OLG Celle, Beschluss vom 15.10.2004 - 4 W 190/04
Fundstelle
openJur 2012, 42052
  • Rkr:

Eine Dienstbarkeit zur Nutzung eines Grundstücks "nach Belieben unter Ausschluss des Eigentümers" ist auch dann inhaltlich unzulässig, wenn sie sich auf einen Teil des Grundstücks beschränkt (Anschluss an BayObLG MDR 2003, 684)

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 29. September 2004 wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 1.000 EUR

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer begehren im Zusammenhang mit einer Grundstücksveräußerung die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Beschwerdeführers zu 1 mit folgendem Inhalt:

„Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit gem. § 1090 BGB erhält Herr J. M. auf Lebenszeit das Recht, miet- und pachtfrei, frei von allen denkbaren Kosten auf dem im Grundstück von I. Blatt ... eingetragenen Grundstück ... die auf dem anliegenden Lageplan orange schraffierte Fläche nach seinem Belieben unter Ausschluss des künftigen Eigentümers R. M. zu nutzen, und zwar einschließlich aller dort etwaig befindlichen Gebäude“.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung in einer Zwischenverfügung abgelehnt, weil nach dem Gesetz nur eine Nutzung „in einzelnen Beziehungen“ zulässig sei, nicht jedoch eine umfassende Nutzungsberechtigung. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beschwerdeführer ihren Eintragungsantrag weiter und meinen, nach der Entscheidung BGH NJW 1992, 1101 sei eine auf eine Teilfläche beschränkte Dienstbarkeit unter Ausschluss eines Nutzungsrechts des Eigentümers zulässig. Bei dem im angefochtenen Beschluss des Landgerichts enthaltenen Zitat „BGH NJW 92, 208“ müsse es sich um ein Fehlzitat handeln.

II.

Die nach §§ 78, 79, 80 GBO zulässige und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist nicht begründet. Nach §§ 1018, 1090 BGB sind beschränkt persönliche Dienstbarkeiten und Grunddienstbarkeiten - wie schon der Gesetzeswortlaut ergibt - nur mit dem Ziel der Einräumung eines Rechts, „das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu nutzen“, zulässig. Deshalb kann zwar jeder Gebrauch in Betracht kommen, der mit einem Vorteil für das herrschende Grundstück oder die begünstigte Person verbunden ist. Es muss sich aber um eine Benutzung in einer bestimmten Beziehung, also zu einem bestimmten Zweck handeln, während ein umfassendes Nutzungsrecht ohne Beschränkung auf bestimmte Nutzungsarten ein Nießbrauchsrecht wäre. Eine Dienstbarkeit, die wie hier das Recht einräumt, ein Grundstück „nach Belieben“ zu nutzen, ist daher inhaltlich nicht zulässig (BayObLG MDR 2003, 684 = ZflR 2003, 597). Das hat das Bayerische Oberste Landesgericht in der zitierten Entscheidung, die exakt den auch hier gegebenen Fall einer auf eine Teilfläche beschränkten Dienstbarkeit zur Nutzung nach Belieben betrifft, ausdrücklich auch im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90 - (veröffentlicht u.a. in NJW 1992, 1101) ausgesprochen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft nämlich das früher streitige Problem, ob bei einer Dienstbarkeit der Eigentümer von einer eigenen Nutzung ausgeschlossen werden kann oder ob ihm ein Mitnutzungsrecht verbleiben muss. In dieser Streitfrage hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei einem auf eine Teilfläche bezogenen bestimmten Nutzungsrecht (im BGH-Fall: Überbau über die Grenze und Gartennutzung an näher bezeichneten Teilflächen) auch eine Dienstbarkeit zulässig ist, die insoweit den Eigentümer von jeder Nutzung ausschließt. Es sind danach also Dienstbarkeiten mit einem bestimmten Nutzungszweck zulässig, die in diesem Rahmen den Eigentümer von jeder eigenen gleichgerichteten Nutzung ausschließen (z.B. Wegerecht an einem Weg, den der Eigentümer selbst nicht nutzen darf, Biervertriebsrecht mit Ausschließlichkeitsklausel: BGH NJW 1985 2474). Dagegen folgt aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach auch Dienstbarkeiten zulässig sind, die den Eigentümer von einer Mitbenutzung im Rahmen des jeweiligen bestimmten Nutzungsrechts ausschließen, nicht etwa, dass entgegen dem Gesetzeswortlaut eine Dienstbarkeit nicht nur zu einer Nutzung „in einzelnen Beziehungen“, sondern zu einer umfassenden beliebigen Nutzung zulässig sei. All das hat das Bayerische Oberste Landesgericht in der zitierten Entscheidung in einer differenzierenden Abgrenzung zum vom Bundesgerichtshof in NJW 1992, 1101 entschiedenen Fall im Einzelnen dargelegt. Dem schließt sich der Senat schon im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut an, sodass es einer Vorlage dieser Sache beim Bundesgerichtshof nach § 79 Abs. 2 GBO nicht bedarf, die aber geboten wäre, wenn der erkennende Senat von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts hätte abweichen wollen.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass mit dem Zitat „BGH NJW 92, 208“ dem Landgericht in der Tat ein Fehlzitat unterlaufen ist. Offensichtlich hat das Landgericht bei seinem Zitat den Palandt vor sich gehabt, wo auf eine Entscheidung „NJW-RR 90, 208“ verwiesen ist (Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 1018, Rdnr. 15). Es handelt sich bei dieser Entscheidung freilich ebenfalls um eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, in der einerseits die auch schon seit langem von ihm vertretene Auffassung bekräftigt wird, dass eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nur in Bezug auf einzelne Beziehungen und nicht zu beliebiger Nutzung zulässig ist; es hat aber in jener Entscheidung noch offen gelassen, ob eine Dienstbarkeit nur dann inhaltlich zulässig ist, wenn dem Eigentümer noch eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung verbleibt. Diese Problematik hat es aber nun in der Entscheidung BayObLG MDR 2003, 684 entschieden, sodass das dem Landgericht unterlaufene Fehlzitat unerheblich ist. Da es auf das falsche Zitat nicht ankommt, hat der Senat davon abgesehen, vor seiner Entscheidung die Beschwerdeführer auf die vermutlich vom Landgericht gemeinte Entscheidung hinzuweisen. Entscheidend auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs und der richterlichen Hinweispflicht nach § 139 ZPO ist nun einmal die Auseinandersetzung mit der von den Beschwerdeführern angeführten Entscheidung BGH NJW 1992,1001, die wie oben erfolgt ist. Auf die Entscheidung BayObLG MDR 2003, 684 hatte aber schon das Landgericht ausdrücklich und insoweit unter zutreffendem Zitat (wenn auch unter Bezugnahme auf die Veröffentlichung derselben Entscheidung an anderer Fundstelle, nämlich der ebenfalls im Palandt angegeben Fundstelle ZflR 2003, 597) verwiesen. Insofern beruht auch die jetzige Entscheidung des Senats ausschließlich auf rechtlichen Gesichtspunkten und Bezugnahmen auf veröffentlichte Gerichtsentscheidungen, die auch schon Gegenstand der Vorinstanz waren. Zusätzlicher Hinweise bedurfte es daher nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG, 131 KostO.