges Unternehmen mit u.U. rechtlich selbstständigen Zweigniederlassungen. Vielmehr betreiben die Geschäftsführer offenbar bundesweit selbstständige Unternehmen im selben Geschäftsbereich, möglicherweise um Synergieeffekte zu nutzen. Wenn diese sich darauf einigen, sich von einem gemeinsamen Anwalt vertreten zu lassen, so kann dies nicht zu Lasten des Kunden gehen, der im konkreten Fall gar nicht erkennen konnte, dass ein wirtschaftlicher, nicht aber rechtlich wirksamer Zusammenschluss mehrerer selbstständiger Unternehmen vorlag. Der Aufdruck auf der Rechnung vom 8.6.2006 ... Unternehmensgruppe gibt hierüber keinerlei verlässliche Auskunft.

Im übrigen hat es der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner bisherigen Rechtsprechung zur kostenrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Mehrkosten durch Outsourcing stets offen gelassen, ob solche Mehrkosten auch dann noch als erstattungsfähig anzuerkennen sind, wenn sie die Mehrkosten übersteigen, die als Reisekosten infolge der Beauftragung eines Vertrauensanwalts am Hauptsitz der Prozesspartei entstanden wären (Beschluss vom 28.6.2006, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 14.9.2004 = NJW-RR 05, 707 sowie vom 11.3.2004 = NJW-RR 04, 858).

2. Damit liegen hier Kosten eines Anwalts am dritten Ort vor, die vom Kostenschuldner nicht zu erstatten sind (BGH, Beschluss vom 12.12.2002 = NJW 03, 901). Die gegen die Festsetzung eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten war mit der Kostenfolge gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

3. Wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts wird die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zugelassen.