AG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2009 - 23 C 6279/09
Fundstelle
openJur 2012, 127628
  • Rkr:
Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 15.09.2009

durch die Richterin X

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn X bestellt. Er macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von Arbeitnehmeranteilen der Sozialversicherung nach einer Insolvenzanfechtung geltend.

Der Insolvenzschuldner zahlte am 19.11.2007 756,31 € und am 15.12.2007 weitere 948,05 € an die Vollstreckungsbehörde der Beklagten in bar.

Am 7.2.2008 wurde Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 16.5.2008 eröffnet.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 23.4.2009 die Insolvenzanfechtung hinsichtlich der beiden Zahlungen erklärt und die Beklagte zur Erstattung von insgesamt 1704,36 € aufgefordert. Die Beklagte hat daraufhin eine Rückerstattung der Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung in Höhe von 782,88 € verweigert.

Der Kläger hält die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung hinsichtlich der gerichtlich geltend gemachten Arbeitnehmeranteile gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO für erfüllt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 782,88 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.5.2008.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass eine Rückforderung der Arbeitnehmerbeiträge an der seit dem 1.1.2008 geltenden Regelung des § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV scheitere.

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Insolvenzanfechtung des Klägers gem. §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO vom 23.4.2009 ist hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge nicht wirksam erklärt worden.

Denn eine Insolvenzanfechtung ist durch die Regelung des § 28 e Abs. 1 S. 2 SGB IV ausgeschlossen. Diese bestimmt, dass die Zahlung des von dem Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht gilt. Aufgrund dieser Bestimmung fehlt es an einer Rechtshandlung, die zu einer Verkürzung der Insolvenzmasse zulasten der übrigen Gläubiger geführt hat.

Die Vorschrift des § 28 e Abs. 1 S. 2 SGB IV ist im vorliegenden Fall auch anwendbar, weil das Insolvenzverfahren erst nach Erlass der Vorschrift eröffnet wurde. Es liegt auch keine echte Rückwirkung vor. Das wäre dann der Fall, wenn nach altem Recht bereits entstandene Anfechtungsrechte durch die Neuregelung entfallen würden. Hier lagen die Zahlungen an die Beklagte zwar vor dem Inkrafttreten der Regelung. Das Insolvenzverfahren wurde allerdings erst nach dem Inkrafttreten eröffnet und das Entstehen des Anfechtungsrechts ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingt (MünchKomm-Kirchhof, InsO, 2. Auflage 2008, § 129 Rn. 286).

§ 28 e SGB IV sollte nach der Intention des Gesetzgebers gerade eine insolvenzrechtliche Privilegierung des Arbeitnehmers bewirken. Der Vorschrift sollte Klarstellungsfunktion zukommen. Insofern steht auch die tatsächliche Leistung des Insolvenzschuldners als Arbeitgeber dem Ergebnis nicht entgegen, denn § 28 e SGB IV sieht gerade eine Fiktion vor.

Insofern schließt sich das Gericht den Entscheidungen des Amtsgerichts Düsseldorf 56 C 1413/09 vom 1.4.2009 sowie den Entscheidungen des Landgerichts Düsseldorf 7 O 219/08 vom 24.2.2009 und 20 S 4/09 vom 5.6.2009 an.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 782,88 € festgesetzt.

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