BGH, Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 173/09
Fundstelle
openJur 2012, 53556
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 9. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20. Oktober 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Herabsetzung und Befristung nachehelichen Unterhalts.

Der 1935 geborene Kläger und die 1951 geborene Beklagte heirateten am 17. Dezember 1970. Bereits im Juni 1970 war der gemeinsame Sohn T. geboren worden. Durch notariellen Ehevertrag vom 16. Dezember 1970 hatten die Parteien den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart. Ende 1977 trennten sie sich. Auf den am 28. Juni 1979 zugestellten Antrag des Klägers wurde die Ehe durch Urteil vom 12. Juli 1979, rechtskräftig 1 seit 25. August 1979, geschieden. Die elterliche Sorge für den Sohn T. wurde dem Vater übertragen.

In der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 1979 schlossen die Parteien einen umfangreichen Vergleich. Dieser enthält unter anderem die folgenden Vereinbarungen:

"II. ...

Herr R. stellt seine Ehefrau von jeglichen Unterhaltsansprüchen des Sohnes T. für Gegenwart und Zukunft frei.

III. Frau R. ist derzeit im Unternehmen ihres Ehemannes - ... - angestellt. Sie wird auch nach Trennung und Scheidung hauptberuflich als Prokuristin weiter beschäftigt mit dem Aufgabenbereich der Konkurrenzbeobachtung. Ihr wird durch ihren Ehemann, der Alleininhaber der Firma A. ist, ein Gehalt garantiert, welches nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben usw. ein Nettoeinkommen von 1.500 DM ergibt. Der Bruttobetrag ist unter Berücksichtigung dieses garantierten Nettoeinkommens noch festzulegen.

Den bisher benutzten Firmenwagen Mercedes Benz 450 SLC erhält Frau R. zur weiteren freien Benutzung und Verfügung. Frau R. hat, solange sie bei der Firma A. tätig ist, Anspruch auf einen in etwa gleichwertigen Firmenwagen. Steuer, Haftpflicht- und Kaskoversicherung sowie sonstige Betriebsunkosten des Fahrzeugs werden weiterhin von der Firma A. getragen.

IV. Frau R. hat derzeit ein Barkapital von etwa 255.000 DM, das von ihrem Ehemann für sie bei einer Bank angelegt ist. Frau R. belässt diesen Betrag ihrem Ehemann als Darlehen. Er ist erstmals kündbar mit Wirkung zum 31. Dezember 1981, ...

V. Herr R. bezahlt als Kapitalabfindung für die Bildung einer Altersversorgung seiner Ehefrau an seine Ehefrau bei Rechtskraft der Scheidung einen Betrag von 150.000 DM. Frau R. belässt auch diesen Betrag Herrn R. als Darlehen. Es gelten die gleichen Kündigungsbedingungen wie in Ziffer IV. Die Herrn R. als Darlehen überlassenen Beträge werden mit 6 % p.a. verzinst. 3 Als weitere Abfindung auf Unterhaltsansprüche und zur Bildung der Altersversorgung hat Herr R. einen Betrag von 50.000 DM zu zahlen, welcher mit Rechtskraft der Scheidung fällig wird. ...

Herr R. bezahlt an Frau R. für den Fall der Scheidung eine monatliche, monatlich jeweils im Voraus fällig werdende Unterhaltsrente von 5.000 DM, beginnend ab 1. Juli 1979. Herr R. verpflichtet sich darüber hinaus, für die Zeit des Getrenntlebens der Eheleute einen weiteren Betrag von pauschal 3.000 DM zu bezahlen. Das Nettoeinkommen der Frau R. aus ihrer Tätigkeit in der Firma A. - siehe Ziffer III - ist auf die monatliche Unterhaltsrente anzurechnen. Nur wenn die Tätigkeit der Frau R. insoweit entfällt, hat Herr R. die volle monatliche Unterhaltsrente von 5.000 DM zu bezahlen.

Sofern sich der vom statistischen Bundesamt festgesetzte Preisindex für die Lebenshaltung künftig nach oben oder unten ändert, ändert sich auch die vereinbarte Unterhaltsrente im gleichen Verhältnis, wobei Schwankungen bis zu 20 % gegenüber dem für den Monat Juni 1979 geltenden Index unbeachtet bleiben.

VI. Herr R. bezahlt auf Unterhaltsansprüche der Frau R. während des Getrenntlebens einen einmaligen Betrag von 12.500 DM. ...

VIII. Herr R. hat weder eigene Versorgungsanwartschaften aus gesetzlicher Rentenversicherung noch Rentenansprüche aus privater Lebensversicherung.

Soweit Frau R. Ansprüche auf Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erworben hat, verzichtet Herr R. ausdrücklich auf einen Versorgungsausgleich und Frau R. nimmt diesen Verzicht an."

In der Folgezeit erbrachte der Kläger die im Vergleich vereinbarten Kapitalleistungen; er zahlte der Beklagten auch das unter IV. genannte Kapital von 255.000 DM aus. Die Anstellung der Beklagten bei der Firma A. endete noch im Jahre 1979. Der vereinbarte Unterhalt, den der Kläger durchgehend zahlte, wurde ab 1. September 1990 auf 6.000 DM und ab 1. Juni 1997 auf 7.000 DM erhöht. 4 Die Beklagte, die nach dem Abschluss der Hauswirtschaftsschule keine weitere Ausbildung absolviert hatte, bewohnt ein unbelastetes Reihenhaus, das sie 1996 für 410.000 DM erwarb. Seit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen des Klägers ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach. 1993 wurde bei ihr eine äthyltoxische Leberzirrhose festgestellt, die eine stationäre Behandlung erforderlich machte. Im Jahr 2006 unterzog sie sich deshalb einer Therapie in einer Tagesklinik. Inzwischen liegen bei der Beklagten - neben einer Alkoholabhängigkeit mit alkoholtoxischer Leberzirrhose - verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, unter anderem eine rezidivierende depressive Störung, arterielle Hypertonie, Adipositas mit symmetrischer Lipomatose der Extremitäten sowie eine geringgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz.

Der Kläger, der nach wie vor in seinem Unternehmen tätig ist, hat mit der im September 2008 erhobenen Klage Abänderung des Prozessvergleichs vom 12. Juli 1979 dahin begehrt, dass er der Beklagten keinen Unterhalt mehr zu zahlen habe. Er hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189 ff.) zu weiteren Unterhaltsleistungen nicht mehr verpflichtet zu sein.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, dass sie nach Beendigung ihrer schulischen Ausbildung im Sommer 1968 im Hinblick auf die Beziehung zu dem bereits damals vermögenden Kläger von einer Berufsausbildung abgesehen habe. Im Vertrauen auf die Unterhaltsregelung habe sie auch nach der Scheidung keine Berufsausbildung absolviert. Mittlerweile sei sie vollständig oder überwiegend erwerbsunfähig, habe aber auch altersbedingt und ohne Ausbildung keine Chance, eine Erwerbstätigkeit zu finden.

Das Amtsgericht hat den Vergleich dahin abgeändert, dass der Kläger für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. Juli 2011 monatlichen Unterhalt von 1.800 € zu zahlen hat, und die Unterhaltspflicht danach entfällt. Die gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es den Unterhalt ab 1. August 2009 auf monatlich 2.500 € herabgesetzt und die Befristung entfallen lassen. Dagegen haben beide Parteien zugelassene Revision eingelegt; sie verfolgen jeweils ihre erstinstanzlichen Begehren weiter.

Gründe

Die Revisionen sind begründet.

A.

Das Berufungsgericht hat lediglich eine Herabsetzung des vereinbarten Unterhalts für gerechtfertigt gehalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Einen Abänderungsgrund für die Unterhaltsvereinbarung stelle die zum 1. August 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform dar. Unter den Voraussetzungen des § 1578 b BGB sei nunmehr die Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt vorgeschrieben. Dabei komme dem Gesichtspunkt wesentliche Bedeutung zu, ob und gegebenenfalls inwieweit der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, erlitten habe. Im vorliegenden Fall könne allerdings offenbleiben, ob auf Seiten der Beklagten 8 ehebedingte Nachteile eingetreten seien, da es sich um eine Ehe von kurzer Dauer handele, die Beklagte bei der Scheidung erst 28 Jahre alt gewesen sei und eine Berufsausbildung hätte absolvieren können. Auch ohne Feststellung ehebedingter Nachteile sei allerdings ein völliger Wegfall des Unterhaltsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nach § 36 Nr. 1 EGZPO für die Beklagte unzumutbar. Vielmehr sei der Unterhalt nur herabzusetzen. Insofern komme der Dauer der bestehenden Unterhaltsregelung besonderes Gewicht zu. Der Kläger habe den vereinbarten Unterhalt, der zweimal erhöht worden sei, rund 30 Jahre vorbehaltlos geleistet. Die Beklagte habe sich deshalb darauf eingestellt, dass ihr Lebensbedarf durch den Unterhalt gedeckt werde. Andere Einnahmequellen der Beklagten seien nicht ersichtlich. Sie sei inzwischen 58 Jahre alt, verfüge weder über eine Berufsausbildung noch über berufliche Erfahrungen und sei gesundheitlich beeinträchtigt. Aus Vermögen könne die Beklagte nur ihren Wohnbedarf decken, da andere Vermögenswerte als das selbst genutzte Reihenhaus nicht vorhanden seien. Der Vorwurf des Klägers, Vermögen verschwendet zu haben und deshalb nicht schutzbedürftig zu sein, greife nicht durch. Der Erwerb von selbstgenutztem Immobilieneigentum sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dass die Beklagte einen Teilbetrag von rund 72.000 DM der von dem Kläger erhaltenen Zahlungen von insgesamt 482.500 DM im Laufe von 30 Jahren verbraucht habe, falle angesichts der günstigen Lebensverhältnisse der Parteien nicht wesentlich ins Gewicht. Der Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, von dem laufenden Unterhalt nichts gespart zu haben, da laufender Unterhalt der Deckung des Lebensbedarfs und nicht der Vermögensbildung diene. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Kläger keine Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit geltend mache.

Der der Beklagten zuzubilligende Vertrauensschutz sei nicht deshalb geringer, weil bereits durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Fe-12 bruar 1986 mit § 1573 Abs. 5 BGB aF und § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB aF zum 1. April 1986 Möglichkeiten zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts eingeführt worden seien. Denn diese Möglichkeiten seien nicht in Erwägung gezogen worden. Eine Einschränkung des Vertrauensschutzes ergebe sich auch nicht aus dem Altersunterschied der Parteien; dieser stelle keinen unterhaltsrechtlich beachtlichen Gesichtspunkt dar. Eine Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, für den Wegfall des Unterhaltsanspruchs aufgrund des Vorversterbens des Unterhaltspflichtigen vorzusorgen, bestehe nicht. Danach könne jedenfalls bis zum Eintritt der Beklagten in das Rentenalter eine Befristung des Unterhalts nicht erfolgen.

Der Unterhaltsanspruch sei jedoch nach § 1578 b Abs. 1 BGB herabzusetzen, soweit dies der Billigkeit entspreche. Zumutbar sei eine Herabsetzung auf monatlich 2.500 € ab 1. August 2009. Der Betrag erlaube der Beklagten zum einen eine angemessene Lebensführung und sei zum anderen dem Kläger zuzumuten, da er um etwa die Hälfte des aufgrund des Vergleichs unter Berücksichtigung der Wertsicherungsklausel rechnerisch geschuldeten Unterhalts (rund 4.973 €) entlastet werde.

B.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Die im vorliegenden Rechtsstreit vom Kläger begehrte Abänderung richtet sich gemäß Art. 111 FGG-RG noch nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Verfahrensrecht, da der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 13 2011, 100 Rn. 9 f. mwN) und ist somit nach § 323 ZPO aF zu beurteilen (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 15; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 32. Aufl. § 323 Rn. 1).

I. Die Abänderungsklage ist zulässig. Der Kläger hat sich auf die seit dem Abschluss des Vergleichs am 12. Juli 1979 geänderte Rechtslage zur Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts berufen, was für die Zulässigkeit der Klage ausreicht (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 323 Rn. 32; BT-Drucks. 16/1830 S. 33; zur Zulässigkeit bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung: Senatsurteile vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 16 und vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 11 f.).

II. Die Beklagte rügt allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht sich nicht mit dem von ihr erhobenen Einwand auseinandergesetzt hat, bei dem Vergleich handle es sich nicht um eine Regelung ihres gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1569 ff. BGB aF, sondern um einen eigenen Schuldgrund, der unabhängig von den gesetzlichen Bestimmungen bestehe und damit von einer Änderung des Unterhaltsrechts unberührt bleibe. In diesem Fall wäre ein Abänderungsbegehren, das auf eine Änderung der Rechtslage gestützt wird, nicht begründet.

Der Einwand, der Vergleich beinhalte einen vom Gesetz losgelösten Unterhaltsanspruch, ist jedoch nicht gerechtfertigt.

1. Der Wille der Parteien, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen und ihn damit des Wesens eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu entkleiden, kann nur beim Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte angenommen werden (Senatsurteil vom 26. September 1990 - XII ZR 87/89 - FamRZ 1991, 673, 674; Senatsbeschluss vom 23. Januar 16 1985 - IVb ARZ 63/84 - FamRZ 1985, 367, 368 und BGH Urteil vom 28. Juni 1984 - IX ZR 143/83 - FamRZ 1984, 874, 875).

Das Berufungsgericht hat eine Auslegung des Vergleichs unterlassen und sich mit der Frage, ob die Parteien eine vertragliche Unterhaltsregelung getroffen haben, deshalb nicht auseinandergesetzt. Da aber die hier maßgeblichen Tatsachen unstreitig bzw. vom Berufungsgericht festgestellt sind und eine weitere Aufklärung nicht geboten ist, kann der Senat die Auslegung des Vergleichs selbst vornehmen (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 17; Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 546 Rn. 5 mwN).

2. Diese führt zu dem Ergebnis, dass sich weder aus der Vereinbarung selbst noch aus den von der Beklagten angeführten Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass nicht der gesetzliche Unterhaltsanspruch geregelt worden ist.

a) Gegen die Begründung eines vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch völlig losgelösten vertraglichen Anspruchs, der der Beklagten dauerhaft Zahlungen hätten sichern sollen, spricht bereits deren Alter von 28 Jahren bei der Scheidung der Ehe und die deshalb nicht auszuschließende Möglichkeit einer erneuten Eheschließung. Nach einer Wiederverheiratung würde die nacheheliche Solidarität aber weitere Unterhaltszahlungen nicht rechtfertigen. Abgesehen davon konnte der Unterhaltsanspruch auch nach der seit dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) am 1. Juli 1977 bestehenden Rechtslage nach § 1579 BGB aF verwirkt werden. Auch dieser Gesichtspunkt lässt es als fernliegend erscheinen, dass ein eigenständiger Schuldgrund geschaffen werden sollte. Was die Revision hiergegen einwendet, erweist sich als unbehelflich.

b) Aus dem Wortlaut des Vergleichs ergeben sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte. Dass die Formulierung "Unterhaltsrente" gewählt worden ist, lässt nicht auf die Begründung eines vertraglichen Unterhaltsanspruchs schließen. Auch das Gesetz geht davon aus, dass der laufende Unterhalt durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren ist (vgl. etwa §§ 1361 Abs. 4 Satz 1 und 2, 1585 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 BGB).

c) Die Grundvoraussetzungen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, nämlich die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten sowie die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, lagen - auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vergleich - erkennbar vor. Die Beklagte erhielt für ihre (pro forma übernommene) Tätigkeit im Unternehmen des wirtschaftlich sehr gut gestellten Klägers ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 DM, das hinter ihrem Bedarf nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) deutlich zurückblieb. Dass dieses Einkommen auf den monatlichen Unterhalt von 5.000 DM angerechnet werden sollte, nötigt nicht zu der Schlussfolgerung, anderweit erzieltes Einkommen hätte anrechnungsfrei und entgegen §§ 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 1 BGB nicht berücksichtigt werden sollen. Bei Vergleichsabschluss erschien es aufgrund der Biographie der Beklagten allerdings ohnehin unwahrscheinlich, dass sie in absehbarer Zeit anderweit Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen würde.

d) Der Einwand, der Vergleich habe der Beklagten keinen Unterhalt nach Maßgabe des ehelichen Lebensstandards eingeräumt, der unter anderem durch das Vorhandensein einer Haushälterin, eines Kindermädchens, eines Gärtners, eines Privatlehrers und von Zugehfrauen geprägt gewesen sei, weshalb sie auf erhebliche Ansprüche verzichtet, dafür aber eine (vergleichsweise) geringe Zahlung garantiert bekommen habe, gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden eheli-23 chen Lebensverhältnisse richten sich zwar nach dem für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkommen der Ehegatten. Das vorhandene Einkommen wird aber - gerade bei gehobenen Einkünften - regelmäßig nicht in vollem Umfang für den allgemeinen Lebensbedarf verbraucht, sondern zum Teil auch der Vermögensbildung zugeführt. Die der Vermögensbildung vorbehaltenen Einkommensteile dienen aber nicht der Befriedigung des laufenden Lebensbedarfs und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen. Im Übrigen ist insoweit ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Dabei hat, gemessen an dem vorhandenen Einkommen, sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übertriebener Aufwand außer Betracht zu bleiben. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - FamRZ 2007, 1532 Rn. 26 f. mwN). Bei Heranziehung dieser Grundsätze kann indessen nicht davon ausgegangen werden, der vereinbarte Betrag sei nicht der gesetzlich geschuldete Unterhalt, weil der Beklagten bei zutreffender Unterhaltsbemessung wesentlich mehr zugestanden hätte. Die Regelung des Trennungsunterhalts lässt sich insofern nicht zugunsten der Beklagten heranziehen. Trennungsunterhalt war - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in Höhe von monatlich 8.000 DM (5.000 DM + 3.000 DM) vereinbart, sondern in Höhe jeweils einmalig zu zahlender Beträge von 3.000 DM und von 12.500 DM (Nr. IV. Abs. 3 und VI. des Vergleichs).

e) Letztlich lässt sich für den Standpunkt der Beklagten auch nicht anführen, dass sie nicht an Einkommenssteigerungen oder möglichen Verlusten des Klägers teilhabe. Eine Erhöhung des Unterhalts war durch die Wertsicherungsklausel vorgesehen, eine Teilhabe an Verlusten bei einer Unterhaltsbemessung nach einem objektiven Maßstab nicht zwingend, solange damit keine Leis-26 tungsunfähigkeit einhergeht. Letztere geltend zu machen wäre dem Kläger gegebenenfalls unbenommen gewesen. Dass er nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 20. Februar 1986 von der hierdurch eröffneten Möglichkeit der Unterhaltsbegrenzung keinen Gebrauch gemacht hat, deutet ebenfalls nicht auf eine Unabhängigkeit des Vergleichs vom Unterhaltsrecht hin.

3. Die Rüge der Beklagten, das Berufungsurteil sei in diesem Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Zwar ist anerkannt, dass ein Verstoß gegen § 547 Nr. 6 ZPO nicht nur dann vorliegt, wenn eine Entscheidung überhaupt nicht begründet ist, sondern auch dann, wenn auf ein selbständiges Verteidigungsvorbringen im Sinne des § 146 ZPO nicht eingegangen worden ist (BGHZ 39, 333, 337; Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 351/81 - NJW 1983, 2318, 2319). Um ein derartiges selbständiges Verteidigungsvorbringen handelt es sich bei dem von der Beklagten erhobenen Einwand. Die Rechtsprechung hat aber aus prozesswirtschaftlichen Gründen den Anwendungsbereich des § 547 Nr. 6 ZPO dahin eingeengt, dass ein Übergehen eines einzelnen Verteidigungsmittels dann unschädlich ist, wenn es sich sachlich ohne weiteres als ungeeignet erweist (BGHZ 39, 333, 339; Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 350/81 - NJW 1983, 2318, 2320 und BGH Urteil vom 18. Januar 1990 - III ZR 269/88 - NJW 1990, 2199, 2001). Das ist hier, wie unter 2. bereits ausgeführt, der Fall.

III. Da es sich bei dem abzuändernden Titel um einen Prozessvergleich handelt, erfolgt die in § 323 Abs. 4 ZPO aF iVm § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Verhältnisse allein nach den Regeln des materiellen Rechts. § 323 Abs. 1 ZPO kommt keine praktische Bedeutung zu. Mangels besonderer Vereinbarungen über die Abänderbarkeit, die allerdings 27 zulässig sind, sind die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) maßgebend (vgl. BGHZ - GSZ - 85, 64, 73; st. Rspr. des Senats).

1. Ob eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten ist, bestimmt sich nach dem der Einigung zugrunde gelegten Parteiwillen. Dieser ist Geltungsgrund der Vereinbarung und entscheidet darüber, welche Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs gehören und wie die Parteien diese Verhältnisse bewertet haben. Außer einer Veränderung der individuellen Verhältnisse können auch Änderungen einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der Rechtslage zu Störungen einer vertraglichen Vereinbarung führen, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Grundlage der Beurteilung in diesen Fällen ist, dass beim Abschluss einer Vereinbarung ein beiderseitiger Irrtum über die Rechtslage das Fehlen der Geschäftsgrundlage bedeuten kann, wenn die Vereinbarung ohne diesen Rechtsirrtum nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen worden wäre. Gleiches gilt, wenn der Geschäftswille der Parteien auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage aufgebaut war. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, welche Verhältnisse die Parteien zur Grundlage ihrer Einigung gemacht haben. Anhand des Ergebnisses dieser Auslegung kann beurteilt werden, welche Auswirkungen sich aus Umständen ergeben, die sich anders als erwartet entwickelt haben (Senatsurteile vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1358; vom 2. Februar 1994 - XII ZR 191/92 - FamRZ 1994, 562, 564; vom 15. März 1995 - XII ZR 257/93 - FamRZ 1995, 665, 666 und vom 29. Januar 1992 - XII ZR 239/90 - FamRZ 1992, 539).

2. Im vorliegenden Fall ist eine Abänderung wegen Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB durch den Vergleich nicht gehindert. Das ergibt eine interessengerechte Auslegung des Vergleichs, die der Se-29 nat insofern ebenfalls selbst vornehmen kann. Denn das Berufungsgericht hat sich auch nicht mit der Frage befasst, ob die Parteien die Abänderbarkeit der Unterhaltsregelung in dieser Hinsicht ausgeschlossen haben.

Die Parteien haben eine zeitlich unbefristete Unterhaltsrente für die Beklagte vereinbart, da eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts nach der seinerzeit geltenden Rechtslage nicht vorgesehen war. Deshalb bestand auch keine Veranlassung, diese Frage zum Gegenstand der getroffenen Vereinbarung zu machen. Dass dies gleichwohl der Fall gewesen wäre, hat die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen nicht geltend gemacht. Mit ihrer Revision rügt sie auch nicht, dass das Berufungsgericht insoweit Sachvortrag übergangen hätte. Dann baute der Geschäftswille der Parteien aber auf der gemeinsamen Erwartung vom Fortbestand der damaligen Rechtslage auf. Diese hat sich zum 1. April 1986 sowie zum 1. Januar 2008 geändert. Bereits 1986 war mit § 1573 Abs. 5 BGB aF die Möglichkeit einer Befristung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 1 und 2 BGB eingeführt und in § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB die Möglichkeit einer Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten vorgesehen worden. Hätten die Parteien dies bedacht, so hätten sie dem - insbesondere angesichts des Alters der Beklagten bei der Scheidung sowie der Dauer der Ehe - Rechnung getragen und entweder bereits eine Begrenzung vereinbart oder für einen späteren Zeitpunkt offengehalten (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 24 - 26 für den Fall eines nach dem 1. April 1986 geschlossenen Prozessvergleichs).

IV. Danach hat das Berufungsgericht mangels insoweit bestehender Bindungen des Vergleichs im Ausgangspunkt zu Recht über die vom Kläger begehrte Befristung des Unterhalts entschieden. Das gefundene Ergebnis ist indessen nicht rechtsbedenkenfrei. 31 1. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts zu erfolgen hat, richtet sich nach § 1578 b BGB. Nach dieser Bestimmung ist der Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre (§ 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die somit erforderliche Prüfung nach § 1578 b BGB hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagten auch ohne Feststellung eines ehebedingten Nachteils ein Wegfall des Unterhaltsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nach § 36 Nr. 1 EGZPO unzumutbar sei.

2. § 36 Nr. 1 EGZPO ist im vorliegenden Fall indessen nicht anwendbar.

a) Nach dieser Bestimmung sind bei vollstreckbaren Titeln, die vor dem 1. Januar 2008 errichtet worden sind, Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Voraussetzung für die Maßgeblichkeit der Bestimmung ist demnach, dass die für die Abänderung angeführten Umstände erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Bedeutung erlangt haben. Das gilt unabhängig davon, ob der Titel vor oder nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungs-33 gesetzes 1986 zustande gekommen ist, denn § 36 Nr. 1 EGZPO differenziert insofern nicht. Das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz 1986 hat im Übrigen keine § 36 Nr. 1 EGZPO vergleichbare Regelung vorgesehen, weshalb die geänderte Rechtslage uneingeschränkt galt. Mit Rücksicht darauf ist insofern auch kein Vertrauensschutz veranlasst.

b) Die für die Abänderung herangezogenen Umstände sind hier nicht erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz 2008 relevant geworden. Der Vergleich regelt - wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang auch angenommen hat - einen Anspruch der Beklagten auf Erwerbslosenunterhalt nach § 1573 Abs. 1 BGB. Denn sie war zur Zeit des Zustandekommens des Vergleichs jung und gesund und hätte deshalb grundsätzlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen können, da ihr die Erziehung und Betreuung des gemeinsamen Sohnes nicht oblag. Unterhaltsansprüche nach § 1573 Abs. 1 und 2 BGB konnten aber schon vor dem 1. Januar 2008 unter denselben Voraussetzungen, wie sie jetzt § 1578 b Abs. 1 BGB statuiert, sowohl befristet (§ 1573 Abs. 5 BGB aF) als auch herabgesetzt (§ 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) werden. Dass die Beklagte inzwischen möglicherweise Unterhalt nach § 1572 BGB verlangen könnte, ist nicht festgestellt.

c) Im Hinblick darauf hat der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass § 36 Nr. 1 EGZPO nur auf die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen anwendbar ist, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 erlassenen Urteils oder einer zuvor geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist dies nicht der Fall (Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16, 62 f.; BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 41 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 22). Für eine entsprechende Anwen-36 dung des § 36 Nr. 1 EGZPO besteht kein Raum. Vielmehr kann das Unterhaltsrechtsverhältnis nicht anders beurteilt werden, als wenn das Abänderungsverfahren schon vor dem 1. Januar 2008 durchgeführt worden wäre. Das vom Berufungsgericht angeführte Schutzbedürfnis auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ist im Rahmen der nach § 1578 b BGB anzustellenden Billigkeitsabwägung angemessen zu berücksichtigen, in die auch ein berechtigtes Vertrauen des Unterhaltsberechtigten in die - ungekürzte - Weiterzahlung des Unterhalts Eingang zu finden hat (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 23).

Das Berufungsurteil kann danach hinsichtlich der Ausführungen zur Befristung auf die Revision des Klägers keinen Bestand haben.

V. Auch die vorgenommene Unterhaltsherabsetzung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das Berufungsgericht insoweit eine Prüfung nach den in § 1578 b Abs. 1 BGB genannten Kriterien ebenfalls nicht vorgenommen hat.

1. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 21; vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 23 mwN und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 20 ff. ). 38 2. Feststellungen zu einem ehebedingten Nachteil der Beklagten, die während der Ehe keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist (die Anstellung im Betrieb des Klägers war ihrem Vortrag zufolge nicht mit einer Arbeitsbelastung verbunden), hat das Berufungsgericht nicht getroffen, sondern das Vorliegen eines Nachteils offengelassen. Diesem Kriterium kommt indessen vorrangige Bedeutung zu.

a) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen oder könnte er nur solche Einkünfte erzielen, scheidet zwar eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14 f.).

b) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1890, S. 19). Denn indem die Bestimmung insbesondere auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt sie andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 44).

Die Feststellung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist - ebenso wie die entsprechende Billigkeitsabwägung - Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln verkannt hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungsregeln verstößt (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 42, 47).

Auch diesen Maßstäben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Es beschränkt sich - wie die Revisionen beider Parteien zu Recht angreifen - zu der vorgenommenen Herabsetzung auf die Aussage, eine Herabsetzung des Unterhalts ab 1. August 2009 auf monatlich 2.500 € sei zumutbar. Dies erlaube der Beklagten eine angemessene Lebensführung, zumal sie mietfrei wohne. Andererseits seien derartige Zahlungen dem Kläger zuzumuten, weil er um die rechnerische Hälfte des nach der Wertsicherungsklausel an sich geschuldeten Unterhalts von 4.973 € entlastet werde. Diese Ausführungen lassen schon nicht erkennen, aufgrund welcher Erwägungen im Einzelnen das Berufungsgericht zu dem gewonnenen Ergebnis gelangt ist. Erst recht lässt sich nicht feststellen, ob 43 eine umfassende und widerspruchsfreie Auseinandersetzung mit dem Prozessstoff erfolgt ist.

Danach kann das angefochtene Urteil auf die Revisionen beider Parteien auch insoweit nicht bestehen bleiben.

VI. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

VII. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Ein ehebedingter Nachteil der Beklagten könnte allenfalls vorliegen, wenn sie finanzielle Einbußen erlitten hätte, weil sie im Hinblick auf die Rollenverteilung in der Ehe erst nach der Scheidung eine Ausbildung oder Berufstätigkeit aufnehmen konnte. Dazu ist bisher nichts vorgetragen.

2. Der Beklagten könnten grundsätzlich auch Nachteile in der Altersversorgung entstanden sein. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist zwar vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 34). Ob im vorliegenden Fall etwas anderes gilt, weil ein Versorgungsausgleich nicht stattgefunden hat, lässt sich mangels Feststellungen zu einer von der Beklagten erlangten Altersversorgung nicht beurteilen. Allerdings können zunächst entstandene Nachteile durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile kompensiert worden sein. Insofern sind die Ausgleichszahlungen des Klägers von 150.000 DM (Nr. V Abs. 1 des Vergleichs) und von 50.000 DM (insoweit jedenfalls teilweise, Nr. V Abs. 2 des Vergleichs) zu berücksichtigen. Die Höhe dieser Leistungen 46 spricht dafür, dass der Beklagten eventuelle ehebedingte Versorgungsnachteile nicht verblieben sind, da sie ohne die Eheschließung und die gewählte Rollenverteilung vermutlich nicht besser gestanden hätte, als sie tatsächlich steht (zur Ermittlung des ehebedingten Versorgungsnachteils vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 33).

3. Im Rahmen der weiter zu berücksichtigenden nachehelichen Solidarität kommen als Aspekte die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sowie die Dauer der Ehe in Betracht. Das Berufungsgericht ist, ohne dies zu konkretisieren, von einer kurzen Ehedauer ausgegangen. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 36 und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35) die Zeit von der Eheschließung (17. Dezember 1970) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (28. Juni 1979), so dass die Ehedauer ca. 8 Jahre beträgt. Dies ist nicht mehr kurz, andererseits aber auch nicht besonders lang. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es für sich betrachtet jedenfalls nicht, der Beklagten eine dauerhafte Lebensstandardgarantie zuzubilligen. Vielmehr ist das Maß der hier begründeten nachehelichen Solidarität nach inzwischen über 30jähriger Distanz zur Ehe und ebenso lange währender ungeschmälerter Unterhaltszahlung weitgehend verwirklicht (vgl. insofern Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 24).

4. Dass das Berufungsgericht der Dauer der Unterhaltszahlungen von über 30 Jahren Bedeutung beigemessen hat, ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Aus der Fortzahlung des Unterhalts kann sich für den Unterhaltsberechtigten ein Vertrauenstatbestand insoweit ergeben, als er im berechtigten Vertrauen darauf Dispositionen getroffen hat, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Insoweit kann auch eine vom Unterhaltspflichtigen hingenommene eingeschränkte oder unterbliebene Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten einen 51 Vertrauenstatbestand begründen, der gegen eine Begrenzung des Unterhalts angeführt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 37; vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 37 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 25).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger den vereinbarten Unterhalt nicht nur vorbehaltlos gezahlt, sondern in zwei Schritten letztlich sogar auf 7.000 DM monatlich erhöht. Im Vertrauen hierauf dürfte die Beklagte von einer Erwerbstätigkeit abgesehen haben, woran sie inzwischen nichts mehr zu ändern vermag. Inwieweit ihr Vertrauen auf den Fortbestand des Unterhaltstitels im Hinblick hierauf und unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände des Falles schutzwürdig ist und demgemäß einer Herabsetzung des Unterhalts entgegensteht, unterliegt der tatrichterlichen Abwägung. Eine Befristung des Unterhalts erscheint bei der gegebenen Sachlage allerdings eher fernliegend.

5. Hinsichtlich der Verwendung der vom Kläger bezogenen Kapitalleistungen dürfte zu berücksichtigen sein, dass nach Nr. V Abs. 1 des Vergleichs 6 % Zinsen zu zahlen waren, die dem Vorbringen des Klägers zufolge auch ent-

richtet wurden, bis der letzte Teilbetrag von 270.000 DM im Jahr 1996 ausgezahlt wurde. Der Beklagten haben dadurch weitere nicht unerhebliche Mittel zur Verfügung gestanden.

Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Vorinstanzen:

AG Fürth, Entscheidung vom 21.04.2009 - 204 F 1360/08 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.10.2009 - 9 UF 534/09 -