LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.06.2001 - L 8 AL 425/00
Fundstelle
openJur 2012, 37038
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 12. September 2000 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1950 geborene Kläger stand im Leistungsbezug bei der Beklagten, als er mit Schreiben vom 28. März 2000 vom Arbeitsamt S aufgefordert wurde, sich am 29. März 2000, um 11.00 Uhr, zur Prüfung seiner Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung einer ärztlichen Untersuchung bei Dr. R, S, zu unterziehen. Der Kläger legte noch am 28. März 2000 Widerspruch ein und nahm am nächsten Tage nicht den Untersuchungstermin wahr.

Die Beklagte wies den nicht begründeten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2000 als unbegründet zurück. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Sozialgericht (SG) Stade erfolglos (Gerichtsbescheid vom 12. September 2000).

Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2000 hat der Kläger beim SG mündliche Verhandlung beantragt. Das SG hat dieses Rechtsmittel als Berufung angesehen und an das Landessozialgericht Niedersachsen weitergeleitet.

Der Kläger trägt vor, er sei nicht zur ärztlichen Untersuchung gegangen, weil das Ergebnis aufgrund der Voreingenommenheit der Beklagten bereits festgestanden hätte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 12. September 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. März 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten erwidert, die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers im Rahmen einer fachärztlichen Untersuchung sei dringend erforderlich gewesen, um die Eingliederungsbemühungen der Arbeitsvermittlung an das aktuelle Leistungsvermögen des Klägers anzupassen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Leistungsakte des Arbeitsamtes Stade verwiesen.

Gründe

Das Rechtsmittel des Klägers gegen den Gerichtsbescheid kann nicht zu einer mündlichen Verhandlung vor dem SG führen. Diese Möglichkeit besteht gemäß § 105 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur, wenn gegen den Gerichtsbescheid das Rechtsmittel der Berufung nicht gegeben ist. Vorliegend ist aber die Berufung gemäß § 143 SGG statthaft. Da die angegriffenen Bescheide keine Geld- oder Sachleistung bzw keine Erstattungsstreitigkeit regeln, ist ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 SGG nicht vorhanden.

Die auch ansonsten zulässige Berufung (§ 151 SGG) ist in der Sache unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Die Aufforderung des Arbeitsamtes an den Arbeitslosen gemäß § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), zu einem ärztlichen Untersuchungstermin zu erscheinen, stellt einen Verwaltungsakt dar (Voelzke: in Hauck/Noftz, SGB III K § 309 Rz 18). Von dem Regelungscharakter der Meldeaufforderung geht jetzt auch die Beklagte aus, die in ihrem Vordruck eine Rechtsbehelfsbelehrung vorsieht. Der Kläger kann jedoch nicht in einem isolierten Klageanfechtungsverfahren eine rechtliche Überprüfung dieser Meldeaufforderung verlangen.

Der Regelungsinhalt des Aufforderungsschreibens vom 28. März 2000 beschränkt sich darauf, dass der Kläger am 29. März 2000 zu einem ärztlichen Untersuchungstermin bei Dr. R erscheinen soll. Lässt ein Arbeitsloser diesen Termin verstreichen, ergeben sich unmittelbar aus diesem Verwaltungsakt keinerlei Rechtsfolgen. Er hat sich durch Zeitablauf erledigt (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -- SGB X --). Will das Arbeitsamt aus der unterlassenen Meldung irgendwelche Rechtsfolgen ableiten, muss es neue Verwaltungsakte erlassen und somit neue Regelungen treffen.

Das Begehren des Klägers kann mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht im Sinne einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG überprüft werden. Der ärztliche Untersuchungstermin kann nur zur Realisierung der in § 309 Abs 2 SGB III genannten Meldezwecke veranlasst werden, die jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unterschiedlich sein können. Ein Feststellungsinteresse in Bezug auf eine bestimmte Meldeaufforderung ist nicht erkennbar.

Der Arbeitslose bleibt gegenüber einer Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht rechtlos. Denn deren Wirksamkeit wird als Vorfrage für eine gegebenenfalls eingetretene Säumniszeit nach § 145 SGB III geprüft.

Im Falle des Klägers kommt hinzu, dass ein Anspruch auf Alhi zwischenzeitlich erloschen ist, weil er sich seit dem 30. März 2000 nicht wieder persönlich arbeitslos gemeldet hat (§ 196 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III). Auf jeden Fall braucht der Kläger eine neue ärztliche Untersuchung bei Dr. R, S, nicht zu befürchten. Dieser hat nämlich dem Arbeitsamt mitgeteilt, dass nach zwei gescheiterten Versuchen eine nochmalige Vorstellung des Klägers in seiner Praxis sinnlos sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor.

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