VG Wiesbaden, Urteil vom 27.10.2011 - 6 K 553/11.WI
Fundstelle
openJur 2012, 35261
  • Rkr:

1. Ein Seminaranbieter hat nach § 16 Abs. 1 MAVO einen Anspruch auf sachliche Entscheidung über die "Geeignetheit" einer Fortbildungsveranstaltung gegenüber dem Bistum oder dem Diözesencaritasverband

2. Über die "Geeignetheit" ist auf Antrag des Seminaranbieters zu entscheiden.

3. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, wenn eine Kirche als kirchenrechtliche Personal- und Verbandskörperschaft des öffentlichen Rechts gehandelt. Das Kirchenrecht kennt zwar eigene Verwaltungsgerichte, jedoch sind letztere bei der katholischen Kirche in Deutschland nicht errichtet, was dazu führt, dass eine Überprüfbarkeit der Entscheidung vor dem staatlichen Verwaltungsgericht eröffnet ist.

4. Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit finden bundes- oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet war, überdie Geeignetheit der Schulungsveranstaltung „Bistum…..: „Das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seineAnwendung im Bistum …“ sachlich zu entscheiden.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. DerBeklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistungoder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden,falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit inderselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet war, über die geplante Veranstaltung „Bistum …..: Das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seine Anwendung im Bistum …..“ im Rahmen einer Geeignetheitsprüfung sachlich zu entscheiden. Sie bietet als gemeinnützige Seminarveranstalterin in ihrem Tätigkeitsfeld Seminare für Betriebsräte, Personalräte und andere Interessenvertretungen an.

Der Beklagte ist Dienstgeber der mit dem Seminar angesprochenen Personengruppen und zugleich genehmigende Stelle für Seminare im Sinne des § 16 MAVO. Er hat bereits im Jahr 2007 die Bezahlung der Mitarbeiter/innen dauerhaft an das Gehaltsniveau des öffentlichen Dienstes gekoppelt. Neue Tarifergebnisse für die im Dienste des Beklagten stehenden werden automatisch übernommen.

Die Klägerin entwickelte für die Mitarbeitervertretung der Beklagten und die betroffenen Personen der KODA-Mitarbeiterseite (Kommission zur Ordnung des Diözesanen Arbeitsvertragsrecht für das Bistum ….) ein Konzept für eine Tagesschulung zur Anwendung des Tarifergebnisses 2010. Unter dem 02.02.2011 beantragte die Klägerin die Genehmigung des Seminars gemäß § 16 MAVO bei der Beklagten unter Beifügung eines „Seminarangebotes“. In diesem wurden die Seminarinhalte aufgeführt:

Ein Dozent war nicht benannt. Als Rechtsgrundlagen für die Freistellung wurden § 16 MAVO und § 10 KODA-Ordnung für das Bistum …… genannt.

Bis zur Antragstellung durch die Klägerin wurden - nach dem Vortrag des Beklagten - entsprechende Anträge bei dem Beklagten ausschließlich durch Schulungsveranstalter aus dem kirchlichen Bereich gestellt.

Mit Schreiben vom 23.02.2011, der Klägerin unter dem 25.02.2011 zugegangen, lehnte der Beklagte die Anerkennung der Schulung mit der Begründung ab:

„Schulungen für MAV-Mitglieder und KODA-Mitglieder erfolgen im Bistum …. in der Regel durch den „Zentralverband der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Einrichtungen der kath. Kirche Deutschlands" in Köln, dem „Heinrich Pesch Haus" in Ludwigshafen oder beim „Katholisch- Sozialen Institut (KSI)" in Bad Honnef. Eine darüber hinausgehende Anerkennung sehen wir nicht als notwendig an.“

Weitere Gründe für die Ablehnung insbesondere zu Geeignetheit gab der Beklagte nicht an.

Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.

Die Schulung war für den 29.03.2011 geplant und fand wegen der fehlenden Anerkennung durch den Beklagten als „geeignet“ nicht statt.

Am 19.05.2011 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Wiesbaden erhoben.

Sie trägt vor, das Seminar habe das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seine Anwendung im Bistum …. zum Thema. Dabei solle insbesondere auf Fragen unter anderem bezüglich der Verlängerung der Besitzzustände bei Bewährungs- und Zeitaufstiegen und Vergütungsgruppenzulagen nach §§ 8, 9 TVÜ-Voraussetzungen, Voraussetzungen für den Anspruch auf den Pauschalausgleich für entgangene Bewährungsaufstiege und der ausgewählten aktuellen Rechtsprechung eingegangen werden.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass in der vorliegenden Streitigkeit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Der Beklagte als Teil der katholischen Kirche sei eine kirchenrechtliche Personal- und Verbandskörperschaft des öffentlichen Rechts. Die Ablehnung des Seminars als „geeignet“ sei nicht dem innerkirchlichen Bereich zuzuordnen. Das Handeln der Religionsgemeinschaft habe Auswirkungen auf Dritte bzw. Nichtmitglieder. Die Ablehnung des Seminars berühre sowohl die Klägerin als auch Dritte, namentlich die Mitglieder der KODA-Mitarbeiterseite, die außerhalb des innerkirchlichen Bereichs betroffen seien.

Parallel zu § 46 Abs. 7 BPersVG müsse in Ermangelung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit der katholischen Kirche eine Überprüfung durch die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit gegeben sein. Darüber hinaus ergebe sich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts aus dem in Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 92 GG verankerten Justizgewährungsanspruch, der eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch ein staatliches Gericht fordere. Bei einer Kollision des Justizgewährungsanspruchs mit dem religionsgesellschaftlichen Selbstbestimmungsrecht müsse eine entsprechende Güterabwägung erfolgen. Diese gehe zu Gunsten des Justizgewährungsanspruchs. Auch ohne ausdrückliche Rechtswegzuweisung seien die staatlichen Gerichte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes befugt, über innerkirchliche Angelegenheiten zu entscheiden. Diese Zuständigkeit folge aus der Verfassung.

Darüber hinaus sei die Klägerin auch klagebefugt. Bei der ablehnenden Entscheidung handele es sich um einen Verwaltungsakt, da der Beklagte als Behörde gehandelt habe. Eine rein innerkirchliche Angelegenheit, die eine Behördeneigenschaft ausschließen könne, liege nicht vor. Die Klägerin sei als Adressatin der Verfügung in ihrem Grundrecht auf Unternehmerfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG betroffen. Die Ablehnung beschere materielle Beeinträchtigungen, da die Klägerin hier daran gehindert werde mit den jeweiligen Seminarteilnehmern der Mitarbeitervertretung bzw. der KODA-Mitarbeiterseite gehindert werde. Ein vergleichbares Recht ergebe sich für Veranstalter von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen auch aus § 46 Abs. 7 S.1 BPersVG, die im Falle einer Nichtanerkennung der Schulung durch die Bundeszentrale für politische Bildung im Wege eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens gegen den ablehnenden Bescheid vorgehen könnten.

Ferner liege das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse vor. Es bestehe eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, da eine Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse vorliegend nicht gegeben sei. Aus dem Bescheid des Beklagten werde deutlich, dass dieser bei einem erneuten Antrag wieder mit gleichartigen Erwägungen ablehnen wird.

Die Klage sei wegen der fehlenden Rechtsmittelbelehrung auch fristgemäß erhoben worden.

Die Klage sei auch begründet. Das von der Klägerin konzipierte Tagesseminar sei für eine erfolgreiche Arbeit in der Mitarbeitervertretung des Beklagten und bei der KODA erforderlich und demnach geeignet im Sinne des § 16 MAVO. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass das Seminar ausdrücklich jene Neuerungen zum Thema haben sollte, die für die Mitarbeiter des Beklagten relevant seien.

Im Interesse einer effektiven Vertretung der MAV-Mitglieder und Mitglieder der KODA-Mitarbeiterseite müssten sich diese nicht auf interne Schulungen, die von Institutionen der katholischen Kirche angeboten werden, verweisen lassen. Ihnen müsse das Recht zustehen sich unabhängig schulen zu lassen, um ihrer gesetzlichen Aufgabe gerecht werden zu können.

Nachdem die Klägerin zunächst in ihrer Klageschrift den Klageantrag in Aussicht gestellt hatte, unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 23.02.2011 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, das Seminar „Bistum …..: Das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seine Anwendung im Bistum …..“ als gemäß § 16 der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) geeignet für die Arbeit in der Mitarbeitervertretung anzuerkennen, beantragt die Klägerin nunmehr,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, über die Geeignetheit der Schulungsveranstaltung „Bistum …..: Das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seine Anwendung im Bistum …..“ sachlich zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es handele sich vorliegend um eine Klageänderung, der sie nicht zustimme. Im Übrigen sei die Klage bereits unzulässig, da der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Die Voraussetzungen der Generalklausel lägen nicht vor. Durch die Ablehnung sei der bürgerliche Rechtskreis nicht betroffen, da hier das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV im Streit sei. Die streitentscheidenden Normen der KODA-Ordnung und der MAVO seien Ausfluss des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts der Katholischen Kirche und würden sich daher im innerkirchlichen Bereich bewegen, ohne dass der staatliche Bereich tangiert werde. Die Regelung des § 16 Abs. 1 MAVO gewähre der Klägerin keinen Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten. Die Parallele zu § 46 Abs. 7 BPersVG sei diesbezüglich nicht zu ziehen, da die streitgegenständliche Regelung gerade nicht der Systematik des § 46 Abs. 7 BPersVG entspreche. Die Versagung der Anerkennung einer Schulungsveranstaltung sei auch nicht anfechtbar.

Die Klägerin sei auch nicht klagebefugt, da die Vorschriften des § 10 KODA-Ordnung oder des § 16 Abs. 1 MAVO nicht dazu bestimmt seien, in irgendeiner Weise die Interessen der Klägerin zu schützen. Dazu komme, dass § 16 Abs. 1 MAVO auf die in Rede stehende Schulungsveranstaltung nicht anwendbar sei, da sie sich aufgrund der abgedeckten Themenbereiche ausschließlich an die KODA-Mitarbeiterseite gerichtet habe. Dies sei offensichtlich auch von der KODA-Mitarbeiterseite so aufgefasst worden, da einzig von dieser Seite aus die Teilnahme an der Schulung begehrt worden sei. Dabei entspreche es der üblichen Praxis, dass auch seitens der Mitarbeitervertretung hinsichtlich der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen ein entsprechender Antrag bei dem Beklagten gestellt werde.

Ferner liege kein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung vor. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht hinreichend konkret; die bloß theoretische Möglichkeit einer vergleichbaren Entscheidung in der Zukunft reiche nicht aus. Ein weiterer Antrag auf Anerkennung einer Schulungsveranstaltung sei bislang nicht gestellt worden. Die Klägerin könne sich zur Begründung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses auch nicht auf die Verletzung ihrer unternehmerischen Freiheit berufen. Diese sei nicht von dem Schutzzweck der streitentscheidenden Normen umfasst und zudem kein Grundrecht. Ein Feststellungsinteresse scheide auch aus, da der Beklagte über die Anträge von Schulungsveranstaltern auf Anerkennung einer oder mehrerer Schulungsveranstaltungen als geeignet im Sinne von § 16 Abs. 1 MAVO entscheide.

Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Weder § 10 KODA-Ordnung, noch § 16 Abs. 1 MAVO ließen erkennen, dass das Seminar von Seiten des Beklagten hätte genehmigt werden müssen. Die Veranstaltung sei vielmehr weder geeignet, noch erforderlich im Sinne der Vorschriften. Es erscheine nicht erforderlich, dass Mitglieder der KODA-Mitarbeiterseite bzw. der MAV im Bereich des Beklagten an Schulungsveranstaltungen von Gewerkschaften wie der Klägerin teilnähmen. Es existierten zahlreiche alternative Angebote anderer, nicht gewerkschaftlicher Anbieter zu Schulungsveranstaltungen um den TVöD, aus denen sich die Mitglieder der KODA-Mitarbeiterseite und der MAV die erforderlichen Kenntnisse beziehen könnten. Der Beklagte habe diesbezüglich Unterstützung bei der Suche nach entsprechenden alternativen Schulungsmöglichkeiten angeboten. So habe der Justiziar des Beklagten auf zwei Rechtsanwälte als Dozenten (Beweis: E-Mail vom 13.05.2011, Bl. 43 d.A.) sowie die Haufe Akademie, Freiburg zum Thema „TVöD/TV-L in der Praxis“ hingewiesen.

Es sei ferner nicht ausgeschlossen, dass die von dem Beklagten bereits anerkannten Veranstalter ebenfalls Schulungen über den TVöD anbieten könnten.

Zuletzt sei nach der nunmehr erfolgten Klageänderung die begehrte Feststellung der Klägerin nicht zu beanspruchen, da die Klägerin allenfalls einen Antrag auf Anerkennung der Eignung der Schulungsveranstaltung hätte stellen können, wenn § 16 Abs. 1 MAVO im vorliegenden Fall einschlägig wäre.

Am 12.10.2011 haben die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden streitig zur Sach- und Rechtslage verhandelt. Das Gericht hat dabei auf die Gleichheit des § 16 Abs. 1 MAVO mit einer entsprechenden Regelung im Bundespersonalvertretungsgesetz hingewiesen. Im Übrigen wird auf das Protokoll des Termins vom 12.10.2011 Bezug genommen.

Der Beklagtenseite wurde noch einmal Gelegenheit gegeben schriftsätzlich vorzutragen. Insoweit wird auf den eingereichten Schriftsatz der Beklagten vom 25.10.2011 voll inhaltlich Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt (Klägerin Bl. 60 d.A.; Beklagter Bl. 25 d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Diese waren Gegenstand des Termins.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte war verpflichtet über die Geeignetheit der Schulungsveranstaltung „Bistum ….: Das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seine Anwendung im Bistum ….“ sachlich zu entscheiden.

Die unter Widerspruch des Beklagten erfolgte „Änderung“ des Klageantrages durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, stellt keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO, sondern eine bloße Beschränkung des Klageantrags nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 ZPO dar. An Stelle des durch den ursprünglichen Rechtsschutzantrag bestimmten bisherigen Streitgegenstandes – der Streit um die Anerkennung einer Schulungsveranstaltung als geeignet im Sinne des § 16 Abs. 1 MAVO – tritt nunmehr der Streit darüber, ob der Klägerin bezüglich der von ihr angebotenen Schulungsveranstaltung ein Recht auf eine sachliche Entscheidung die Geeignetheit über § 16 Abs. 1 MAVO zusteht. Dabei handelt es sich aber um einen notwendigen Teil des ursprünglich gestellten Rechtsschutzantrages. Denn dieser umfasste neben der Frage der Anwendbarkeit der MAVO auf die zu beurteilende Schulungsveranstaltung auch die Frage, ob dem Veranstalter, also der Klägerin, ein Anspruch auf eine sachliche Entscheidung zusteht. Dieses Feststellungsbegehren ist zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten auch sachdienlich.

Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Vorliegend handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, die nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Die Zuständigkeit ergibt sich hier aus zwei Gründen:

Gegenstand des Rechtsstreits ist nämlich nicht, wie der Beklagte meint, eine rein innerkirchliche Angelegenheit, die wegen Art. 140 GG i.V.m Art. 137 Abs. 3 WRV den Kirchengerichten zugewiesen wäre. Der Beklagte hat hier als kirchenrechtliche Personal- und Verbandskörperschaft des öffentlichen Rechts gehandelt. Dies zeitigt Auswirkung auf Personen, die außerhalb der kirchlichen Organisationsstruktur stehen. Dabei ist zwischen dem Verhältnis der Beklagten zu ihren Mitarbeitern, die wegen des Seminars in eigener Sache richtigerweise vor dem kirchlichen Arbeitsgericht prozessieren, und dem Verhältnis der Beteiligten dieses Verfahrens zu trennen. Der Beklagte hat mit seiner Entscheidung das Seminar „nicht als notwendig“ anzuerkennen eine Maßnahme getroffen, die die Klägerin als Dritte berührt. Sie war dadurch nicht in der Lage das Seminar durchzuführen.

Dabei ist im Außenverhältnis zu der Klägerin gerade nicht das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV betroffen. Dies gilt ungeachtet der Präambel der MAVO. Die MAVO beschreibt in ihrem wesentlichen Regelungszweck das Verhältnis der Mitarbeiter zu ihrem Dienstherren; über die Notwendigkeit der Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung als „geeignet“ i.S.d. § 16 MAVO werden aber auch Dritte zumindest mittelbar – wie hier die Klägerin – in den Regelungsbereich der MAVO mit einbezogen. Dass diese in der Präambel nicht eigens erwähnt sind, ist diesbezüglich ohne Belang. Auch ist die Versagung der Anerkennung nach der MAVO selbst nicht anfechtbar (Beilstein/Thiel, Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretung (MAVO), 3. Auflage, 1997, § 16 Rdnr. 35). Jedoch bestünden im Falle einer fehlenden Geeignetheit Ersatzansprüche der teilnehmenden MAV-Mitglieder gegen den Veranstalter, für die die staatlichen ordentlichen Gerichte zuständig sind (Beilstein/Thiel, a.a.O., § 17 Rdnr. 37).

Auch ist der Verwaltungsrechtsweg vor dem Hintergrund des Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 20 Abs. 3 GG und nunmehr auch Art. 47 Charta der Grundrechte eröffnet. Das Kirchenrecht kennt zwar eigene Verwaltungsgerichte, jedoch sind letztere bei der katholischen Kirche in Deutschland nicht errichtet. Dies führt zu einer Überprüfbarkeit der Entscheidung des Beklagten vor dem staatlichen Verwaltungsgericht.

Die Auffassung des Beklagten, dass die Entscheidung nach § 16 Abs. 1 MAVO nicht anfechtbar sei und insoweit auch kein Vergleich zu der im Wortlaut gleichen Regelung des § 46 Abs. 7 BPersVG gezogen werden könne trägt hier nicht. Die Vergleichbarkeit von § 16 Abs. 1 MAVO und § 46 Abs. 7 BPersVG ergibt sich hier aus dem identischen Wortlaut und der Regelungsstruktur. Denn auch nach dem BPersVG müssen die jeweiligen Fortbildungsveranstaltungen von der zuständigen Behörde als geeignet anerkannt sein. Der einzige Unterschied der Vorschriften liegt diesbezüglich darin, dass in der MAVO die Anerkennungsstelle und Entsendestelle identisch sind, wohingegen das im BPersVG nicht der Fall ist. Dass das BPersVG in Abs. 7 des § 46 eine Regelung aufstellt, die unbeschadet der Anforderungen des Abs. 6 der Norm gelten, ändert an dieser Beurteilung nichts. Insoweit mag hier eine unterschiedliche Systematik zugrunde liegen. Diese betrifft aber nicht den Teil der Vorschrift, der sich mit der Geeignetheit etwaiger Schulungsveranstaltungen befasst. Soweit sich der Beklagte auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung nach § 16 Abs. 1 MAVO beruft, bezieht sich dies ausschließlich auf eine Anfechtbarkeit der Entscheidung vor der nach §§ 40 ff. MAVO gebildeten Einigungsstelle. Auch ist die Frage der Geeignetheit keine Frage des Glaubens, sondern eine schlichte Sachentscheidung.

Im vorliegenden Verfahren geht es nach dem nunmehrigen Klageantrag aber nicht mehr um die Anfechtung der Anerkennungsentscheidung als solche, sondern lediglich um die Feststellung, dass eine sachliche Entscheidung bezüglich der von der Klägerin angebotenen Fortbildungsveranstaltung geboten war. Mit diesem Begehren ist die Klage als Feststellungsklage i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft, da die Klägerin die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses, namentlich des Anspruchs auf sachliche Antragsprüfung nach § 16 Abs. 1 MAVO, begehrt. Dieses Recht kann die Klägerin hier weder durch Anfechtungs- oder Leistungsklage geltend machen, § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

Die Klägerin ist auch analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie genügt ihrer Darlegungspflicht, wenn sie hinreichend substantiierte Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Ablehnung oder Unterlassung eines beantragten Verwaltungsakts in einem eigenen Recht verletzt wird. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Hier kann die Klägerin als Anbieterin von Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen ihres Begehren nach der sachlichen Überprüfung der im Klageantrag bezeichneten Veranstaltung ein solches Recht geltend machen. Dies fußt hier vor dem Hintergrund der durch Art. 12 und 14 GG geschützten unternehmerischen Freiheit auf § 16 Abs. 1 Satz 1 MAVO. Die konkrete Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 MAVO auf die zu beurteilende Veranstaltung stellt dabei eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit der Klage dar.

Die Klägerin kann zuletzt auch ein Feststellungsinteresse für sich geltend machen, § 43 Abs. 1 VwGO. Bei der Beurteilung vergangener Rechtsverhältnisse orientiert sich das Feststellungsinteresse dabei an jenem aus § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO. Dies ist jedenfalls bei Wiederholungsgefahr gegeben. Für diese genügt eine in den Grundzügen fortbestehende Sachlage. Die Klägerin hat hier dargelegt auch in Zukunft wieder entsprechende Fortbildungsveranstaltungen der im Klageantrag bezeichneten Art veranstalten zu wollen beziehungsweise dies in Abhängigkeit vom Ausgang des Verfahrens nicht ausgeschlossen.

Das Feststellungsinteresse entfällt vorliegend auch nicht, wenn der Beklagte im Schriftsatz vom 24.10.2011 nunmehr erklärt, dass von Seiten der Veranstalter von Schulungen für die Mitglieder der Mitarbeitervertretungen im Vorfeld durchaus bei der Beklagten die Anerkennung der jeweiligen Schulungsveranstaltung als geeignet im Sinne von § 16 Abs. 1 MAVO beantragt werde und nach Prüfung dem jeweiligen Schulungsveranstalter die Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung als geeignet mitgeteilt werde. Diese Bekundung steht im Widerspruch dazu, dass zuvor erklärt wurde, dass es einen solchen Fall, wie den hier vorliegenden, mit einem externen Veranstalter noch nie gegeben habe und hätte.

Wenn der Beklagte diese „neue“ Erklärung wirklich ernst gemeint hätte, so hätte der Beklagte auch erklären müssen, dass er zukünftig auch bei der Klägerin eine Entscheidung über die „Geeignetheit“ und nicht wie geschehen über die „Notwendigkeit“ – was etwas ganz anderes beinhaltet – trifft. Insoweit handelt es sich bei dem nunmehrigen Vortrag um gesteigertes Vorbringen des Beklagten, welches in sich unschlüssig ist. Gerade die Verweigerung einer Erklärung zukünftig über die „Geeignetheit“ zu entscheiden zeigt das zwingende Feststellungsinteresse der Klägerin und räumt dieses gerade nicht aus.

Eine Änderung der tatsächlichen Situation ist dabei ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Klage ist auch in der Sache begründet. Das um Feststellung begehrte Rechtsverhältnis besteht. Der Beklagte war verpflichtet über die Geeignetheit der Schulungsveranstaltung „Bistum ….: Das Tarifergebnis TVöD (VKA) 2010 und seine Anwendung im Bistum …..“ sachlich zu entscheiden.

Zunächst unterfällt die von der Klägerin angebotene Fortbildungsveranstaltung dem Regelungsbereich der MAVO. Der Beklagte ging in seiner ablehnenden Entscheidung selbst davon aus, dass die Schulungsveranstaltung sich sowohl an MAV-Mitglieder, als auch an die KODA-Mitarbeiterseite richte. Entscheidend ist dabei die Konzeption der Veranstaltung aus Sicht des Veranstaltungsanbieters.

Die Klägerin wollte hier eine gemeinsame Veranstaltung sowohl für die MAV-Mitglieder, als auch für die KODA-Mitarbeiterseite anbieten. Dass lediglich die KODA-Mitarbeiterseite schlussendlich bei dem Beklagten die Freistellung für die von der Klägerin beabsichtigte Fortbildungsveranstaltung bei dem Beklagten beantragt hat, lässt ebenfalls nicht den Schluss darauf zu, dass sich die Veranstaltung alleine an die KODA-Mitarbeiterseite richtete. Ein solches Verhalten ist mitunter bereits dem unterschiedlichen Wortlaut der § 16 MAVO und § 10 KODA geschuldet. Letzterer erwähnt nicht eigens die „Vorstufe“ der Geeignetheitsprüfung einer Schulungsveranstaltung. Ferner ändern alleine der Bezug auf das allgemeine Aufgabenfeld der MAV-Mitglieder nach § 26 Abs. 3 MAVO an der Einschlägigkeit der MAVO vorliegend nichts.

Soweit in der Fortbildungsveranstaltung Themengebiete behandelt werden, die für die Arbeit der MAV-Mitglieder vor dem Hintergrund ihres Aufgabenfeldes irrelevant sind, ist dies eine Frage der Geeignetheit der Schulungsveranstaltung und nicht der Anwendbarkeit des Prüfungsmaßstabes des § 16 Abs. 1 MAVO.

Nach § 16 Abs. 1 MAVO stand der Klägerin auch ein Anspruch gegen den Beklagten auf sachliche Entscheidung über die Geeignetheit der Fortbildungsveranstaltung zu. Zwar hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung noch vorgetragen, dass § 16 Abs. 1 MAVO bislang dahingehend verstanden worden sei, dass über die Frage der Geeignetheit einer Schulungsveranstaltung mit der Genehmigung und Anerkennung dieser durch die Dienstgeberseite nach Antragstellung der Dienstnehmerseite erfolge. Dafür findet sich aber in der MAVO keine Stütze. Überdies stellt eine solche Herangehensweise auch eine wenig praktikable Lösung dar, da eigentlich die Publizität der Anerkennung im Mittelpunkt stehen muss, die der Veranstalter eher zu bewerkstelligen im Stande ist.

Soweit der Beklagte seine ursprüngliche Auffassung nunmehr mit Schriftsatz vom 25.10.2011 dahingehend revidiert haben sollte, dass der Beklagte auf Antrag sachlich prüfe, ob eine Schulungsveranstaltung nach § 16 Abs. 1 MAVO geeignet sei und diese Entscheidung dem jeweiligen Schulungsveranstalter mitteile, entspricht dies dem Begehren der Klägerin. Insoweit hätte dann auch ein Anerkenntnis erfolgen müssen, was jedoch gerade ich geschehen ist.

Wie sich auch die Kommentierung zur MAVO (Beilstein/Thiel, a.a.O., § 16 Rdnrn. 26 ff.) klar und deutlich ergibt ist über eine Schulungsveranstaltung als geeignet von dem Bistum oder dem Diözesancaritasverband auf Antrag zu entscheiden (Beilstein/Thiel, a.a.O., Rdnr. 29). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Kriterien für die Anerkennung von der für den Bereich der Dienststelle zuständigen Anerkennungskörperschaft festgelegt werden. Hieran fehlt es nach dem eigenen Vortrag des Beklagten vollständig. Eine gegensätzliche Entscheidung müsste praktisch die Inhalte der Veranstaltung anders bewerten (Beilstein/Thiel, a.a.O., Rdnr. 26), weshalb eine Aussage, wie die des Beklagten „eine darüber hinausgehende Anerkennung sehen wir nicht als notwendig an“, gerade keine Entscheidung über die Frage der „Geeignetheit“ ist.

Soweit der Beklagte wegen fehlender Informationen über den Antrag des Veranstaltungsträgers, hier der Klägerin, nicht hätte entscheiden können, wären weitere Unterlagen zu fordern gewesen. Aus dem vorgelegten Programm haben sich jedoch Ort und Zeit sowie die Dauer der Veranstaltung, der Lehrstoff ergeben (Beilstein/Thiel, a.a.O., Rdnr. 29), nicht aber die Dozenten. Entsprechende substantiierte Einwendungen durch den Beklagten erfolgten insoweit jedoch nicht.

Nach alledem hatte die Beklagte einen Anspruch darauf, dass über die Frage der Geeignetheit ihre Schulungsmaßnahme sachlich zu entscheiden war, weshalb die wie geschehen zu entscheiden war.

Als Unterlegener hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.

Eine Gerichtskostenfreiheit besteht nach § 2 GKG nicht. Nach § 2 Abs. 4 GKG finden vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bundes – oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Soweit die Justizverwaltung durch Erlass des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 16.08.1999 auf die Geltendmachung von Gerichtskosten verzichtet haben sollte, möge die Justizverwaltung die Kosten niederschlagen. Zumindest ist weder der Erlass, noch ein Landesgesetz, geeignet Bundesrecht außer Kraft zu setzen.

Der Ausspruch hinsichtlich der Vollstreckbarkeit bezüglich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO entsprechend.

Da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufwirft war die Berufung nicht zuzulassen, so dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung, §§ 124, 124a VwGO zu stellen wäre.

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