LG Hamburg, Urteil vom 31.08.2007 - 408 O 22/07
Fundstelle
openJur 2009, 667
  • Rkr:
Tenor

I. Die einstweilige Verfügung vom 23. November 2006 wird bestätigt.

II. Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen verlangen von der Antragsgegnerin, dass sie Angebote bestimmter Verkäufer, die Kosmetikprodukte in nach ihrer Auffassung markenrechtsverletzender Weise anbieten, auf ihrer Internetplattform e... nicht mehr verbreitet. Die Antragstellerinnen produzieren und vertreiben hochwertige Markenkosmetika und Parfums; die Antragstellerin zu 1) insbesondere Duftwässer der Marken „Duft R L“ und „Duft C“; die Antragstellerin zu 2) Duftwässer und Kosmetika unter der Marke „Duft L“. Die Antragsgegnerin betreibt unter dem Domain www.e...de einen „Online-Marktplatz”, der seinen Nutzern die Möglichkeit eröffnet, eigenverantwortlich Waren jeder Art untereinander zum Verkauf anzubieten. Zur Vermeidung von Rechtsverletzungen bietet die Antragsgegnerin ihren Benutzern sowie Markenherstellern als verifizierten Rechtsinhabern eigene Sicherungssysteme und Schutzprogramme an. Seit einiger Zeit werden Produkte der Antragstellerinnen immer wieder über die Website der Antragsgegnerin bestimmungswidrig den Endverbrauchern zum Kauf angeboten. Hierbei handelt es sich um das Angebot von Parfums und Kosmetika, denen jeweils die für sie vorgesehene Original-Umverpackung fehlt. Die Antragstellerinnen lassen die Verkaufsaktivitäten von Mitgliedern der Antragsgegnerin auf dem Online-Marktplatz fortlaufend kontrollieren, soweit ihre Produkte betroffen sind. Angebote von Produkten ohne Umverpackung melden die Antragstellerinnen der Antragsgegnerin taggleich per Telefax und Email. Nach Eingang dieser Informationen löscht die Antragsgegnerin solche Angebote, die die Markenrechte der Antragstellerinnen verletzen.

 

Im vorliegenden Rechtsstreit wenden sich die Antragstellerinnen gegen Angebote von acht konkreten Anbietern, die unter den Pseudonymen „Pseudonym 1“, “Pseudonym 2“, „Pseudonym 3“, „Pseudonym 4“, „Pseudonym 5“, „Pseudonym 6“, „Pseudonym 7“ und „Pseudonym 8“ Produkte der Antragstellerinnen verbreiteten. Die Anbieter waren bereits in der Vergangenheit wegen des Einstellens von – nach Ansicht der Antragstellerinnen – rechtsverletzenden Angeboten über www.e...de in Erscheinung getreten.

- Angebote des Anbieters mit dem Pseudonym „Pseudonym 1“ mahnte die Antragstellerin zu 1) erstmals am 13. Oktober 2006 hinsichtlich des Vertriebs eines Duft L-Produkts ohne Umverpackung gegenüber der Antragsgegnerin ab (Anlage AS 11). Bei der Kontrolle durch die Antragstellerin zu 2) war das Angebot gelöscht. Am 23. Oktober 2006 beanstandete die Antragstellerin erneut ein Produkt aus Sicht der Antragstellerin markenverletzendes Duft L-Produkt des Anbieters „Pseudonym 1“ (Anlage AS 11), das von der Antragsgegnerin ebenfalls gelöscht wurde. Die Produkte erhielten den Hinweis „Neuve mais sans boite“.

- Der Anbieter mit dem Pseudonym „Pseudonym 2“ wurde erstmals am 11. Oktober 2006 hinsichtlich des Vertriebs eines Duft L-Produkts ohne Umverpackung (Anlage AS 15) von der Antragstellerin zu 2) gegenüber der Antragsgegnerin beanstandet. Das Angebot wurde von der Antragsgegnerin gelöscht. Am 23. Oktober 2006 wurde die Antragsgegnerin erneut wegen eines Verletzungsangebots dieses Anbieters (Anlage AS 15) abgemahnt; bei der Kontrolle durch die Antragstellerin zu 2) am 26. Oktober 2006 war das Angebot gelöscht. Beide Angebote waren mit dem Hinweis „Produit neuf sans boite“ versehen.

- Ein Angebot des Anbieters mit dem Pseudonym „ellielli“ wurde erstmals am 9. Oktober 2006 wegen des Vertriebs eines Duft R L-Produktes ohne Umverpackung (Anlage AS 17) von der Antragstellerin zu 1) gegenüber der Antragsgegnerin abgemahnt. Das Angebot wurde von der Antragsgegnerin gelöscht. Am 17. Oktober 2006 beanstandete die Antragstellerin zu 2) zwei Angebote dieses Anbieters gegenüber der Antragsgegnerin wegen des Vertriebs von Duft L-Produkten ohne Umverpackung (Anlage AS 17). Die Angebote wurden von der Antragsgegnerin ebenfalls gelöscht. Die Produkte enthielten den Hinweis „Artikel wird verschickt wie abgebildet“ bzw. „Artikel wird abgebildet verschickt“, also ohne Umverpackung.

- Angebote des Anbieters mit dem Pseudonym „Pseudonym 4“ wurden von der Antragstellerin zu 2) am 2. Oktober 2006, 4. Oktober 2006, 8. Oktober 2006 und 16. Oktober 2006 (zwei der Angebote als Anlage AS 19) hinsichtlich des Vertriebs von Duft L-Produkten ohne Umverpackung gegenüber der Antragsgegnerin abgemahnt. Die Angebote wurden von der Antragsgegnerin gelöscht. Die Angebote enthielten den Hinweis unter anderem den Hinweis „this item is new, but does not have a box“.

- Angebote des Anbieters mit dem Pseudonym „Pseudonym 5“ wurden von der Antragstellerin zu 2) erstmals am 12. Oktober 2006 hinsichtlich des Vertriebs von Duft L-Produkten ohne Umverpackung (Anlage AS 22) gegenüber der Antragsgegnerin abgemahnt. Die Angebote wurden von der Antragsgegnerin gelöscht. Weitere Angebote wurden am 13. Oktober 2006 und am 19. Oktober 2006 beanstandet. Die Angebote enthielten unter anderem den Hinweis „condition of items offered is as stated and as pictured“.

- Angebote des Anbieters mit dem Pseudonym „Pseudonym 6“ wurden erstmals am 29. August 2006 hinsichtlich des Vertriebs von Duft L-Produkten ohne Umverpackung (Anlage AS 24) von der Antragstellerin zu 2) gegenüber der Antragsgegnerin abgemahnt. Die Angebote wurden von der Antragsgegnerin gelöscht. Zwei weitere Angebote vom 23. Oktober 2006 (Anlage AS 25) wurden von der Antragsgegnerin ebenfalls gelöscht. Die Angebote enthielten den Hinweis „no retail box“ bzw. „no box“.

- Ein Angebot des Anbieters mit dem Pseudonym „Pseudonym 7“ wurde erstmals am 20. Juli 2006 von der Antragstellerin zu 1) bemerkt, und zwar hinsichtlich des Vertriebs eines Kosmetik-Produktes ohne Umverpackung. Das Angebot wurde von der Antragsgegnerin gelöscht. Am 24. Oktober 2006 beanstandete die Antragstellerin zu 1) ein Angebot des Anbieters gegenüber der Antragsgegnerin, und zwar wegen des Vertriebs eines Duft C-Produktes ohne Umverpackung. Auch dieses Angebot wurde von der Antragsgegnerin gelöscht; es enthielt den Hinweis „Ware ist ohne Box, aber unbenutzt“.

- Angebote des Anbieters mit dem Pseudonym „Pseudonym 8“ wurden erstmals am 16. Oktober 2006 und am 20. Oktober 2006 hinsichtlich des Vertriebs von LO-Produkten ohne Umverpackung von der Antragstellerin zu 1) gegenüber der Antragsgegnerin abgemahnt. Die Angebote wurden von der Antragsgegnerin gelöscht. Die Angebote enthielten den Hinweis „der Artikel wird so wie er ist ....verkauft“.

Die Antragstellerinnen sind der Ansicht, dass die Angebote der genannten Anbieter markenrechtsverletzend im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG seien. Gegen die Antragsgegnerin in ihrer Eigenschaft als Betreiberin bzw. Verantwortliche des Online-Marktplatzes e... machen die Antragstellerinnen insofern einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend, da die Antragsgegnerin als Störerin an der Rechtsverletzung mitgewirkt habe.

Auf den Antrag der Antragstellerinnen hat die Kammer 12 des Landgerichts Hamburg, Az.: 312 O 933/06, der Antragsgegnerin bei Androhung bestimmter, gesetzlich vorgesehener Ordnungsmittel verboten,

im geschäftlichen Verkehr unter ihrer Homepage www.e...de Angebote der Verkäufer mit den Pseudonymen

„Pseudonym 1“

“Pseudonym 2“

„Pseudonym 3“

„Pseudonym 4“

„Pseudonym 5“

„Pseudonym 6“

„Pseudonym 7“

„Pseudonym 8“

mit Duftwässern der Marken Duft R L und Duft C sowie Duftwässern und Kosmetika der Marke Duft L ohne Umverpackung zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen.

Die Antragsgegnerin hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt. Auf ihren Antrag hat sich die Zivilkammer 12 des Landgerichts Hamburg für funktionell unzuständig erklärt und die Sache an die Kammer 8 für Handelssachen verwiesen.

Die Antragsgegnerin begründet ihren Widerspruch im Wesentlichen wie folgt:

Sie ist der Ansicht, dass die von den Antragstellerinnen geltend gemachten Ansprüche ihr nicht zustehen. Das Landgericht Hamburg sei örtlich unzuständig, da die von der Antragstellerinnen begehrte Präventivkontrolle von e... Angeboten durch die Antragsgegnerin nur durch Handlungen außerhalb des Gerichtsbezirks Hamburgs, nämlich nur an einem Standort der Antragsgegnerin in, vorgenommen werden könnten. Dies gelte umso mehr, als die Antragsgegnerin am Einstellvorgang von Angeboten des jeweiligen Anbieters nicht aktiv mitwirke und daher allenfalls als Störerin in Anspruch zu nehmen sei.

Eine Überprüfung der Angebote habe ergeben, dass der Angebotsname „Pseudonym 4“ seit dem 7. November 2006 nicht mehr gültig sei. Bei dem Anbieter handele es sich um einen in den USA gemeldeten Verkäufer; der Artikelstandort befinde sich ebenfalls in den USA. Die Anbieter „Pseudonym 5“ und der Anbieter „Pseudonym 6“ seien ebenfalls in den USA gemeldete Verkäufer. Sämtliche Artikel seien in Dollar-Preisen angeboten worden und enthielten einen englischsprachigen Beschreibungstext. Für in den USA angemeldet Verkäufer habe die Antragsgegnerin keine tatsächliche oder rechtliche Möglichkeit, Sperrvermerke oder dauerhafte Sperrungen von Anbietern durchzuführen. Die Anbieter „Pseudonym 7“ und „Pseudonym 8“ seien als private Verkäufer gemeldet. Für das Mitglied „Pseudonym 7“ seien in sieben Monaten Mitgliedschaft gerade einmal 88 Transaktionen gemeldet. Im Zeitraum 5. Dezember 2006 bis 29. Januar 2007 seien gerade einmal vier Auktionen bewertet worden. Für den Anbieter „Pseudonym 8“ lagen bis März 2007 lediglich 53 Bewertungen vor, und zwar in einem Zeitraum von drei Jahren und zwei Monaten.

Es fehle aber auch ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerinnen, da eine Haftung der Antragsgegnerin als Störerin wiederholte markenrechtlich relevante Verstöße voraussetze, die hier aber nicht vorlägen. Durch den Vertrieb von Antragstellerprodukten ohne Umverpackung über die Plattform www.e...de würden die Kennzeichnungsrechte der Antragstellerinnen nicht verletzt, da der insofern maßgebliche Verkehrskreis eine solche Umverpackung gerade nicht erwarte und die Umverpackung in diesem Verkaufsmedium daher auch kein qualitätsbestimmender Faktor sei. Außerdem fehle es aufgrund der ganz allgemein gewählten Beschreibungen der Angebote an der erforderlichen klar erkennbaren Rechtsverletzung.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgericht Hamburg vom 23. November 2006 zum Geschäftszeichen 312 O 933/06 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 23. November 2006 zu bestätigen.

Die Antragstellerin verteidigt die einstweilige Verfügung.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen verwiesen.

  

Gründe

 

I. Auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens der Antragsgegnerin ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begründet. Die Antragstellerinnen können von der Antragsgegnerin nach § 14 Abs. 5, Abs. 2 MarkenG die Unterlassung der Verbreitung von markenrechtsverletzenden Angeboten der streitgegenständlichen Anbieter mit den Pseudonymen „Pseudonym 1“, “ Pseudonym 2“, „Pseudonym 3“, „Pseudonym 4“, „Pseudonym 5“, „Pseudonym 6“, „Pseudonym 7“ und „Pseudonym 8“ verlangen.

1. Das Landgericht Hamburg ist örtlich und auch international zuständig. Die Antragstellerinnen haben unter mehreren einschlägigen Gerichtsständen ein Wahlrecht (vgl. § 35 ZPO). Aus den in Betracht kommenden Gerichtsständen konnten sie Hamburg wählen.

 

Wenngleich die Antragsgegnerin ihren gesellschaftsrechtlichen Sitz im schweizerischen Bern hat (vgl. § 17 ZPO) verfügt sie außerdem über eine deutsche Niederlassung in Kleinmachnow, die einen deutschen Gerichtsstand begründet, § 21 ZPO. Zusätzlich ist aber nach § 32 ZPO auch der Ort der Verletzungshandlung gerichtsstandsbegründend. Die Vorschrift ist weit zu verstehen und erfasst auch markenrechtliche Ansprüche (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Auflage, § 32 Rn. 9). Beim Internet kommt es hierbei nicht allein auf den Standort des Mediums an. Handlungsort ist vielmehr (auch) jeder Ort, an dem die Information dritten Personen bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird und keine bloß zufällige Kenntnisnahme vorliegt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 14 UWG Rn. 16), denn an diesem Ort tritt der Verletzungserfolg ein. Schließlich ist bei Angeboten im Inland über das Internet davon auszugehen, dass das Angebot zu einer bundesweit wettbewerbsrechtlich relevanten Lage führt (OLG Hamburg, MDR 2003, 587). Die vorgenannten Grundsätze kommen auch zur Anwendung, wenn das von den Antragstellerinnen durch ihren Antrag begehrte Unterlassen tatsächlich nur durch die Vornahme bestimmter Handlungen erreicht werden kann und es den Antragstellerinnen letztlich darauf ankommt, die Antragsgegnerin zur Beachtung einer Handlungspflicht verurteilen zu lassen. Diese — in gewisser Weise willkürlichen — tatsächlichen Umstände der Beachtung der Unterlassungspflicht durch die Antragsgegnerin können die Wahl des besonderen Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO nicht unstatthaft machen, zumal der Verletzungserfolg — auch in Hamburg — bereits eingetreten ist.

 

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin nur als Störerin handelte, denn mit diesem Umstand allein lässt sich eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der Gerichtsstandsdogmatik nicht begründen. Vielmehr ist auch in den Fällen der Störerhaftung von den allgemein gültigen Grundsätzen zur Bestimmung des Gerichtsstandes auszugehen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 21. April 2006, ZUM 2006, 661). Das Landgericht Hamburg war schließlich auch international zuständig, denn ob ein deutsches oder ein ausländisches Gericht zur Entscheidung berufen ist, bestimmt sich nach den Regeln der örtlichen Zuständigkeit (sog. Doppelfunktionalität, BGH, GRUR 1987, 172, 173 — Unternehmensberatungsgesellschaft 1).

 

2. Die Antragstellerinnen haben auch einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin nach § 14 Abs. 5, Abs. 2 MarkenG. Bei den beanstandeten Angebote der Anbieter Pseudonymen „Pseudonym 1“, “ Pseudonym 2“, „Pseudonym 3“, „Pseudonym 4“, „Pseudonym 5“, „Pseudonym 6“, „Pseudonym 7“ und „Pseudonym 8“ handelt es sich um markenrechtsrelevante Verstöße, für deren Unterbindung die Antragsgegnerin als Störerin haftet, da sie den ihr obliegenden Prüfpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist.

 

a) Durch das Angebot von Duft R L, Duft C und Duft L Produkten ohne Umverpackung verletzten die genannten e... Nutzer die Markenrechte der Antragstellerinnen. Produkt und Verpackung bilden eine kennzeichenrechtliche Einheit. Daher entspricht es der geltenden Rechtsprechung, dass sich ein Markenhersteller auch gegen Veränderungen der Umverpackung wehren kann, sofern hierdurch seine Rechte beeinträchtigt werden (lngerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 24 Rn. 64). Das Verbot der Veränderung erfasst auch die Entfernung der Umverpackung oder von Teilen hiervon (BGH, GRUR 2001, 448, 450 — Kontrollnummerbeseitigung II). Jeder verkehrswesentliche Eingriff in die vom Markeninhaber vorgesehene Produktverpackung stellt eine unzulässige Manipulation der Markenware und damit eine Markenrechtsverletzunq dar (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 75). Der Vertrieb eines luxuriösen Kosmetikproduktes ohne Umverpackung ist auch eine verkehrswesentliche Manipulation der Markenware. Insofern lässt sich der Verkehrskreis des e... Käufers von Luxuskosmetika von derjenigen Käufergruppe, die auf das Medium Internet nicht zurückgreift, nämlich nicht unterscheiden. Es handelt sich im Kern um die gleiche Gruppe von Interessenten, die von den Produkten angesprochen werden. Diese Sichtweise gilt selbst dann, wenn es einzelne Kunden gerade darauf abgesehen haben hochwertige Produkte ohne Umverpackung zu erwerben, um sich hiermit einen Preisvorteil zu erkaufen. Dieses Kaufpreisinteresse ist nämlich nicht geeignet, die allgemeine Verkehrserwartung an Kosmetikprodukte des Luxussegments zu beeinflussen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 76). Infolge der unzulässigen Beeinträchtigung der Markenrechte der Antragstellerinnen liegt auch keine Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG vor, denn die markenrechtliche Veränderung führt zu einem Wiederaufleben der Rechte der Antragstellerinnen nach § 24 Abs. 2 MarkenG, da sie sich aus berechtigten Gründen einem Vertrieb ihrer Produkte in einer von ihr nicht gewünschten Weise widersetzen kann (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 74f.).

 

b) Die Markenrechtsverletzungen der e... Anbieter „Pseudonym 1“, “ Pseudonym 2“, „Pseudonym 3“, „Pseudonym 4“, „Pseudonym 5“, „Pseudonym 6“, „Pseudonym 7“ und „Pseudonym 8“ erfolgte auch im geschäftlichen Verkehr nach § 14 Abs. 2 MarkenG. Dies ist lediglich im Hinblick auf die Anbieter „Pseudonym 7“ und „Pseudonym 8“ streitig. Doch auch diese Anbieter handeln entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin im geschäftlichen Verkehr. An dieses Merkmal der Vorschrift sind im Interesse des Marktschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. nur jüngst BGH, Urteil vom 19. April 2007, 1 ZR 35/04 – Internet-Versteigerung II, Rn. 23 der Gründe). Unter den geschäftlichen Verkehr fällt daher bereits jede wirtschaftliche Betätigung, mit der in Wahrnehmung oder Förderung eigener oder fremder Geschäftsinteressen am Erwerbsleben teilgenommen wird (Ströble/Hacker, Markengesetz, B. Auflage 2006, § 14 Rn 27). Die Antragstellerinnen haben durch Vorlage der Anlage AS 62 hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Anbieter „Pseudonym 7“ allein am 22. Mai 2007 158 unterschiedliche Artikel anbot, darunter unter anderem eine Reihe von Parfümprodukten. Die Wahrnehmung bzw. Förderung eigener Geschäftsinteressen liegt damit auf der Hand. Dies gilt auch für den Anbieter „Pseudonym 8“. Denn dieser Anbieter hat fast ausschließlich – neben dem Angebot einer Nähmaschine „Podolsk“ – Kosmetikprodukte angeboten. Dies spricht dafür, dass der Anbieter ständig Kosmetikartikel anbietet, um seine Geschäftsinteressen zu fördern.

c) Die Markenrechtsverletzungen der Anbieter „Pseudonym 4“, „Pseudonym 5“ und „Pseudonym 6“ erfolgten entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin mit Bezug auf den deutschen Markt. Die Angebote von „Pseudonym 4“ und „Pseudonym 6“ erfolgten mit der ausdrücklichen Erklärung, dass der Versand weltweit erfolge; das Angebot von „Pseudonym 5“ enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass eine Lieferung nach Europa erfolge. Zudem gab dieser Anbieter ausdrücklich eine Versandpauschale für den Versand nach Deutschland an. Dies ist hinreichend für einen Inlandsbezug dieser Angebote.

d) Die Antragsgegnerin haftet für die Markenrechtsverletzungen auch als Störerin, denn sie ist den ihr zumutbaren Prüfungspflichten nicht nachgekommen, wie sie der BGH in seiner Rechtsprechung „Internetversteigerung I und II” aus den Jahren 2004 und 2007 für den Störer festgeschrieben hat.

 

aa) Die Antragsgegnerin war Störerin bei der markenrechtlichen Verletzung der Antragstellerinnen durch die genannten Anbieter. Störer ist nach der Rechtsprechung des BGH derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt (BGH, GRUR 2004, 860, 864 — Internet-Versteigerung 1). Hierbei hat der BGH insbesondere darauf hingewiesen, dass im Falle der Verletzung von Immaterialgüterrechten, die als absolute Rechte auch nach § 823 Abs. 1 und § 1004 BGB Schutz genießen, entgegen der teilweise zu beobachtenden Tendenzen zur Einschränkung des Instituts, die Grundsätze der Störerhaftung uneingeschränkt anzuwenden sind (BGH a.a.O.). Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers – neben dem eigenen Verschulden – daher eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich nach den Grenzen des jeweils zumutbaren bestimmt (BGH, Urteil vom 19. April 2007, 1 ZR 35/04 – Internet-Versteigerung II, Rn. 40 der Gründe). Aus dieser Rechtsprechung folgt zwingend, dass die Störereigenschaft nicht erst – wie die Antragsgegnerin meint – infolge der Verletzung von Prüfungspflichten zur Entstehung gelangt, sondern die Prüfungspflichten selbst bereits durch den Eintritt der Störereigenschaft ausgelöst werden. Hierzu hatten die Antragstellerinnen die Antragsgegnerin auf die Rechtsverstöße der Anbieter in jedem Einzelfall durch eine Erstabmahnung aufmerksam gemacht. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Antragsgegnerin von den Antragstellerinnen grundsätzlich als Störerin in Anspruch genommen werden.

 

bb) Die Antragsgegnerin verletzte auch die ihr zumutbaren Prüfungspflichten. Nach der Rechtsprechung des BGH ist sie nicht nur verpflichtet, die konkreten markenrechtsverletzenden Angebote zu löschen, sondern sie ist darüber hinaus aufgrund der ihr bekannt gewordenen Markenrechtsverletzungen gehalten, Vorsorge zu treffen, damit keine weiteren Angebote auf ihrer Plattform eingestellt werden, die erkennbar die Markenrechte der Antragstellerinnen verletzen (vgl. BGH, GRUR 2004, 860, 862 – Internet-Versteigerung 1). Zwar ist es der Antragsgegnerin nach der Rechtsprechung des BGH nicht zuzumuten, jedes auf ihrer Plattform eingestellte Angebot vor der Veröffentlichung per Hand auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen, da dies mit exorbitanten Kosten verbunden wäre, die das Geschäftsmodell zunichte machten. Jedoch muss auch berücksichtigt werden, dass die Antragsgegnerin durch Verkäufe rechtsverletzender Produkte wegen der an sie hierfür gezahlten Provisionen jedenfalls monetär beteiligt wird, weshalb dem Interesse an möglichst niedrigen Prüfungskosten ein nur geringeres Interesse beigemessen werden kann.

 

Für die Antragsgegnerin bedeutet dies, dass sie immer dann, wenn sie auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, Vorkehrungen zur Verhinderung weiterer gleichartige Rechtsverletzungen treffen muss (vgl. BGH, GRUR 2004, 860, 864 — Internet-Versteigerung 1). Die klare Erkennbarkeit einer Rechtsverletzung ist immer dann gegeben, wenn der Streitgegenstand und die rechtsverletzende Handlung klar identifiziert sind, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn der Antragsgegnerinn die Verkaufsvorgänge des Verkäufers mit einem bestimmten Pseudonym und die Form der rechtsverletzenden Handlung bekannt gemacht werden (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 73, 77). In diesem Fall muss sich die Antragsgegnerin nämlich nicht auf die Suche nach möglichen Rechtsverletzungen begeben, sondern kann sehr leicht anhand weniger Anhaltspunkte rechtsverletzende Angebote dieser beanstandeten Anbieter identifizieren und dem Markeninhaber auf diesem Weg zum Schutz seiner Markenrechte verhelfen.

 

Um erneute Rechtsverletzungen zu vermeiden, bleibt es der Antragsgegnerin unbenommen auch technische Filter einzusetzen. Soweit sie allerdings vorträgt, dass es derzeit technisch unmöglich sei automatisierte Filter zu konzipieren, die mit hinreichender Sicherheit neuerliche Rechtsverletzungen ausschlössen, ist dieser Einwand als unbeachtlich zurückzuweisen. Der BGH-Rechtsprechung Internet-Versteigerung I war schon nicht zu entnehmen, dass der Antragsgegnerin ausschließlich die Nutzung technischer Filter zumutbar sei. Der BGH führte damals aus, dass sich die — auch damalige — Antragsgegnerin „möglicherweise” einer Software bedienen könne (BGH, GRUR 2004, 860, 864 — Internet-Versteigerung 1). Seinen Standpunkt verdeutlichte der BGH jüngst in seiner Rechtsprechung Internet-Versteigerung II vom 19. April 2007. Hierzu führte er unter Rn. 47 der Gründe aus:

 

„Welche technischen Möglichkeiten der Beklagten [zur Erbringung ihrer Prüfungspflichten] zu Gebote stehen, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist aber, dass sich die Beklagte hierbei jedenfalls in gewissem Umfang einer Filtersoftware bedienen können, die durch Eingabe von entsprechenden Suchbegriffen Verdachtsfälle aufspürt, die dann gegebenenfalls manuell überprüft werden müssen. Die Grenze des Zumutbaren ist dabei jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen. Soweit die Beklagte geltend macht, dass derzeit eine lückenlose Vorabkontrolle, die sämtliche Rechtsverletzungen sicher erkennt, technisch nicht möglich sei, hindert dies ihre Verurteilung zur Unterlassung nicht.”

 

Grundsätzlich ist es der Antragsgegnerin damit zumutbar, auch eine manuelle Kontrolle der verdächtigen Angebote durchzuführen. Im hier zu beurteilenden Fall ist es auch nicht so, dass keine geeigneten Kriterien vorlägen, um eine hinreichend präzise, aber automatisierte Vorauswahl der Verdachtsfälle gewährleisten zu können. Hierzu hätte es genügt, wenn die Antragsgegnerin die Angebote der Anbieter bezüglich der Stichworte „Duft L”, „Duft R L“ und „Duft C“ manuell nachgeprüft hätte. So wäre der Antragsgegnerin auch erkennbar gewesen, dass die Anbieter trotz der im Wortlaut unterschiedlichen Beschreibungen des Umstandes, dass sie die genannten Produkte ohne Umverpackung anboten, jeweils eine im Kern identische Markenrechtsverletzung mit ihren Angeboten begingen.

 

Eine auf die vorbeschriebene Weise durchgeführte Vorauswahl würde den manuellen Prüfungsaufwand für die Antragsgegnerin in Grenzen halten. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Antragsgegnerin nicht nur die Antragstellerinnen und ihre Kosmetikprodukte als Markeninhaberin zu betreuen hat, sondern sich die vorstehend definierten Prüfungspflichten auf eine Vielzahl weiterer Rechtsinhaber entsprechend erstrecken. Dies kann allerdings kein Argument sein, all diesen Rechtsinhabern ihren Markenrechtsschutz auf der Plattform der Antragsgegnerin zu versagen, da wegen der besonderen Verbreitung des „Online-Marktplatzes” der Antragsgegnerin die Zahl der manuellen Prüfvorgänge einen erheblichen Kostenfaktor darstellten. Gerade die besondere Bekanntheit, Verbreitung und Verbindung vieler Nutzer, die der wesentliche Grund für die besonders hohe Anfälligkeit etwa für Markenrechtsverletzungen Dritter ist, stellt ebenfalls einen Teil des Geschäftsmodells der Antragsgegnerin dar, von dem sie nicht unerheblich profitiert.

 

cc) Die vorgenannten Prüfungspflichten stellen für die Antragsgegnerin auch keine unzulässige Belastung dar, denn sie ist nach § 890 ZPO für Zuwiderhandlungen durch Nutzer ihrer Plattform nur dann haftbar zu machen, wenn sie für den Pflichtverstoß ein Verschulden trifft (vgl. BGH GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung 1). Nach § 276 BGB haftet die Antragsgegnerin nur für Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit, wenn sie also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unbeachtet lässt. Die Verletzung der Prüfungspflichten der Antragsgegnerin erfolgte unter Zugrundelegung dieses Maßstabs jedenfalls fahrlässig, da sich die Antragsgegnerin auf den – unzutreffenden – Rechtsstandpunkte gestellt hatte, dass ihr lediglich eine automatisierte Durchführung von Prüfungspflichten oblag.

 

e) Schließlich ist auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Nach herrschender Meinung ist diese nicht schon durch die Beendigung der Markenverletzung beseitigt. Die Anforderungen hieran sind vielmehr streng.

 

Lediglich in den Fällen, in denen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von der Antragsgegnerin abgegeben wird oder ein Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung erfolgt, kann von einem Entfall der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Vor § 14-19 Rn. 54). Da nicht einmal die Unternehmensliquidation oder Geschäftsaufgabe der Antragsgegnerin zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr führt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O.), kann auch die dauerhafte Sperrung der Pseudonyme dies nicht bewerkstelligen. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Angebote jeweils vor Ablauf der Auktionen von der Antragsgegnerin gelöscht worden waren. Zu diesem Zeitpunkt – nach dem Einstellen der Angebote – waren die Rechtsverletzungen der Antragstellerinnen bereits eingetreten und konnten durch die Löschung auch nicht mehr beseitigt werden.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.