OLG Jena, Urteil vom 26.11.2008 - 2 U 438/08
Fundstelle
openJur 2009, 1288
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 HKO 219/07
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteils des Landgerichts Gera vom 09.05.2008, Az. 2 HKO 219/07, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu 1/3 vom Kläger, zu 2/3 vom Beklagten zu tragen sind.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Der Beklagte ist Inhaber eines stehenden Gewerbes für (u. a.) „Handel mit Baustoffen“, „Einbau von genormten Baufertigteilen und Anleitung dafür“ und „Vermittlung von Handwerksdienstleistungen“ sowie Inhaber einer Reisegewerbekarte für (u. a.) „Arbeiten auf dem Dach“. Er bewarb seine Leistungen an einer Baustelle mit einem Werbeschild, wie es als Anlage K2 der Klage in Kopie beigefügt ist. Wegen des Sachverhalts erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird im Übrigen Bezug auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat der Klage, beschränkt auf die konkrete Verletzungsform, stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er rügt die rechtliche Würdigung durch das Landgericht.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterlassungsanspruch zu Recht auf §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 3 UWG gestützt. Daran vermögen auch die umfangreichen Angriffe der Berufung nichts zu ändern.

1.) Die Sachbefugnis des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG steht außer Frage. Zu Recht hat das Landgericht die Bedeutung der mittelbaren Verbandszugehörigkeit (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 8 UWG Rn. 3.43) herausgestellt, insbesondere die unstreitige Zugehörigkeit der Handwerkskammern zum Kläger.

2.) Da das Landgericht § 4 Nr. 11 UWG zur Begründung nicht in Bezug nimmt und ein Tätigkeitsverbot nicht ausgesprochen ist, kommt es auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Regelungen in §§ 1, 7 ff. HandwO bzw. §§ 55 ff. GewO Marktverhaltensregeln darstellen, nicht entscheidend an. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2002, 2645 – Elektroarbeiten) hat für den vom Senat zu entscheidenden Fall deshalb keine Bedeutung. Grundsätzlich ist die Werbung des Beklagten als Wettbewerbshandlung nach §§ 5 Abs. 1, Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu beurteilen (vgl. MüKo-UWG/Veil § 2 Rn. 59 f.; OLG Nürnberg GRUR-RR 2007, 45).

3.) Die Werbeangaben des Beklagten sind, so wie sie sich auf dem konkret beanstandeten Werbeschild finden, zur Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG geeignet. Der Beklagte wirbt zum einen ganz allgemein mit dem Begriff „Dacheindeckungen“, zum anderen in demselben Zusammenhang mit Angaben zu seiner Anschrift sowie zu seinem Telefon- und Emailanschluss. Damit überschreitet er die Grenzen der für ein Reisegewerbe zulässigen Werbung und wirbt gleichzeitig für die Ausführung von wesentlichen Tätigkeiten in einem stehenden Gewerbe, zu denen er nicht befugt ist. In beiden Fällen steht eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise auch für den Senat fest.

a) Der Beklagte ist im Besitz einer Reisegewerbekarte für das „Anbieten von bzw. das Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen für Arbeiten auf dem Dach“.

aa) Der Senat hält es schon für zweifelhaft, ob von dieser wenig konkret gefassten Reisegewerbeerlaubnis („Arbeiten auf dem Dach“) die Durchführung von (sämtlichen) wesentlichen Tätigkeiten des sog. A-Handwerks des Dachdeckers, gedeckt ist, hier also die Ausführung von Dacheindeckungen in seiner ganzen Bandbreite. Zu Recht spricht Hüpers (GewArchGewA 2004, 230, 233; anders wohl OVG Münster GewArchGewA 2004, 32) nämlich von einem Systembruch, wenn wesentliche Tätigkeiten eines A-Handwerks im Reisegewerbe ausgeübt werden. Die hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (GewArchGewA 2000, 480; GewArch 2007, 294) sind nach Auffassung des Senats insoweit unklar und vermögen eine eindeutige Aussage, dass wesentliche Tätigkeiten eines A-Handwerks ohne Berücksichtigung der konkreten Art der Tätigkeit stets im Reisegewerbe ausgeführt werden dürfen, jedenfalls dann nicht zu stützen, wenn es sich um solche wesentlichen Tätigkeiten handelt, die der Reformgesetzgeber der Handwerksordnung im Interesse der Sicherheit der betroffenen Verkehrskreise den zugelassenen Handwerkern vorbehalten hat.

bb) Letztlich kommt es auf diese Frage aber nicht entscheidend an, weil im vorliegenden Falle allein die Bewerbung der Reisegewerbetätigkeit des Beklagten zu beurteilen ist. Reisegewerbe bedeutet jedenfalls, dass der Gewerbetreibende unangemeldet zum Kunden kommt und eine entsprechende Terminsvereinbarung oder ein entsprechender Kundenwunsch nicht vorhanden sind (Tettinger/Wank § 55 GewO Rn. 7). Es ist zwar nach neuerer Rechtsprechung des BVerfG (zuletzt GewArchGewA 2007, 294; GewArch 2000, 480) nicht mehr erforderlich, dass der Reisegewerbetreibende seine Leistungen beim Aufsuchen des Kunden unmittelbar und sofort erbringt. Durch diese Rechtsprechung hat sich aber nichts daran geändert, dass entscheidende Abgrenzung zum stehenden Gewerbe der Umstand ist, dass stets die Initiative für die Leistungserbringung vom Anbietenden ausgeht und nicht der Kunde um eine Leistungserbringung nachsucht (so auch jeweils BVerfG a. a. O.).

cc) In der Kombination der Beschreibung von Leistungen zusammen mit den Angaben auf seinem Werbeplakat zu seiner Anschrift sowie seinem Telefon- und Emailanschluss suggeriert der Beklagte bei dem relevanten Durchschnittsverbraucher, dessen Verständnis das Landgericht und der Senat entgegen der Auffassung des Beklagten selbst beurteilen können, das Vorhandensein eines stehenden Gewerbes und hält sich bei seiner Werbung nicht in der Grenzen, die ihm durch das Wesen der Reisegewerbeerlaubnis vorgegeben sind.

Angaben zu Anschrift, Telefon- und Emailanschluss auf einem großen Baustellenwerbeschild sind für das Bewerben einer Tätigkeit im Reisegewerbe nicht in der vom Beklagten vorgenommenen Art und Weise zulässig. Durch das Werbeschild wird nämlich werblich herausgestellt, dass sich Interessierte unter Zuhilfenahme der vorgegebenen Angaben (Anschrift, Telefonnummern, E-Mail) an den Beklagten wenden sollen, um ihn mit der Leistungserbringung zu beauftragen oder zur Abgabe eines Angebots zu ersuchen. Dann bewirbt der Beklagte aber nach den genannten Abgrenzungskriterien ein stehendes Gewerbe und nicht sein Reisegewerbe.

Dass die Angaben möglicherweise von der Berufsgenossenschaft verlangt werden, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil der Beklagte diesen vom Beklagten nicht näher bezeichneten Pflichten auch anders gerecht werden kann, insbesondere ein kleineres, nicht ersichtlich werbemäßig aufgemachtes Baustellenschild ausreichend ist. Es kann auch keine Rolle spielen, ob der Beklagte für Gewährleistungsarbeiten zur Verfügung stehen muss. Denn insoweit liegt bereits ein vom Kunden initiierter Vertragsschluss vor, durch den der Beklagte Informationen über seine Erreichbarkeit bereits offenbaren musste. Auch die Pflicht, sich bei der selbstinitiierten Kundenakquise identifizieren zu können, hat nichts mit der Frage zu tun, ob der Beklagte sich werbemäßig mit einem Baustellenwerbeschild an die Öffentlichkeit wenden kann, das das Vorhandensein eines stehenden Gewerbes suggeriert. Der Beklagte kann sich wegen einer angeblichen Berechtigung zur Angabe von Kontaktdaten auch nicht auf die Kammerentscheidung des EuGH vom 16.10.2008 (Az. C 298/07) berufen, weil diese Entscheidung eine völlig anders gelagerte Problematik bei Diensteanbietern im Internet betrifft.

Wenn der Beklagte Freiheiten des Reisegewerbes bei der Berufsausübung für sich in Anspruch nehmen will, dann muss er sich auch werbemäßig an die Vorgaben des Reisegewerbes halten, die aus dessen Sinn und Zweck herrühren. In diesem Zusammenhang ist nicht nur der Schutzzweck der §§ 55 ff. GewO zu berücksichtigen, den Kunden vor Überrumpelung zu schützen und die Identität des Reisegewerbetreibenden durch Pflicht zur Führung der Reisegewerbekarte sicher zu stellen. Vielmehr ist auch darauf abzustellen, dass das Reisegewerbe voraussetzt, dass der Reisegewerbetreibende seine Kunden auf ganz bestimmte, eingegrenzte Weise akquiriert. Diese Beschränkungen durch eine Werbung zu umgehen, die ein stehendes Gewerbe suggeriert, ist irreführend und unlauter. Die Frage, wie eine zulässige Werbung des Reisegewerbetreibenden im Übrigen genau auszusehen hätte, braucht der Senat nicht zu beantworten.

b) Der Beklagte ist auch nicht berechtigt, die Ausführung von „Dacheindeckungen“ im stehenden Gewerbe zu bewerben. Der Beklagte ist unstreitig nicht in die Handwerksrolle eingetragen, und zwar weder als Meister noch aufgrund der Ausnahmetatbestände der §§ 7 ff. HandwO, so dass eine Befugnis nach § 1 Abs. 2 HandwO ausscheidet. Der Beklagte ist auch nicht aufgrund anderer Ausnahmeregelungen befugt, (vollständige) Dacheindeckungsarbeiten ohne Eintragung in die Handwerksrolle zu bewerben und auszuführen. Dies gilt aufgrund folgender Überlegungen:

aa) Die Ausübung der vom Beklagten beworbenen Tätigkeit („Dacheindeckungen“) ist als handwerksmäßig zu beurteilen. Eine künstlerische oder industrielle Tätigkeit liegt zweifelsfrei nicht vor. Der Beklagte bewirbt mit der Durchführung von „Dacheindeckungen“ auch nicht bloß Tätigkeiten eines Kleingewerbes bzw. Minderhandwerks, vielmehr eine wesentliche Tätigkeit eines sog. A-Handwerks.

bb) Die Dacheindeckung ist eine wesentliche Tätigkeit des Dachdeckerhandwerks. Dies folgt aus der besonderen Erwähnung der Dacheindeckungsarbeiten in § 2 Abs. 2 Nr. 11 DachdMstrVO und § 4 Abs. 2 Nr. 1 lit. a DachdAusbVO. Die Erwähnung einer Tätigkeit in der Ausbildungsordnung und in der Meisterverordnung eines Handwerks gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine wesentliche Tätigkeit des Handwerks handelt (Detterbeck § 1 HandwO Rn. 64). Durch die Verrichtung einer wesentlichen Teiltätigkeit eines zulassungspflichtigen Handwerks wird die Grenze des erlaubnisfreien Kleingewerbes überschritten (Detterbeck a. a. O. Rn. 68). Es kann sich deshalb dann auch nicht mehr um eine erlaubte Neben- oder Annextätigkeit handeln.

cc) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, es sei ihm nach § 18 HandwO zulassungsfrei bzw. aufgrund der ihm erteilten Gewerbeerlaubnis möglich, die in Anlage B (2. Abschnitt Nr. 24) zur HandwO genannte Tätigkeit des „Einbaus von genormten Baufertigteilen“ vorzunehmen. Der Beklagte besitzt die Gewerbeerlaubnis für den „Einbau von genormten Fertigbauteilen“. Zwar mag es sein, dass ein Dachziegel ein genormtes Baufertigteil ist. Der Beklagte wirbt jedoch, worauf das Landgericht bereits zutreffend abgestellt hat und was der Beklagte bei seiner mündlichen Anhörung bestätigt hat, uneingeschränkt damit „Dacheindeckungen“ vornehmen zu können und deshalb nicht nur damit, dass er bloß genormte Baufertigteile einbaut, sondern dass er das gesamte Tätigkeitsspektrum abdeckt, das unter einer „Dacheindeckung“ verstanden wird (vgl. ähnlich OLG Nürnberg a. a. O. zu „Spenglerei und Installation“).

Zur Tätigkeit der „Dacheindeckung“ gehört nach dem maßgeblichen Verbraucherverständnis nicht nur das Auflegen von Ziegeln, sondern auch die wichtigen Vorarbeiten in Bezug auf Abdichtungen und Konstruktionssicherheit oder andere volle Kunstfertigkeit voraussetzende Dacheindeckungstätigkeiten wie z.B. das Annageln von Schiefer. Der Beklagte bewirbt nach alledem nicht nur einen handwerksähnlichen Beruf, für den er eine Gewerbeerlaubnis besitzt. Der Beklagte bewirbt auch nicht bloß die „Vermittlung von Handwerkerleistungen“, was ihm aufgrund der Gewerbeerlaubnis ebenfalls möglich wäre. Vielmehr ist die Werbung zweifelsfrei so gestaltet und nach seinen eigenen Bekundungen vom Beklagten gerade auch so gewollt, dass die gesamten zur Dacheindeckung notwendigen Tätigkeiten als eigene Leistung beworben werden. Etwas anderes lässt das Baustellenplakat nicht erkennen. Deshalb kommt es bei der Beurteilung der streitgegenständlichen Verletzungsform auch nicht darauf an, ob es einzelne unwesentliche Tätigkeiten im Rahmen der Dacheindeckung geben könnte, zu deren Ausführung der Beklagte befugt ist, weil diese vom Beklagten nicht beworben werden. Wegen der Eindeutigkeit des Werbeschildes kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, seine Werbung sei stets in einem „für ihn günstigen Sinne“ zu beurteilen. Solche Vorgaben bei der Auslegung von Äußerungen im Rahmen einer Presseberichterstattung (BGH NJW 2004, 598) können im vorliegenden Falle keine Rolle spielen.

dd) Wirbt der Beklagte damit, eine wesentliche Tätigkeit eines Vollhandwerks ausüben zu können, so suggeriert er beim relevanten Durchschnittsverbraucher, der durchschnittlich informiert ist und das Werbeschild situationsadäquat aufmerksam betrachtet, dass es sich bei ihm um eine zur Verrichtung dieser Tätigkeit nach den gesetzlichen Vorgaben befugte Person handelt. Dies ist jedoch, wie ausgeführt, nicht der Fall. Dadurch ist die Werbeangabe irreführend. Dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher ist die Befugnis (und nicht nur tatsächliche Qualifikation) im Falle der Ausführung von Dacharbeiten auch nicht gleichgültig und er weiß, dass bestimmte handwerkliche Tätigkeiten weiterhin besonders befugten und qualifizierten Handwerkern vorbehalten sind. Der allgemein publizierte Sinn und Zweck der Handwerksnovelle 2003 war es gerade, solche Gewerke nach wie vor besonderen Zulassungsqualifikationen zu unterwerfen, deren Ausführung für das Publikum gefährlich sein kann. Dies ist bei Dachdeckungsarbeiten der Fall, weil es hier um den Schutz des gesamten Bauwerks vor Wind und Wetter geht. Eine besondere Qualitäts- und Qualifikationserwartung des Publikums, die auch die erforderliche Zulassung einschließt (so auch OLG Nürnberg a. a. O.), besteht also gerade bei Dacheindeckungsarbeiten nach wie vor. Der Verbraucher weiß auch um Unterschiede zwischen Reisegewerbetreibenden und Handwerkern in einem stehenden Gewerbe. Er möchte und muss aufgrund einer Werbung also wissen, welche Qualifikation, Befugnis bzw. Zulassung der Werbende insoweit hat.

ee) Das der Beurteilung zugrunde zu legende Verständnis der Verkehrskreise kann der Senat selbst beurteilen. Die Ausführungen des Beklagten zur Beurteilung des Verbraucherverständnisses durch ein „weltfremdes“ Gericht verkennen nicht nur den zunehmend normativen Charakter dieser Beurteilungsgrundlage, sondern die grundlegenden, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung mehrfach bestätigten wettbewerbsrechtlichen Grundsätze hierzu. Der Einholung von demoskopischen Sachverständigengutachten oder sonstigen Umfragen bedarf es dann nicht, wenn und soweit das Gericht das Verständnis der Verbrauchergruppen, denen es selbst angehört beurteilt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 UWG Rn. 3.3 ff.). Dies ist vorliegend sowohl bei der Beurteilung der Wesentlichkeit einer handwerklichen Leistung als auch beim Verständnis des Verbrauchers von der Werbeaussage des streitgegenständlichen Baustellenplakats der Fall.

c) Der Wettbewerbsverstoß, der von dem konkreten Werbeschild ausgeht, ist auch wettbewerblich relevant und wesentlich im Sinne von § 3 UWG. Die Qualifikation und Zulassung des Handwerkers, der Dacheindeckungen vornimmt, ist dem Verbraucher bei seiner Entscheidung zum Vertragsschluss nicht gleichgültig (so auch OLG Nürnberg a. a. O.). Dies gilt auch für die Unterscheidung zwischen Reisegewerbetreibenden und Handwerkern, die ein stehendes Handwerk betreiben. Betroffen sind wesentliche Belange von Mitbewerbern, die bei gesetzestreuem Verhalten entsprechende Werbung nur dann tätigen dürfen, wenn sie die vorgeschriebene Berufsqualifikation bzw. gewerberechtliche Erlaubnis besitzen. Der Beklagte hingegen verschafft sich Wettbewerbsvorteile, indem er seine Werbung über den Bereich seiner gewerberechtlichen Erlaubnis hinaus erstreckt. Schließlich sind auch wesentliche Belange der Verbraucher betroffen, die aus der Werbung nicht ersehen können, welchen Einschränkungen der Beklagte bei der Ausübung von Dacheindeckungstätigkeiten unterliegt.

d) Das Verbot der konkreten Verletzungsform, also des konkreten Werbeschildes begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Beklagte unterliegt dadurch weder einem Tätigkeitsverbot, noch einem Werbeverbot, sondern nur einer gewissen Werbebeschränkung, so dass Art. 12, 14 GG nicht in ihrem Kernbereich betroffen sind. Durch das Verbot eines bestimmten, irreführenden Werbeschildes wird in die Berufsfreiheit des Beklagten oder seine Eigentumsrechte nicht unverhältnismäßig eingegriffen, sondern in zulässiger Form und unter Beachtung der Belange der Allgemeinheit (Verbraucher, Mitbewerber) die Berufsausübung geregelt. Da die Normen des UWG und die Entscheidung des Senats mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen insoweit in Einklang stehen, scheidet eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht aus. Die Formulierung des Unterlassungstenors („sofern ...“) bewirkt keine Eintragungspflicht des Beklagten, sondern stellt eine gebotene Einschränkung des Unterlassungsgebots für den Fall dar, dass der Beklagte Zulassungsvoraussetzungen für die Durchführung wesentlicher Tätigkeiten des Dachdeckerhandwerks erwirbt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (GewArchGewA 1994, 248) hat also für die Entscheidung des Senats keine Bedeutung.

4.) Der Aufwendungsersatzanspruch des Klägers folgt aus § 12 Abs. 1 UWG. Der Höhe nach ist die geltend gemachte Pauschale nicht zu beanstanden und ist auch bei teilweiser Berechtigung der Abmahnung in voller Höhe zu zahlen (BGH NJWE-WettbR 1999, 25, 28 – Handy für 1,- DM).

5.) Zutreffend ist allerdings der Angriff der Berufung, dass diese Beschränkung des Urteilstenors auf die konkrete Verletzungsform im Kostenausspruch des Urteils nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Der Umfang einer auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Verurteilung weicht von dem ursprünglich Beantragten ab, stellt also ein Minus dar. Der Kläger hat hiergegen keine Berufung eingelegt. Der Grad des Teilunterliegens ist mit einem Drittel angemessen bewertet (§ 91 Abs. 1 ZPO). Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO, da das Unterliegen des Klägers im Kostenausspruch nur geringfügig ist.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die auf eine konkrete Verletzungsform beschränkte Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie weicht in ihren tragenden Überlegungen nicht von bereits ergangener obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung ab. Auch zur Fortbildung des Rechts ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich.