LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.10.2011 - L 11/12 AL 79/08
Fundstelle
openJur 2012, 52309
  • Rkr:

Die Verurteilung eines Beigeladenen setzt im sozialgerichtlichen Verfahren voraus, dass im Verhältnis zum Beigeladenen eine Klage noch möglich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Kläger einen Bescheid des Beigeladenen, der den streitigen Sachverhalt regelt, hat bindend werden lassen.Die Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit zur Zahlung der Kosten für digitale Hörgeräte als Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben kommt nur in Betracht, wenn genau diese Geräte zum Ausgleich einer Behinderung für diesen bestimmten Arbeitsplatz beziehungsweise für eine ganz spezielle Form der Berufsausübung benötigt werden.

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. Mai 2008 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger 4.128,-- Euro für die Beschaffung neuer Hörgeräte zu erstatten.

Der 1974 geborene Kläger ist wegen einer Schwerhörigkeit schwerbehindert (Grad der Behinderung 50). Bei ihm ist das Merkzeichen "RF" festgestellt.

Der Kläger erlernte von 1992 bis 1995 den Beruf eines Maurers und absolvierte von 1995 bis 1997 die Fachoberschule Technik. Von 1997 bis 2004 studierte er Architektur an den Fachhochschulen I. und J.. Von 2000 bis 2003 war er in der Montage bei K. in L. beschäftigt. Von November 2004 bis November 2006 war er bei der M. GmbH im Schornsteinbau tätig.

Am 26. Juni 2006 beantragte der Kläger bei der beklagten Bundesagentur schriftlich, ihm die "Finanzierung/Restfinanzierung" von neuen Hörgeräten zu bewilligen. Zur Begründung wies er auf seine Arbeitssituation hin, in der er auf sichere Kommunikation mit seinen Arbeitskollegen unter widrigen Bedingungen angewiesen sei. Am 5. Juli 2006 stellte der Kläger einen förmlichen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Beklagten.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 2006 mit, nach ihrer Auffassung sei die Krankenversicherung für sein Begehren zuständig. Sie habe daher seinen Antrag an seine Krankenversicherung weiter geleitet. Die Krankenkasse des Klägers - die Beigeladene - war in ihrem Antwortschreiben an die Beklagte, in dem sie sich auf deren Schreiben vom 7. Juli 2006 bezog, indessen der Auffassung, die Beklagte sei allein zuständig, da sie (die Beigeladene) für den Ausgleich beruflicher Anforderungen nicht zuständig sei.

Gegen das Schreiben der Beklagten vom 13. Juli 2006 legte der Kläger Widerspruch ein und machte deutlich, auch nach seiner Auffassung sei nicht allein die Krankenkasse zuständiger Kostenträger. Zur Unterstützung seines Begehrens legte er die Rechnung über die Hörgeräte vom 4. August 2006 in einer Gesamthöhe von 5.372,-- Euro vor. Hierin wurde der auf die Krankenversicherung entfallende Anteil auf 1.244,-- Euro beziffert. Anschließend legte der Kläger eine Bescheinigung der Hals-Nasen-Ohrenärzte Dres. N. vom 3. August 2006 vor. Danach liegt bei dem Kläger eine hochgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit mit Hörrest im Tieftonbereich vor. Weiter heißt es darin, der Kläger sei bei der Arbeit auf Baustellen auf eine hochwertige Hörgeräteversorgung angewiesen. Auch ein Schreiben seiner Arbeitgeberin vom 11. August 2006 legte der Kläger vor. Darin wies auch die Arbeitgeberin darauf hin, der Kläger sei bei Ausübung seiner Tätigkeit auf sichere Kommunikation mit seinen Kollegen angewiesen und dabei erheblichen Störquellen ausgesetzt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2006 zurück. Sie war nach wie vor der Auffassung, zuständiger Kostenträger für die Hörgeräteversorgung des Klägers auch mit höherwertigen Hörgeräten sei die Beigeladene.

Am 19. Oktober 2006 ist Klage erhoben worden. In seinem Klageschreiben führte der Kläger aus, er bitte um Klärung, wer der zuständige Kostenträger sei. Zur Unterstützung seines Klagebegehrens legte er den Anpassbericht und Vergleichsmessungen des Hörgeräteakustikers O. vor. Er führte aus, er habe die Hörgeräte seit dem 5. Mai 2006 in seinem Besitz, aber noch nicht bezahlt. Die Geräte seien ausschließlich für die Berufsausübung gedacht. Auch zur Findung eines neuen Arbeitsplatzes seien sie erforderlich, da sie ihm ermöglichten, mit dem Arbeitsberater der Beklagten Kontakt aufzunehmen.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2007 hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg die Krankenkasse des Klägers notwendig beigeladen.

Am 4. Juli 2007 hat der Kläger den Abschlussbericht zur Hörgeräteversorgung unterschrieben. Darin war angekreuzt, er habe sich für eine Versorgung mit Eigenanteil entschieden und wünsche keine eigenanteilsfreie Versorgung. Gegen die auf den Festbetrag in Höhe von 1.244,-- Euro begrenzte Kostenerstattung durch die Beigeladene ist kein Widerspruch eingelegt worden.

Am 30. April 2008 hat das SG einen Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme durchgeführt. Anlässlich des Termins hat die Beigeladene zunächst darauf hingewiesen, der Kläger habe keinen Widerspruch gegen die Beschränkung ihrer Zahlungen auf den Festbetrag eingelegt. Der Kläger erklärte, er nutze die neuen Hörgeräte seit Mai 2006 und sei seit November 2006 nicht mehr bei seiner vormaligen Arbeitgeberin beschäftigt. Den noch ausstehenden Betrag für die Hörgeräte habe er noch nicht bezahlt. Sein Ausscheiden habe indessen nichts mit seiner Hörfähigkeit zu tun. Er benötige die Hörgeräte auch für den Hin- und Rückweg zur Arbeit, da er sonst nicht mit dem Handy für den Arbeitgeber erreichbar sei. Weiter hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung erklärt, er habe mit den alten Hörgeräten ein Gespräch mit einem Arbeitsberater der Beklagten durchaus führen können. Dies wäre ihm aber nicht möglich gewesen, wenn es in einem Raum stattgefunden hätte, der halle.

Sodann hat das SG den Hörgeräteakustikermeister und Audiotherapeuten O. als sachverständigen Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Protokoll der Sitzung Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich abschließend mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 8. Mai 2008 stattgegeben, den Bescheid vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Anschaffung von Hörgeräten einen Betrag in Höhe von 4.128,-- Euro zu zahlen.

Gegen das ihr am 28. Mai 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Juni 2008 Berufung eingelegt.

Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat das SG mit Beschluss vom 31. Oktober 2008 seinen Urteilstenor dahingehend berichtigt, dass das richtige Datum eingetragen worden ist. Zuvor war als Entscheidungsdatum vom 30. April 2008 - dem Datum des Erörterungs- und Beweisaufnahmetermins - die Rede.

Die Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, dem Kläger stehe kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von Kosten für die Hörgeräte zu, weil dieser nicht speziell für einen bestimmten Arbeitsplatz auf genau diese Hörgeräte angewiesen gewesen sei. Der Kläger sei vielmehr für weite Bereiche des Arbeitslebens auf derartige Hörgeräte angewiesen. Daher handele es sich hier nicht um die Eingliederung in das Arbeitsleben, wie es aber Voraussetzung für einen Anspruch gegen die Beklagte sei, sondern um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

1. das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. Mai 2008 aufzuheben,

2. die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. hilfsweise, die Beigeladene zu verurteilen, ihm die noch offenen Kosten für die Hörgerätebeschaffung zu erstatten.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls schriftsätzlich,

die Berufung, soweit sich diese gegen die Beigeladene richtet, als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung beziehen sich der Kläger und die Beigeladene im Wesentlichen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegen-stand der Entscheidungsfindung.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Gründe

Der Senat entscheidet in Anwendung von § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Urteil des SG ist aufzuheben. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beteiligten sind zunächst übereinstimmend zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 13. Juli 2006 um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren (SGB X) handelt. Verwaltungsakt ist danach jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Um eine solche hoheitliche Maßnahme handelt es sich auch bei dem hier streitgegenständlichen Schreiben vom 13. Juli 2006. Die Beklagte lehnt darin nämlich für den Kläger verbindlich, den von ihm gestellten Antrag auf Übernahme von Kosten in ihrer Eigenschaft als Leistungsträger ab. Der Kläger hat damit zutreffend die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs 1 und 4 SGG erhoben.

Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass dieser hilfsweise auch die Verurteilung der Beigeladenen begehrt (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 1977, 4 RJ 23/77, Rn 17 = BSGE 45,183 ff mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 75 Rn 18a).

33Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 33 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) gegen die Beklagte auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt eines Zuschusses zur Beschaffung seiner neuen Hörgeräte. Nach dieser Vorschrift werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern (Abs 1). Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten (Abs 3 Nr 6). Zu diesen Leistungen gehört auch die Übernahme von Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art und Schwere der Behinderungen zur Berufsausübung erforderlich sind, es sei denn, dass solche Leistungen als medizinische Leistungen erbracht werden können (Abs 8 Nr 4). Unter Hilfsmitteln in diesem Sinne sind die Hilfen zu verstehen, die von Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind (§ 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX); hierunter können auch Hörgeräte fallen. Der Anspruch auf Hilfsmittel umfasst auch die notwendige Ersatzbeschaffung (§ 31 Abs 2 SGB IX). Derartige Hilfsmittel sind schwerbehindertenrechtlich zunächst Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX. Die Beklagte ist indessen nur Trägerin für Rehabilitationsleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (§ 6 Abs 1 Nr 2 i.V.m. § 5 SGB IX). Damit bleiben als Hilfsmittel zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 33 SGB IX, die in die Zuständigkeit zur Leistungserbringung der Beklagten fallen können, nur diejenigen, die zum Ausgleich einer Behinderung für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. für eine ganz spezielle Form einer Berufsausübung bzw. Berufsausbildung erforderlich sind und sonst bei anderweitigen beruflichen Tätigkeiten nicht benötigt werden (BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, Rn 18 = BSGE 101, 207 ff zur Abgrenzung zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und Rentenversicherung; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14. Juli 2011, L 11/12 AL 80/08; Großmann in GK - SGB IX, § 33 Rn 131; Hohmann in Wiegand, SGB IX § 33 Rn 8; Busch in Feldes/Kohte/Stevens-Bartol, SGB IX, § 33 Rn 71; Bieritz-Harder in Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK - SGB IX, 3. Auflage, § 33 Rn 39; Voelzke in Deinert/Neumann <Hrsg>, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, Handbuch SGB IX, 2. Auflage § 11 Rn 77; Götze in Hauck/Noftz, SGB IX, Bandherausgeber Masuch, § 33 Rn 39).

In Anwendung dieser Grundsätze kommt dem Kläger kein Anspruch auf Eingliederung ins Arbeitsleben gegen die Beklagte zu. Er war nicht im dargelegten Sinn auf die Hörgeräteversorgung in der nun vorgenommenen Form angewiesen, nur um den damals ausgeübten Arbeitsplatz ausfüllen zu können. Dies ergibt sich für den Senat aus der Aussage des Sachverständigen O. anlässlich des Erörterungstermins am 30. April 2008. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Hörgeräte seien so ausgerichtet, dass im freien Feld Geräusche auch der Richtung nach wahrnehmbar würden. In Räumlichkeiten - auch in Hallen - wäre eine solche Technik nicht erforderlich, auch wenn es sich um Lärmarbeitsplätze handle. Wichtig sei bei der nun vorgenommenen Hörgeräteversorgung insbesondere, dass diese mit Hilfe eines Rechners Windgeräusche ausschalten können. Für Tätigkeiten in Verkaufsräumen, in Fabrikhallen und bei Tätigkeiten bei denen Gespräche in der Gruppe durchgeführt werden müssten, sei ein Hörgerät, dessen Preis die Festbeträge der Beigeladenen nicht übersteige, ebenfalls nicht ausreichend. Allerdings sei die Zuzahlung nicht so hoch. Wenn der Kläger als Gärtner arbeite, benötige er ebenfalls solche Geräte wie sie nunmehr angeschafft worden seien.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Kläger für die Besetzung von Arbeitsplätzen auf weiten Teilen des Arbeitsmarktes insbesondere in seinem Beruf als Maurer und in weiten Teilen des Baugewerbes auf die Versorgung mit derart hochwertigen Hörgeräten angewiesen ist. Offensichtlich ist er dies auch bei allen anderen Tätigkeiten, die im Freien stattfinden. Insofern hat der Sachverständige in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerade die Ausschaltung von Windgeräuschen durch die Elektronik der Hörgeräte gestellt. Dies berücksichtigend kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger die angeschafften Hörgeräte genau für die Ausfüllung eines bestimmten Arbeitsplatzes in der zuvor dargestellten Weise benötigt. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Senat hat nicht feststellen können, dass der Kläger die Beigeladene vor seinem Schreiben vom 26. Juni 2006 an die Beklagte bereits mit der Beschaffung der neuen Hörgeräte als Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe befasst hat. Die Formulierung des Antragsschreibens ("Bitte um Feststellung, wer der zuständige Leistungsträger ist"), lässt vielmehr darauf schließen, dass der Kläger sich an die Beklagte gewandt hat, um von dieser die Klärung zu verlangen, wer Kostenträger sein soll. Somit ist nicht zu prüfen ist, ob die Beigeladene in Anwendung von § 14 SGB X erstangegangener Leistungsträger ist und aus diesem rechtlichen Gesichtspunkt für die Übernahme der geltend gemachten Leistungen aus allen denkbaren, rechtlichen Gesichtspunkten in Betracht kommt (vgl. dazu erneut BSG, Urteil vom 21. August 2008, a.a.O.; Urteil vom 20. November 2008, B 3 KN 4/07 KR R, Rn 24 = BSGE 102,90).

37Eine Verurteilung der Beigeladenen in Anwendung von § 75 Abs 5 SGG kam vorliegend schon deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger dieser gegenüber in dem Formular "Abschlussbericht zur Hörgeräteversorgung", welches er am 4. Juli 2007 unterschrieben hat, erklärt hat, er sei mit der Zahlung der Mehrkosten für die von ihm ausgewählten Hörgeräte einverstanden, und damit auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche gegen die Beigeladene verzichtet hat. Zudem steht die Bindungswirkung im Sinne von § 77 SGG der bewilligenden Entscheidung der Beigeladenen im Hinblick auf die Gewährung von 1.244,-- Euro im Rahmen der Festbetragsregelung einer derartigen Entscheidung entgegen, weil § 75 Abs 2 SGG die noch offene Möglichkeit der Klage gegen den nunmehr beigeladenen Leistungsträger voraussetzt (BSG, Urteil vom 13. August 1981, 11 RA 56/80 = SozR 1500 § 75 Nr 38; Urteil vom 29. September 2009, B 8 SO 19/08 R = SozR 4-3500 § 54 Nr 6, Rn 24, wo nur in dem hier - wie dargelegt - nicht vorliegenden Fall der vormaligen Befassung des anderen Leistungsträgers im Sinne von § 14 SGB X eine Abweichung von dieser Rechtsprechung für möglich gehalten wird; Leitherer a.a.O., Rn 18b). Da eine solche Klagemöglichkeit gegen die Beigeladene vor Durchführung eines etwaigen Verfahrens nach § 44 SGB X nicht zur Verfügung steht, kommt eine Verurteilung der Beigeladenen auch unter diesem Gesichtspunkt - abgesehen von der Frage, ob eine derartiger Anspruch in der Sache besteht - nicht in Betracht.

Eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage krankenversicherungsrechtlicher Anspruchsgrundlagen als erstangegangene Leistungsträgerin kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger gegenüber der Beigeladenen auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche verzichtet hat. Daher kommt es nicht auf die Klärung der Frage an, ob die Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Leistungsantrag des Klägers bei ihr erst mit dem ausgefüllten Antragsformular am 5. Juli 2006 und nicht bereits mit dem formlosen Antragsschreiben vom 26. Juni 2006, das keinen Eingangsstempel trägt, eingegangen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.

Anlass, die Revision in Anwendung von § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.