LG Hamburg, Urteil vom 20.07.2006 - 327 O 343/06
Tenor

Die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung vom 22.5.2006 wird bestätigt.

Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Pflicht zur Kostentragung, nachdem die Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung der Kammer vom 22.5.2006 Kostenwiderspruch eingelegt hat.

Auf ihren Antrag mit Eingang bei Gericht vom selben Tag erwirkte die Antragstellerin die einstweilige Verfügung der Kammer v. 22.5.06, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel verboten wurde,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die nicht weiter, z.B. durch einen Sternchenhinweis, erläuterte Abkürzung UVP zu verwenden.

Die Antragsgegnerin – anwaltlich nicht vertreten - erhob dagegen mit Schreiben v. 29.5.06 zunächst „Einspruch“ und mit anwaltlichem Schriftsatz v. 8.6.06 sodann Kostenwiderspruch.

Dem Verbot liegt zugrunde, daß die Antragsgegnerin über ihre Verkaufplattform im Internet „....24.de“ am 21.3.06 einen Camcorder mit dem „UVP“ von € 999,00 beworben hatte. Auf die Abmahnung der Antragstellerin v. 12.5.06 (Anl. JS 2) hatte sie mit Schreiben v. 15.5.06 (Anl. JS 3) reagiert.

Die Antragsgegnerin ist der Meinung, daß sie keinen Anlaß zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegeben habe. Sie biete eine Vielzahl von Waren auf drei Vertriebskanälen im Internet an und habe anhand der in der Abmahnung gemachten Angaben nicht nachvollziehen können, ob der Vorwurf zugetroffen habe. Bei Zugang der Abmahnung sei der Camcorder bereits nicht mehr in ihrem Shopangebot vorhanden gewesen und habe auch in ihrem Warenwirtschaftgssystem nicht mehr aufgefunden werden können. Aus diesem Grund habe sie nicht mehr objektiv nachprüfen können, ob und mit welchen Angaben der Artikel tatsächlich beworben worden sei. Dabei sei zu berücksichtigen, daß sie die Artikel nicht selbst beschreibe, sondern die Angaben ihrer Vorlieferanten schlicht übernehme. Völlig zu Recht habe sie deshalb mit Schreiben v. 15.5.06 zunächst weitere Informationen von der Antragstellerin verlangt, um ausgehend von diesen Informationen eine wettbewerbswidrige Werbung abstellen und eine Unterlassungserklärung abgeben zu können.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung vom 22.5.2006 aufzuheben und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragstellerin beantragt,

Bestätigung der Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung.

Sie hält ihre Abmahnung inhaltlich für ausreichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die ge¬wechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Der zulässige Kostenwiderspruch ist nicht begründet.

Die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Parteivorbringens im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Verfahrenskosten zu tragen, ergibt sich aus § 91 ZPO. Eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO zu Lasten der Antragstellerin kommt vorliegend nicht in Betracht.

Nach § 93 ZPO fallen einem Antragsteller die Verfahrenskosten zur Last, wenn der Antragsgegner den geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein Verhalten zur Stellung des Verfügungsantrags Veranlassung gegeben hat. Zwar hat die Antragsgegnerin den Anspruch sofort anerkannt, indem sie ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung sogleich auf die Kostenentscheidung beschränkt hat. Sie hat aber Veranlassung gegeben, das Verbot im einstweiligen Verfügungsverfahren zu erwirken.

Wann eine Veranlassung zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegeben ist, bestimmt sich nach Sinn und Zweck des § 93 ZPO. Diese Vorschrift führt die Grundregel des § 91 ZPO in verfeinerter Form fort, indem die Frage, wer unterlegen ist, nicht vom äußeren Prozeßergebnis her beantwortet wird, sondern danach, ob ein gerichtliches Verfahren überhaupt notwendig war. Veranlassung zur Erhebung einer Klage oder Einreichung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gibt man daher durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt, wenn also der Kläger/Antragsteller bei vernünftiger Würdigung annehmen mußte, ohne Anrufung des Gerichts sein Rechtsschutzziel nicht erreichen zu können. In wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsfällen besteht eine solche Veranlassung zur Erhebung der Klage bzw. zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung regelmäßig erst, wenn der Beklagte bzw. Antragsgegner auf eine Abmahnung nicht oder negativ reagiert. Im Rahmen eines Kostenwiderspruches kann lediglich geltend gemacht werden, der Antragsteller sei nach § 93 ZPO zur Kostentragung verpflichtet. Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit der einstweiligen Verfügung sind ausgeschlossen; sie werden von der Antragsgegnerin vorliegend auch nicht erhoben.

Der eingelegte Rechtsbehelf ist auch in der erforderlichen Weise von Anfang an auf die Kosten beschränkt worden. Das Schreiben der Antragsgegnerin persönlich v. 29.5.06 bleibt unberücksichtigt, weil Widerspruch beim Landgericht in wirksamer Weise nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden kann.

Die Antragsgegnerin ist im Ergebnis wirksam abgemahnt worden. Wie sich aus dem Sinn und Zweck der Abmahnung ergibt, muß sie inhaltich so beschaffen sein, daß der Unterlassungschuldner die Mögilchkeit erhält, die Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs zu prüfen und durch Ababe einer gesicherten Unterlassungsverpflichtungserklärung ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden (Harte/Henning/Brüning, § 12 UWG, Rn. 35ff). Diese Voraussetzungen sind vorliegend eingehalten. Insbesondere ist war der vorgeworfene Wettbewerbsverstoß in der Abmahnujng hinreichend umschrieben.

In der Abmahnung ist der Sachverhalt und der daraus abgeleitete Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Verhaltnes so genau anzugeben, daß der Verletzer weiß oder aus seinen Unterlagen ermitteln kann, wogegen sich der Abmahnende wendet. Die Angabe von Beweismitteln oder die Beifügung von Belegen (Bildschirmausdrucken) ist dabei hingegen in der Regel nicht erroderlich (Ahrens/Deutsch, Wettbewerbsprozeß, 5. Aufl., S. 23). Vorliegend wurde in der Abmahnung der Vorwurf angegeben, nämlich die Werbung mit „nicht näher erläuterter Abkürzung UVP“, das so beworbene Gerät genau bezeichnet („Camcorder ....“) und der Zeitunikt des Verstoßes („21-03-2006“) genannt. Das war ausreichend, um den Vorwurf erkennen und nachvollziehen zu können. Das Schreiben der Antragsgegnerin v. 15.5.06 war nicht geeignet, eine weitergehende Hinweispflicht auf Seiten der Antragstellerin auszulösen. Es hatte aus ihrer nachvollziehbaren Sicht nur hinhaltenden Charakter: Zunächst entspricht es gefestigten Praxis, daß der Abgemahnte seine Reaktion nicht von der Vorlage einer Vollacht abhängig machen kann, wie dies eingangs des Schreibens geschieht. Bei Zweifeln kann die Unterlassungsverpflichtungserklärung direkt gegenüber dem Verletzten abgeben werden. Auch die nicht näher erläuterte Bitte um Angabe des „Vertriebskanals“, um den Vorwurf überprüfen zu können, mußte in dieser Form hinhaltend erscheinen. In der Abmahnung wurde ausdrücklich auf ein „online“-Angbebot der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die Antragstellerin mußte nicht in Betacht ziehen, daß die Antragsgegnerin ihre Angebot nicht nur über „....24“, sondern zusäztlich über a....on sowie s.....24 vertreibt und deshalb möglicherweise nähere Angaben benötigen würde. Wie dem Verteidigungsvorbringen zu entnehmen ist, hätten weitere Angaben ohnehin nicht hilfreich sein können, denn die Antragsgegnerin trägt vor, daß sie den Camcorder zum Zeitpunkt der Abmahnung mangels Kaufnachfrage bereits wieder aus dem Angebot genommen habe und es ihr in derartigen Fällen schon grundsätzlich nicht mehr möglich sei, im einzelnen nachvollziehen zu können, wie die Darstellung eines derartigen Artikels im Internet nun gewesen sei, ob sie also vorliegend tatsächlich das Kürzel „UVP“ verwendet habe.

Dabei handelt es sich um eine bewußte organisatorische Entscheidung der Antragsgegnerin, die nicht dazu führen kann, die Aufklärungs- und Nachweislast auf den Verletzten zu verlagern. Damit tritt auch keine unzumutbare Situation für den Verletzer ein, dem es unbenommen bleibt, zur Erhaltung des dadurch erreichten Kostenvorteils von Fall zu Fall auch ohne nähere Nachprüfung eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.

Nach allem ist die einstweilige Verfügung im Kostenausspruch zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung für das Widerspruchsverfahren folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

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