VG Braunschweig, Beschluss vom 08.08.2002 - 6 B 528/02
Fundstelle
openJur 2012, 38380
  • Rkr:

1. Eine Zurückstellung vom Schulbesuch um ein Schuljahr muss nach der festgestellten Entwicklungsstörung geeignet sein, die noch nicht vorhandene Schulfähigkeit herzustellen.

2. Die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs steht einer Zurückstellung vom Schulbesuch nicht zwangsläufig entgegen.

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig vom Schulbesuch zurückzustellen und für ihn den Besuch eines Schulkindergartens anzuordnen.

Im Übrigen - d.h. soweit er darauf gerichtet ist, dem Antragsteller den Besuch des Schulkindergartens der Grundschule C. zu gestatten - wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin zu zwei Dritteln und der Antragsteller zu einem Drittel.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, ihn vom Schulbesuch zurückzustellen (1.) und den Besuch eines Schulkindergartens anzuordnen (2.). Dagegen liegen die Voraussetzungen nicht vor, soweit er begehrt, den Schulkindergarten der Grundschule C. besuchen zu dürfen (3.).

1.) Es ist gegenwärtig zwar offen, ob der Antragsteller einen in einem etwaigen Hauptsacheverfahren durchsetzbaren Anspruch auf Zurückstellung vom Schulbesuch hat (a). Die unter diesen Umständen vorzunehmende Folgenabwägung gebietet es aber, die Antragsgegnerin vorläufig zu dieser Maßnahme zu verpflichten (b).

a) Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann die Verpflichtung zur Zurückstellung vom Schulbesuch grundsätzlich nur dann ausgesprochen werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Zurückstellung glaubhaft gemacht sind und es damit überwiegend wahrscheinlich ist, dass ein Klageverfahren in dieser Sache Erfolg haben würde. Ob dies der Fall ist, kann das Gericht gegenwärtig jedoch nicht hinreichend sicher beurteilen.

5Ein Anspruch auf Zurückstellung vom Schulbesuch kann nur bestehen, wenn das an sich schulpflichtige Kind körperlich, geistig oder in seinem sozialen Verhalten nicht genügend entwickelt ist, um mit der Aussicht auf Erfolg am Unterricht der Grundschule oder einer Sonderschule teilzunehmen (§ 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG). Erforderlich sind also die Feststellung eines Entwicklungsrückstandes und eine daraus herzuleitende negative Erfolgsprognose. Die Regelung bringt zum Ausdruck, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber von fehlender „Schulfähigkeit“ bzw. „Schulreife“ ausgeht. Daneben ist erforderlich, dass die Zurückstellung um ein Schuljahr angesichts der Art der festgestellten Entwicklungsstörung geeignet ist, die noch nicht vorhandene Schulfähigkeit herzustellen (Eignungs- oder „Nachreife“-Prognose; im Ergebnis ebenso: VG Hannover, Beschl. vom 15.12.1998 - 6 B 7910/98 - und VG Braunschweig, Beschl. vom 08.09.1998 - 6 B 6233/98 -). Diese Voraussetzung ist im Gesetz zwar nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergibt sich aber daraus, dass der zuständigen Behörde für ihre Entscheidung nach § 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG Ermessen eingeräumt und dieses Ermessen unter Beachtung des Zwecks der Regelung auszuüben ist (vgl. § 40 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG). Ob die dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Gericht gegenwärtig aufgrund der divergierenden fachlichen Stellungnahmen zur Frage der Schulfähigkeit und der zu erwartenden Entwicklung J. nicht feststellen.

So sind die Sonderschullehrerinnen Frau H.-G. und Frau T. zu der Auffassung gekommen, J. sei derzeit - bezogen auf eine Sonderschule für geistig Behinderte - durchaus schulfähig; es sei nicht zu erwarten, dass die erheblichen Entwicklungsrückstände des Kindes während eines einjährigen Besuchs des Schulkindergartens zu beseitigen sind. Dagegen hat Frau Dr. L. vom jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes der Stadt Braunschweig im Rahmen der mündlichen Erörterung die Ansicht vertreten, im Bereich der emotional-sozialen Kompetenz - dem für sie wesentlichen Kriterium der Schulfähigkeit - bestünden bei J. erhebliche Probleme, die gegen seine Schulfähigkeit sprächen; bei J. seien auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden Reduktion der medikamentösen Behandlung und der festzustellenden erheblichen Aufholungstendenz weitere deutliche Fortschritte in allen Bereichen möglich, in denen Entwicklungsrückstände festgestellt worden seien. Aus der Stellungnahme Frau Dr. L.s ergeben sich gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass J. gegenwärtig noch nicht schulfähig ist, bei fortgesetzter Förderung aber jedenfalls die für den Besuch der Sonderschule erforderliche Schulreife während der Dauer der Zurückstellung erlangen kann. Dass J. in dieser Zeit die zum Besuch der Grundschule notwendige Schulfähigkeit erwerben könnte, kann nach den vorliegenden Äußerungen Frau Dr. L.s gegenwärtig zwar nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, ist aber - wie schon der Wortlaut des § 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG zeigt - für die Zurückstellung vom Schulbesuch auch nicht zwingend erforderlich. Die Auffassungen Frau Dr. L.s werden darüber hinaus gestützt durch die Bescheinigung des Arztes Dr. H. vom 1. März 2002 und den Bericht der Sprachtherapeutin Frau N.-H. vom 13. Juni 2002, die sich ebenfalls für die einjährige Zurückstellung J.s vom Schulbesuch ausgesprochen und erhebliche Entwicklungsfortschritte bei ihm festgestellt haben.

7Die dem Gericht vorliegenden divergierenden Stellungnahmen lassen unterschiedliche Auffassungen der Sonderpädagoginnen einerseits und des jugendärztlichen Dienstes andererseits zur Gewichtung der emotional-sozialen Kompetenz als Kriterium der Schulfähigkeit und zu den Entwicklungsmöglichkeiten J.s erkennen. Keine dieser Auffassungen beruht nach der hier allein gebotenen summarischen Prüfung auf Annahmen, welche die jeweiligen Ergebnisse als von vornherein nicht nachvollziehbar und damit als nicht überzeugend erscheinen lassen. Etwas anderes hat sich auch nicht aus der summarischen Prüfung der dem Gericht vorliegenden pädagogischen Fachliteratur ergeben. Zwar mag in der Diskussion der Pädagogen inzwischen vielfach das „Schulreife-Kriterium“ in Frage gestellt und die Auffassung vertreten werden, auch nicht hinreichend schulfähige Kinder seien generell in der Schule und nicht in Schulkindergärten oder anderen vorschulischen Einrichtungen zu fördern (vgl. nur Sandfuchs/Frotscher, Lernschwache Kinder fördern, in: Grundschule, Heft 4/2002, S. 28 sowie LT-Drs. 14/357, S. 1; kritisch dazu Sandfuchs, Reparaturwerkstatt oder Kosmetiksalon - Passt das Fördern in das deutsche Schulsystem -, in: Grundschule, aaO., S. 52, 53). Diese Auffassung liegt dem geltenden Gesetz aber ersichtlich nicht zu Grunde. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass die fehlende Schulfähigkeit grundsätzlich der Beschulung entgegensteht, wenn das Kind noch nicht für ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt war. Von der weiteren Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere von der Einholung eines Obergutachtens, sieht das Gericht wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung ab.

Der Zurückstellung steht auch nicht von vornherein entgegen, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage des sonderpädagogischen Beratungsgutachtens von Frau H.-G. und Frau T. für J. einen sonderpädagogischen Förderbedarf festgestellt und ihn zum Besuch einer Sonderschule für geistig Behinderte verpflichtet hat. Dass für J. aktuell ein sonderpädagogischer Förderbedarf besteht, dem nur in der Sonderschule für geistig Behinderte entsprochen werden kann, kann das Gericht nach den vorliegenden fachlichen Stellungnahmen zur Frage der Schulfähigkeit und der Förderungsbedürftigkeit J.s aus den oben dargelegten Gründen gegenwärtig nicht feststellen. Im Übrigen würde die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs nicht zwangsläufig einer Zurückstellung vom Schulbesuch entgegen stehen. Auch für den Besuch der Sonderschule verlangt das Gesetz nämlich grundsätzlich, dass der Schüler schulfähig und daher nicht vom Schulbesuch zurückzustellen ist (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG). Ein festgestellter sonderpädagogischer Förderbedarf hat allerdings insoweit auch Bedeutung für die Entscheidung nach § 64 Abs. 2 NSchG, als die Zurückstellung nicht allein mit diesem Förderbedarf begründet werden darf. Für die Zurückstellung gelten vielmehr eigenständige Voraussetzungen. Diesen rechtlichen Grundlagen widerspricht die Zurückstellung J.s vom Schulbesuch nach gegenwärtigem Sachstand jedoch nicht.

b) Auch im Falle einer offenen Sachlage kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung aber in Betracht, wenn die Abwägung der möglichen Folgen der gerichtlichen Entscheidung ergibt, dass dem Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Regelung Rechnung getragen werden muss (vgl. BVerfG, Beschl. vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96 -, NVwZ 1997, 479, 480). Zu dieser Folgenabwägung ist die Kammer nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) und dem sich hieraus ergebenden Anspruch des Bürgers auf einen wirksamen Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Verwaltung verpflichtet. Je schwerer die sich aus einer Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Verpflichtung der Schulbehörde zurückgestellt werden.

Danach ist hier der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten. Wenn das Gericht die Antragsgegnerin nicht zur Zurückstellung verpflichten würde, der Antragsteller später aber in einem Hauptsacheverfahren wegen erwiesener fehlender Schulfähigkeit erfolgreich wäre, würde er gegen seinen Willen und den Willen seiner Eltern eine Sonderschule besuchen müssen, obwohl es von Anfang an an der erforderlichen Schulreife fehlte. J. und seine Eltern wären dadurch unumkehrbar in schwerwiegender Weise in ihren Grundrechten (Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) beeinträchtigt. Möglich wäre sogar, dass bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren die Jahresfrist (§ 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG) abgelaufen ist und J. demzufolge gar nicht mehr zurückgestellt werden könnte. Ergeht demgegenüber die einstweilige Anordnung, hätte ein etwaiges Hauptsacheverfahren später aber keinen Erfolg, so würden die damit verbundenen Nachteile weit weniger schwer wiegen. Die Sonderschullehrerinnen haben als Nachteil insbesondere angeführt, dass J. sich in einem Alter befinde, in dem Kinder besonders aufnahmefähig seien; bei einer Zurückstellung vom Schulbesuch bestehe daher die Gefahr, dass er ein Jahr verliere. Diese Folgen können aber jedenfalls in engen Grenzen gehalten werden. Wegen der bei ihm festgestellten Entwicklungsrückstände wird J. nämlich schon jetzt in erheblichem Umfang therapeutisch betreut. Weitere Förderung wird er durch den Schulkindergarten erhalten (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 NSchG). Die schulische Förderung ist auch noch nach einem Jahr möglich und durchaus erfolgversprechend.

112.) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat auch insoweit Erfolg, als der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, für ihn den Besuch eines Schulkindergartens anzuordnen. Zum Besuch eines Schulkindergartens kann ein Kind nach § 64 Abs. 2 Satz 2 NSchG nur verpflichtet werden, wenn es nicht schulfähig im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG ist und im Übrigen objektiv zu erwarten ist, dass sich der Besuch des Schulkindergartens förderlich auf die Entwicklung des Kindes auswirken wird (VG Braunschweig, Urt. vom 10.11.1994 - 6 A 61302/94 -). Aufgrund der dem Gericht vorliegenden divergierenden fachlichen Stellungnahmen zur Frage der Schulfähigkeit J.s und der für ihn erforderlichen Förderung ist gegenwärtig zwar offen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die unter diesen Umständen auch insoweit vorzunehmende Folgenabwägung gebietet es aber, die Antragsgegnerin vorläufig zur Anordnung des Schulkindergartenbesuchs zu verpflichten. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass sich die Sonderschullehrerinnen im Erörterungstermin vor Gericht dafür ausgesprochen haben, J. den Besuch des Schulkindergartens zu ermöglichen, falls er vom Schulbesuch zurückgestellt werde.

3.) Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind gegenwärtig jedoch nicht erfüllt, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, für ihn den Besuch des Schulkindergartens der Grundschule C. anzuordnen.

Welchen Schulkindergarten das gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 NSchG zum Besuch eines Schulkindergartens verpflichtete Kind zu besuchen hat, bestimmt sich grundsätzlich nach § 63 Abs. 3 Satz 1 NSchG. Die Vorschrift regelt ausdrücklich zwar nur die örtlich zuständige Schule; sie gilt nach ihrem Sinn und Zweck aber auch für den Besuch des Schulkindergartens, bei dem es sich um einen Teil der Grundschule handelt (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 NSchG sowie Ziff. I.3.1 des Erlasses des MK vom 07.05.1981 - SVBl. S. 112 -, geändert durch Erlass vom 31.03.1992 - SVBl. S. 161 -). Auch für Schulkindergärten lässt sich eine möglichst gleichmäßige Auslastung nur mit einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung effektiv gewährleisten.

Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 NSchG hat der Antragsteller denjenigen Schulkindergarten zu besuchen, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist nach den Angaben in der Antragsschrift, nach denen der Antragsteller und seine Eltern in der K.straße wohnen, der Schulkindergarten der Grundschule S. (vgl. § 11 Satz 1 BGB und § 2 Abs. 4 der Satzung der Stadt Braunschweig über die Festlegung von Schulbezirken vom 20.06.1995 - Amtsblatt für die Stadt Braunschweig 1995, S. 39 -, i.d.F. der Änderungssatzung vom 28.03.2000 - Amtsblatt für die Stadt Braunschweig 2000, S. 29 -). Bislang ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Eltern des Antragstellers über getrennte Wohnsitze verfügen und sich daher auch der für den Antragsteller maßgebliche Wohnsitz derart geändert hat, dass für ihn ein anderer Schulkindergarten örtlich zuständig ist (vgl. dazu: Brockmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, Kommentar zum NSchG, Loseblattausgabe, Stand: Januar 2002, § 63 Anm. 2.1 und Heinrichs, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 60. Aufl., § 11 Rn 3 f.). Soweit im Verwaltungsverfahren teilweise abweichende Angaben zum Wohnsitz der Eltern gemacht worden sind, ist daran jedenfalls im gerichtlichen Verfahren - insbesondere auch im Erörterungstermin - nicht festgehalten worden.

Bislang ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen dem Antragsteller der Besuch eines anderen als des örtlich zuständigen Schulkindergartens zu gestatten ist. Der Besuch eines anderen Schulkindergartens kann nur gestattet werden, wenn der Besuch des zuständigen Schulkindergartens für das Kind oder seine Familie eine unzumutbare Härte darstellen würde oder wenn der Besuch des anderen Schulkindergartens aus pädagogischen Gründen geboten erscheint (§ 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG). Eine solche besondere Ausnahmesituation kann nur angenommen werden, wenn sich nach einer Interessenabwägung ergibt, dass die aus dem Besuch des zuständigen Schulkindergartens resultierenden individuellen Nachteile schwerer wiegen als das öffentliche Interesse an der Erfüllung der Schulbezirkseinteilung (vgl. VG Braunschweig, Beschl. vom 31.07.2002 - 6 B 526/02 -). Dass dies hier der Fall ist, ist nach den dem Gericht bislang vorliegenden Unterlagen und Stellungnahmen nicht überwiegend wahrscheinlich.

Insbesondere genügt nicht, dass J. bereits Kontakt zum Schulkindergarten der Grundschule C. und zur Leiterin des Schulkindergartens hatte. Ob die in diesem Schulkindergarten gegenwärtig betreute Gruppe kleiner ist als die den Schulkindergarten Schwarzer Berg besuchende Gruppe, kann offen bleiben. Jedenfalls ist derzeit auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der im Erörterungstermin angehörten Pädagogen nicht ersichtlich, dass die Förderung J.s im Schulkindergarten C. pädagogisch notwendig ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Schulkindergarten C. nach den Angaben Frau Dr. L.s bereits Erfahrungen mit integrativen Gruppen gemacht hat. Den vorliegenden fachlichen Stellungnahmen lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass solche Erfahrungen aus pädagogischer Sicht zur Förderung J.s erforderlich sind und daraus Vorteile entstehen würden, die bei einem Besuch des Schulkindergartens S. nicht ausgeglichen werden könnten.

4.) Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass nach der vorliegenden Entscheidung auch die von der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs und den Besuch einer Sonderschule verfügte Anordnung sofortiger Vollziehung nicht aufrecht erhalten werden kann.

5.) Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus der Anwendung des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 20 Abs. 3 GKG.