LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 23.03.2009 - 14 T 2103/09
Fundstelle
openJur 2012, 99449
  • Rkr:
Tenor

I. Der Beschluss des AG Regensburg vom 10.2.2009, 8 C 2322/08, wird abgeändert; der Streitwert wird auf 2.723,86 Euro festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

II. Die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Das AG Regensburg hatte im Beschluss vom 10.2.2009, 8 C 2322/08, den Gesamtstreitwert mit 1.617,64 Euro festgesetzt. Dabei setzte es hinsichtlich der einzelnen Streitgegenstände – allesamt angefochtene Beschlüsse einer WEG-Versammlung – folgende Teilstreitwerte an:

Beschluss zu TOP 2:314,60 EuroBeschluss zu TOP 3:500,00 EuroBeschluss zu TOP 5:271,93 EuroBeschluss zu TOP 7:331,11 EuroBeschluss zu TOP 10:200,00 EuroAuf die sehr ausführliche Begründung dieses Ergebnisses des AG im angefochtenen Beschluss wird verwiesen.

Die am 27.2.2009 per Fax beim AG Regensburg eingegangene Beschwerde der Anwälte der Beklagten wendet sich gegen die Festsetzung des Gesamtstreitwerts, wobei allerdings die Teilwerte für die Beschlüsse zu den TOP 5 und 7 unbeanstandet bleiben. Hinsichtlich der Gründe, die aus der Sicht der Bf. gegen den Wertansatz bei den TOP 2, 3 und 10 sprechen wird auf die Beschwerdeschrift vom 26.2.2009 Bezug genommen. Der Gesamtstreitwert sollte demnach aus Sicht der Bf. bei 7.326,17 Euro liegen.

Das AG Regensburg hatte in einer begründeten Nichtabhilfeentscheidung die Beschwerde als nicht durchgreifend angesehen und die Sache dem LG vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist insgesamt zulässig, sie erfolgt insbesondere zulässigerweise aus eigenem Recht des Anwalts (vgl. § 32 II 1 RVG). Sie ist auch teilweise begründet.

Zu den angegriffenen Teilstreitwerten:

TOP 2 – Beschluss über die Jahresabrechnung 2007

9Das gem. § 49 a I 1 GKG ermittelte Gesamtinteresse liegt bei 6.166,81 Euro; zu der dabei durchzuführenden Berechnung hatte die Kammer in ihrer Entscheidung vom 23.5.2008 (ZMR 2008, 737) ausgeführt. Davon geht hier auch die Beschwerde aus. Streitig ist die Bewertung des Einzelinteresses des Klägers (§ 49 a I 2 GKG).

Was das konkrete Einzelinteresse im jeweiligen Fall ist, ist durch Auslegung der Klage zu ermitteln. Es ist also zu sehen, ob sich der Angriff des Anfechtungsklägers ausschließlich gegen konkret bezeichnete Posten richtet, oder ob die Jahresabrechnung (= JA) insgesamt "gekippt" werden soll (vgl. Jennißen/Suilmann, WEG, § 49 a GKG Rn 16-18).

11Liest man die Begründung, die der Kläger für die Anfechtung der JA gibt (Klageschrift S. 3-4), so hat die Kammer letztlich keine Zweifel, dass vorliegend die Abrechnung im Ganzen angegriffen wurde. Es trifft zwar zu, dass der Kläger einzelne Posten als fehlerhaft angibt. Deren Aufzählung ist aber erkennbar nicht abschließend (vgl. etwa S. 3 unten: "...Nicht erfasst sind z. B ..."). Auch finden sich in der Klage Formulierungen, die einen globalen Charakter haben (z. B.: S. 4 Mitte: "Der Ausgabenbetrag der "Gesamtjahresabrechnung" liegt...betragsmäßig anders"; S. 3 unten: "Die vorgelegten Einzelabrechnungen und die Beschlussfassung darüber entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.").

12Damit kann der hinreichend klare Wille des Klägers, es lediglich bei der Anfechtung einzelner Teilaspekte der JA zu belassen, vorliegend nicht angenommen werden. Dagegen spricht auch die Formulierung des Klageantrags. Der Kläger wollte damit die Abrechnung insgesamt beseitigt sehen.

13Der von der Beschwerde verfolgte Ansatz von 920,82 Euro für das einfache Einzelinteresse ist gleichwohl unzutreffend. Denn auch derjenige, der eine JA insgesamt anficht (nebst den entsprechenden Einzelabrechnungen), geht regelmäßig nicht davon aus, dass er am Ende ohne jedwede eigene Belastung dastehen wird, sondern dass sich lediglich ein wie auch immer gearteter Vorteil für ihn einstellt, der einem Bruchteil seiner Einzelabrechnung entspricht. Das ist der Gedanke, der der Rspr. zugrunde liegt, bei einer JA-Anfechtung sei der Wertansatz bei 20-25% der insgesamt eingestellten Kosten zu treffen (vgl. die Nachweise bei Jennißen/Suilmann, § 49 a GKG Rn 16 Fn 4).

14Die Kammer geht in solchen Fällen zur Bestimmung des einfachen Einzelinteresses regelmäßig von 20% des Wertes der Einzelabrechnung des Klägers aus, hier also von 184,16 Euro. Das fünffache Interesse liegt sonach bei 920,82 Euro.

Einer Addition des (Teil-)Werts der einzelnen angegriffenen Posten zu diesem Gesamtbruchteilswert bedarf es hier nicht.

TOP 3 – Verwalter- und Beiratsentlastung

Der Streitwert für Entlastungsbeschlüsse ist – jedenfalls in der Übung der Kammer – mit 500,– Euro hinreichend bewertet, wenn konkrete Schadensersatzansprüche nicht bezifferbar sind; nachdem hier zwei unter demselben TOP zusammengefasste aber gesondert abgestimmte Entlastungsbeschlüsse vorliegen, sind insgesamt 1.000,– Euro anzusetzen.

TOP 10 – Entwässerungsbeiträge

Die durch das AG angenommenen 200,– Euro sind ausreichend (§ 3 ZPO). Auf die Entscheidung der Kammer in ZMR 2008, 737 kann sich die Beschwerde nicht stützen, da dort keinerlei Anhaltspunkte für eine Schätzung vorlagen und die Zahl dort schlicht "aus der Luft gegriffen" wurde – was im Rahmen des § 3 ZPO möglich ist. Außerdem gab es dort, anders als hier, immerhin einen "Beschluss", der angegriffen wurde.

Hier wäre das einfache Einzelinteresse im Fall des Vorliegens eines Beschlusses – wie von der Beschwerde berechnet – in der Tat mit 223,80 Euro zu bewerten. Es ist allerdings zu sehen, dass ein Beschluss vorliegend überhaupt nicht gefasst wurde. Vielmehr wurden unter dem TOP 10 – "Sonstiges" verschiedene Dinge, auch die Frage nach den Entwässerungsbeiträgen, beredet, ohne dass hierüber auch beschlossen worden wäre. Es fällt schon schwer, der Anfechtung von "nichts" bzw. von bloßem Gerede überhaupt einen Geldeswert beizumessen; jedenfalls sollte man dem im Wege der Streitwertfestsetzung keine Bedeutsamkeit beilegen oder andichten, die es nicht hat.

Danach ergibt sich folgende Gesamtberechnung:

Beschluss zu TOP 2:920,82 EuroBeschluss zu TOP 3:1.000,00 EuroBeschluss zu TOP 5:271,93 EuroBeschluss zu TOP 7:331,11 EuroBeschluss zu TOP 10:200,00 EuroSumme:2.723,86 EuroEntsprechend war der Streitwertbeschluss des AG abzuändern.