LG Hamburg, Urteil vom 24.08.2007 - 408 O 100/07
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Direktoren, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr unter ihrer Homepage www. e....de Angebote der Verkäufer mit den Pseudonymen „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” mit Duftwässern und Kosmetika der Marke Duft ohne Umverpackung zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 213,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2007 zu zahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 110.000,-- vorläufig vollstreckbar.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf € 100.213,10 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, dass sie Angebote bestimmter Verkäufer, die Kosmetikprodukte in nach ihrer Auffassung markenrechtsverletzender Weise anbieten, auf ihrer Internetplattform e... nicht mehr verbreitet. Die Klägerin produziert und vertreibt hochwertige Markenkosmetika und Parfums, die Beklagte betreibt unter dem Domain www. e....de einen „Online-Marktplatz”, der seinen Nutzern die Möglichkeit eröffnet, eigenverantwortlich Waren jeder Art untereinander zum Verkauf anzubieten. Zur Vermeidung von Rechtsverletzungen bietet die Beklagte ihren Benutzern sowie Markenherstellern als verifizierten Rechtsinhabern eigene Sicherungssysteme und Schutzprogramme an. Seit einiger Zeit werden Produkte der Klägerin immer wieder über die Website der Beklagten bestimmungswidrig den Endverbrauchern zum Kauf angeboten. Hierbei handelt es sich um das Angebot von Parfums und Kosmetika, denen jeweils die für sie vorgesehene Original-Umverpackung fehlt. Die Klägerin lässt die Verkaufsaktivitäten von Mitgliedern der Beklagten auf dem Online-Marktplatz fortlaufend kontrollieren, soweit ihre Produkte betroffen sind. Angebote von Produkten ohne Umverpackung meldet die Klägerin der Beklagten taggleich per Telefax und Email. Nach Eingang dieser Informationen löscht die Beklagte solche Angebote, die die Markenrechte der Klägerin verletzen.

Im vorliegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin gegen Angebote von zwei konkreten Anbietern, die unter den Pseudonymen „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” Produkte der Klägerin verbreiteten. Beide Anbieter waren bereits in der Vergangenheit wegen des Einstellens von – nach Ansicht der Klägerin – rechtsverletzenden Angeboten über www. e....de in Erscheinung getreten. Der Anbieter mit dem Pseudonym „Pseudonym 1” wurde erstmals am 3. Juli 2006, der Anbieter „Pseudonym 2” erstmals am 5. Oktober 2006 beanstandet. In beiden Fällen waren die Angebote nach den entsprechenden Hinweisen der Klägerin durch die Beklagte innerhalb weniger Tage gelöscht worden. Am 13. Oktober 2006 wurde die Beklagte wegen eines erneuten Verletzungsangebots des Anbieters „Pseudonym 1” abgemahnt. Dieses Angebot erfolgte mit dem Hinweis „Lieferung erfolgt wie abgebildet” der unter dem Bild des Produktes – ohne Umverpackung – angegeben war. Wegen zwei weiterer, ähnlicher Verletzungsangebote des Anbieters „Pseudonym 2” wurde die Beklagte am 10. und 11. Oktober 2006 abgemahnt. Beide Angebote erfolgten mit dem Hinweis „wie im Bild zu sehen”, wobei ein Duft Kosmetikprodukt ohne Umverpackung abgebildet war. Die insgesamt drei Angebote von „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” wurden jeweils innerhalb weniger Tage, jedenfalls vor Ablauf des Auktionszeitraums, gelöscht.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die neuen Angebote beider Anbieter markenrechtsverletzend im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG seien. Gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Betreiberin bzw. Verantwortliche des Online-Marktplatzes e... macht die Klägerin insofern einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend, da die Beklagte als Störerin an der Rechtsverletzung mitgewirkt habe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es ihr unter Androhung bestimmter, gesetzlich vorgesehener Ordnungsmittel zu untersagen,

im geschäftlichen Verkehr unter ihrer Homepage www. e....de Angebote der Verkäufer mit den Pseudonymen „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” mit Duftwässern und Kosmetika der Marke Duft ohne Umverpackung zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 213,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ihr nicht zustehen. Das Landgericht Hamburg sei örtlich unzuständig, da die von der Klägerin begehrte Präventivkontrolle von e... Angeboten durch die Beklagte nur durch Handlungen außerhalb des Gerichtsbezirks Hamburgs, nämlich nur an einem Standort der Beklagten in ..., vorgenommen werden könnten. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte am Einstellvorgang von Angeboten des jeweiligen Anbieters nicht aktiv mitwirke und daher allenfalls als Störerin in Anspruch zu nehmen sei. Es fehle aber auch ein Unterlassungsanspruch der Klägerin, da eine Haftung der Beklagten als Störerin wiederholte markenrechtlich relevante Verstöße voraussetze, die hier aber nicht vorlägen. Durch den Vertrieb von Klägerprodukten ohne Umverpackung über die Plattform www. e....de würden die Kennzeichnungsrechte der Klägerin nicht verletzt, da der insofern maßgebliche Verkehrskreis eine solche Umverpackung gerade nicht erwarte und die Umverpackung in diesem Verkaufsmedium daher auch kein qualitätsbestimmender Faktor sei. Außerdem fehle es aufgrund der ganz allgemein gewählten Beschreibungen der Angebote an der erforderlichen klar erkennbaren Rechtsverletzung. Bei dem Anbieter „Pseudonym 1” fehle es wegen der verschiedenen, genutzten Bildunterschriften bereits an einem wiederholten Verstoß gleicher Art, so dass auch ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Prüfungspflichten ausscheide. Dies ergebe sich daraus, dass der Anbieter ursprünglich Produkte „ohne Original Duft Umkarton” angeboten habe, dann aber die Produkte mit der Beschreibung „Lieferung erfolgt wie abgebildet” versehen habe. Zudem habe der Verkäufer mit dem Synonym „Pseudonym 2” nicht geschäftlich gehandelt, da er als privater Verkäufer bei e... angemeldet sei und insgesamt lediglich 47 Transaktionen in den letzten 12 Monaten getätigt habe, d. h. nicht einmal vier Verkäufe pro Monat. Außerdem habe der Anbieter größtenteils mit gebrauchten Produkten gehandelt. Eine Verletzung der Prüfpflichten der Beklagten liege aber auch deswegen nicht vor, da die technisch möglichen Filtersysteme zur Präventivkontrolle derzeit nicht in der Lage seien, ganz allgemeine Verkaufshinweise die gleichwohl unter Umständen rechtsverletzend sein könnten, herauszufiltern. Die insofern erforderliche manuelle Kontrolle sei der Beklagten unzumutbar im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Schließlich fehle es aber auch an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Widerholungsgefahr, da die Beklagte die Anbieter „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” dauerhaft gesperrt habe. Da aus diesen Gründen die Voraussetzungen einer Störerhaftung der Beklagten nicht vorgelegen hätten, bestehe auch der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen verwiesen.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 14 Abs. 5, Abs. 2 MarkenG die Unterlassung der Verbreitung von markenrechtsverletzenden Angebote der Verkäufer mit den Pseudonymen „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” mit Klägerprodukten verlangen und die Beklagte auch auf Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch nehmen.

1. Das Landgericht Hamburg ist örtlich und auch international zuständig. Die Klägerin hat unter mehreren einschlägigen Gerichtsständen ein Wahlrecht (vgl. § 35 ZPO). Aus den in Betracht kommenden Gerichtsständen konnte sie Hamburg wählen.

Wenngleich die Beklagte ihren gesellschaftsrechtlichen Sitz im schweizerischen Bern hat (vgl. § 17 ZPO) verfügt sie außerdem über eine deutsche Niederlassung in Kleinmachnow, die einen deutschen Gerichtsstand begründet, § 21 ZPO. Zusätzlich ist aber nach § 32 ZPO auch der Ort der Verletzungshandlung gerichtsstandsbegründend. Die Vorschrift ist weit zu verstehen und erfasst auch markenrechtliche Ansprüche (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Auflage, § 32 Rn. 9). Beim Internet kommt es hierbei nicht allein auf den Standort des Mediums an. Handlungsort ist vielmehr (auch) jeder Ort, an dem die Information dritten Personen bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird und keine bloß zufällige Kenntnisnahme vorliegt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 14 UWG Rn. 16), denn an diesem Ort tritt der Verletzungserfolg ein. Schließlich ist bei Angeboten im Inland über das Internet davon auszugehen, dass das Angebot zu einer bundesweit wettbewerbsrechtlich relevanten Lage führt (OLG Hamburg, MDR 2003, 587). Die vorgenannten Grundsätze kommen auch dann zur Anwendung, wenn das von der Klägerin durch ihren Antrag begehrte Unterlassen tatsächlich nur durch die Vornahme bestimmter Handlungen erreicht werden kann und es der Klägerin letztlich darauf ankommt, die Beklagte zur Beachtung einer Handlungspflicht verurteilen zu lassen. Diese — in gewisser Weise willkürlichen — tatsächlichen Umstände der Beachtung der Unterlassungspflicht durch die Beklagte können die Wahl des besonderen Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO nicht unstatthaft machen, zumal der Verletzungserfolg — auch in Hamburg — bereits eingetreten ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte nur als Störerin handelte, denn mit diesem Umstand allein lässt sich eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der Gerichtsstandsdogmatik nicht begründen. Vielmehr ist auch in den Fällen der Störerhaftung von den allgemein gültigen Grundsätzen zur Bestimmung des Gerichtsstandes auszugehen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 21. April 2006, ZUM 2006, 661). Das Landgericht Hamburg war schließlich auch international zuständig, denn ob ein deutsches oder ein ausländisches Gericht zur Entscheidung berufen ist, bestimmt sich nach den Regeln der örtlichen Zuständigkeit (sog. Doppelfunktionalität, BGH, GRUR 1987, 172, 173 — Unternehmensberatungsgesellschaft 1).

2. Die Klägerin hat auch einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nach § 14 Abs. 5, Abs. 2 MarkenG. Bei den beanstandeten Angebote der Anbieter „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” handelt es sich um markenrechtsrelevante Verstöße für deren Unterbindung die Beklagte als Störerin haftete, da sie den ihr obliegenden Prüfpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist.

a) Durch das Angebot von Duft Produkten ohne Umverpackung verletzten die e... Nutzer „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” die Markenrechte der Klägerin. Produkt und Verpackung bilden eine kennzeichenrechtliche Einheit. Daher entspricht es der geltenden Rechtsprechung, dass sich ein Markenhersteller auch gegen Veränderungen der Umverpackung wehren kann, sofern hierdurch seine Rechte beeinträchtigt werden (lngerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 24 Rn. 64). Das Verbot der Veränderung erfasst auch die Entfernung der Umverpackung oder von Teilen hiervon (BGH, GRUR 2001, 448, 450 — Kontrollnummerbeseitigung II). Jeder verkehrswesentliche Eingriff in die vom Markeninhaber vorgesehene Produktverpackung stellt eine unzulässige Manipulation der Markenware und damit eine Markenrechtsverletzunq dar (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 75). Der Vertrieb eines luxuriösen Kosmetikproduktes ohne Umverpackung ist auch eine verkehrswesentliche Manipulation der Markenware. Insofern lässt sich der Verkehrskreis des e... Käufers von Luxuskosmetika von derjenigen Käufergruppe, die auf das Medium Internet nicht zurückgreift, nämlich nicht unterscheiden. Es handelt sich im Kern um die gleiche Gruppe von Interessenten, die von den Produkten angesprochen werden. Diese Sichtweise gilt selbst dann, wenn es einzelne Kunden gerade darauf abgesehen haben hochwertige Produkte ohne Umverpackung zu erwerben, um sich hiermit einen Preisvorteil zu erkaufen. Dieses Kaufpreisinteresse ist nämlich nicht geeignet, die allgemeine Verkehrserwartung an Kosmetikprodukte des Luxussegments zu beeinflussen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 76). Infolge der unzulässigen Beeinträchtigung der Markenrechte der Klägerin liegt auch keine Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG vor, denn die markenrechtliche Veränderung führt zu einem Wiederaufleben der Rechte der Klägerin nach § 24 Abs. 2 MarkenG, da sie sich aus berechtigten Gründen einem Vertrieb ihrer Produkte in einer von ihr nicht gewünschten Weise widersetzen kann (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 74f.).

Die Markenrechtsverletzung der e... Anbieter „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” erfolgte auch im geschäftlichen Verkehr nach § 14 Abs. 2 MarkenG. An dieses Merkmal der Vorschrift sind im Interesse des Marktschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. nur jüngst BGH, Urteil vom 19. April 2007, 1 ZR 35/04 – Internet-Versteigerung II, Rn. 23 der Gründe). Unter den geschäftlichen Verkehr fällt daher bereits jede wirtschaftliche Betätigung, mit der in Wahrnehmung oder Förderung eigener oder fremder Geschäftsinteressen am Erwerbsleben teilgenommen wird (Ströble/Hacker, Markengesetz, B. Auflage 2006, § 14 Rn 27).

aa) Hinsichtlich des Anbieters „Pseudonym 1” ist das Handeln im geschäftlichen Verkehr unstreitig.

bb) Auch das Anbieterverhalten des e... Nutzers „Pseudonym 2” lässt nur den Schluss auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu. Allein im Zeitraum vom 2. bis zum 9. Oktober 2006 bot „Pseudonym 2” mindestens 21 gleichartige Kosmetik- bzw. Parfümprodukte auf der Internetplatform der Beklagten an. In mindestens 4 Fällen am 3., 9. und 10. Oktober 2006 bot der Anbieter mehrere identische Neuprodukte aus dem oben genannten Warenbereich an. Gegen ein Handeln im geschäftlichen Verkehr spricht insoweit auch nicht, dass „Pseudonym 2” als Privatverkäufer bei der Beklagten angemeldet war und er lediglich 47 Transaktionen in den letzten 12 Monaten abgeschlossen hatte. Zunächst gibt es bei der Anmeldung als e... Nutzer keine Überprüfung in Form eines Nachweises ob der Nutzer die Plattform tatsächlich privat oder vielmehr geschäftlich nutzen wird. Auch aus der von der Beklagten genannten Zahl von nur 47 Transaktionen lassen sich keine Schlüsse für das private Handeln des Anbieters „Pseudonym 2” ableiten, denn die Zahl gibt lediglich die Anzahl der erfolgreichen Verkäufe wieder und macht gerade keine Aussage darüber, wie viele Angebote der Anbieter im Bereich der Kosmetik- bzw. Parfümprodukte während dieser Zeit zum Verkauf in die Plattform eingestellt hat.

c) Die Beklagte haftet für die Markenrechtsverletzungen auch als Störerin, denn sie ist den ihr zumutbaren Prüfungspflichten nicht nachgekommen, wie sie der BGH in seiner Rechtsprechung „Internetversteigerung I und II” aus den Jahren 2004 und 2007 für den Störer festgeschrieben hat.

aa) Die Beklagte war Störerin bei der markenrechtlichen Verletzung der Klägerin durch die Anbieter „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2”. Störer ist nach der Rechtsprechung des BGH aderjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt (BGH, GRUR 2004, 860, 864 — Internet-Versteigerung 1). Hierbei hat der BGH insbesondere darauf hingewiesen, dass im Falle der Verletzung von Immaterialgüterrechten, die als absolute Rechte auch nach § 823 Abs. 1 und § 1004 BGB Schutz genießen, entgegen der teilweise zu beobachtenden Tendenzen zur Einschränkung des Instituts, die Grundsätze der Störerhaftung uneingeschränkt anzuwenden sind (BGH a.a.O.). Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers – neben dem eigenen Verschulden – daher eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich nach den Grenzen des jeweils zumutbaren bestimmt (BGH, Urteil vom 19. April 2007, 1 ZR 35/04 – Internet-Versteigerung II, Rn. 40 der Gründe). Aus dieser Rechtsprechung folgt zwingend, dass die Störereigenschaft nicht erst – wie die Beklagte meint – infolge der Verletzung von Prüfungspflichten zur Entstehung gelangt, sondern die Prüfungspflichten selbst bereits durch den Eintritt der Störereigenschaft ausgelöst werden. Hierzu hatte die Klägerin die Beklagte auf die Rechtsverstöße des Anbieters „Pseudonym 1” erstmals am 3. Juli 2006 und auf die Rechtsverstöße des Anbieters „sytler67” am 5. Oktober 2006 aufmerksam gemacht. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte von der Klägerin daher grundsätzlich als Störerin in Anspruch genommen werden.

bb) Die Beklagte verletzte auch die ihr zumutbaren Prüfungspflichten. Nach der Rechtsprechung des BGH ist sie nicht nur verpflichtet, die konkreten markenrechtsverletzenden Angebote zu löschen, sondern sie ist darüber hinaus aufgrund der ihr bekannt gewordenen Markenrechtsverletzungen gehalten, Vorsorge zu treffen, damit keine weiteren Angebote auf ihrer Plattform eingestellt werden, die erkennbar die Markenrechte der Klägerin verletzen (vgl. BGH, GRUR 2004, 860, 862 – Internet-Versteigerung 1). Zwar ist es der Beklagten nach der Rechtsprechung des BGH nicht zuzumuten, jedes auf ihrer Plattform eingestellte Angebot vor der Veröffentlichung per Hand auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen, da dies mit exorbitanten Kosten verbunden wäre, die das Geschäftsmodell zunichte machten. Jedoch muss auch berücksichtigt werden, dass die Beklagte durch Verkäufe rechtsverletzender Produkte wegen der an sie hierfür gezahlten Provisionen jedenfalls monetär beteiligt wird, weshalb dem Interesse an möglichst niedrigen Prüfungskosten ein nur geringeres Interesse beigemessen werden kann.

Für die Beklagte bedeutet dies, dass sie immer dann, wenn sie auf eine klar erkenn-bare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, Vorkehrungen zur Verhinderung weiterer gleichartige Rechtsverletzungen treffen muss (vgl. BGH, GRUR 2004, 860, 864 — Internet-Versteigerung 1). Die klare Erkennbarkeit einer Rechtsverletzung ist immer dann gegeben, wenn der Streitgegenstand und die rechtsverletzende Handlung klar identifiziert sind, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn der Beklagten die Verkaufsvorgänge des Verkäufers mit einem bestimmten Pseudonym und die Form der rechtsverletzenden Handlung bekannt gemacht werden (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 77). In diesem Fall muss sich die Beklagte nämlich nicht auf die Suche nach möglichen Rechtsverletzungen begeben, sondern kann sehr leicht anhand weniger Anhaltspunkte rechtsverletzende Angebote dieser beanstandeten Anbieter identifizieren und dem Markeninhaber auf diesem Weg zum Schutz seiner Markenrechte verhelfen.

Um erneute Rechtsverletzungen zu vermeiden, bleibt es der Beklagten unbenommen auch technische Filter einzusetzen. Soweit sie allerdings vorträgt, dass es derzeit technisch unmöglich sei automatisierte Filter zu konzipieren, die mit hinreichender Sicherheit neuerliche Rechtsverletzungen ausschlössen, ist dieser Einwand als unbeachtlich zurückzuweisen. Der BGH-Rechtsprechung Internet-Versteigerung I war schon nicht zu entnehmen, dass der Beklagten ausschließlich die Nutzung technischer Filter zumutbar sei. Der BGH führte damals aus, dass sich die — auch damalige — Beklagte „möglicherweise” einer Software bedienen könne (BGH, GRUR 2004, 860, 864 — Internet-Versteigerung 1). Seinen Standpunkt verdeutlichte der BGH jüngst in seiner Rechtsprechung Internet-Versteigerung II vom 19. April 2007. Hierzu führte er unter Rn. 47 der Gründe aus:

„Welche technischen Möglichkeiten den Beklagten [zur Erbringung ihrer Prüfungspflichten] zu Gebote stehen, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist aber, dass sich die Beklagten hierbei jedenfalls in gewissem Umfang einer Filtersoftware bedienen können, die durch Eingabe von entsprechenden Suchbegriffen Verdachtsfälle aufspürt, die dann gegebenenfalls manuell überprüft werden müssen. Die Grenze des Zumutbaren ist dabei jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen. Soweit die Beklagten geltend machen, dass derzeit eine lückenlose Vorabkontrolle, die sämtliche Rechtsverletzungen sicher erkennt, technisch nicht möglich sei, hindert dies ihre Verurteilung zur Unterlassung nicht.”

Grundsätzlich ist es der Beklagten damit zumutbar, auch eine manuelle Kontrolle der verdächtigen Angebote durchzuführen. Im hier zu beurteilenden Fall ist es auch nicht so, dass keine geeigneten Kriterien vorlägen, um eine hinreichend präzise, aber automatisierte Vorauswahl der Verdachtsfälle gewährleisten zu können. Hierzu hätte es genügt, wenn die Beklagte die Angebote der Anbieter „Pseudonym 1” und „Pseudonym 2” bezüglich des Stichwortes „Duft” manuell nachgeprüft hätte. So wäre der Beklagten auch erkennbar gewesen, dass der Anbieter „Pseudonym 1” trotz der im Wortlaut unterschiedlichen Beschreibungen des Umstandes, dass er ein Duft Produkt ohne Umverpackung anbot, jeweils eine im Kern identische Markenrechtsverletzung mit seinen Angeboten beging.

Eine auf die vorbeschriebene Weise durchgeführte Vorauswahl würde den manuellen Prüfungsaufwand für die Beklagte in Grenzen halten. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Beklagte nicht nur die Klägerin und ihre Kosmetikprodukte als Markeninhaberin zu betreuen hat, sondern sich die vorstehend definierten Prüfungspflichten auf eine Vielzahl weiterer Rechtsinhaber entsprechend erstrecken. Dies kann allerdings kein Argument sein, all diesen Rechtsinhabern ihren Markenrechtsschutz auf der Plattform der Beklagten zu versagen, da wegen der besonderen Verbreitung des „Online-Marktplatzes” der Beklagten die Zahl der manuellen Prüfvorgänge einen erheblichen Kostenfaktor darstellten. Gerade die besondere Bekanntheit, Verbreitung und Verbindung vieler Nutzer, die der wesentliche Grund für die besonders hohe Anfälligkeit etwa für Markenrechtsverletzungen Dritter ist, stellt ebenfalls einen Teil des Geschäftsmodells der Beklagte dar, von dem sie nicht unerheblich profitiert.

cc) Die vorgenannten Prüfungspflichten stellen für die Beklagte auch keine unzulässige Belastung dar, denn sie ist nach § 890 ZPO für Zuwiderhandlungen durch Nutzer ihrer Plattform nur dann haftbar zu machen, wenn sie für den Pflichtverstoß ein Verschulden trifft (vgl. BGH GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung 1). Nach § 276 BGB haftet die Beklagte nur für Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit, wenn sie also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unbeachtet lässt. Die Verletzung der Prüfungspflichten der Beklagten erfolgte unter Zugrundelegung dieses Maßstabs jedenfalls fahrlässig, da sich die Beklagte auf den – unzutreffenden – Rechtsstandpunkte gestellt hatte, dass ihr lediglich eine automatisierte Durchführung von Prüfungspflichten oblag.

d) Schließlich ist auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Nach herrschender Meinung ist diese nicht schon durch die Beendigung der Markenverletzung beseitigt. Die Anforderungen hieran sind vielmehr streng.

Lediglich in den Fällen, in denen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von der Beklagten abgegeben wird oder ein Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung erfolgt, kann von einem Entfall der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Vor § 14-19 Rn. 54). Da nicht einmal die Unternehmensliquidation oder Geschäftsaufgabe der Beklagten zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr führt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O.), kann auch die dauerhafte Sperrung der Pseudonyme dies nicht bewerkstelligen. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Angebote jeweils vor Ablauf der Auktionen von der Beklagten gelöscht worden waren. Zu diesem Zeitpunkt – nach dem Einstellen der Angebote – waren die Rechtsverletzungen der Klägerin bereits eingetreten und konnten durch die Löschung auch nicht mehr beseitigt werden.

3. Der Zahlungsanspruch ist aus den von der Klägerin vorgetragenen Erwägungen aus den heraus gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG in voller Höhe begründet.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.