VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2003 - 2 S 344/03
Fundstelle
openJur 2013, 12840
  • Rkr:

1. Die Festsetzungsverjährung für den Anspruch der Gemeinde auf Erstattung der Grundstücksanschlusskosten beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem - nach betriebsfertiger Herstellung des Grundstücksanschlusses - der Aufwand nach Eingang der letzten sachlich richtigen Unternehmerrechnung berechenbar ist.

2. Der Lauf der Frist für die Festsetzungsverjährung beginnt auch dann mit Eingang der letzten sachlich richtigen Unternehmerrechnung, wenn sich der Eingang nicht unerheblich verzögert; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Gemeinde alles Zumutbare veranlasst hat, um die Schlussrechnung so bald wie möglich zu erhalten, d.h. wenn sie den verspäteten Rechnungseingang nicht zu vertreten hat.

3. Die Vorschrift des § 14 Nr. 4 VOB/B, die der Gemeinde gegenüber dem Unternehmer das Recht gibt, bei verzögerter Vorlage der Schlussrechnung diese selbst zu erstellen, hat keinen Einfluss auf den Beginn der Festsetzungsverjährung im Abgabenverhältnis zwischen Gemeinde und kostenerstattungspflichtigem Bürger.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2002 - 1 K 1786/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags zuzüglich 10 v.H. dieses Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger, ein Ehepaar, wenden sich gegen ihre Heranziehung zum Ersatz von Kosten für die Herstellung eines Grundstücksanschlusses an die Abwasserentsorgung der Beklagten.

Die Kläger sind Eigentümer des im Baugebiet "Hagenreute" gelegenen Grundstücks Flst.Nr. 866, S-straße x, auf der Gemarkung der Beklagten. Die Beklagte erschloss das Baugebiet in den Jahren 1990/1991. Die Kanalisations-, Wasserleitungserd- und Straßenbauarbeiten wurden an die Firma L. R., die Wasserleitungsarbeiten an die Firma R. vergeben. Hierbei wurde die Anwendung der Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/B) vereinbart. Die Ingenieurleistungen mit der Leistungsphase Bauoberleitung (einschließlich Kostenfeststellung und Kostenkontrolle) vergab die Beklagte an das Ingenieurbüro N.. Die Bauarbeiten der Gesamtmaßnahme waren im Oktober 1991 abgeschlossen, die Abnahme durch das Ingenieurbüro N. erfolgte im November 1991.

Das Ingenieurbüro N. forderte mit Schreiben vom 13.1.1992 von der Firma L. R. die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung. Mit Schreiben vom 18.3.1992 übersandte die Firma L. R. die von ihr gefertigte Schlussrechnung an das Ingenieurbüro. Mit weiterem Schreiben vom 24.3.1992 forderte das Ingenieurbüro von der Firma L. R. ergänzend die Vorlage von Abrechnungsplänen und Lieferscheinnachweisen u.a. für die Kanalisationshauptleitungen und Hausanschlussleitungen. Unter dem 20.5.1992 sandte die Firma L. R. dem Ingenieurbüro eine überarbeitete Schlussrechnung zu. Mit weiterem Schreiben vom 16.6.1992 forderte das Ingenieurbüro von der Firma L. R. - unter Hinweis auf sein Schreiben vom 24.3.1992 - erneut die Vorlage näher bezeichneter Lieferscheinnachweise. Mit Kurzbriefen vom 2.10.1992 und 14.1.1993 legte die Firma L. R. dem Ingenieurbüro u.a. die geforderten Lieferscheinnachweise und weitere Abrechnungsunterlagen vor. Am 2./3.3.1993 prüfte das Ingenieurbüro N. die Schlussrechnung und korrigierte sie - auch in Bezug auf die Kanal- und Wasserleitungen für die Grundstücke der Kläger - insoweit, als die Erdaushub- und Verfüllmengen sowie der Preis für das Verfüllmaterial und die Schachtringe abgeändert wurden. Nach Übersendung der geprüften Schlussrechnung an die Firma L. R. beanstandete diese die Rechnungsprüfung unter dem 5.3.1993; den Einspruch begründete sie mit Telefax vom 7.4.1993 näher. Nach Überprüfung des Einspruchs übersandte das Ingenieurbüro am 28.6.1993 die endgültige Schlussrechnung an die Firma L. R.. Mit Schreiben des Ingenieurbüros N. vom 30.9.1993 - eingegangen am 5.10.1993 - erhielt die Beklagte die kompletten Abrechnungsunterlagen einschließlich der von der Firma L. R. akzeptierten Schlussrechnung.

Mit Bescheid vom 14.4.1997 zog die Beklagte die Kläger zu einem Kostenersatz für den Abwasserhausanschluss in Höhe von 2.058,28 DM heran. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Kläger vom 18.4.1997 wies das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Widerspruchsbescheid vom 19.9.2001  - zugestellt am 21.9.2001 - zurück.

Am 22.10.2001, einem Montag, haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und beantragt, den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 14.4.1997 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 19.9.2001 aufzuheben. Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten sei - im Hinblick auf die vierjährige Festsetzungsfrist - verjährt. Die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs beginne nach § 10 a Abs. 2 KAG mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der zu erstattende Aufwand feststellbar gewesen wäre. Dies sei das Jahr 1992 und nicht - wie von der Beklagten angenommen - das Jahr 1993 gewesen, weil es insoweit nicht auf den Eingang der letzten sachlich richtigen Unternehmerrechnung ankomme. Entscheidend sei vielmehr, dass die Kosten für die Beklagte bereits im Jahre 1992 ermittelbar gewesen seien. So sei die ausführende Baufirma nach den vereinbarten Regelungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen gemäß § 14 Nr. 3 VOB/B verpflichtet gewesen, ihre Schlussrechnung bis spätestens Januar 1992 vorzulegen. Da sie dies nicht getan habe, sei die Beklagte nach § 14 Nr. 4 VOB/B in der Lage und im Interesse der Anlieger auch verpflichtet gewesen, die Schlussrechnung - auf Rechnung der Baufirma - entweder selbst oder durch einen Dritten erstellen zu lassen. Hätte die Beklagte die Schlussrechnung selbst erstellt oder über einen Dritten erstellen lassen, hätte eine prüfbare Schlussrechnung ohne weiteres bereits im Jahre 1992 vorgelegen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Folgendes vorgetragen: Verjährung sei nicht eingetreten, weil der Anspruch auf Kostenerstattung nicht mit der Fertigstellung des Grundstücksanschlusses, sondern erst mit seiner Ermittelbarkeit, d.h. mit dem vollständigen Eingang der sachlich richtigen und damit überprüfbaren Unternehmerrechnung, entstehe. Dies sei erst im Oktober 1993 der Fall gewesen. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, sie habe den Eingang der letzten Unternehmerrechnung pflichtwidrig hinausgezögert. Denn das beauftragte Ingenieurbüro N. habe nach Vorlage der ersten Schlussrechnung der Firma L. R. zum 18.3.1992 bei dieser zunächst verschiedentlich fehlende Unterlagen und Nachweise anfordern und in der Berechnung der Kosten Korrekturen anbringen müssen. Auch § 14 Nr. 4 VOB/B statuiere keine Pflicht, sondern lediglich ein Recht des Auftraggebers im Wege der Ersatzvornahme die Schlussrechnung selbst zu erstellen.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 18.12.2002 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es: Die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs bestimme sich in entsprechender Anwendung der §§ 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO, nach denen ein Anspruch nach einer mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden sei, beginnenden Frist von vier Jahren nicht mehr festgesetzt werden könne. Dabei ergebe sich die Anwendung der Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nicht unmittelbar über die Verweisung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG, da der Erstattungsanspruch im Zeitpunkt seiner Entstehung nicht als Kommunalabgabe im Sinne des Kommunalabgabengesetzes anzusehen gewesen sei. Die Erstattungsansprüche für Grundstücksanschlüsse stünden aber im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erstellung der Abwasserkanalisation, die ihrerseits gegenüber den Grundstückseigentümern durch der Festsetzungsverjährung von vier Jahren unterliegende Kommunalabgaben refinanziert würde. Die Gleichstellung des Kostenerstattungsanspruchs mit den Kommunalabgaben diene auch dem Schutz des Grundstückseigentümers, der andernfalls nach der vor dem 1.1.2002 in der Regel geltenden dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB noch unzumutbar lange Zeit nach Fertigstellung mit der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs hätte rechnen müssen. Die Beklagte habe den Kostenerstattungsanspruch allerdings mit Bescheid vom 14.4.1997 noch festsetzen dürfen, denn zu diesem Zeitpunkt sei die vierjährige Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Die Frist beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Kostenerstattungsanspruch entstanden sei, d.h. in dem die endgültige Herstellung im Sinne des § 10 a Abs. 2 S. 1 KAG erfolgt sei. Dies sei hier erst mit der Übersendung der kompletten - unstreitig gestellten - Abrechnungsunterlagen an die Beklagte zum 5.10.1993 der Fall gewesen. Denn die endgültige Herstellung liege erst in dem Zeitpunkt vor, in dem - im Anschluss an die Beendigung der technischen Arbeiten - für die Beklagte der hierfür entstandene Aufwand feststellbar sei. Diese Auslegung entspreche der ständigen Rechtsprechung zu dem nach § 133 Abs. 2 BauGB ebenfalls an die "endgültige Herstellung" der Anlage anknüpfenden Entstehen der Beitragspflicht im Erschließungsbeitragsrecht. Die Beklagte habe die Abrechenbarkeit der Anschlüsse auch nicht schuldhaft verzögert. Sie habe im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten gehandelt, als sie - in Ermangelung eigener personeller Kapazitäten - ein Ingenieurbüro mit der Kostenfeststellung und Kontrolle beauftragt habe. Auch dieses Ingenieurbüro habe die Verpflichtung zu einer möglichst zeitnahen Kostenberechnung für die Herstellung der Grundstücksanschlüsse ohne erkennbaren Sorgfaltsverstoß erfüllt. Eine andere Beurteilung rechtfertige sich auch nicht aus der bei der Auftragsvergabe mit der Firma L. R. vereinbarten Geltung der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B). Auch wenn man davon ausgehe, die Beklagte sei danach gemäß § 14 Nr. 4 VOB/B berechtigt gewesen, entweder selbst oder über ein von ihr noch zu beauftragendes Ingenieurbüro eine Schlussrechnung zu erstellen, könne es nicht als sorgfaltswidrig angesehen werden, dass die Beklagte diesen Weg nicht gegangen sei. § 14 Nr. 4 VOB/B gewähre der Beklagten nur die Möglichkeit, lege ihr aber nicht die Pflicht auf, eine prüfbare Schlussrechnung selbst erstellen zu lassen.

Gegen das am 8.1.2003 zugestellte Urteil, in dem das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat, haben die Kläger am 5.2.2003 Berufung eingelegt und im Wesentlichen darauf abgestellt, die Beklagte hätte gemäß § 14 Nr. 4 VOB/B ein (anderes) Ingenieurbüro mit der Anfertigung einer Schlussrechnung beauftragen müssen. Zwar sei § 14 Nr. 4 VOB/B in der Regel als Kann-Vorschrift anzusehen, allerdings habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 20.10.1988 (NJW 1989, 836) entschieden, dass in Fällen, in denen der Auftraggeber - wie hier - einem Dritten gegenüber zur Abrechnung verpflichtet sei, sich das Recht der Ersatzvornahme in eine Verpflichtung verwandele, von sich aus eine Abrechnung herbeizuführen. Wäre die Beklagte dieser Verpflichtung nachgekommen, so hätte eine geprüfte Schlussrechnung im Jahre 1992 problemlos vorliegen können.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18.12.2002 zu ändern und den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 14.4.1997 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 19.9.2001 aufzuheben

sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Sie sei nicht gehalten gewesen, ein weiteres Ingenieurbüro mit der Kostenkontrolle zu beauftragen, da das Ingenieurbüro N. keineswegs zögerlich gehandelt habe bzw. untätig geblieben sei. Den Klägern seien darüber hinaus keine wirtschaftlichen Nachteile entstanden. Sie habe in den abrechnungsfähigen Aufwand keine Finanzierungskosten eingestellt. Die lange "Verfahrensdauer"  - auch im Hinblick auf den Suspensiveffekt des Rechtsmittels der Kläger - sei für diese insoweit vorteilhaft, als sie einen Zinsgewinn aus mehreren Jahren hätten. In Rechtsprechung und Literatur sei anerkannt, dass § 14 Nr. 4 VOB/B als Kann-Vorschrift nur das Recht, nicht dagegen die Verpflichtung des Auftraggebers beinhalte, den Weg der Ersatzvornahme einzuschlagen. Diese Auffassung vertrete auch der Bundesgerichtshof.

Dem Senat liegen ein Heft Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und ein Band Verwaltungsakten der Beklagten vor. Auf diese Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 a Abs. 1 VwGO) statthaft und auch sonst zulässig (§ 124 a Abs. 2, Abs. 3 VwGO). Sie ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage gegen den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 14.4.1997 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 19.9.2001 zu Recht abgewiesen; denn diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Rechtsgrundlage für den Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse ist § 10 a Abs. 1 Satz 1 KAG i.d.F. vom 15.2.1982 (GBl. S. 57), geändert durch Gesetz vom 15.12.1986 (GBl. S. 465). Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde durch Satzung bestimmen, dass ihr u.a. der Aufwand für die Herstellung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse an Abwasserbeseitigungsanlagen ersetzt wird. Eine solche Bestimmung hat die Beklagte in § 13 Abs. 2 a i.V.m. Abs. 3 der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 16.11.1992 getroffen. Danach hat der Grundstückseigentümer die Kosten der Herstellung der für den erstmaligen Anschluss notwendigen Anschlusskanäle zu tragen (§ 13 Abs. 2 a AbwS). Anschlusskanäle i.d.S. sind Grundstücksanschlüsse im Bereich der öffentlichen Verkehrs- und Grünflächen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Anschlusskanäle werden ausschließlich von der Gemeinde hergestellt (§ 12 Abs. 1 Satz 2 AbwS) mit der Folge, dass der Erstattungsanspruch der Gemeinde mit der endgültigen Herstellung des Hausanschlusses entsteht (§ 13 Abs. 3 AbwS). Gegen die Gültigkeit dieser auf § 10 a Abs. 1 KAG beruhenden Satzungsregelung bestehen keine Bedenken, solche sind von den Beteiligten auch nicht vorgetragen worden. Vor diesem Hintergrund ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass ein erstmaliger Anschluss des Grundstücks der Kläger im genannten Sinne erfolgt und in der Folge davon ein Kostenerstattungsanspruch in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe entstanden ist.

II. Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass der streitgegenständliche Kostenerstattungsanspruch nicht der von Amts wegen zu beachtenden Festsetzungsverjährung (vgl. Klein, Abgabenordnung, Komm., 7. Aufl., § 169 RdNr. 46) unterliegt.

1. Die Festsetzungsfrist für den unstreitig vor dem 1.3.1996 entstandenen Erstattungsanspruch ergibt sich nicht aus einer unmittelbaren Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG; die Regelung des § 10 a Abs. 1 Satz 3 KAG, nach der der Kostenerstattungsanspruch als Kommunalabgabe im Sinne des Kommunalabgabengesetzes gilt, so dass auch für den Kostenersatz die Verfahrensvorschriften des § 3 KAG anzuwenden sind, ist erst mit der Neufassung des Kommunalabgabengesetzes vom 12.2.1996 (GBl. S. 104) eingefügt worden; die Neuregelung trat am 1.3.1996 in Kraft (§ 19 KAG).

2. Es kann im Übrigen dahinstehen, ob sich die Festsetzungsverjährung für den streitgegenständlichen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung von § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.d.F. vom 15.2.1982 (GBl. S. 57) i.V.m. den §§ 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ergibt. Auch wenn man für den streitgegenständlichen Erstattungsanspruch die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO zugrunde legt, erfolgte die Festsetzung des Kostenerstattungsanspruchs im Bescheid der Beklagten vom 14.4.1997 - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - noch innerhalb der Festsetzungsfrist und war damit nicht verspätet. In entsprechender Anwendung des § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Kostenerstattungsanspruch entstanden ist. Dies war hier der Ablauf des Jahres 1993, da die maßgebliche Schlussrechnung des Unternehmers einschließlich der vollständigen Abrechnungsunterlagen, die der Beklagten die Berechnung der auf die Kläger entfallenden Anschlusskosten ermöglichte, erst im Juni 1993 vorlag; davon ausgehend lief die Festsetzungsfrist bis zum 31.12.1997. Im Einzelnen:

a) Der Kostenerstattungsanspruch entsteht mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung, im Übrigen mit der Beendigung der Maßnahme (vgl. § 10 a Abs. 2 KAG, § 13 Abs. 3 AbwS). Die Anschlussleitung ist dann endgültig hergestellt, wenn die technischen Arbeiten abgeschlossen sind, die Leitung mit einer betriebsfähigen Ver- oder Entsorgungsleitung verbunden ist und sie vom Anschlussnehmer benutzt werden kann. Wird die Durchführung der Arbeiten von der Gemeinde einem Unternehmer übertragen, so ist nicht der Zeitpunkt der technischen Fertigstellung der Maßnahme durch den Unternehmer maßgebend; vielmehr kommt es, wenn zwischen den Vertragsparteien eine förmliche Abnahme vereinbart worden ist, auf den späteren Zeitpunkt der Abnahme an (Driehaus/Dietzel, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2003, § 10 RdNr. 51). Weitere Voraussetzung ist, dass der Erstattungsanspruch berechenbar ist. Die Berechenbarkeit ist erst dann gegeben, wenn die letzte Unternehmerrechnung vorliegt (Seeger/Gössl, Kommunalabgabengesetz für Bad.-Württ., Stand Juni 2002, § 10 a Anm. 6 a; Hess.VGH, Urteil vom 17.7.1997 - 5 UE 3780/96 -, NVwZ-RR 1999, 69; Urteil vom 4.6.1980 - V OE 77/77 -, DÖV 1982, 127; Niedersächs.OVG, Beschluss vom 17.3.2000 - 9 L 4271/99 -, NVwZ-RR 2000, 822; a.A. Driehaus/Dietzel, aaO, § 10 RdNr. 51, wonach auf den Zeitpunkt der technischen Fertigstellung bzw. der Abnahme abzustellen sei). Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung zum Entstehen der Beitragspflicht im Erschließungsbeitragsrecht; danach ist eine Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB "endgültig hergestellt", wenn u.a. der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung (BVerwG, Urteil vom 22.8.1975 - IV C 11.73 -, BVerwGE 49, 131; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.8.1994 - 2 S 963/93 -; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 19 RdNr. 8). Die Übertragung dieser Auslegung auf das Kommunalabgabenrecht dient der Einheit der Rechtsordnung und damit der Rechtssicherheit; wenn man dagegen die "endgültige Herstellung" für das Erschließungsbeitragsrecht mit der Berechenbarkeit des Anspruchs und für das Kommunalabgabenrecht mit der technischen Fertigstellung der Anlage annimmt, würde dies den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung widersprechen. Eine unterschiedliche Auslegung im genannten Sinne wäre für die Gemeinden, die die Vorschriften anzuwenden haben, mit größeren Schwierigkeiten verbunden und würde die Gefahr von Forderungsverlusten für die Gemeinden - zu Lasten der Allgemeinheit - nach sich ziehen. Die Abhängigkeit des Kostenerstattungsanspruchs für Haus- und Grundstücksanschlüsse vom Herstellungsaufwand und damit von den tatsächlich entstandenen Kosten spricht schließlich entscheidend dafür, die Berechenbarkeit des Aufwandes als Bestandteil der "endgültigen Herstellung" im Sinne des § 10 a Abs. 2 Satz 1 KAG anzusehen. Die gegenteilige Meinung, nach der für das Merkmal "endgültige Herstellung" auf den Zeitpunkt der technischen Fertigstellung bzw. der Abnahme abzustellen sei, würde zu Lasten der Gemeinden zu einer nicht gerechtfertigten Verkürzung der Verjährungsfrist führen.

b) Der Senat ist in Anwendung dieser Grundsätze der Auffassung, dass erst im Jahre 1993 nach Übergabe der vollständigen und sachlich richtigen Abrechnungsunterlagen durch die Firma L. R. und damit nach Erstellen der letzten - sachlich richtigen - Unternehmerrechnung im Juni 1993 die Berechenbarkeit des Erstattungsanspruchs gegeben war. Erst zu diesem Zeitpunkt, in dem der Gemeinde alle relevanten Tatsachen bekannt waren, d.h. in dem sie u.a. die vollständigen Lieferscheinnachweise erhalten hatte, bestand für sie die Möglichkeit, die Kostenzusammenstellung und Kostenverteilung vorzunehmen (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 26.1.1967 - I OVG A  70/65 -, KStZ 1968, 39; OVG Schleswig, Beschluss vom 2.3.2001 - 2 L 142/00 -, SchlHA 2002, 50). Demgegenüber war dem Kriterium der Berechenbarkeit durch die Vorlage der erstmaligen Schlussrechnung der Firma L. R. unter dem 18.3.1992 bzw. der erstmals korrigierten Schlussrechnung, die im Mai 1992 vorgelegt wurde, nicht Genüge getan. Beide Rechnungen waren unvollständig und enthielten insbesondere nicht die erforderlichen Leistungsnachweise, so dass die Funktion der Unternehmerrechnung, nämlich der Gemeinde nunmehr die Kenntnisse über den Umfang des Aufwands zu vermitteln, nicht erfüllt war (so auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.8.1994 - 2 S 963/93 -, für das Erschließungsbeitragsrecht).

c) Aus dem verzögerten Eingang der letzten Unternehmerrechnung lässt sich im Hinblick auf die geltend gemachte Verjährung nichts zu Gunsten der Kläger herleiten. Auch wenn sich der Eingang der Unternehmerrechnung nicht unerheblich verzögert, wird dadurch der Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs und dementsprechend der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hinausgeschoben, wenn die Gemeinde alles Zumutbare veranlasst hat, um die Schlussrechnung sobald wie möglich zu erhalten, d.h. wenn sie den verspäteten Rechnungszugang nicht zu vertreten hat (vgl. zum Beginn der Festsetzungsverjährung im Erschließungsbeitragsrecht: Driehaus, aaO, § 19 RdNr. 9; Reif, Arbeitsmappe zum Erschließungsbeitragsrecht, 4.7.3.3, S. 204). Gemessen daran kann im vorliegenden Fall ein schuldhaftes Verhalten der Gemeinde bzw. des von ihr beauftragten Ingenieurbüros N. (vgl. § 278 BGB entsprechend) ausgeschlossen werden. Das Ingenieurbüro forderte zunächst in angemessenem zeitlichen Abstand zur Fertigstellung des Bauvorhabens eine prüffähige Schlussrechnung unter dem 13.1.1992 an. Nach Vorlage der ersten Schlussrechnung im März 1992 erbat das Ingenieurbüro umgehend die noch fehlenden Unterlagen. In gleicher Weise zügig ging das Ingenieurbüro nach Vorlage der ersten überarbeiteten Schlussrechnung im Mai 1992 vor und mahnte unter dem 16.6.1992 nochmals die fehlenden Unterlagen an. Nachdem die Firma L. R. unter dem 2.10.1992 lediglich einen Teil der geforderten Nachweise vorlegte, erfolgte - nach nochmaliger telefonischer Anmahnung durch das Ingenieurbüro - erst im Januar 1993 die Übersendung der vollständigen Abrechnungsunterlagen. Auch im Hinblick auf den von der Firma L. R. im März 1993 erhobenen und im April 1993 begründeten Einspruch und die sich daran anschließende Überprüfung einzelner Rechnungspositionen kann die endgültige Fertigstellung der sachlich richtigen Schlussrechnung im Juni 1993 nicht als schuldhaft verzögert bewertet werden. Vor dem Hintergrund der nur schleppenden Mitwirkung der Firma L. R. und des Umfangs der durchgeführten und abzurechnenden Baumaßnahme kann eine Zeitdauer für die Rechnungsstellung und Kostenprüfung von knapp über einem Jahr noch nicht als außergewöhnlich angesehen werden. Die daraus folgende Verlängerung der Verjährungsfrist von einem Jahr (Beginn der Verjährung im Jahre 1993 anstatt im Jahre 1992) stellt jedenfalls die im Kommunalabgabengesetz vorgesehene Frist für die Festsetzungsverjährung von vier Jahren nicht in Frage. Keiner Entscheidung bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles, ob etwa der Gesichtspunkt der Verwirkung einem gemeindlichen Erstattungsanspruch dann entgegengehalten werden könnte, wenn die gesetzlich vorgesehene Verjährungsfrist durch den verzögerten Eingang der Unternehmerrechnung - man denke etwa an eine Frist von acht Jahren -unterlaufen würde; eine solche Konstellation, bei der die Grundsätze von Treu und Glauben einer Geltendmachung des Erstattungsanspruchs entgegenstehen könnten, liegt hier ersichtlich nicht vor.

d) Die von den Klägern gerügte Festsetzungsverjährung kann ferner nicht auf der Grundlage des § 14 Nr. 4 VOB/B angenommen werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Auffassung der Kläger zutrifft, nach § 14 Nr. 3 VOB/B  sei der Auftragnehmer - hier die Firma L. R. - verpflichtet gewesen, innerhalb von 48 Tagen nach Fertigstellung - also bis Ende Januar 1992 - eine Schlussrechnung einzureichen. Auch wenn man auf dieser Grundlage im Verhältnis der Beklagten zu ihrem Auftragnehmer von der Anwendbarkeit des § 14 Nr. 4 VOB/B und damit von einem Recht, die Abrechnung selbst herbeizuführen, ausgeht, hat dies keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährungsfrist. Denn § 14 Nr. 4 VOB/B bietet dem Auftraggeber - und damit hier der Beklagten -einen Schutz gegen den säumigen Auftragnehmer, indem ihm ein Recht, die betreffende Rechnung selbst aufzustellen, eingeräumt wird. Die Regelung ist rechtlich als ein Quasi - Schadensersatzanspruch des Auftraggebers aus positiver Vertragsverletzung anzusehen, und zwar als Folge dessen, dass der Auftragnehmer seinen vertraglichen Nebenpflichten - hier Einreichung der Schlussrechnung - nicht nachgekommen ist. Der Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, die ihm nach § 14 Nr. 4 VOB/B eingeräumte Ersatzvornahme vorzunehmen, da es sich bei ihr um eine sogenannte Kann-Vorschrift handelt (allgemeine Meinung: Ingenstau/Korbion, VOB/B, § 14 RdNr. 55; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab, VOB/B, § 14 RdNr. 51; OLG München, Beschluss vom 13.11.1986 - 28 W 3005/85 -, NJW-RR 1987, 146). Diese Auffassung vertritt - entgegen dem von den Klägern erweckten Eindruck - auch der Bundesgerichtshof; in seinem Urteil vom 20.10.1988 (NJW 1989, 836) hat er in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt:

In den Fällen, in denen der Auftraggeber ein besonderes Interesse an der alsbaldigen Abrechnung hat, weil er Dritten gegenüber zur Abrechnung verpflichtet ist, soll er durch die Abrechnung des Bauvorhabens nach § 16 Nr. 3 i.V.m. § 14 VOB/B die erforderliche Grundlage für seine Abrechnung Dritten gegenüber erhalten. Sein Interesse an einer Abrechnung, das unabhängig davon besteht, ob er einen Einheits- oder einen Pauschalvertrag abgeschlossen hat, wird für den Fall, dass der Auftragnehmer keine oder eine nicht hinreichend prüfbare Schlussrechnung erstellt, dadurch geschützt, dass ihm § 14 Nr. 4 VOB/B die Möglichkeit eröffnet, auf Kosten des Auftragnehmers selbst eine Schlussrechnung aufzustellen.

Ungeachtet des Umstands, dass § 14 Nr. 4 VOB/B die Beklagte nicht zur Ersatzvornahme verpflichtete, lässt sich aus dieser Vorschrift auch kein Rechtsanspruch im Verhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten herleiten. § 14 VOB/B gilt ausschließlich im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und begründet keine subjektive Rechte für Drittbeteiligte, die in die Geltung der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) nicht einbezogen sind. Ein Anspruch der Kläger dergestalt, dass sie gegenüber der Beklagten verlangen könnten, eine Abrechnung möglichst schnell bzw. im Wege einer Ersatzvornahme gegen den säumigen Auftragnehmer vorzunehmen, kann sich ausschließlich aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten ergeben. Eine Vorschrift, aus der ein derartiger Anspruch ableitbar ist, ist jedoch gerade nicht vorhanden.

Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass im Hinblick auf den Beginn der Festsetzungsverjährung eine sachlich richtige Schlussrechnung früher vorgelegen hätte, wenn die Beklagte - wie von den Klägern gefordert - die Schlussrechnung selbst oder durch ein von ihr beauftragtes Büro erstellt hätte. Da die Beklagte mangels personeller und fachlicher Kapazitäten nicht in der Lage war, selbst die Schlussrechnung aufzustellen, hätte es der Beauftragung eines Dritten bedurft. Die Beauftragung an sich, die Aufnahme der Tätigkeit durch das beauftragte Büro und die erforderliche Einarbeitung in die Materie hätten wohl - im Vergleich zur dargelegten Vorgehensweise durch das Ingenieurbüro N. - zu weiteren zeitlichen Verzögerungen geführt. Hauptgrund für den verspäteten Eingang der maßgeblichen Schlussrechnung war zudem die zögerliche Vorlage vollständiger Abrechnungsunterlagen durch die Firma L. R. und die von ihr erhobenen Einwendungen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die Beauftragung eines Dritten mit der Erstellung der Schlussrechnung zu einer Vorverlagerung der Berechenbarkeit des Erstattungsanspruchs geführt hätte, zumal das Ingenieurbüro N. - wie bereits dargelegt - in nicht zu beanstandender Weise auf die zügige Vorlage einer sachlich richtigen Schlussrechnung hingewirkt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO in Verb. mit § 100 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.